JudikaturBVwG

W218 2293861-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
22. Januar 2025

Spruch

W218 2293861-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER-KOPSCHAR sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 06.05.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 06.05.2024 stellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) fest, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde nach Wiedergabe ihrer Krankengeschichte im Wesentlichen vorgebracht, dass noch keine Verbesserung ihrer Knieleiden eingetreten sei. Die Knietotalendoprothese müsse ausgetauscht werden, dies versuche die Beschwerdeführerin jedoch zu vermeiden. Da das rechte Knie die Last des linken Knies mittragen müsse, heile dieses nur zeitverzögert. Die Beschwerdeführerin könne nur wenige Meter sicher gehen und müsse zudem im Schwimmbad duschen, da sie die Badewanne in ihrer Wohnung nicht verwenden könne. Ohne Krücken könne die Beschwerdeführerin nicht gehen. Sie sei auch wegen ihrer Schmerzen in Behandlung. Der bei der Beschwerdeführerin vorliegende Bandscheibenschaden im Bereich L4/L5 sei zudem im Sachverständigengutachten nicht berücksichtigt worden. Es läge außerdem eine maßgebliche Leidensbeeinflussung der eingestuften Leiden 1, 2 und 3 vor, da die Beine in ihrer Gesamtheit betroffen seien. Darüber hinaus habe sich das Leiden 1 seit der Operation im Juli 2022 nicht gebessert, es läge weiterhin ein Kraftverlust sowie ein Gefühl einer überdimensionalen Sperre und starke Schmerzen vor. Das Leiden 2 habe sich durch die Operation im November 2023 auch nicht gebessert. Die Leiden 3 und 4 seien zudem nicht neu.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 18.06.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH ergab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

Die Beschwerdeführerin leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Knietotalendoprothese links, Pos.Nr.: 02.05.20, Grad der Behinderung 30%

2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumbalgie, Pos.Nr.: 02.01.01, Grad der Behinderung 20%

3. Halbschlittenendoprothese rechts, Pos.Nr.: 02.05.18, Grad der Behinderung 10%

4. Achillodynie beidseits, Plantarfasziitis beidseits, Pos.Nr.: 02.05.40, Grad der Behinderung 10%

5. Leichte Hypertonie, Pos.Nr.: 05.01.01, Grad der Behinderung 10%

Da die Beschwerdeführerin keinen Gesamtgrad der Behinderung von 50% (fünfzig v.H.) erreicht, sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt.

2. Beweiswürdigung:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie, Ärztin für Allgemeinmedizin, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, am 12.09.2024, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die orthopädische Sachverständige stufte das führende Leiden 1 „Knietotalendoprothese links“ schlüssig und nachvollziehbar nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung unter der Positionsnummer 02.05.20 und einem Grad der Behinderung von 30 vH ein. Die – gleichbleibend zum verwaltungsbehördlichen Sachverständigengutachten erfolgte – Einstufung wurde mit der mittelgradigen Einschränkung des Bewegungsumfanges, jedoch ohne Hinweis auf eine Prothesenlockerung begründet. Die rezidivierenden Beschwerden bei Weichteilreizung wurden hierbei bereits berücksichtigt.

In der persönlichen Untersuchung bestand im linken Kniegelenk eine geringgradige Überwärmung, jedoch kein Erguss. Die Patella war verbacken und bestand medial ein Druckschmerz, das Kniegelenk war in allen Ebenen stabil, jedoch war die aktive Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt.

Den vorgelegten medizinischen Befunden ist zudem keine schlechtere Beweglichkeit des linken Kniegelenkes als gutachterlich festgestellt zu entnehmen, dem Ambulanzbericht vom 22.02.2024 ist sogar eine aktive Beweglichkeit von 0-0-100 zu entnehmen, bei der persönlichen Untersuchung betrug sie 0-0-90. In der Einschätzungsverordnung ist unter der Positionsnummer 02.05.20 eine – der aktiven Beweglichkeit des linken Kniegelenkes der Beschwerdeführerin entsprechende – Streckung/Beugung von 0-10-90 angeführt. Es wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin an Schmerzen im linken Kniegelenk leidet, eine analgetische Schmerztherapie stellt jedoch eine zumutbare Maßnahme dar. Eine höhere Einstufung des Grades der Behinderung war aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der vorgelegten Befunde nicht möglich.

Erstmals eingestuft wurde das Leiden 2 „Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumbalgie“, welches die orthopädische Sachverständige aufgrund der rezidivierenden Beschwerden, jedoch ohne relevante Einschränkungen des Bewegungsumfangs und ohne radikuläres Defizit, dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.01 und einem Grad der Behinderung von 20 vH zuordnet.

Im Zuge der persönlichen Untersuchung war sowohl die Halswirbelsäule, die Brustwirbelsäule als auch die Lendenwirbelsäule in allen Ebenen frei beweglich, der Finger-Boden-Abstand betrug 15 cm. Der Schultergürtel und das Becken standen horizontal und etwa im Lot, es bestanden zudem regelrechte Krümmungsverhältnisse. Es bestand in der Rückenmuskulatur ein deutlicher Hartspann und ein Klopfschmerz über der Lendenwirbelsäule.

Gleichbleibend zum verwaltungsbehördlichen Sachverständigengutachten wurde das Leiden 3 „Halbschlittenendoprothese rechts“ unter der Positionsnummer 02.05.18 und einem Grad der Behinderung von 10 vH eingestuft. Begründet wurde die Wahl des unteren Rahmensatzes mit der guten Beweglichkeit und dem stabilen Gelenk.

