JudikaturBVwG

I415 2296271-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
20. Februar 2025

Spruch

I415 2296271-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für XXXX vom 06.06.2024, Zl. XXXX , betreffend „Rückforderung einer Schülerbeihilfe“, zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin begann das Schuljahr 2023/24 an einer BHAK/BHAS. Am 25.10.2023 beantragte sie die Gewährung einer Schülerbeihilfe.

2. Mit Bescheid vom 01.12.2023 gewährte die Bildungsdirektion für XXXX ( im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet) der Beschwerdeführerin Schulbeihilfe in Höhe von EUR 956,00, weil die Bedürftigkeit im Sinne des § 2 Z 1 Schülerbeihilfengesetz (SchBG) im Falle der Beschwerdeführerin gegeben sei.

3. Am 16.11.2023 beendete die Beschwerdeführerin den Schulbesuch an der BHAK/BHAS und besuchte ab 19.02.2024 ein Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und wirtschaftskundliches Bundesrealgymnasium für Berufstätige.

4. Mit Bescheid vom 06.06.2024, Zl. XXXX , sprach die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin infolge des vorzeitigen Schulaustrittes im Schuljahr 2023/2024 gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 iVm § 18 Abs. 2 SchBG einen anteilsmäßigen Anspruch auf Schulbeihilfe in Höhe von EUR 286,80 hat. Der darüber hinaus erhaltene Betrag von EUR 669,20 sei bis 27.06.2024 zurückzuzahlen.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie sich aus persönlichen und unerwarteten Gründen im November von der bisherigen Schule habe abmelden müssen. Ab Februar habe sie ihre Schullaufbahn am Abendgymnasium fortgesetzt und dort erfolgreich den Rest des Schuljahres absolviert. Es sei ihr jedoch nicht bekannt gewesen, dass sie in dieser Situation die alte Schülerbeihilfe abmelden und am Abendgymnasium erneut die Schülerbeihilfe beantragen müsse. Sie habe daher auch keine neue Beantragung vorgenommen.

6. Mit Schreiben vom 22.07.2024, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.07.2024, legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor. Ergänzend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass gemäß § 16 Abs. 1 SchBG Beihilfen an in Semester gegliederte Sonderformen immer nur für ein Halbjahr zu gewähren seien, weshalb im vorliegenden Fall nach dem Schulwechsel ein neuer Antrag auf Gewährung von Schulbeihilfe einzubringen gewesen wäre. Da ein solcher jedoch nicht gestellt worden sei, sei seitens der belangten Behörde der gegenständlich angefochtene Bescheid zur Rückforderung der über den anteilsmäßigen Anspruch hinaus zu viel erhaltenen Schulbeihilfe ergangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin begann das Schuljahr 2023/2024 an einer BHAK/BHAS.

Am 25.10.2023 beantragte sie die Gewährung von Schulbeihilfe, welche ihr mit Bescheid vom 01.12.2023 in Höhe von EUR 956,00 aufgrund von Bedürftigkeit nach § 2 Z 1 SchBG gewährt wurde.

Am 16.11.2023 beendete die Beschwerdeführerin den Schulbesuch an einer BHAK/BHAS und setzte das Schuljahr am 19.02.2024 an einem Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasium für Berufstätige fort. Dort schloss sie das Sommersemester erfolgreich ab.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen basieren auf dem Akteninhalt und sind unstrittig.

3.1. Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

Gemäß § 2 SchBG ist Voraussetzung für die Gewährung von Schulbeihilfen und Heimbeihilfen (einschließlich Fahrtkostenbeihilfen) außer den in §§ 1a, 9, 11 und 11a genannten Bedingungen, dass der Schüler bedürftig ist (Z1) und den Schulbesuch, für den Schülerbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 35. Lebensjahres begonnen hat; [...] (Z 2).

Gemäß § 9 Abs. 1 SchBG gebührt Schulbeihilfe nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes für den Besuch einer mittleren oder höheren Schule ab der 10. Schulstufe oder von in Semester gegliederten Sonderformen als ordentlicher Schüler oder einer Schule für medizinische Assistenzberufe im Rahmen einer Ausbildung in der medizinischen Fachassistenz.

