JudikaturBVwG

G304 2181283-3 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2025

Spruch

G304 2181283-3/2E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Serbien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2025, Zl. XXXX , betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI.), zu Recht erkannt:

A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 11.04.2024 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (IV.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wird (Spruchpunkt V.), und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde – und zwar gegen die Spruchpunkte II. bis VI. - erhoben.

3. Am 13.05.2025 langte die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien, er ist Inhaber eines serbischen Reisepasses mit der Nummer XXXX , gültig bis 13.06.2032. Der BF ist verwitwet und nach seinen Angaben Vater von neun Kindern, wovon sechs in Österreich aufhältig sein sollen. Er leidet an keiner lebensbedrohenden Erkrankung und ist erwerbsfähig.

1.2. Drei seiner Kinder leben in Rumänien. Die von ihm genannten Kinder, welche in Österreich aufhältig sind, sind 2000, 2001, 2005, 2009, 1985 und 2023 geboren. Beim letztgenannten Kind konnte der BF das genaue Geburtsdatum nicht benennen. Der BF hat angegeben, dass er in Österreich eine Lebensgefährtin habe ( XXXX , StA: Ö), mit welcher er gemeinsam das jüngste Kind habe. Fünf Kinder entstammen einer Beziehung zu seiner Ex-Lebensgefährtin ( XXXX , StA: Rumänien) und wohnen in Österreich und drei weitere Kinder bei seiner weiteren Ex-Lebensgefährtin ( XXXX , StA: Rumänien) in Rumänien. Seine Ehefrau ( XXXX , StA: Schweiz) ist verstorben und der BF wartet noch auf die Abwicklung der Verlassenschaft. Zwei Brüder des BF leben in Österreich, einer in der Schweiz, es besteht kein Kontakt. Die Eltern des BF sind verstorben.

1.3. Der BF stellt im Jahr 2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher rechtskräftig vom damaligen Asylgerichtshof abgewiesen wurde.

1.4. Gegen den BF wurde mit Bescheid des BFA vom 30.11.2017 wegen Straffälligkeit ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Nach einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wurde das Einreiseverbot mit Erkenntnis des BVwG G314 2181283-1/21E vom 30.07.2018 auf 8 Jahre verkürzt und der BF wurde am 24.08.2028 nach Serbien abgeschoben. Das Einreiseverbot steht noch bis 24.08.2026 in Geltung. Dennoch reiste der BF zu einem unbekannten Zeitpunkt wieder in das Bundesgebiet ein. Einem Bericht des XXXX vom 10.04.2019 zufolge wurde der BF an diesem Tag vor der Wohnung seiner im betreuten Wohnen untergebrachten Tochter angetroffen.

1.5. Der BF war seit dem Kindesalter immer wieder in Österreich aufhältig, dazwischen wieder in Serbien und im Bundesgebiet war er von 01.04.2012 bis 31.03.2023 melderechtlich erfasst. Er war nicht sozialversichert und hat seinen Aufenthalt in Österreich mit illegaler Beschäftigung finanziert.

1.6. Der BF hat bisher folgende Aliasnamen verwendet:

- XXXX

- XXXX

- XXXX - XXXX

- XXXX

- XXXX

1.7. Der BF stellte am 03.09.2024 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, welcher wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen wurde.

1.8. Folgende strafrechtlichen Verurteilungen des BF sind in Österreich evident:

Urteil eines Landesgerichts aus dem Jahr 2015 wegen des Verbrechens nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Jahren, das OLG setzte die Strafe nach einer Berufung auf 5 Jahre herab.

Urteil eines Landesgerichts vom 10.03.2023, rechtskräftig wegen des Verbrechens §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 1. Fall, 130 Abs 2, 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft in einer Justizanstalt, der früheste Termin für eine bedingte Entlassung ist der 24.06.2025.

