Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Gerhard PALL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX vertreten durch den KOBV, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.08.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:
„Ihr am 19.03.2024 eingelangter Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung‘ in den Behindertenpass wird abgewiesen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese.“ Im ursprünglich bis 30.06.2024 befristeten Behindertenpass war auch die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ eingetragen. Am 19.03.2024 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis), welcher laut einem diesbezüglichen Vermerk auf dem verwendeten Formblatt gegebenenfalls auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gilt und als solcher gewertet wurde.
In dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 01.08.2024 wurde, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, Folgendes ausgeführt:
„Anamnese:
Vorgutachten:
03/2023:
1 Teillähmung des Nervus femoralis links 50 v.H.
2 Hüftgelenke - Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig bei 50 v.H.
Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.
Zwischenanamnese:
Nachuntersuchung.
12/2023 REHAB XXXX .
03/2024 Knieprellung beider Seiten.
05/2024 REHAB XXXX .
Sonst keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat.
Keine aktuellen Röntgenbilder.
Derzeitige Beschwerden:
Ich spüre das linke Bein noch immer nicht. Es beginnt an der Oberschenkelinnenseite bis über Knie Unterschenkel und endet an der Innenseite des oberen Sprunggelenkes.
Schwierigkeiten beim Gehen und auch nach beim Stiegen steigen.
Schmerzen in der Hüfte liegen keine vor. Wetterwechsel wird nicht als unangenehm verspürt.
1x pro Monat Physiotherapie.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Letzte physikalische Therapie: Laufend.
Schmerzstillende Medikamente: Keine.
Weitere Medikamente: Lyrica bei Bedarf, Vit. B 12 Folsäure.
Hilfsmittel: Keine.
Sozialanamnese:
XXXX , übt Beruf aus.
Haus.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
4.7.2024 EMG UE, Neurodiagnostisches Zentrum 1070 Wien:
Der Befund spricht für eine hochgradige Schädigung des Nervus femoralis links.
22.5.2024 Arztbrief Neuro RZ XXXX :
Diagnose: Neurapraxie/Läsion des Nervus femoralis sin. und Nervus femoralis dext. part bei Z. n. Hüft-TEP-Implantation 25.8.2022. Traktionsschaden des Nervus femoralis links.
Epikrise: Bei der Aufnahme Hypästhesie an der Innenseite des Oberschenkels links und am Knie sowie eine .. an der Innenseite des Unterschenkels links, ein motorisches Defizit bestand nicht mehr. Sie fühlt sich noch sehr unsicher beim Gehen und befand die Sensibilitätsstörungen als sehr beeinträchtigt.
Klinisch neurologisch zeigt sich eine Hypästhesie im Versorgungsgebiet des Nervus saphenus und Nervus obturatorius links. Neue Ziele: Verbesserung des Gangbildes.
Aus dem Untersuchungsbefund Gang und Stand unauffällig, Romberg Stehversuch sicher, Unterberger Tretversuch ohne Rotation, Zehen- und Hakenstand normal.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh.
Aus- und Ankleiden im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe.
Guter AZ und EZ
Rechtshändig.
Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig.
Haut normal durchblutet,
Operationsnarbe beide Hüften.
Ernährungszustand:
gut
Größe: 170,00 cm Gewicht: 83,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Wirbelsäule gesamt
Im Lot, Becken-, Schultergeradstand, Streckhaltung LWS, keine Skoliose. seitengleiche Taillendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur
HWS S 35-0-30, R 70-0-70, F 30-0-30, keine Blockierungen,
Nackenmuskulatur locker,
BWS R 30-0-30, Ott 30/33 normal
LWS FBA + 10 cm Reklination 20, Seitneigen 30-0-30, R 30-0-30, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:15 normal
SI-Gelenke nicht druckschmerzhaft,
Grob neurologisch:
Hirnnerven frei.
OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich
UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität Hüftbeuger linkes 4/5, sonst seitengleich, Kraft seitengleich
Keine Pyramidenzeichen.
Obere Extremität
Allgemein
Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich.
Schulter bds:
S40-0-180, F 180-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.
Ellbogen bds:
S0-0-145, R 80-0-80, bandstabil.
