Spruch
W170 2298330-2/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , syrischer StA., gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2025, Zl. 1372466107-241926744, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, dessen Identität feststeht. Der Beschwerdeführer ist Araber und Sunnit.
Dem Beschwerdeführer kommt in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 10.07.2024, 12 Hv 70/24v, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223, 224 StGB rechtskräftig zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, weil er am 08.10.2023 in Schwechat/Mannswörth am Flughafen im Zuge der internationalen Einreise nach Österreich eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz (§ 2 Abs 4 Z 4 FPG) inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, und zwar einen gefälschten belgischen Reisepass, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, und zwar seiner Nationalität bzw. eines Rechts, und zwar seiner Berechtigung, sich als belgischer Staatsangehöriger im EU-Raum aufzuhalten, gebraucht hat, indem er diese im Zuge einer Personenkontrolle vorwies.
1.2. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines echten, bis zum 22.11.2028 ausgestellten syrischen Reisepass mit der Nummer 005-22-L007171.
Der Beschwerdeführer wäre in der Lage, sich diesen Pass in der syrischen Botschaft in Wien verlängern zu lassen, das Vorbringen, dass er mit der HTS in Syrien Probleme habe, ist unglaubwürdig und wurde erstmals in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.05.2025 aufgestellt.
1.3. In der syrischen Botschaft in Wien können zwar keine neuen Reisepässe ausgestellt werden, es ist aber möglich, einen abgelaufenen syrischen Reisepass in dieser Botschaft verlängern zu lassen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich vor allem auf Grund der vorliegenden Dokumente und der eingeholten Strafregisterauskunft, sowie aus dem in das Verfahren eingeführte, oben genannte Urteil des Landesgerichts Klagenfurt; dass dieses rechtskräftig ist, ergibt sich aus der Strafregisterauskunft, der die Parteien nicht entgegengetreten sind.
2.2. Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus den in das Verfahren eingeführten Beweismittel, konkret aus einer Kopie des genannten Reisepasses (dessen Datenblatt auf Englisch und somit lesbar ist) und aus dem Untersuchungsbericht der LPD Kärnten vom 03.06.2024, PAD/24/00945445/001/KRIM, nach dem der Formularvordruck des genannten Reisepasses authentisch, die PLZ überprüft und in Ordnung sowie der Barcode ausgelesen und in Ordnung seien und sich hinsichtlich der Ausfüllschriften, des Lichtbildes und der Stempelabdrucke keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung ergeben hätte. Diese Beweismittel wurden den Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgehalten und sind diese diesen nicht entgegengetreten.
Dass der Beschwerdeführer erstmals Probleme mit der HTS vorgebracht hat, die er noch dazu in das Jahr 2013 datiert hat, ergibt sich aus einem Vergleich seiner Aussagen am 27.05.2025 im gegenständlichen Verfahren mit den Aussagen, die der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Protokoll gegeben hat. Hier ist von Problemen mit der FSA – nicht der HTS – ab dem Jahr 2018, eher im Jahr 2020, in Ras-Al-Ain die Rede (siehe Verhandlungsschrift vom 29.04.2025, S. 10 – als Anlage 6 in das gegenständliche Verfahren eingebracht). Die Rechtfertigung, dass 2013 alle Rebellengruppen – abgesehen vom IS – als FSA bezeichnet wurden, überzeugt deshalb nicht, da der Beschwerdeführer bis exklusive der Verhandlung vom 27.05.2025 noch nie von Verfolgungshandlungen im Jahr 2013 berichtet hat und diese schon aus diesem Grund unglaubwürdig sind.
2.3. Die Feststellungen ergeben sich aus der Anfragebeantwortung von Accord zu Syrien: Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments vom 19.03.2025. Laut dieser Anfragebeantwortung hat die syrische Botschaft in Wien noch am 19.03.2025 bestätigt, dass zwar die Neuausstellung von Reisepässen in dieser Botschaft nicht möglich wäre, jedoch aber die Verlängerung abgelaufener Pässe. Auch habe ein syrischer Staatsbürger Accord gegenüber bestätigt, dass man seinen schon länger abgelaufenen Reisepass in der syrischen Botschaft verlängert habe, dies sei ohne Gebühr und in Form eines Aufklebers im alten Pass durchgeführt worden. Accord liegt auch ein Foto eines Aushangs in der syrischen Botschaft in Wien vor, nachdem diese eine kostenlose Verlängerung von Reisepässen, die Ausstellung von Laissez-Passez und die Beglaubigung von Dokumenten anbiete.