Aus dem Urteil des Landesgerichts vom 10.03.2023 ist ersichtlich, dass der BF im Zeitraum von 2019 bis 2022 mehrere Einbruchsdiebstähle im Bundesgebiet begangen hat. Erschwerend für die Strafbemessung wurde neben der Deliktsqualifikation unter anderem die wiederholte Straffälligkeit und das fehlende Unrechtsbewusstsein berücksichtigt. Auch im Zuge der Befragung vor dem BFA zeigte sich der BF uneinsichtig und vermeinte, er sei zu Unrecht zu einer so langen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

1.9. Aus der Besucherliste der Justizanstalt sind keine Besuche durch seine Lebensgefährtin, samt jüngster Tochter oder seine Brüder ableitbar. Es scheinen Besuche seiner volljährigen Kinder auf.

1.10. Der BF brachte in seiner Beschwerde zur aufschiebenden Wirkung zusammengefasst vor, dass das Einreiseverbot massiv in sein Privat- und Familienleben eingreife. Der BF habe hier eine Lebensgefährtin, sechs Kinder sowie zwei Brüder und es werde ihm derzeit Ausgang gewährt, um diese besuchen zu können. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr, der BF möchte in ein geordnetes Leben zurückkehren.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die unter II. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt, insbesondere dem Inhalt des angefochtenen Bescheides, der Beschwerde, dem Protokoll der Befragung vor dem BFA vom 03.02.2025, dem Urteil des Landesgerichtes, Auszügen aus dem ZMR, Strafregister etc.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. A) Zu Spruchpunkt VI. des in der Sprucheinleitung angeführten Bescheides:

Mit diesem Spruchpunkt wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist vom Bundesamt einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. (…) oder

3. Fluchtgefahr besteht.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten, vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Der BF brachte private und familiäre Anknüpfungspunkte im Inland vor, nämlich den Aufenthalt seiner Lebensgefährtin samt dem gemeinsamen mj Kind und weitere fünf Kinder, die aus der Beziehung zu seiner anderen Lebensgefährtin entstammen und welche ebenso im Inland aufhältig sind. Weiters brachte er vor, dass auch zwei seiner Brüder in Österreich leben, wobei diese geschwisterliche Beziehung aufgrund des vom BF angegebenen nicht vorhandenen Kontaktes keine Berücksichtigung findet.

Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung liegt angesichts der schweren Kriminalität und des persistenten nicht rechtmäßigen Aufenthalts des BF in Österreich dennoch nicht vor, zumal er trotz eines rechtkräftig gegen ihn bestehenden Einreiseverbotes in das Bundesgebiet einreiste und hier wieder über einen längeren Zeitraum massiv straffällig wurde. Zu berücksichtigen ist auch die große Anzahl von Aliasnamen, mit welcher der BF versuchte, seine wahre Identität zu verschleiern. Hinzu kommt, dass der BF ein fehlendes Unrechtsbewusstsein zeigt und vermeint, dass eine Verurteilung in diesem Ausmaß zu Unrecht erfolgt sei, sodass in der Gesamtbetrachtung fallbezogen jedenfalls von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auszugehen ist.

Die derzeit schon haftbedingt eingeschränkten Kontakte zu seinen Familienmitgliedern in Österreich und Rumänien kann der BF auch hinkünftig durch moderne Kommunikationsmittel und bei Besuchen an seinem künftigen Aufenthaltsort pflegen.

Aufgrund der wiederholten Straffälligkeit des BF kommt seinen langen (und überwiegend unrechtmäßigen) Aufenthalten in Österreich und seinem in Kenntnis seines unsicheren Aufenthaltsstatus entstandenen Privat- und Familienleben keine entscheidende Bedeutung zu. Eine Gefährdung der Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 und Nr 13 zur EMRK ergibt sich aus dem Vorbringen des BF nicht. Es bestehen keine konkreten Anzeichen dafür, dass er in Serbien Folter oder einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein oder dort keine Existenzgrundlage vorfinden würde. Eine so unzureichende Versorgungssituation, die eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage dort nicht vor, ebensowenig kriegerische oder sonstige bewaffnete Auseinandersetzungen, die für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würden.

Der Beschwerde ist daher die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen. Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ist rechtskonform.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

3.2. Zu B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, und von der für den Fall zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.