Handgelenk bds:
S 70-0-70, Radial-, Ulnarabspreizung je 30
Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt
Nackengriff:
Nicht eingeschränkt, seitengleich.
Schürzengriff:
Nicht eingeschränkt, seitengleich
Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.
Spitz-, Zangen- Oppositions- und Schlüsselgriff seitengleich.
Untere Extremität
Allgemein
Keine Beinlängendifferenz, Beinachse normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse rechts gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.
Hüfte bds:
S 0-0-90, R 20-0-20, F 20-0-20, kein Kapselmuster.
Knie bds:
S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.
SG bds:
S 20-0-40, bandfest, kein Erguss.
Fuß bds:
Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß
Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung
Gesamtmobilität – Gangbild:
Mittelschrittig, flüssig Hinken links, Gehen mit geschollenen Augen links deutliche Unsicherheit.
Zehen-Fersenstand möglich, links unsicher,
Einbeinstand möglich, links sehr unsicher
Hocke möglich.
Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch.
Wendebewegungen rasch.
Status Psychicus:
Orientiert, freundlich, kooperativ.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 im Zusammenwirken um 1 Stufe erhöht
(…)
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten maßgebliche Verbesserung der Nervenfunktion links (siehe REHAB XXXX 2024). Es ist daher eine Rückstufung erforderlich.
Ebenso ist eine Stabilisierung der Hüftgelenksfunktion zu dokumentieren, die eine Anpassung der Einschätzung erfordert.
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Verminderung um 1 Stufe.
Frau R. kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
JA NEIN
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Der Bewegungsumfang, Kraft, Koordination und Rumpfstabilität sind ausreichend, um die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke (300m bis 400m), das Überwinden von Niveauunterschieden, das sichere Aus- und Einsteigen und den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu ermöglichen. Im Vergleich zum Vorgutachten sind weder UA-krücken erforderlich, noch wird eine Orthese getragen.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein.
(…)“
Die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 01.08.2024 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und räumte ihr in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
In der von der Beschwerdeführerin, vertreten durch den KOBV, am 14.08.2024 eingebrachten Stellungnahme wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus dem der Stellungnahme beigelegtem Arztbrief vom 13.08.2024 das Vorliegen eines Traktionsschadens des N. femoralis links nach Hüft-TEP, eine Angststörung, eine Eisenmangelanämie und ein Uterus myomatosus ergebe. In dem Arztbrief werde zudem festgehalten, dass eine Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel derzeit aus neurologischer Sicht nicht zumutbar sei. Dies werde mit der objektivierbaren Sturzgefahr durch den nach wie vor vorliegenden Lähmungszustand und die Sensibilitätsstörung des linken Beines sowie der vorliegenden Angststörung begründet. Da sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht dermaßen verbessert habe, dass die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wieder gegeben sei, würden somit weiterhin die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Schließlich wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Neurologie/Psychiatrie beantragt.
Daraufhin wurde von der belangten Behörde eine ergänzende fachärztliche Stellungnahme von dem bereits befassten fachärztlichen Sachverständigen vom 23.08.2024 eingeholt, in welcher Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Der im Berufungsschreiben und in der Befundvorlage angeführte Schaden der N. femoralis ist in der aktuellen Beurteilung gewürdigt (lfd. Punkt 2).
Die weiteren Diagnosen, Angststörung, Eisenmangelanämie und Uterus myomatosus sind wegen fehlender Befundvorlagen, die das Vorliegen untermauern, nicht beurteilbar.“
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26.08.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeholte Gutachten ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen. Aufgrund der im Rahmen des Parteiengehörs von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände sei eine Überprüfung durch den ärztlichen Sachverständigen durchgeführt und festgestellt worden, dass es zu keiner Änderung der Sachlage gekommen sei. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungserfahrens seien der Beilage (ärztliche Stellungnahme vom 23.08.2024) die einen Bestandteil der Begründung bildet zu entnehmen.
