JudikaturBVwG

W156 2290656-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
28. Juli 2025

Spruch

W156 2290656-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Adalbert Hausmann als Masseverwalter, dieser vertreten durch EWT Kampits Kocsis Steuerberatungs OG in 7000 Eisenstadt, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Burgenland, vom 08.02.2024, AZ: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.10.2024, 6.11.2024, 12.11.2024 und 20.03.2025 zu Recht erkannt:

A) der Beschwerde wird teilweise stattgegeben mit der Maßgabe, dass Herr XXXX , SVNR XXXX , hinsichtlich der für die XXXX ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum 01.7.2026 bis 30.09.2016 der Pflichtversicherung als Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 lit.a AlVG unterliegt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Prüfungsauftrag vom 30.06.2021 wurde die XXXX (in Folge als Beschwerdeführerin, kurz BF bezeichnet) verpflichtet, eine Außenprüfung gemäß § 147 Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 99 Abs. 2 Finanzstrafgesetz (FinStrG) zu dulden und den Mitwirkungspflichten dem genannten Prüfer nachzukommen. Die Außenprüfung bei der BF erfolgte über Anordnung des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG.

Die Prüfzeiträume wurden für die Lohnsteuerprüfung von 01.01.2011 bis 30.06.2020, für die Sozialversicherungsprüfung von 01.01.2016 bis 30.06.2020 und für die Kommunalsteuerprüfung von 01.01.2016 bis 30.06.2020 festgesetzt.

Gegenständliche Sozialversicherungsprüfung beinhaltet die Kalenderjahre 2016 bis 2020 und wurde mit Schlussbesprechung am 26.05.2023 abgeschlossen.

Im Zuge der gemäß §§ 147 ff BAO iVm § 41a ASVG abgeschlossenen Sozialversicherungsprüfung bei der XXXX wurden Melde- und Beitragsdifferenzen betreffend die im Bezug habenden Prüfbericht genannten Personen, darunter Herr XXXX (in Folge als mitbeteiligte Partei, kurz mbP bezeichnet) festgestellt.

Im Zuge der Prüfung kam es betreffend der mbP zur Feststellung von Beschäftigungszeiten der Pflicht(Voll)Versicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum von 01.07.2016 bis 31.10.2016.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 08.02.2024 wurde die mbP hinsichtlich der für die BF ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum 01.7.2026 bis 31.10.2016 in die Pflichtversicherung als Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 lit.a AlVG einbezogen.

3. Mit Schriftsatz vom 08.03.2024 erhob die BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesveraltungsgericht und brachte im Wesentlichen lediglich vor, dass es sich bei den an die Sportler ausbezahlten Gelder um eine Pauschale Reiseaufwandsentschädigung handle, welche sozialversicherungsrechtlich befreit sei. Die angeblichen Schwarzzahlungen in den Jahren 2013 bis 2016, die direkt von XXXX oder der XXXX stammten, wären der BF nicht zuzurechnen.

4. Am 01.10.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein der mbP und der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung statt, die BF sowie deren rechtliche Vertretung erscheinen unentschuldigt nicht. Am 6.11.2024 fand eine mündliche Verhandlung im Beisein unter anderem der mbP, der belangten Behörde, des Masseverwalters und der Zeugen XXXX , Prüfdienst Lohnabgaben und Beiträge des BMF, und XXXX , Erhebungsdienst der ÖGK, statt. Am 12.11.2024 fand eine weitere Verhandlung statt, zu der der Zeuge XXXX geladen war, aber unentschuldigt nicht erschien. Am 20.03.2025 fand eine mündliche Verhandlung unter anderem Im Beisein der mbP, der belangten Behörde und der Zeugen XXXX , Amt für Betrugsbekämpfung, und XXXX , ehemaliger XXXX der BF, statt. Die BF erschien entschuldigt nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Bei der BF handelte es sich um einen XXXX verein, der im zentralen Vereinsregister unter der ZVR-Zahl XXXX erfasst ist. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war als Präsident des Vereines Herr XXXX ausgewiesen.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 14.08.2020 zu Aktenzeichen XXXX wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über die BF bekannt gemacht und mit weiterem Beschluss vom 24.08.2020 die Schließung des schuldnerischen Unternehmens angeordnet.

Die mbP war als Nachwuchsspieler und ab circa 2000 als Nachwuchstrainer für die BF tätig. Die Trainings fanden in der XXXX statt. Der mbP waren die zu trainierenden Kader, XXXX oder XXXX vorgegeben. Ebenso waren die Trainingszeiten vorgegeben als auch die Termine der Spiele. Die mbP hat sich nicht vertreten lassen.

Ab dem 01.10.2016 war die mbP als Dienstnehmer zur Sozialversicherung mit einem Gehalt von € 1.500 gemeldet. Das Entgelt für September wurde mit dem Oktoberentgelt ausgezahlt. Bereits der Juli 2016 war als Probemonat zwischen der mbP und der BF mit einer Bruttoentlohnung in Höhe von € 1.500,00 vereinbart. Das Dienstverhältnis begann somit mit dem 01.07.2016.

Die Anmeldung zur Sozialversicherung für die mbP ist im spruchgegenständlichen Zeitraum durch die BF nicht erfolgt und es wurden weder Lohnabgaben noch Sozialversicherungsbeiträge geleistet.

Die mbP wurde im Verfahren zu W156 2990653-1 als Beschwerdeführer geführt. Das Verfahren wurde wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur BF ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Vereinsregister sowie die Ediktsdatei.

