IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX alias XXXX geb., StA Syrien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2024, Zl. 1289121809/211726930, zu Recht:
A)
In Zurückweisung des Hauptantrags und des 1. Eventualantrags der Beschwerde sowie in Stattgebung des 2. Eventualantrags der Beschwerde wird der Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG behoben. Die Behörde hat über den Antrag ohne Heranziehung des Zurückweisungsgrundes der Unzuständigkeit zu entscheiden.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. XXXX in Folge: Beschwerdeführer) wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Behörde) vom 27.01.2022, Zl. 1289121809/211726930, der Status des Asylberechtigten zuerkannt; der Bescheid ist an „Herrn XXXX 01.01. XXXX , Syrien, Arabische Republik“ gerichtet und wurde dem Beschwerdeführer am 27.01.2022 persönlich ausgefolgt.
1.2. Mit mittels E-Mails eingebrachtem Antrag vom 17.01.2024, gerichtet an die Behörde, Regionaldirektion Niederösterreich, führte der Beschwerdeführer aus, nicht am 01.01. XXXX , sondern am 03.01. XXXX geboren zu sein, der im Spruch genannte Vertreter des Beschwerdeführers beantrage daher „das Geburtsdatum meines Mandanten im Zentralen Fremdenregister auf den 03.01. XXXX zu berichtigen“. Dem Antrag war eine Kopie eines Auszugs aus dem syrischen Familienregister und eines syrischen Personalausweises, jeweils samt Übersetzung, beigelegt, eine nähere Begründung lässt der Antrag aber vermissen.
Mit am 31.07.2024 dem im Spruch genannte Vertreter des Beschwerdeführers zugestellten, verfahrensgegenständlichen Bescheid der Behörde vom 24.07.2024, Zl. 1289121809/211726930, wurde der „Antrag auf Änderung der Personendaten vom 17.07.2024 gemäß § 6 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsrechts 1991 [sic!] zurückgewiesen“.
Mit am 28.08.2024 bei der Behörde mittels E-Mails eingelangtem Schriftsatz erhob der im Spruch genannte Vertreter des Beschwerdeführers für diesen Beschwerde gegen diesen Bescheid.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der Zurückweisung eines Antrags Sache des Beschwerdeverfahrens nur die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049; VwGH 31.05.2017, Ra 2016/22/0107), das Verwaltungsgericht also insbesondere einen zurückweisenden Ausspruch nicht durch einen meritorischen Ausspruch ersetzen kann.
Daher kommt es gegenständlich nicht in Betracht, das Geburtsdatum des Beschwerdeführers im Zentralen Fremdenregister auf den 03.01. XXXX zu berichtigen (Hauptantrag in der Beschwerde) oder der belangten Behörde selbiges aufzutragen (1. Eventualantrag in der Beschwerde); diese Anträge sind im Licht der oben dargestellten Rechtsprechung zurückzuweisen.
3.2. Es bleibt daher über den 2. Eventualantrag, nämlich den angefochtenen Bescheid zu beheben und der belangten Behörde aufzutragen, über den verfahrenseinleitenden Antrag neuerlich und ohne den gegenständlichen Zurückweisungsgrund zu entscheiden, abzusprechen, da dieser im Lichte der Ausführungen unter 3.1. nicht als unzulässig zu erkennen ist.
3.3. Gemäß § 26 Abs. 1 BFA-VG sind der Bundesminister für Inneres, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, die Vertretungsbehörden, die Behörden nach dem NAG und die Landespolizeidirektionen als gemeinsam Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 DSGVO ermächtigt, personenbezogene Daten von Fremden (§ 27 Abs. 1) gemeinsam in der Art zu verarbeiten, dass jeder Verantwortliche auch auf jene Daten in der Datenverarbeitung Zugriff hat, die dieser von den anderen Verantwortlichen zur Verfügung gestellt wurden (Zentrales Fremdenregister), gemäß § 26 Abs. 2 BFA-VG obliegt die Erfüllung von Auskunfts-, Informations-, Berichtigungs-, Löschungs- und sonstigen Pflichten nach den Bestimmungen der DSGVO gegenüber dem Betroffenen jedem Verantwortlichen nur hinsichtlich jener Daten, die im Zusammenhang mit den von ihm geführten Verfahren oder den von ihm gesetzten Maßnahmen verarbeitet werden. Nimmt ein Betroffener unter Nachweis seiner Identität ein Recht nach der DSGVO gegenüber einem gemäß dem ersten Satz unzuständigen Verantwortlichen wahr, ist er an den zuständigen Verantwortlichen zu verweisen.
Gemäß § 26 Abs. 3 BFA-VG übt der Bundesminister für Inneres darüber hinaus die Funktion des Auftragsverarbeiters gemäß Art. 4 Z 8 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 DSGVO aus. Er ist in dieser Funktion verpflichtet, die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen. Zudem ist er berechtigt, weitere Auftragsverarbeiter in Anspruch zu nehmen.