Die vertretene Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass ihre bestehenden Einschränkungen im eingeholten Sachverständigengutachten nicht dem tatsächlichen Ausmaß entsprechend eingeschätzt worden und die Ausführungen des Sachverständigen im Lichte der vorgelegten Befunde nicht nachvollziehbar seien. Zur korrekten Beurteilung des Beschwerdebildes sei zudem die Einholung eines neurologischen Fachgutachtens unentbehrlich. Wie aus dem bereits vorgelegten neurodiagnostischen Befund vom 04.07.2024 ersichtlich sei, leide die Beschwerdeführerin an einer hochgradigen Schädigung des N. femoralis links. Dadurch bestehe bei der Beschwerdeführerin ein Traktionsschaden des N. femoralis links nach Hüft-TEP. Aufgrund der initialen Lähmung und Sensibilitätsstörung des linken Beines sei die Beschwerdeführerin massiv sturzgefährdet, erschwerend komme hinzu, dass sie an einer ausgeprägten Sturzangst leide. Aus dem der Beschwerde beigelegtem Befund vom 04.02.2024 der AUVA sei ersichtlich, dass es zu einem Sturz gekommen sei, wobei sich die Beschwerdeführerin eine beidseitige Knieprellung zugezogen habe. Aufgrund dessen sei ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 25.09.2024 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese“.
Bei der Beschwerdeführerin wurden die Funktionseinschränkungen „Hüfttotalendoprothese beidseits“ und „Teillähmung des Nervus femoralis links“ diagnostiziert.
Bei Vorliegen einer Hüfttotalendoprothese beidseits ist der Bewegungsumfang bei belastungsstabilen Verhältnissen zufriedenstellend.
Die Teillähmung des Nervus femoralis links geht mit sensiblen Defiziten einher, die motorische Funktion ist erhalten.
Die Gesamtmobilität der Beschwerdeführerin ist ausreichend gut, um kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft, ohne Hilfsmittel und ohne Unterbrechung zurücklegen zu können. Das Überwinden von Niveauunterschieden, das sichere Aus- und Einsteigen und der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist möglich. Das Gangbild ist mittelschrittig, flüssig und links hinkend. Eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung liegt nicht vor, ausreichende Gang- und Standsicherheit konnte objektiviert werden. Eine erhöhte Sturzgefahr ist nicht gegeben.
Im Vergleich zum Vorgutachten vom 20.03.2023 sind keine Unterarmstützkrücken erforderlich, eine Orthese wird nicht getragen.
Die Beschwerdeführerin nimmt einmal monatlich Physiotherapie in Anspruch, eine regelmäßige Schmerzmitteleinnahme erfolgt nicht.
Es bestehen keine erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten.
Das Vorliegen einer Angststörung konnte nicht objektiviert werden, die Beschwerdeführerin macht keine Psychotherapie.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Behindertenpass und den Zusatzeintragungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen und zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beruhen auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes Orthopädie vom 01.08.2024 samt der fachärztlichen Stellungnahem vom 23.08.2024.
In dem eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig – unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde und der durchgeführten persönlichen Untersuchung – auf die Leiden der Beschwerdeführerin und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingegangen.
Im Zuge des klinischen Status wurde bei Vorliegen einer Hüfttotalendoprothese beidseits der Muskeleigenreflex als mittellebhaft und seitengleich und die Sensibilität des Hüftbeugers links mit 4/5 beschrieben, die Kraft sei seitengleich. Der Bewegungsumfang wurde bei belastungsstabilen Verhältnissen als zufriedenstellend beurteilt und es wurde eine Stabilisierung der Hüftgelenksfunktion dokumentiert. Die Beschwerdeführerin gab an keine Schmerzen in der Hüfte zu haben und einmal monatlich Physiotherapie in Anspruch zu nehmen.
Bei der Beurteilung der Funktionseinschränkung der Teillähmung des Nervus femoralis links hat der fachärztliche Sachverständigen in seinem Gutachten im Zuge der Zusammenfassung der relevanten Befunde eine hochgradige Schädigung des Nervus femoralis (Befund Neurodiagnostisches Zentrum vom 04.07.2024) bzw. eine Neurapraxie/Läsion und Traktionsschaden des Nervus formalis links (Befund Neuro RZ XXXX vom 22.05.2024) festgehalten. Es bestehe eine Hypästhesie (herabgesetzte Druck- bzw. Berührungsempfindung) an der Innenseite des Oberschenkels links und am Knie, wobei kein motorisches Defizit mehr vorliege und im Vergleich zum Vorgutachten aus März 2023 eine maßgebliche Verbesserung der Nervenfunktion links eingetreten sei.
