JudikaturBVwG

W135 2292114-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
27. Januar 2025

Spruch

W135 2292114-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 18.03.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 19.09.2023 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Dem Antrag legte er ein Konvolut an medizinischen Befunden, einen (unvollständigen) Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) vom 29.08.2023 betreffend die Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension sowie eine Kopie seines Reisepasses bei.

Auf Ersuchen des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde), reichte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 06.10.2023 ein Lichtbild und einen augenfachärztlichen Befund vom 28.12.2022 nach.

Die belangte Behörde holte daraufhin ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 19.02.2024, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.02.2024, ein, in dem die Funktionseinschränkungen 1. „Mischkollagenose, Polymyalgie, Schmerzsyndrom“, bewertet nach der Positionsnummer 04.11.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30 v.H. (Begründung für den gewählten Rahmensatz: „g. Z. Unterer Rahmensatz, da ausgeprägte Beschwerden, laufende Therapie [aktuell Biologika] erforderlich, aber keine schwerwiegende Bewegungseinschränkung, Schmerzmitteltherapie bei Bedarf“), 2. „chronisches Müdigkeitssyndrom, verminderte Belastbarkeit“, bewertet nach der Positionsnummer 03.05.01 mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 v.H. (Begründung für den gewählten Rahmensatz: „1 Stufe über unterem Rahmensatz, da dauerhafte Beschwerden“), 3. „Abnützungen Wirbelsäule- HWS, bekannt myelopathischer Herd knapp unterhalb C 6/7 und C4/5“, bewertet nach der Positionsnummer 02.01.01 mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 v.H. (Begründung für den gewählten Rahmensatz: „Unterer Rahmensatz, da keine sensomotorischen anhaltenden Ausfälle bei Reflexauffälligkeiten“), und 4. „Fehlsichtigkeit, Cataract re li, Keratokonjunktivitis sicca“, bewertet nach der Positionsnummer 11.02.01 mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 v.H. (Begründung für den gewählten Rahmensatz: „Tab.: Z 2, Sp 2“), eingeschätzt wurden sowie mangels einer wechselseitigen relevanten negativen Leidensbeeinflussung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt wurde. Darüber hinaus hielt die Gutachterin fest, dass eine Aortenklappeninsuffizienz I, eine Mitralklappeninsuffizienz I und eine Trikuspidalinsuffizienz I mangels eines aktuellen Herzechobefundes und das Myelodysplastische Syndrom ohne weitere Befunduntermauerung sowie auch die beginnende Plaquebildung der Carotis beidseits ohne hämodynamisch wirksame Stenose, die Osteopenie im Bereich der linken Hüfte und die behandelbare Hypercholesterinämie mangels daraus ableitbarer Funktionseinschränkungen jeweils keinen Grad der Behinderung erreichen würden.

Mit Schreiben vom 20.02.2024 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs das eingeholte Sachverständigengutachten. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

Mit Schreiben vom 08.03.2024, eingelangt am 11.03.2024, brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehrigen Rechtsvertretung eine Stellungnahme ein, in der er zusammengefasst ausführte, dass sich die Mischkollagenose und das CFS sehr wohl negativ wechselseitig beeinflussen würden. Außerdem seien beide Werte zu niedrig angesetzt worden. Er stehe laufend unter Therapie mit Biologika, was ein stark erhöhtes Infektionsrisiko bedeute. Alleine aus diesem Grund sei ein Grad der Behinderung von 50 v.H. angemessen. Der Stellungnahme wurden keine weiteren medizinischen Beweismittel beigelegt.

Aufgrund der erhobenen Einwendungen holte die belangte Behörde in der Folge eine ergänzende Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 14.03.2024 ein, in der die Gutachterin Folgendes ausführte:

„[…]

Die Einschätzung der aktuellen behinderungsbedingten Funktionseinschränkung hat unter Einbeziehung der Anamnese, der vorliegenden Befunde und Therapie und der aktuellen Untersuchung nach der Einschätzungsverordnung zu erfolgen. Maßgeblich für die Bewertung sind die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen.