Die Feststellungen zur mbP ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie den Angaben in der mündlichen Verhandlung am 01.10.2024 zu W 156 2990653-1.

Dass die Trainingszeiten und der Trainingsort vorgegeben waren, dass der mbP die Trainingskader zugewiesen wurden und dass die mbP sämtliche Trainingseinheiten und Spiele selbst übernommen hat, ergibt sich aus den Angaben der mbP Angaben in der mündlichen Verhandlung am 01.10.2024 zu W 156 2990653-1. Dass sich die mbP vertreten lassen hätte, wurde weder behauptet noch nachgewiesen.

Die Feststellungen zum Dienstverhältnis ergeben sich aus dem im Beschwerdeverfahren der mbP W156 2290653-1 vorgelegten Lohnzetteln (Beilage E aus OZ 5) Der Lohnzettel für Oktober 2016 weist einen Bruttolohn in Höhe von 1.500,00 € aus sowie einen weiteren Posten in gleicher Höhe. In der mündlichen Verhandlung ist hervorgekommen, dass es sich hiebei um die Lohnnachzahlung für September 2016 handelt. Dies ist glaubhaft vor dem Hintergrund, dass am Lohnzettel für Oktober 2016 bereits der Beitrag für die betriebliche Mitarbeitervorsorge vermerkt ist und diese mit 30 Tagen angegebenen ist und der erste Monat einer Beschäftigung bei einer Dienstgeberin bzw. einem Dienstgeber grundsätzlich beitragsfrei ist.

Dass bereits der Juli 2016 als Probemonat vereinbart war, ergibt sich aus den Angaben der mbP in der mündlichen Verhandlung am 01.10.2024 zu W 156 2290653-1 und wurde von der BF nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Teilstattgebung der Beschwerde:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 ASVG beginnt die Pflichtversicherung der Dienstnehmer, der Personen hinsichtlich einer geringfügigen Beschäftigung nach § 5 Abs. 2, der in § 4 Abs. 4 bezeichneten Personen, ferner der gemäß § 4 Abs. 1 Z 9, 10 und 13 Pflichtversicherten, der gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen, der in einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis stehenden Personen, der Personen, denen eine Leistung der beruflichen Ausbildung gewährt wird, sowie der Heimarbeiter und der diesen gleichgestellten Personen beginnt unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung bzw. des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses.

3.2. Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies:

Vorab ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde nicht gegen die Feststellung der Dienstnehmereigenschaft wendet, sondern lediglich die Einbeziehung in die Pflichtversicherung nach dem ASVG. Begründet wurde dies mit dem Vorbringen, dass es sich bei den an die mbP ausbezahlten Gelder um eine Pauschale Reiseaufwandsentschädigung handle, welche sozialversicherungsrechtlich befreit sei.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Die mbP war verpflichtet, gegen ein Entgelt von monatlich € 1.500,00 als Nachwuchstrainer tätig zu werden. Die mbP konnte weder die Zeit der Trainings oder Spiele noch den Ort eigenständig bestimmen. Auch welche Kader er zu trainieren hatte, wurde vorgegeben. Dass die mbP jederzeit einzelne Arbeitsleistungen (Teilnahme an Training und Spiele) sanktionslos ablehnen konnte, ist im Verfahren weder behauptet noch hervorgekommen. Die BF konnte somit mit seiner Arbeitskraft rechnen und darüber entsprechend disponieren, und ist dies im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung dahingehend bewertete, dass die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vorlagen.

Im gegenständlichen Fall ist zudem hervorgekommen, dass die mbP mit 01.10.2026 als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet wurde.

In der Sozialversicherung hat die Meldung als solche nur eine deklarative Wirkung. Unabhängig von der Erstattung der Meldung beginnt die Pflichtversicherung mit dem Tag, an dem die Beschäftigung tatsächlich aufgenommen wird. Eine nicht erstattete Meldung kann den Beginn bzw. das Ende der Pflichtversicherung nicht beeinflussen. Die Pflichtversicherung beginnt ex lege bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und ist einer Vereinbarung nicht zugänglich; ob die Parteien ein Dienstverhältnis begründen wollten oder nicht, ist für die Entstehung der Pflichtversicherung unerheblich.

Aus den vorgelegten Unterlagen wurde der Lohn für September 2016 mit Oktober ausbezahlt, weshalb jedenfalls ein Dienstverhältnis – unabhängig der Meldung zu Sozialversicherung – bereits ab September bestand.

Da auch eine lediglich zur Probe verrichtete Tätigkeit im Allgemeinen der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegt (vgl. VwGH 23.5.2012, 2010/08/0179; 25.6.2013, 2013/08/0091; 14.3.2013, 2010/08/0229), kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese den Beginn des Dienstverhältnisses bereits ab dem 01.07.2016 angenommen hat.

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als Dienstgeber derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.

Die BF war Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG.

Da die mbP bereits ab dem 01.10.2016 zur Sozialversicherung gemeldet war, war die Einbeziehung in die Pflichtversicherung nach dem ASVG bis zum 30.09.2016 spruchgemäß zu bestimmen.

Mit der mbP war nachweislich ein monatlicher Bruttolohn in Höhe von € 1.500,00 vereinbart.

Für das Jahr 2016 lag der Grenzbetrag für die Geringfügigkeit gemäß § 5 Abs.2 ASVG bei monatlich € 415,72.

Somit unterlag die mbP aufgrund des monatlichen Bruttolohns von € 1.500,00 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 lit.a AlVG.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung stützt sich auf die angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.