Spruch
I404 2305855-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , Sta. Nigeria, vertreten durch Paya Paya Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX , Außenstelle XXXX , vom 02.12.2024, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 02.12.2024 erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.), erließ gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.), sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wird (Spruchpunkt IV.) und dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wird (Spruchpunkt V.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht vollumfänglich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und hierbei Rechtswidrigkeit wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensschriften moniert. Der Beschwerdeführerin drohe nach dem „decree 33“ in Nigeria eine langjährige Haftstrafe unter lebensbedrohlichen Haftbedingungen. Zudem sei die belangte Behörde nicht auf den Umstand eingegangen, dass sich der Ehemann der Beschwerdeführerin von ihr getrennt habe und nunmehr eine Beziehung mit einer anderen Frau führe. Alleinstehende Frauen würden sich in Nigeria in einer prekären Situation befinden. Weiters wird zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot ausgeführt, dass auf die intensiven familiären Bindungen zu den beiden minderjährigen Kindern der Beschwerdeführerin Bedacht genommen werden müsse.
3. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.01.2024 zur Entscheidung vorgelegt.
4. Mit Teilerkenntnis vom 21.01.2025 zu GZ I404 2305855-1/5Z wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids Folge gegeben und dieser Spruchpunkt behoben.
5. Mit Schreiben vom 23.01.2025 wurde in Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Nigeria nach dem „Decree 33“ eine Haftstrafe in Nigeria drohe und sie den dortigen harten und lebensbedrohlichen Haftbedingungen ausgesetzt wäre sowie zum Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann in Nigeria keinen Kontakt mehr habe und sich als alleinstehende Frau in Nigeria in einer prekären Situation befinden würde, bei der Beschwerdeführerin angefragt, ob ausgehend von dem vorgebrachten Gefährdungsszenario die Stellung eines (weiteren) Antrags auf internationalen Schutz beabsichtigt ist, zumal es nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts ist, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme ein Verfahren durchzuführen, das letztlich der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (siehe bsp. VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0316).
6. Am 03.02.2025 langte beim BVwG ein (Folge)Antrag der Beschwerdeführerin auf Internationalen Schutz ein, welcher vom BVwG zuständigkeitshalber weitergeleitet wurde.
7. Am 12.02.2025 wurde dem BVwG bestätigt, dass der Asylantrag der Beschwerdeführerin seit 06.02.2025 von der LPD XXXX bearbeitet wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Gegen die Beschwerdeführerin wurde von Amts wegen mit Bescheid vom 02.12.2024 eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben.
Seit 06.02.2025 ist ein Verfahren zur Prüfung eines (weiteren) Antrags auf Internationalen Schutz der Beschwerdeführerin anhängig.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen wurden dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie dem Schreiben der LPD XXXX vom 12.02.2025 entnommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Behebung des Bescheides
3.1. Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Seine Entscheidung hat es an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).
Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 2 dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Anwendung auf das gegenständliche Verfahren
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls auch samt darauf aufbauendem Einreiseverbot) ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde; und zwar auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG 2005 zu treffen, dass (nunmehr: ob) die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist daher grundsätzlich nicht zulässig. In einem solchen Fall ist eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung vom Bundesverwaltungsgericht ersatzlos zu beheben. Diese Überlegungen sind auch vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage aufrechtzuerhalten (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146 mwN, vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162).
Gegenwärtig ist ein Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 03.02.2025 anhängig. Über diesen Antrag wurde noch nicht rechtskräftig entschieden.
Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war in Erledigung der Beschwerde der angefochtene Bescheid daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG aufzuheben.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.