Wenn nun die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 14.08.2024 sowie in ihrer Beschwerde vom 17.09.2024 wiederholt darlegt an einer hochhgradigen Schädigung des Nervus femoralis samt Traktionsschaden zu leiden, ist dazu festzuhalten, dass diese Gesundheitsschädigungen – wie oben ausgeführt – vom fachärztlichen Sachverständigen gutachterlich beurteilt und der Einschätzung zu Grunde gelegt wurden.
Zum weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, wonach sie stark sturzgefährdet sei und dem diesbezüglich erstmals mit der Beschwerde vorgelegten Befund der AUVA vom 04.02.2024 über einen erfolgten Sturz, ist festzuhalten, dass dieses Sturzgeschehen etwa fünf Monate vor der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin passiert ist und von der Beschwerdeführerin anlässlich der gutachterlichen Untersuchung am 08.07.2024 im Anamnesegespräch vollkommen unerwähnt blieb. Darüber hinaus wurden keine Ausführungen zum Unfallgeschehen getroffen und lassen sich solche auch nicht dem mit der Beschwerde vorgelegten Arztbrief vom 04.02.2024 - der als Diagnose eine Knieprellung anführt - entnehmen.
Die Beschwerdeführerin machte auch keinerlei Angaben betreffend eine erhöhte Sturzgefährdung, legte keine entsprechenden medizinischen Beweismittel vor und ergaben sich auch aufgrund der gutachterlichen Beurteilung keinerlei diesbezüglichen Hinweise. Vielmehr ergab sich ein mittelschrittig, flüssiges, links hinkendes Gangbild und konnte ausreichende Gang- und Standsicherheit objektiviert werden. Eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden. Dem der gutachterlichen Beurteilung zu Grunde gelegten Arztbrief Neuro RZ XXXX vom 22.05.2024, welcher mehr als drei Monate nach dem vorgebrachten Sturzgeschehen datiert, sind ein unauffälliger Gang und Stand, ein sicherer Romberg Stehversuch und ein Unterberger Tretversuch ohne Rotation zu entnehmen.
Zusammenfassend hielt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 01.08.2024 nachvollziehbar fest, dass der Bewegungsumfang, die Kraft, die Koordination und die Rumpfstabilität der Beschwerdeführerin ausreichend seien, um die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke (300m bis 400m), das Überwinden von Niveauunterschieden, das sichere Aus- und Einsteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu ermöglichen. Im Vergleich zum Vorgutachten aus 2023 würden weder Unterarmstützkrücken noch eine Orthese verwendet.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 14.08.2024, wonach laut dem beigelegten Arztbrief vom 13.08.2024 eine Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel derzeit aus neurologischer Sicht nicht zumutbar sei und dies mit der objektivierbaren Sturzgefahr durch den nach wie vor vorliegenden Lähmungszustand und die Sensibilitätsstörung des linken Beines begründet werde, kann - basierend auf den oben dargelegten Gründen und den nachfolgenden Ausführungen im Arztbrief vom 13.08.2024 selbst - nicht gefolgt werden. Soweit gegenständlich relevant wird im Arztbrief vom 13.08.2024 ausgeführt:
„(…) Untere Extremität: Kraft, Tonus stgl. Unauffällig, Trophik unauffällig
KHV: unauffällig
Sensibilität: Hypästhesie medial Ober- und Unterschenkel links..Temperaturwahrnehmung linkes mediales Bein herabgesetzt, sonst unauff.
Schmerzempfindung: unauffällig
Gang und Standbild: unauffällig
Rhomberg: unauffällig
Unterberger Tretversuch: kein Abweichen
Zehenstand/Fersenstand: unauff.(…)“
Zur von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Sturzangst, welche auch im Arztbrief vom 13.08.2024 angeführt wird, ist festzuhalten, dass eine Sturzangst nicht mit einer erhöhten Sturzgefahr gleichzusetzen ist, und betreffend die Sturzangst im Arztbrief ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin diesbezüglich noch keine Psychotherapie in Anspruch nimmt, diese aber empfohlen werde. Weiters wurde dazu festgehalten, dass die Beschwerdeführerin einer medikamentösen Therapie betreffend ihre Angst ablehnend gegenüber stehe.