Dies wurde im gegenständlichen Gutachten durchgeführt.

Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Dies wurde in ausreichender Form nach den Vorgaben berücksichtigt. Die Auswirkungen des führende Leiden 1 werden durch jene der anderen Leiden nicht erhöht bei fehlender wechselseitiger relevanter negativer Leidensbeeinflussung, da diese Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz sind.

Die Einnahme von Biologika stellt nach den einzuhaltenden Vorgaben der Einschätzungsverordnung keinen Grund dar, die öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu benutzen.

Es liegt auch keine anlagebedingte, schwere Erkrankung des Immunsystems (SCID – severe combined im-munodeficiency) oder eine schwere hämatologischen Erkrankung mit dauerhaftem hochgradigem Immundefizit oder eine fortgeschrittene Infektionskrankheit mit dauerhaftem hochgradigem Immundefizit, vor. Ebenso ist eine Immunsuppression als Dauermedikation ohne wesentlichen Einfluss bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum zu bewerten.

Neue Befunde oder Unterlagen, die die Leiden betreffen, werden nicht vorgelegt.

Daher ergeben sich keine anderen Aspekte, die zu einer Änderung der getroffenen Bewertung führen würden.“

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.03.2024 stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle, weshalb der Antrag vom 19.09.2023 abgewiesen wurde. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das eingeholte Gutachten, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Die Einwendungen seien aber nicht geeignet gewesen, eine Änderung des Gutachtens zu bewirken. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten vom 19.02.2024 und die ergänzende Stellungnahme vom 14.03.2024 angeschlossen.

Dieser mit 18.03.2024 datierte Bescheid wurde am 20.03.2024 ohne Zustellnachweis an die Vertretung des Beschwerdeführers versandt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung mit E-Mail vom 08.05.2024 Beschwerde. Darin führte er zunächst aus, der angefochtene Bescheid sei ihm erst am 28.04.2024 (gemeint wohl: 28.03.2024) zugestellt worden. Darüber hinaus wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Vorbringen aus der Stellungnahme vom 08.03.2024 und gab an, dass die Mischkollagenose und das CFS sehr wohl eine negative wechselseitige Beeinflussung hätten, da er zur Verbesserung oder zumindest zur Erhaltung des Status quo seiner Beschwerden aufgrund der Mischkollagenose Sport betreiben oder sich mehr bewegen solle. Die körperliche Aktivität führe zu einer funktionellen Verbesserung und reduziere die Schmerzen. Aufgrund seines CFS sei er dazu aber nicht in der Lage. Die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Neurologie und Rheumatologie sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Parteieneinvernahme wurden beantragt. Der Beschwerde wurden der bereits vorliegende Befund eines näher genannten Facharztes für Neurologie vom 24.02.2021 und der Bescheid der PVA vom 29.08.2023 betreffend die Berufsunfähigkeitspension angeschlossen.

Die belangte Behörde legte am 21.05.2024 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 19.09.2023 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Mit Bescheid vom 18.03.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpass ab.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 08.05.2024 fristgerecht eine Beschwerde ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim Beschwerdeführer liegen aktuell folgende Funktionseinschränkungen vor, wobei es sich bei der Funktionsbeeinträchtigung 1. um das führende Leiden handelt:

1. Mischkollagenose, Polymyalgie, Schmerzsyndrom

2. chronisches Müdigkeitssyndrom, verminderte Belastbarkeit

3. Abnützungen der Wirbelsäule - HWS, bekannt myelopathischer Herd knapp unterhalb C6/7 und C4/5

4. Fehlsichtigkeit, Cataract re li, Keratokonjunktivitis sicca

Das mit einem Einzelgrad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. einzuschätzende Leiden 1. wird durch die Leiden 2. bis 4. nicht weiter erhöht, da keine wechselseitige relevante negative Leidensbeeinflussung vorliegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 30 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zur Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages und zur Beschwerdeerhebung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung zur Rechtzeitigkeit der eingebrachten Beschwerde gründet sich auf den in der Beschwerdeschrift angegebenen Zustellzeitpunkt (Anm.: angegeben wurde der 28.04.2024, gemeint ist aber wohl der 28.03.2024) des – an die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ohne Zustellnachweis zugestellten – angefochtenen Bescheides, an dessen Richtigkeit sich für das Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben haben. Die Rechtzeitigkeit wurde im Übrigen auch seitens der belangten Behörde – soweit aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ersichtlich – nicht angezweifelt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen eigenen Angaben im Rahmen der Antragstellung, bestätigt durch einen vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden einschätzungsrelevanten, sohin mehr als sechs Monate andauernden Funktionseinschränkungen und dem Gesamtgrad der Behinderung basieren auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 19.02.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.02.2024, samt der ergänzenden Stellungnahme vom 14.03.2024. Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die beigezogene Gutachterin setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Dabei wurde das führende Leiden 1. „Mischkollagenose, Polymyalgie, Schmerzsyndrom“ richtigerweise dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 04.11.02 (Nervensystem – Chronisches Schmerzsyndrom – Mittelschwere Verlaufsform) zugeordnet und mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingestuft (die bezüglich der Positionsnummer 04.11.02 in der Anlage der Einschätzungsverordnung angeführten Parameter lauten: „30 %: Opioidhaltige Analgetika und/oder Polypharmazie seit mehr als 1 Jahr mit meist ausreichender vollständiger Schmerzcoupierung, Therapiereserve vorhanden Schmerzattacken an mehr als 15 Tagen pro Monat Depressive Begleitreaktionen fassbar 40 %: Opioidhaltige Analgetika und/oder Polypharmazie seit mehr als 1 Jahr ohne ausreichender vollständiger Schmerzcoupierung Schmerzattacken fast täglich Depressive Begleitreaktionen fassbar, Nachweis neurologischer Defizite z.B. Brachialgiel“). Die beigezogene Sachverständige begründete die Wahl des Rahmensatzes damit, dass zwar ausgeprägte Beschwerden vorliegen und eine laufende Therapie (aktuell Biologika) erforderlich ist, jedoch keine schwerwiegenden Bewegungseinschränkungen gegeben sind und lediglich eine Bedarfstherapie mit Schmerzmitteln besteht. Die vorgenommene Einstufung ist nicht zu beanstanden. So gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Anamneseerhebung zur persönlichen Untersuchung am 12.02.2024 an, am ganzen Körper immer wieder wechselnde Schmerzen in den Gelenken und Muskeln zu haben und alle vier Wochen eine Orencia-Infusion zu erhalten. Darüber hinaus führte er als Schmerzmedikation eine Bedarfsmedikation – ca. zweimal wöchentlich – mit Dedolor (dieses beinhaltet den Wirkstoff Diclofenac – ein Nicht-Opioidanalgetikum der 1. Stufe des WHO-Stufenschemas) an. Im Rahmen der Begutachtung zeigten sich die oberen und unteren Extremitäten des Beschwerdeführers aber nicht bewegungseingeschränkt, die Kraftverhältnisse stellten sich seitengleich unauffällig dar und auch die Gesamtmobilität sowie das Gangbild waren unauffällig. Unter Berücksichtigung des derzeit bestehenden Therapieerfordernisses – Biologika und eine Bedarfsmedikation mit Nicht-opioidhaltigen Analgetika (etwa zweimal wöchentlich) – und der festgestellten guten Bewegungsumfänge der oberen und unteren Extremitäten bei unauffälligen Kraftverhältnissen sind damit insgesamt keine höhergradigen Schmerzzustände abzuleiten, welche eine höhere Einstufung des Leidens ausreichend begründen könnten. Insbesondere ist das für die Heranziehung des nächsthöheren (oberen) Rahmensatzes der Positionsnummer 04.11.02 angeführte Kriterium der fast täglichen Schmerzattacken mit einer nicht ausreichenden Schmerzcoupierung unter Medikation in Anbetracht der etablierten Bedarfsmedikation mit Nicht-Opioidanalgetika der 1. Stufe (von drei Stufen) des WHO-Stufenschemas nicht anzunehmen, besonders da in diesem Fall eine Ausweitung der Schmerzmedikation zu erwarten wäre. Darüber hinaus wurde die vorgenommene Einstufung auch von Seiten des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers nicht substantiiert bestritten. Zwar wendete dieser im Verfahren ein, dass der Grad der Behinderung zu gering angesetzt sei. Mit diesem nicht näher konkretisierten und auch nicht durch entsprechende Befunde belegten Einwand gelingt es dem Beschwerdeführer aber nicht, die nachvollziehbaren Ausführungen der beigezogenen Gutachterin zu entkräften.