Daraus ist zu schließen, dass die Verlängerung syrischer Reisepässe in der syrischen Botschaft in Wien möglich ist, zumal dem der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 88 Abs. 1 FPG können Fremdenpässe, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für (1.) Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen; (2.) ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen; (3.) ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind; (4.) ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder (5.) ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
Hinsichtlich der Voraussetzungen nach § 88 Abs. 1 FPG ist darauf hinzuweisen, dass einerseits nicht zu erkennen ist, dass die Ausstellung eines Fremden, der im Besitz eines gültigen Reisepasses seines Herkunftsstaates ist, nicht im Interesse der Republik gelegen ist und auch andere Gründe für dieses Interesse nicht zu erkennen sind und andererseits, der Beschwerdeführer (zu 1.) weder ein Staatenloser noch eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit ist, (zu 2.) ihm als (lediglich subsidiär Schutzberechtigter) kein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukommt, (zu 3.) bei ihm nicht zu erkennen ist (und auch nicht behauptet wurde), dass dieser die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ erfüllt, (zu 4.) dieser nicht einmal angegeben hat, aus dem Bundesgebiet auswandern zu wollen und (5.) keine Bestätigung des zuständigen Bundesministers oder der Landesregierung vorliegt, nach der die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
Daher kann eine Ausstellung nicht auf § 88 Abs. 1 FPG gestützt werden.
3.2. Gemäß § 88 Abs. 2 FPG können Fremdenpässe auf Antrag weiters für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, ausgestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist weder staatenlos noch eine Person ungeklärter Staatsbürgerschaft, er ist syrischer Staatsangehöriger.
Daher kann eine Ausstellung nicht auf § 88 Abs. 2 FPG gestützt werden.
3.3. Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremdenpässe Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass § 88 Abs. 2a FPG vor dem Hintergrund der entsprechenden unionsrechtlichen Regelung, nämlich Art. 25 Abs. 2 der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU), auszulegen ist (VwGH 27.06.2024, Ra 2023/21/0163). Gemäß dem hier maßgeblichen Art. 25 Abs. 2 der Statusrichtlinie sind Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und die keinen nationalen Pass erhalten können, Dokumente für Reisen außerhalb ihres Hoheitsgebiets auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Nach den Gesetzesmaterialien zum FNG-Anpassungsgesetz, mit dem (in Abänderung der bisherigen Bestimmung des § 88 Abs. 2 Z 2 FPG) der Abs. 2a in den § 88 FPG mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2014 eingefügt wurde, sollte damit Art. 25 Abs. 2 der Statusrichtlinie umgesetzt werden, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt werde, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden könne (ErläutRV 2144 BlgNR 24. GP 25). Eine weitere Ausnahme von diesem Rechtsanspruch besteht für den Fall, dass die subsidiär Schutzberechtigten – wie es die Richtlinie formuliert – einen nationalen Pass erhalten können (VwGH 27.02.2025, Ra 2024/21/0078).
Die vom Gesetz und dem Verwaltungsgerichtshof formulierte Einschränkung, dass Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, Dokumente für Reisen außerhalb ihres Hoheitsgebiets auszustellen sind, nicht für solche Personen gilt, die einen nationalen Pass erhalten können, muss umso mehr für Personen gelten, die bereits einen gültigen nationalen Pass in Händen halten.
Da der Beschwerdeführer einerseits im Besitz eines syrischen Reisepasses ist und andererseits diesem nach Ablauf der Gültigkeit im Jahr 2028 auch in der syrischen Botschaft verlängern lassen könnte, liegen auch die Voraussetzungen nach § 88 Abs. 2a FPG für die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht vor.
Es bedarf daher keiner Befassung mit der Frage, ob der Ausstellung eines Fremdenpasses an einen wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223, 224 StGB verurteilten Fremden zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen.
3.4. Hinzuweisen ist, dass § 89 FPG lediglich die Ausstellung von Fremdenpässe für Minderjährige regelt, der Beschwerdeführer aber nicht mehr minderjährig ist; darüber hinaus stellt § 89 FPG keine § 88 Abs. 1 bis 2a FPG ergänzenden, weitergehenden Erteilungsvoraussetzungen dar, sodass dieser ohne Vorliegen der Voraussetzungen von § 88 Abs. 1 bis 2a FPG ohnehin irrelevant ist.
Daher ist die Beschwerde abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da ein klarer Gesetzeswortlaut vorliegt und – zum hier relevanten § 88 Abs. 2a FPG – auch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (diese wird unter A) dargestellt), liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor und ist die Revision nicht zulässig.