Spruch
W200 2308996-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS), vom 04.02.2025, OB: 94635294100025, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 20.09.2024 wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Vorverfahren:
Aufgrund eines Antrages des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses hatte das Sozialministeriumservice (im Folgenden: SMS; belangte Behörde) ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.03.2023 mit Untersuchung eingeholt. Darin war ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 Prozent festgestellt worden.
Gegenständliches Verfahren:
Der Beschwerdeführer stellte am 20.09.2024 unter Vorlage von medizinischen Unterlagen (erneut) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.
Mit Schreiben vom 22.10.2024 reichte der Beschwerdeführer einen psychiatrischen Befund vom 18.10.2024 sowie einen elektroneurodiagnostischen Befund vom 13.08.2024 nach.
Mit Schreiben vom 16.12.2024 wurde ein Befund eines Facharztes für Radiologie vom 13.12.2024 nachgereicht.
Das vom SMS aufgrund des Antrages eingeholte Gutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 20.12.2024, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, ergab (erneut) einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 Prozent. Folgende Funktionseinschränkungen gehen daraus hervor:
Begründend führte der Sachverständige zum Gesamtgrad der Behinderung aus, Leiden 1 werde durch Leiden 2 nicht weiter erhöht, da keine ungünstige Wechselwirkung bestehe. Verglichen zum Vorgutachten liege ein stationäres Beschwerdebild vor. Es ergebe sich keine Änderung im Vergleich zum Vorgutachten.
Im Rahmen des zum Gutachten gewährten Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ein.
Mit Schreiben vom 23.12.2024 wurde ein orthopädischer Befundbericht vom 13.12.2024 nachgereicht.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.02.2025 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Der nachgereichte orthopädische Befundbericht vom 13.12.2024 wurde darin nicht berücksichtigt.
Im Rahmen der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer zu Leiden 1 zusammengefasst vor, er leide an therapieresistenter Cervikobrachialgie, Chondrose HW2/3, Osteochondrosen in HW3/4 und HW4/5, Chondrose in HW5/6 und Chrondrose in HW6/7 mit beidseits intraforaminell hineinragendem Prolaps mit Betonung links und stärkegradiger Einengung bei der Neuroforamina, weshalb der Beschwerdeführer unter Kopfschmerzen und Schwindel leide. Zudem leide der Beschwerdeführer unter einer Schulterschädigung rechts, d. h. unter Tendinopathie oder Peritendinitis der Supraspinatussehne, Peritendinitis der langen Bizepssehne, aktivierter AC-Gelenksarthrose, einem Erguss in der Bursa subakromiale sowie im glenohumeralen Gelenk, weshalb er in seiner Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt sei. Somit wäre die Gesundheitsschädigung mit mindestens 50 Prozent unter Positionsnummer 02.02.03 einzustufen. Beantragt wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Einholung sowohl eines orthopädischen als auch neurologischen Gutachtens. Der Beschwerde beigelegt waren zwei MR-Befunde vom 04.02.2025 (betreffend die rechte Schulter) und 11.02.2025 (betreffend die HWS).
Das SMS legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Akt vor, diese langten am 12.03.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Aufgrund des Beschwerdevorbringens bzw. der noch nicht berücksichtigten Befunde ersuchte das Bundesverwaltungsgericht einen weiteren Sachverständigen um Erstellung eines orthopädischen Akten-Gutachtens, in dem folgende Punkte zu beurteilen waren:
1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung
- Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten Gesundheitsschädigungen
- Gewählte Position, wobei auf die Begründung der Wahl der Position besonders zu achten ist
- Zu Grunde gelegter Rahmensatz, wobei auf die Begründung der Einschätzung des GdB innerhalb des Rahmensatzes besonders zu achten ist
2. Gesamtgrad der Behinderung
Beim Zusammentreffen mehrerer Leiden ist eine Gesamteinschätzung vorzunehmen und zu begründen.
3. Ist – eventuell durch die Unterlagen Pkt. 5. und 6. (orthopädischer Befundbericht vom 13.12.2024 und MR-Befunde) – eine Änderung zum orthopädischen GA vom 20.12.2024 feststellbar? Worin liegt diese? Begründung einer eventuell vom aktuellen Ergebnis abweichenden Beurteilung.
4. Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.
Dieses orthopädische Akten-Gutachten vom 15.05.2025 gestaltet sich auszugsweise wie folgt:
„Vorgutachten: Dris. […] 3/2023 und Dris. […] 12/2024
orthopädisch/unfallchirurgisch relevante Befunde: MRT Penzing Abl.48-50.; Orthopädicum Abl.41.
Relevante Anamnese:
Stabilisiernde Schulter Op rechts, Zustand nach VU mit HWS-verletzung; Depression, CTS beidseits geringen Grades.
Sozialanamnese: AMS, Tischler (Stand 12/2024).
BEURTEILUNG
Ad 1)
1) degenerative und posttraumatische Veränderungen 02.01.02 30%
der Wirbelsäule
unterer Rahmensatz, da keine relevante Störung der peripheren Sensomotorik
Wahl der Position, da Rotationseinschränkung nach Fraktur obere HWS und aktuell Neuroforameneinengung C6/7
2) Depression 03.06.01 20%
eine Stufe über unterem Rahmensatz, da unter Medikation stabil.
Wahl der Position, da keine höhergradige Einschränkung dokumentiert
3) Omarthrose rechts, Zustand nach Stabilisierung 02.06.01 10%
fixer Rahmensatz und Wahl der Position, da Beweglichkeit deutlich über 120 Grad
4) Karpaltunnelsyndrom bds. 04.05.06 10%
unterer Rahmensatz, da geringen Grades.
Wahl der Position, da Medianusnerv betroffen
5) beginnende Knieabnützung links 02.05.18 10%
unterer Rahmensatz, da geringe radiologische Veränderungen bei freier Beweglichkeit
Ad2) Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30%, da die übrigen Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz sind, um das führende Leiden 1 zu erhöhen (Leiden 3 bis 5), oder wegen fehlender Wechselwirksamkeit (Leiden 2).
Ad3) Das MRT der HWS ergibt zusammen mit der im Vor-Gutachten vermerkten schlechten HWS-Rotation eine höhere Einstufung. Das Schulter MRT beschreibt ein Impingementsyndrom, ein Schulterengesyndrom, es liegt ferner ein Zustand nach Stabilisierung nach Verrenkung vor.
Die im Orthobefund angesprochene hochgradige Omarthrose findet im MRT Befund keine Bestätigung, auch die im VGA beschriebene Beweglichkeit bis 180 Grad ergibt zwar ein Leiden, aber kein höhergradiges.
Ad4) Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Es besteht fast immer eine funktionelle Verbindung zwischen Schulter- und Halswirbelsäulenleiden, allerdings auch eine Leidensüberschneidung. […]
Im Rahmen des dazu gewährten Parteigengehörs brachten weder das SMS noch der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertretung eine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 Prozent.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
beschwerderelevanter Status:
Klinischer Status – Fachstatus:
Wirbelsäule gesamt
Im Lot, Becken-, Schultergeradstand, Krümmung normal, keine Skoliose. Seitengleiche Taillendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur
HWS S 35-0-10, R 50-0-50, F 10-0-10, Nackenmuskulatur verspannt,
BWS R 30-0-30, Ott 30/33 normal
LWS FBA + 20 cm Reklination 20, Seitneigen 30-0-30, R 30-0-30. Schober 10:15 normal
SI-Gelenke nicht druckschmerzhaft,
Grob neurologisch:
Hirnnerven frei.
OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich
UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich
Keine Pyramidenzeichen.
Obere Extremität
Allgemein
Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich. Schulter bds:
S40-0-180, F 180-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen. Endlagiger vorderer Schulterschmerz rechts.
Ellbogen bds:
S0-0-145, R 80-0-80, bandstabil.
Handgelenk bds:
S 70-0-70, Radial-, Ulnarabspreizung je 30
Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt
Nackengriff:
Nicht eingeschränkt, seitengleich.
Schürzengriff:
Nicht eingeschränkt, seitengleich
Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.
Spitz-, Zangen- Oppositions- und Schlüsselgriff seitengleich.
Untere Extremität
Allgemein
Keine Beinlängendifferenz, Beinachse normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.