Was aber den weiteren Einwand des Beschwerdeführers betrifft, wonach die laufende Therapie mit Biologika ein stark erhöhtes Infektionsrisiko verursache, weshalb schon aus diesem Grund ein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. angemessen sei, so wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen der beigezogenen Gutachterin in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 14.03.2024 verwiesen, denen zufolge beim Beschwerdeführer keine anlagebedingte, schwere Erkrankungen des Immunsystems oder eine schwere hämatologische Erkrankung mit dauerhaftem hochgradigem Immundefizit oder eine fortgeschrittene Infektionskrankheit mit dauerhaftem hochgradigem Immundefizit vorliege. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden, besonders da anhand der vorliegenden Befunde keine beim Beschwerdeführer bestehende einschätzungsrelevante Immunschwäche, welche einer Zuordnung zu den Positionsnummern 10.03.13 bis 10.03.15 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugänglich wäre, objektivierbar ist. So sieht die Positionsnummer 10.03.13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche leichte Immundefekte betrifft, als Einschätzungskriterium Folgendes vor: „Trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit, aber keine außergewöhnlichen Infektionen“. Eine erhöhte Infektanfälligkeit ist anhand der im Verfahren vorgelegten Befunde allerdings nicht dokumentiert, besonders da der Beschwerdeführer keine Befunde bezüglich etwaiger Infekte bzw. einer Infekthäufung vorlegte.

Das als „chronisches Müdigkeitssyndrom, verminderte Belastbarkeit“ bezeichnete Leiden 2. des Beschwerdeführers wurde durch die beigezogene Gutachterin zutreffend eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 03.05.01 (Psychische Störungen – Neurotische Belastungsreaktionen, somatoforme Störungen und posttraumatische Belastungsstörungen PTSD [post traumatic stress disorder] – Störungen leichten Grades) mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. eingestuft (die bezüglich der Positionsnummer 03.05.01 in der Anlage der Einschätzungsverordnung angeführten Parameter lauten: „20 %: intermittierende oder schon dauerhafte affektive oder somatische Störungen Soziale Integration ist gegeben 30 – 40 %: Neben affektiven und somatischen Symptomen auch kognitive Störungen, Erste Zeichen sozialer Deintegration“). Die beigezogene Sachverständige begründete die Wahl des Rahmensatzes damit, dass dauerhafte Beschwerden bestehen. Diese Ausführungen erweisen sich in Anbetracht der Angaben des Beschwerdeführers ebenfalls als nachvollziehbar. So gab der Beschwerdeführer im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 12.02.2024 zwar an, konstant müde zu sein, er führte aber weiters aus, dass es schwankend sei, sodass er an manchen Tagen komplett kaputt sei, sein Zustand manchmal aber auch besser sei, sodass er die Hausarbeit und die Gartenarbeit machen könne. Nun wendete der Beschwerdeführer im Verfahren zwar ein, dass auch der Grad der Behinderung des gegenständlichen Leidens zu gering angesetzt sei. Doch auch in diesem Zusammenhang brachte er im gesamten Verfahren keine medizinischen Unterlagen in Vorlage, welche ein höhergradigeres Funktionsdefizit dokumentieren würden.