Gemäß § 18 Abs. 2 erster Satz SchBG gebühren die Beihilfen gemäß §§ 9, 11 und 11a bei Ableben des Schülers, Abbruch des einen Beihilfenanspruch begründenden Schulbesuches sowie bei Wegfall der Voraussetzung des § 1a nur bis zum Ablauf jenes Monats, in dem eines der erwähnten Ereignisse eintritt.

Gemäß § 21 Abs. 1 SchBG hat der Schüler die Beihilfen zurückzuzahlen, deren Gewährung durch unvollständige oder unwahre Angaben maßgebender Tatsachen veranlasst oder erschlichen wurde (Z 1) oder die wegen des Eintrittes eines Minderungsgrundes oder wegen Nichtbestehens eines Anspruches gemäß § 18 Abs. 2 zu viel empfangen wurden (Z 2) oder wenn Steuerbescheide nachträglich abgeändert werden und danach keine oder verminderte Bedürftigkeit vorliegt, insoweit die Beihilfen nicht gebühren (Z 3); die im Fall der Berechnung der Schul- und Heimbeihilfe auf Grund der tatsächlichen Unterhaltsleistung im Sinne des § 12 Abs. 5 Z 2 lit. b zu viel empfangen wurden, weil nachträglich für den betreffenden Zeitraum eine höhere Unterhaltsleistung bezahlt worden ist (Z 4).

Nach § 37 Abs. 1 Z 2 Schulorganisationsgesetz (SchOG) ist das Gymnasium für Berufstätige, das Realgymnasium für Berufstätige und das Wirtschaftskundliche Realgymnasium für Berufstätige eine Sonderform der allgemeinbildenden höheren Schulen.

Nach § 4 Z 3 Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge (SchUG-BKV) ist im Sinne dieses Bundesgesetzes unter abschließender Prüfung die Reifeprüfung, die Reife- und Diplomprüfung, die Diplomprüfung und die Abschlussprüfung zu verstehen.

3.1.2. Vor diesem Hintergrund ist für den vorliegenden Fall Folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführerin wurde für das Schuljahr 2023/2024 Schulbeihilfe gewährt, als sie eine BHAK/BHAS besuchte. Bildungsziel dieser Schule ist u.a. die Erlangung der Reifeprüfung. Folglich gewährte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin für das Schuljahr 2023/24 Schulbeihilfe für die Erreichung ihres Bildungszieles (Ablegung der Reifeprüfung an einer allgemeinbildenden höheren Schule).

Am 16.11.2023 beendete die Beschwerdeführerin den Besuch der BHAK/BHAS und setzte das Schuljahr am 19.02.2024 an einem Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und wirtschaftskundlichen Bundesrealgymnasium für Berufstätige fort, um dort die Reifeprüfung abzulegen. Diese Schule bildet eine Sonderform der allgemeinbildenden höheren Schulen (vgl. § 37 Abs. 1 Z 2 SchOG). Bildungsziel dieser Schule ist ebenso u.a. die Erlangung der Reifeprüfung (vgl. § 4 Z 3 SchUG-BKV).

Da der Beschwerdeführerin für das Schuljahr 2023/24 Schülerbeihilfe gewährt wurde, damit sie ihr Bildungsziel in Form der Ablegung der Reifeprüfung an einer allgemeinbildenden höheren Schule erreicht, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass durch ihren Wechsel an ein Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und wirtschaftskundliches Bundesrealgymnasium ein Abbruch des einen Beihilfenanspruch begründenden Schulbesuches vorliegt. § 18 Abs. 2 SchBG ist somit im Fall der Beschwerdeführerin nicht erfüllt, weshalb auch keine Rückzahlungsverpflichtung der Schulbeihilfe für die Beschwerdeführerin nach § 21 Abs. 1 Z 2 SchBG vorliegt.

Somit ist der Bescheid zu beheben.

3.1.3. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – unter Punkt 3.1.2. dargestellten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.