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Inanspruchnahme von Therapien grundsätzlich zumutbare Therapieoptionen sind und eine Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - von der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen wurde.
Eine Beurteilung der von der Beschwerdeführerin erstmals in ihrer Stellungnahme vom 14.08.2024 ins Treffen geführten Diagnosen Angststörung, Eisenmangelanämie sowie Uterus myomatosus war entsprechend den Ausführungen des fachärztlichen Sachverständigen in seiner Stellungnahme vom 23.08.2024 mangels fehlender Befundvorlagen nicht möglich. Es liegen keine medizinischen Unterlagen vor die das Vorliegen dieser Diagnosen untermauern würden.
Zum Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie/Psychiatrie wird auf die Ausführungen in der Rechtliche Beurteilung unter Punkt 3. verwiesen.
Schließlich vermochte die Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme sowie ihrer Beschwerde und der vorgelegten Befunde vom 13.08.2024 und vom 04.02.2024, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht zu entkräften. Die Beschwerdeführerin ist dem ärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des befassten fachärztlichen Sachverständigen unschlüssig oder unzutreffend seien.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des fachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 01.08.2024 sowie der fachärztlichen Stellungnahem vom 23.08.2024. Diese wurden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Antragstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG ist der Behindertenpass ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass ist kein Nachweis im Sinne des § 14 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.
Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung „Behindertenpass“ in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck „Behindertenpass“;
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug „Sozialministeriumservice“ im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032). Auf andere Umstände, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel kommt es beispielsweise gerade nicht an (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. [...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht. Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH vom 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400 Metern ausgeht (u.a. VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden aus ärztlicher Sicht im eingeholten Gutachten überprüft und – wie bereits ausgeführt – festgestellt, dass keine maßgeblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten vorliegen, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Metern und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten.
Da unter Zugrundelegung des gegenständlichen fachärztlichen Sachverständigengutachtens, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass bei der Beschwerdeführerin keine maßgeblichen Einschränkungen gegeben sind, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass rechtfertigen.
Die Beschwerdeführerin leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ vorgesehen ist.
Die Beschwerdeführerin ist dem fachärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es der Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Betreffend den Antrag der Beschwerdeführerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie/Psychiatrie ist festzuhalten, dass betreffend die Zuziehung von Fachärzten zur Einschätzung des Grades der Behinderung die Behörden verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen, das Gesetz enthält aber keine Regelung aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht. Vielmehr kommt es auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (vgl. VwGH 24.06.1997, 96/08/0114). Im gegenständlichen Fall wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie samt Durchführung einer persönlichen Untersuchung und eine fachärztliche Stellungnahme des befassten Gutachters eingeholt, welcher kompetent ist die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Leiden fachlich zu beurteilen. Das Sachverständigengutachten wurde als schlüssig und vollständig beurteilt. Hinweise für die Notwendigkeit einer Beurteilung durch einen Neurologen bzw. Psychiater kamen im Verfahren nicht hervor, insbesondere liegen keine entsprechenden medizinischen Unterlagen vor, weshalb die Einholung eines neurologischen bzw. psychiatrischen Gutachtens unterbleiben konnte.
Zum Anführen des Antragsdatums 19.03.2024 im gegenständlichen Spruch ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides fälschlich den 11.03.2024 als Antragsdatum festgestellt hat.
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs.4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde zur Klärung des Sachverhaltes ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.
Im gegenständlichen Fall wurde zur Klärung des Sachverhaltes ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt und wurde die Beschwerdeführerin persönlich untersucht. Das Beschwerdevorbringen war – wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt – nicht substantiiert und geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Ausführungen hervorzurufen. Das eingeholte Sachverständigengutachten vom 01.08.2024 und die fachärztliche Stellungnahme vom 23.08.2024 sind schlüssig; es ergaben sich keine weiteren Fragen an die Beschwerdeführerin oder den befassten Sachverständigen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.
All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.