Als Leiden 3. sind die „Abnützungen Wirbelsäule - HWS, bekannt myelopathischer Herd knapp unterhalb C 6/7 und C4/5“ ordnungsgemäß nach dem unteren Rahmensatz der Position 02.01.01 (Muskel-, Skelett- und Bindegewebssystem, Haltungs- und Bewegungsapparat – Wirbelsäule – Funktionseinschränkungen geringen Grades) mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. eingestuft. Dies begründete die Sachverständige damit, dass keine sensomotorischen anhaltenden Ausfälle bei Reflexauffälligkeiten vorliegen. Diese Ausführungen sind in Anbetracht der erhobenen Untersuchungsergebnisse nicht zu beanstanden. Im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 12.02.2024 zeigten sich der Patellasehnenreflex und der Achillessehnenreflex zwar lebhaft bzw. sehr lebhaft, die oberen und unteren Extremitäten waren aber nicht bewegungseingeschränkt, ebenso zeigten sich die Kraft und die Sensibilität seitengleich unauffällig und auch das Gangbild und die Gesamtmobilität waren unauffällig, sodass insgesamt keine sensomotorischen Defizite oder Bewegungseinschränkungen erhebbar sind. Zwar werden im vorgelegten Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Neurochirurgie vom 24.05.2023 rezidivierende Parästhesien der Finger ohne klare radikuläre Zuordnung angegeben. Diese konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung aktuell aber nicht objektiviert werden und wurden diese auch vom Beschwerdeführer nicht eingewendet.

Auch das Leiden 4. „Fehlsichtigkeit, Cataract re li, Keratokonjunktivitis sicca“ wurde durch die beigezogene Gutachterin richtigerweise der Positionsnummer 11.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung (Augen und Augenanhangsgebilde – Sehstörungen – Störungen des zentralen Sehens [Sehschärfe mit Korrektur]) zugeordnet und mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 v.H. bewertet. In Anbetracht des vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten augenfachärztlichen Befundes vom 28.12.2022 und dem darin angeführten Visus von rechts 0,6 und links 0,7 ist die Ermittlung des Grades der Behinderung in Anwendung der unter der Positionsnummer 11.02.01 abgebildeten Tabelle korrekt erfolgt.

Die beigezogene Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie begründete in ihrem Gutachten weiters auch den Gesamtgrad der Behinderung nachvollziehbar damit, dass das mit 30 v.H. eingeschätzte führende Leiden 1. durch die Leiden 2. bis 4. nicht weiter erhöht wird, da keine wechselseitige relevante negative Leidensbeeinflussung vorliegt. Diese Ausführungen sind für das Bundesverwaltungsgericht nachvollziehbar und stehen mit § 3 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung in Einklang. Nun wendete der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift zwar ein, dass die Mischkollagenose und das CFS sehr wohl eine negative wechselseitige Beeinflussung hätten, da er zur Verbesserung oder zumindest zur Erhaltung des Status quo seiner Beschwerden aufgrund der Mischkollagenose Sport betreiben oder sich mehr bewegen solle. Die körperliche Aktivität führe zu einer funktionellen Verbesserung und reduziere die Schmerzen. Aufgrund seines CFS sei er dazu aber nicht in der Lage. Dem sind allerdings die Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 14.03.2024 entgegenzuhalten, in der sie nochmals darlegte, dass die Auswirkungen des führenden Leidens 1. durch jene der anderen Leiden bei fehlender wechselseitiger relevanter negativer Leidensbeeinflussung nicht erhöht würden, da diese Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz seien. Besonders hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer selbst ausführte, dass die Müdigkeit schwankend sei, es ihm manchmal besser gehe und er dann auch die Haus- und die Gartenarbeit erledigen könne. Eine generelle Unmöglichkeit, sich zu bewegen oder Sport zu betreiben, ist anhand der schwankenden Erschöpfung damit nicht anzunehmen.