In der persönlichen Untersuchung konnte im rechten Kniegelenk keine Überwärmung und kein Erguss festgestellt werden, es bestand ein medialer Druckschmerz, es war aber in allen Ebenen stabil, jedoch mit endlagigen Schmerzen. Die Beweglichkeit im rechten Kniegelenk war gut erhalten. Hierbei wird auch auf das Gangbild verwiesen, die Beschwerdeführerin kam zwar mit Rollstuhl und zwei Unterarmstützkrücken, sie konnte aber mit diesen Krücken rechts hinkend mit Unterschenkelgips im Untersuchungszimmer gehen.

Dem Ambulanzbericht vom 22.02.2024 ist zwar das rechte Kniegelenk betreffend eine aktive Beweglichkeit von 0-5-110 zu entnehmen, doch zeigte sich in der – zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten – persönlich Untersuchung bereits eine aktive Beweglichkeit von 0-0-110. Die Einstufung unter der Positionsnummer 02.05.18, welche eine Streckung/Beugung bis 0-0-90 vorsieht, erfolgte sohin zu Recht.

Im Vergleich zum Vorgutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 27.01.2023 wurden die Leiden an den beiden Kniegelenken nunmehr getrennt eingestuft und wurde eine Nachuntersuchung aufgrund der Implantation einer Knietotalendoprothese und der dadurch möglichen Verbesserung vorgesehen. Durch die zwischenzeitlich (November 2023) erfolgte Operation am rechten Kniegelenk konnte eine Besserung erzielt werden. Eine höhere Einstufung des Grades der Behinderung ist aufgrund des Untersuchungsergebnisses und der vorliegenden Befunde, insbesondere aufgrund des dort erhobenen klinischen Status nicht möglich.

Ebenfalls gleichbleibend zum verwaltungsbehördlichen Sachverständigengutachten wurde das Leiden 4 „Achillodynie beidseits, Plantarfasziitis beidseits“ mit einem Grad der Behinderung von 10 vH der Positionsnummer 02.05.40 zugeordnet. Bei der Beschwerdeführerin bestehen zwar rezidivierende Beschwerden, es sind jedoch noch Therapieoptionen gegeben. Es liegen keine Befunde vor, aus denen höhergradige Läsionen der Achillessehne bzw. Plantarfaszien hervorgehen.

Schließlich wurde die „Leichte Hypertonie“ mit dem fixen Rahmensatz der Positionsnummer 05.01.01 und einem Grad der Behinderung von 10 vH zugeordnet.

Zum Gesamtgrad der Behinderung führte die medizinische Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar aus, dass das Leiden 1 durch die Leiden 2 bis 4 nicht erhöht wird, da keine maßgeblich ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. Es besteht zwar eine gegenseitige Beeinflussung der Beschwerden in den Extremitäten, diese sind jedoch aufgrund des geringgradigen Ausmaßes der Beschwerden nicht relevant. Das Leiden 5 erhöht mangels funktionaler Relevanz den Gesamtgrad der Behinderung auch nicht weiter.

Die Behörde (bzw. das Gericht) hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat die Behörde nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.

Mit dem Beschwerdevorbringen hat sich das seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholte Sachverständigengutachten ausführlich auseinandergesetzt. Die beauftragte Sachverständige hält – nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und unter Beachtung der vorgelegten Befunde – zusammengefasst fest, dass keine höhergradige behinderungsrelevante Funktionseinschränkung objektivierbar ist. Die Verwendung der Unterarmstützkrücken und des Rollstuhles sind durch die Untersuchungsergebnisse nicht begründbar.

Es wurde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin somit nachvollziehbar, schlüssig und vollständig entgegengetreten und kann den Einwendungen der Beschwerdeführerin angesichts des Inhalts des Gutachtens nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin konnte keine Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit des Gutachtens aufzeigen. Auch sind an der Person der Sachverständigen keine Bedenken aufgetreten.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das eingeholte Sachverständigengutachten daher als schlüssig, vollständig und nachvollziehbar. In einer Zusammenschau der vorliegenden Befunde und des Gutachtens, geht der erkennende Senat davon aus, dass das Sachverständigengutachten bzw. der darin festgelegte Grad der Behinderung von 30 v.H. der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, vielmehr wird darin kein schlechterer klinische Status als von der orthopädischen Sachverständigen festgestellt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Der im Rahmen des Parteiengehörs erhobene Einwand war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliegt, zu entkräften.

Die vorgelegten Unterlagen enthalten keine neuen fachärztlichen Aspekte bzw. wurden diese bereits bei der Beurteilung berücksichtigt.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Auch wurde im bekämpften Verfahren ein orthopädisches Gutachten eingeholt, welches im Ergebnis mit den neuerlich erstellten Sachverständigengutachten übereinstimmt.

Die erhobenen Einwände und vorgelegten Unterlagen waren somit nicht geeignet, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften.

Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) idgF:

„Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn - sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt, - zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

Da ein Grad der Behinderung von 30 (dreißig) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der Behinderten (in § 19 Abs. 1 BEinstG) und für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. § 19 BEinstG in der Fassung BGBl. I 57/2015 bestimmt, dass im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Daher können die von der Beschwerdeführerin am 27.12.2024 vorgelegten Befunde bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt. Zudem wurde von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erschienen ließ.

Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.