Hüfte bds:
S 0-0-130, R 40-0-40, F 40-0-40, kein Kapselmuster.
Knie bds:
S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.
SG bds:
S 20-0-40, bandfest, kein Erguss.
Fuß bds:
Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß
Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung
Gesamtmobilität – Gangbild:
Mittelschrittig, flüssig, Zehen-Fersenstand möglich, Einbeinstand möglich, Hocke möglich.
Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch. Wendebewegungen rasch.
Status Psychicus:
Orientiert, freundlich, kooperativ
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30%.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 Prozent, da die übrigen Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz sind, um das führende Leiden 1 zu erhöhen (Leiden 3 bis 5), oder wegen fehlender Wechselwirksamkeit (Leiden 2).
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund des gegenständlichen Antrages des Beschwerdeführers hatte das SMS ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 20.12.2024, basierend auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, eingeholt.
Darin wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 Prozent festgestellt. Leiden 1 „Degenerative und posttraumatische Veränderungen des Stütz-und Bewegungsapparates“ wurde nach dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.01 (Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades, 10 bis 20 Prozent) mit einem GdB von 20 Prozent eingestuft, da rezidivierende Beschwerden bei Cervikalsyndrom mit Vertigo, Schultergelenksabnützung mit mäßig eingeschränkter Beweglichkeit, Beschwerden im Bereich des linken Ellbogens, linken Kniegelenks und bei Fersensporn jeweils ohne Funktionseinschränkung vorliegen würden.
Leiden 2 „Depression“ stufte der Sachverständige – wie schon im unfallchirurgischen und allgemeinmedizinischen Vorgutachten aus dem Jahr 2023 – eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 03.06.01 (Depressive Störung – Dysthymie – leichten Grades, 10 bis 40 Prozent) mit einem GdB von 20 Prozent ein, da dieses unter medikamentöser Therapie stabil sei und soziale Integration vorliege.
Den Gesamtgrad der Behinderung von 20 Prozent begründete der Orthopäde im Gutachten vom 20.12.2024 damit, dass Leiden 1 durch Leiden 2 nicht weiter erhöht werde, da keine ungünstige Wechselwirkung bestehe.
Da das SMS den vonseiten des Beschwerdeführers vorgelegten orthopädischen Befundbericht vom 13.12.2024 bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hatte und der Beschwerdeführer mit der Beschwerde zwei neue MR-Befunde vom 04.02.2025 (betreffend die rechte Schulter) und vom 11.02.2025 (betreffend die HWS) vorlegte, holte das Bundesverwaltungsgericht erneut ein orthopädisches Sachverständigengutachten vom 15.05.2025 ein.
Diesem zuletzt eingeholten Akten-Gutachten wurde – trotz nachweislicher Möglichkeit, eine Stellungnahme einzubringen – nicht mehr entgegengetreten.
Insbesondere ist festzuhalten, dass der Sachverständige die beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden – unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes des Vorgutachtens vom 20.12.2024 und der zuvor noch nicht berücksichtigten Unterlagen – nachvollziehbar nach der Einschätzungsverordnung bzw. Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt hat.
So stufte er Leiden 1 „degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule“ nachvollziehbar nach dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.02 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades, 30 bis 40 Prozent) mit einem GdB von 30 Prozent ein, da keine relevante Störung der peripheren Sensomotorik vorliegt. Die Position wurde gewählt, da eine Rotationseinschränkung nach Fraktur Obere HWS und aktuell Neuroforameneinengung C6/7 vorliegen.
Leiden 2 „Depression“ wurde wie bereits im Vorgutachten nachvollziehbar unter Positionsnummer 03.06.01 mit einem GdB von 20 Prozent eine Stufe über dem unteren Rahmensatz eingestuft, da dieses Leiden unter Medikation stabil ist. Die Position wurde gewählt, da keine höhergradige Einschränkung dokumentiert ist.
Der Sachverständige stufte Leiden 3 „Omarthrose rechts, Zustand nach Stabilisierung“ nachvollziehbar nach dem festen Satz der Positionsnummer 02.06.01 (Obere Extremitäten – Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig) von 10 Prozent ein. Diese Position wurde gewählt, da die Beweglichkeit deutlich über 120 Grad liegt.