Darüber hinaus hielt die beigezogene Gutachterin in ihrem Sachverständigengutachten vom 19.02.2024 fest, dass eine Aortenklappeninsuffizienz I, eine Mitralklappeninsuffizienz I und eine Trikuspidalinsuffizienz I mangels eines aktuellen Herzechobefundes sowie ein Myelodysplastisches Syndrom ohne weitere Befunduntermauerung keinen Grad der Behinderung erreichen würden. Ebenso würden auch die beginnende Plaquebildung der Carotis beidseits ohne hämodynamisch wirksame Stenose, die Osteopenie im Bereich der linken Hüfte und die behandelbare Hypercholesterinämie mangels daraus ableitbarer Funktionseinschränkungen jeweils keinen Grad der Behinderung erreichen. Diesen Ausführungen trat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer ebenfalls nicht entgegen.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist in Bezug auf das im Patientenbrief eines näher genannten Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie vom 04.09.2023 angeführte Schlafapnoesyndrom noch festzuhalten, dass diesbezüglich keine entsprechenden fachärztlichen Befunde bzw. Behandlungsdokumentationen in Vorlage gebracht wurden. Das Vorliegen eines einschätzungsrelevanten Leidens ist damit auch nicht erhebbar.

Bezüglich des im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 12.02.2024 festgestellten Streckdefizits des linken Kleinfingers bei einem Zustand nach Verletzung brachte der Beschwerdeführer ebenfalls keine entsprechenden medizinischen Unterlagen in Vorlage, sodass diesbezüglich ebenfalls kein dauerhaftes – und somit einschätzungsrelevantes – Funktionsdefizit dokumentiert ist.

Insgesamt legte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Rahmen des gesamten Verfahrens keine weiteren medizinischen Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen, die allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnte.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher insgesamt keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 19.02.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.02.2024, samt der ergänzenden Stellungnahme vom 14.03.2024. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer hat kein Gegengutachten oder medizinische Befunde vorgelegt, welche Anlass gegeben hätten, die Schlüssigkeit des vorliegenden Gutachtens in Zweifel zu ziehen.

Im Ergebnis ist daher beim Beschwerdeführer von einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. auszugehen. Daran vermag auch der Umstand, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der PVA vom 29.08.2023 für die weitere Dauer der Berufsunfähigkeit unbefristet eine Berufsunfähigkeitspension zuerkannt wurde, nichts zu ändern.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 40 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigen Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen eingetretene Änderungen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 46 BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, lautet auszugsweise:

„Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht – soweit im gegenständlichen Fall relevant – auszugsweise Folgendes vor:

„02 Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem

Haltungs- und Bewegungsapparat

Allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien:

Beweglichkeit und Belastbarkeit - den allgemeinen Kriterien der Gelenksfunktionen, der Funktionen der Muskel, Sehen, Bänder und Gelenkskapsel sind gegenüber den alleinigen Messungen des Bewegungsradius eine stärkere Gewichtung zu geben.

Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung).

Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant.

Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung.

02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 – 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich

[…]

03 Psychische Störungen

[…]

03.05 Neurotische Belastungsreaktionen, somatoforme Störungen und posttraumatische Belastungsstörung PTSD (post traumatic stress disorder)

Umfasst sind alle neurotischen Belastungsstörungen, somatoforme Störungen, Verhaltensstörungen und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit.

An erworbenen Funktionseinschränkungen soll die posttraumatische Belastungsstörung herausgestrichen werden.

03.05.01 Störungen leichten Grades 10 – 40 %

10 %:

Leichte affektive oder somatische Symptomatik, soziale Integration ist gegeben

20 %:

intermittierende oder schon dauerhafte affektive oder somatische Störungen

Soziale Integration ist gegeben

30 – 40 %:

Neben affektiven und somatischen Symptomen auch kognitive Störungen,

Erste Zeichen sozialer Deintegration

[…]

04 Nervensystem

[…]

04.11 Chronisches Schmerzsyndrom

[…]

04.11.02 Mittelschwere Verlaufsform 30 – 40 %

30 %:

Opioidhaltige Analgetika und/oder Polypharmazie seit mehr als 1 Jahr mit meist ausreichender vollständiger Schmerzcoupierung, Therapiereserve vorhanden

Schmerzattacken an mehr als 15 Tagen pro Monat

Depressive Begleitreaktionen fassbar

40 %:

Opioidhaltige Analgetika und/oder Polypharmazie seit mehr als 1 Jahr ohne ausreichender vollständiger Schmerzcoupierung

Schmerzattacken fast täglich

Depressive Begleitreaktionen fassbar, Nachweis neurologischer Defizite z.B. Brachialgiel

[…]

11 Augen und Augenanhangsgebilde

[…]

11.02 Sehstörungen

Für die Beurteilung des Sehvermögens ist die korrigierte Sehschärfe (Prüfung mit optischem Sehausgleich) maßgeblich. Daneben sind zusätzlich auch Ausfälle des Gesichts- und des Blickfeldes zu berücksichtigen.

