JudikaturBVwG

I423 2303126-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
07. Juli 2025

Spruch

I423 2303126-2/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela GREML im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch RA Dr. Manfred SCHIFFNER, in 8054 Graz-Seiersberg, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 27.05.2025, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , zu Recht:

A)

Spruchpunkt VI. wird ersatzlos behoben. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid kommt die aufschiebende Wirkung somit zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. 1. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der türkische Staatsangehörige stellte gemeinsam mit seiner Ehegattin einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die gemeinsame Tochter wurde in Österreich geboren und auch für sie ein Asylantrag gestellt.

Gegen den Beschwerdeführer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung einer Straftat mit Terrorismusbezug geführt.

Ein Bescheid vom 07.10.2024, mit dem das BFA den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten aufgrund Vorliegens eines Asylausschlussgrundes (Spruchpunkt I.) und auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abwies (Spruchpunkt II.), einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilte (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) verbunden mit einem 10-jährigen Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.) erließ und seine Abschiebung für zulässig befand (Spruchpunkt V.), zudem einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannte (Spruchpunkt VI.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzte (Spruchpunkt VII.), hob das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 24.03.2025, schriftlich ausgefertigt am 09.04.2025, behoben.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 27.05.2025 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) verbunden mit einem 8-jährigen Einreiseverbot (Spruchpunkt IX.) erlassen und seine Abschiebung für zulässig befunden (Spruchpunkt V.). Zudem wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VI.), gleichzeitig aber auch eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.). Dem Beschwerdeführer wurde mit Spruchpunkt VIII. aufgetragen, sich jeden zweiten Tag in der Zeit von 08:00 und 15:00 Uhr bei einer näher bestimmten Polizeiinspektion für den Zeitraum der festgelegten Ausreisefrist zu melden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 18.06.2025 wird insbesondere moniert, dass das BFA keine bzw. nur unzureichende Ermittlungen hinsichtlich seines Fluchtvorbringens getätigt hat und sich nicht mit der Strafverfolgung in der Türkei und den Konsequenzen auseinandergesetzt hat. Eine von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird bestritten. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und insbesondere die Feststellungen zum bisherigen Verfahren ergeben sich aus dem vorgelegten Behördenakt. Aus dem Strafregisterauszug lässt sich die bislang Unbescholtenheit in Österreich erkennen.

Herangezogen wurde der gesamte Akteninhalt, insbesondere aber der Bescheid vom 27.05.2025 und die Beschwerde, datiert mit 18.06.2025.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, gemäß Abs. 5 leg. cit. binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Der Beschwerdeführer befürchtet, aufgrund angeblicher Unterstützung der PKK ins Visier der türkischen Behörden geraten zu sein. Dies könne er durch einen Haftbefehl und eine Anklage belegen.

Bei einer Grobprüfung der Faktoren, ob dem Beschwerdeführer in der Türkei aufgrund eines Strafverfahrens oder einer unterstellten PKK-Unterstützung eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht, wird sich das Gericht einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen müssen und sich näher mit den von ihm vorgelegten Beweismittel auseinander setzen müssen. Das BFA hat pauschal festgestellt, dass es sich um gängige Ermittlungen der türkischen Behörden handle, ohne konkret auf die Tatvorwürfe und die Konsequenzen bzw. die Verhältnismäßigkeit der Strafverfolgung auseinander zu setzen. Eine mündliche Verhandlung wird erneut anzuberaumen sein.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach betont, dass gerade bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Verschaffung eines persönlichen Eindruckes im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung besonders wichtig ist (z.B. VwGH vom 23.03.2020, Ra2019/14/0334, VwGH vom 25.05.2020, Ra2019/19/0116, jüngst VwGH vom 29.03.2021, Ra2021/18/0071.).

Dadurch, dass der Sachverhalt in Hinblick auf eine verhältnismäßige Strafverfolgung in der Türkei ohne nähere Prüfung der Umstände nicht abschließend geklärt erscheint, war der Beschwerde daher insoweit Folge zu geben, dass Spruchpunkte VI. ersatzlos zu beheben war.

Eine mündliche Verhandlung entfällt, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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