3.4. Nach Art. 4 Z 7 DSGVO ist „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet, nach Art. 4 Z 8 DSGVO ist „Auftragsverarbeiter“ eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen bearbeitet.
Gemäß Art. 16 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen; weiters hat die betroffene Person unter Berücksichtigung der Zwecke der Verarbeitung das Recht, die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten – auch mittels einer ergänzenden Erklärung – zu verlangen.
3.5. Da die gegenständlichen Daten vom Bundesamt im Rahmen des Asylverfahrens, das zur Erlassung des Bescheides vom 27.01.2022, Zl. 1289121809/211726930, geführt hat, verarbeitet wurden, ist dieses Verantwortlicher im Sinne des § 26 Abs. 1 BFA-VG und hatte der Beschwerdeführer seinen Antrag daher an dieses zu richten.
Es stellt sich die Frage, ob das Bundesamt über den Antrag – neben dem dem Beschwerdeführer zustehenden Gang zur Datenschutzbehörde – zu entscheiden hat bzw. der Beschwerdeführer ein Recht auf einen bescheidmäßigen Abspruch hat.
3.6. Gemäß Art 78 Abs. 1 DSGVO hat jede natürliche oder juristische Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen einen sie betreffenden rechtsverbindlichen Beschluss einer Aufsichtsbehörde.
Gemäß Art 78 Abs. 2 DSGVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtbehelfs das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn die nach den Artikeln 55 und 56 zuständige Aufsichtsbehörde sich nicht mit einer Beschwerde befasst oder die betroffene Person nicht innerhalb von drei Monaten über den Stand oder das Ergebnis der gemäß Artikel 77 erhobenen Beschwerde in Kenntnis gesetzt hat.
Gemäß Art 78 Abs. 3 DSGVO sind für Verfahren gegen eine Aufsichtsbehörde die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.
Gemäß Art 78 Abs. 4 DSGVO leitet die Aufsichtsbehörde, kommt es zu einem Verfahren gegen den Beschluss einer Aufsichtsbehörde, dem eine Stellungnahme oder ein Beschluss des Ausschusses im Rahmen des Kohärenzverfahrens vorangegangen ist, diese Stellungnahme oder diesen Beschluss dem Gericht zu.
Gemäß Art. 79 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines verfügbaren verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs einschließlich des Rechts auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 77 das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund dieser Verordnung zustehenden Rechte infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden.
Gemäß Art. 79 Abs. 2 DSGVO sind für Klagen gegen einen Verantwortlichen oder gegen einen Auftragsverarbeiter die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter eine Niederlassung hat. Wahlweise können solche Klagen auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dem die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, es sei denn, es handelt sich bei dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter um eine Behörde eines Mitgliedstaats, die in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse tätig geworden ist.
Mit Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 07.12.2023, C‑26/22 und C‑64/22 (siehe Rz.en 66 ff) hat dieser ausgesprochen, dass was das in Art. 79 Abs. 1 DSGVO vorgesehene Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter betrifft, darauf hinzuweisen ist, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Rechtsbehelf nach Art. 78 Abs. 1 DSGVO und der in Art. 79 Abs. 1 DSGVO vorgesehene Rechtsbehelf nebeneinander und unabhängig voneinander eingelegt werden können (Urteil vom 12.01.2023, Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság, C‑132/21, EU:C:2023:2, Rn. 35 und Tenor). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof insbesondere festgestellt, dass die Bereitstellung mehrerer Rechtsbehelfe das im 141. Erwägungsgrund dieser Verordnung genannte Ziel stärkt, jeder betroffenen Person, die sich in ihren Rechten gemäß dieser Verordnung verletzt sieht, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 der Charta zu garantieren (Urteil vom 12. Januar 2023, Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság, C‑132/21, EU:C:2023:2, Rn. 44).
Daher, so der Europäische Gerichtshof weiter, – und obwohl es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die Modalitäten des Zusammenspiels dieser Rechtsbehelfe zu regeln (Urteil vom 12. Januar 2023, Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság, C‑132/21, EU:C:2023:2, Rn. 45 und Tenor) – hat die Existenz des in Art. 79 Abs. 1 DSGVO vorgesehenen Rechts auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter keine Auswirkung auf den Umfang der gerichtlichen Überprüfung, der ein Beschluss einer Aufsichtsbehörde über eine Beschwerde im Rahmen eines Rechtsbehelfs gemäß Art. 78 Abs. 1 DSGVO unterliegt.
Daraus ist zu schließen, dass die Behörde den Antrag des Beschwerdeführers grundsätzlich meritorisch zu erledigen hat und daher eine Zurückweisung aus dem herangezogenen Zurückweisungsgrund, für eine bescheidmäßige Erledigung nicht zuständig zu sein, nicht zulässig ist.
Daher ist in Stattgebung des 2. Eventualantrags der Beschwerde der Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG behoben. Die Behörde hat über den Antrag ohne Heranziehung des Zurückweisungsgrundes der Unzuständigkeit zu entscheiden.
3.7. Die Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.
Eine solche war nicht aufzufinden.
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