Bei der Beurteilung des Sehvermögens ist darauf zu achten, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklärt.

Malignome sind nach Abschnitt 13 einzuschätzen.

11.02.01 Störung des zentralen Sehens (Sehschärfe mit Korrektur) nach Tabelle

Bei Erkrankung des Auges (Glaukom, Netzhauterkrankungen) hängt der GdB vor allem vom Ausmaß der Sehbehinderung (Sehschärfe, Gesichtsfeld) ab. Darüber hinausgehende GdB-Werte kommen nur in Betracht, wenn zusätzlich über die Einschränkung des Sehvermögens hinausgehende Behinderungen vorliegen.

Nach Hornhauttransplantationen richtet sich der GdB allein nach dem Sehvermögen. Linsenverlust eins Auges und Korrektur durch intraokulare Kunstlinse oder Kontaktlinse ist nach der Tabelle Sehschärfe ohne zusätzliche Anhebung des GdB einzuschätzen.

Ausfall des Farbsinns bedingt keine Einschätzung.

Einschränkung der Dunkeladaption (Nachtblindheit) oder des Dämmerungssehens bedingt keine Einschätzung.

Bei Kombinationen von Störungen des zentralen Sehens (Verminderung der Sehschärfe) und maßgeblichen Gesichtsfeldausfällen, kann wegen der ausgeprägten wechselseitigen Leidensbeeinflussung eine Addition des GdB der einzelnen Einschätzungen vorgenommen werden, wenn es in Hinblick auf das Gesamtbild der Behinderung gerechtfertigt erscheint.

Bei Sehstörungen mit ausgeprägtem Nystagmus (Horizontal-, Pendelnystagmus) ist bei der Prüfung der Sehschärfe nur der Visus der innerhalb einer Sekunde erreicht wird, für die Beurteilung heranzuziehen.

Bei ZNS-bedingten Sehstörungen, welche nicht den vorgegebenen Positionen zuzuordnen sind, sind in Hinblick auf das Gesamtbild der Sehbehinderung neuroophtalmologische Untersuchungsbefunde miteinzubeziehen und entsprechend der Behinderung mittels Analogposition einzuschätzen.

[…]“

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, wird der gegenständlichen Entscheidung das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 19.02.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.02.2024, samt der ergänzenden Stellungnahme vom 14.03.2024, zugrunde gelegt. Darin wurde der beim Beschwerdeführer vorliegende Grad der Behinderung in Anwendung der Einschätzungsverordnung nachvollziehbar und schlüssig mit 30 v.H. eingeschätzt. Ein höherer Grad der Behinderung ist derzeit nicht gerechtfertigt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Da der Sachverhalt feststeht und die Sache daher entscheidungsreif ist, war den in der Beschwerde gestellten Anträgen auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der Neurologie und der Rheumatologie nicht Folge zu geben, zumal bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde und der Entscheidung zu Grunde gelegt wird. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz keine Regelung enthält, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtungen bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (VwGH 24.06.1997, 96/08/0114). Vor dem Hintergrund des feststehenden Sachverhaltes konnte auch die weiters beantragte Einvernahme des Beschwerdeführers unterbleiben.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, insbesondere dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten (samt Ergänzung), welches vom erkennenden Gericht als nachvollziehbar und schlüssig gewertet wurde und vom vertretenen Beschwerdeführer nicht entkräftet werden konnte. Die von der Sachverständigen gewählten Positionsnummern und die Rahmensätze wurden in der Beschwerde nicht substantiiert bestritten. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung – trotz eines entsprechenden Antrages in der Beschwerde – ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.