Leiden 4 „Karpaltunnelsyndrom bds.“ wurde nachvollziehbar nach dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 04.05.06 (Lähmungen der peripheren Nerven – Nervus medianus, 10 bis 40 Prozent) mit einem GdB von 10 Prozent aufgrund des geringen Grades eingestuft. Die Position wurde gewählt, da der Medianusnerv betroffen ist.
Die „beginnende Knieabnützung links“ wurde als Leiden 5 nachvollziehbar nach dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.18 (Kniegelenk – Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig, 10 bis 20 Prozent) mit einem GdB von 10 Prozent eingestuft, da geringe radiologische Veränderungen bei freier Beweglichkeit bestehen.
Schlüssig ist auch die Begründung des Sachverständigen für den Gesamtgrad der Behinderung von 30 Prozent, da die übrigen Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz sind, um das führende Leiden 1 zu erhöhen (Leiden 3 bis 5), bzw. wegen fehlender Wechselwirksamkeit (Leiden 2).
Zudem legte der Gutachter plausibel dar, dass fast immer eine funktionelle Verbindung zwischen Schulter- und Halswirbelsäulenleiden besteht, allerdings auch eine Leidensüberschneidung.
Auch die Begründung für die Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten vom 20.12.2024 ist plausibel. So ergibt das neu vorgelegte MRT der HWS zusammen mit der im Vorgutachten vermerkten schlechten HWS-Rotation eine höhere Einstufung. Das Schulter-MRT beschreibt ein Impingementsyndrom, ein Schulterengesyndrom, es liegt ferner ein Zustand nach Stabilisierung nach Verrenkung vor. Die im orthopädischen Befund vom 13.12.2024 angesprochene hochgradige Omarthrose findet im MRT-Befund keine Bestätigung, auch die im Vorgutachten beschriebene Beweglichkeit bis 180 Grad ergibt zwar ein Leiden, aber kein höhergradiges.
Der befasste Gutachter berücksichtigte insbesondere das Beschwerdevorbringen und alle vom Beschwerdeführer vorgelegten relevanten Unterlagen. Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten ist nachvollziehbar, schlüssig und vollständig.
Der Sachverständige hat seine Einschätzung nachvollziehbar begründet. Daher ist entgegen der Argumentation in der Beschwerde nicht davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer ein GdB von zumindest 50 Prozent vorliegt.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens, dem der Untersuchungsbefund des Vorgutachtens zugrunde gelegt und in dem insbesondere die im Vorgutachten vermerkte schlechte HWS-Rotation berücksichtigt wurde. Dieses letztlich auch nicht mehr beeinspruchte Gutachten wurde daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt, vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 vH abzuweichen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Vorliegend ist somit Senatszuständigkeit gegeben.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt
Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG, auszugsweise).
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten, worin nachvollziehbar ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 Prozent festgestellt wurde. Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten nicht entgegengetreten, das SMS ebenso wenig.
Im vorliegenden Fall wurde durch den befassten Sachverständigen eine nachvollziehbare Einschätzung nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung vorgenommen. Der Sachverständige ging auf die noch nicht vom SMS berücksichtigten Befunde ein und berücksichtigte das Beschwerdevorbringen.
Zum Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Neurologie wird darauf hingewiesen, dass kein Anspruch auf die Zuziehung von Fachärztinnen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (vgl. VwGH 24.06.1997, 96/08/0114) Aufgrund der Schlüssigkeit des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachtens war ein zusätzliches Gutachten daher nicht mehr einzuholen.
Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/11/0204-7, Rz 24, betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:
„§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.“
Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung „Mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.“ bieten.
Auch der aktuelle Gesamtgrad der Behinderung von 30 Prozent war nicht im Spruch festzuhalten.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind Art und Schwere der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes holte das Bundesverwaltungsgericht nach Beschwerdeerhebung ein ärztliches Gutachten ein. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stünden. Insbesondere ist der Gutachter auf die von der belangten Behörde noch nicht berücksichtigten Befunde eingegangen und hat das Beschwerdevorbringen berücksichtigt. Weder SMS noch Beschwerdeführer sind diesem Gutachten entgegengetreten.
Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorliege und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – trotz Antrages – unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die vorliegende Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.