JudikaturBVwG

L516 2305417-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
21. Januar 2025

Spruch

L516 2305417-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Vorsitzenden und die fachkundige Laienrichterin Dr.in Silvia WEIGL und den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Regionale Geschäftsstelle Linz, vom 18.12.2024, ABB-Nr: 4501583, betreffend Nichtzulassung des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 12a iVm § 13 AuslBG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer XXXX , geb. XXXX , (in der Folge: Beschwerdeführer) beantragte als Arbeitgeber für den – derzeit im Iran aufhältigen – iranischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX (in der Folge: Arbeitnehmer), am 19.11.2024 bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot–Karte“ gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) für die berufliche Tätigkeit als Koch im Unternehmen ( XXXX in XXXX ) des Beschwerdeführers. Der Antrag wurde in der Folge gemäß § 20d AuslBG an das Arbeitsmarktservice (AMS) übermittelt.

Das AMS wies diesen Antrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 18.12.2024 nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Anhörung des Regionalbeirates vom gemäß §12a AuslBG ab. Das AMS begründete dies zusammengefasst damit, dass dem Arbeitnehmer nur 10 von 55 erforderlichen Punkten angerechnet werden können, konkret für das Kriterium „Qualifikation“ 0 Punkte, für das Kriterium „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ 0 Punkte, für das Kriterium „Sprachkenntnisse“ 0 Punkte, für das Kriterium „Englischkenntnisse“ 0 Punkte und für das Kriterium „Alter“ 10 Punkte.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Mit der Beschwerde wurden ein Sprachdiplom ÖSD-Zertifikat A1 Deutsch sowie zwei Zeugnisse über eine im Iran zuletzt am 21.12.2024 absolvierte Kochausbildung im Gesamtausmaß vom 446 Stunden (davon 97 Stunden Theorie und 349 Stunden Praxis) vorgelegt.

1. Sachverhalt

1.1 Zur beantragten beruflichen Tätigkeit

Für den Arbeitnehmer wurde die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot–Karte“ gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) beantragt

- für die berufliche Tätigkeit Koch im Unternehmen des Beschwerdeführers,

- bei einer beabsichtigten mindestens dreijährigen Dauer im Ausmaß von 40 Wochenstunden pro Monat und

- einer Entlohnung (ohne Zulage) brutto in Höhe von 2.153,00 Euro.

1.2 Zur Ausbildung

Der Arbeitnehmer ist iranischer Staatsangehöriger und hat im Iran im Jahr 2013 ein Bachelorstudium im Fach „Zellular- und Molekularbiologie“ erfolgreich abgeschlossen.

Am 27.08.2024 hat der Arbeitnehmer im Iran eine Schulung im Fach „Traditioneller Koch (Koch-Techniken)“ nach einer Ausbildungsdauer im Ausmaß von 196 Stunden mit einer Prüfung abgeschlossen.

Am 21.12.2024 hat der Arbeitnehmer im Iran zudem eine Schulung im Fach „Koch“ nach einer Ausbildungsdauer im Ausmaß von 250 Stunden mit einer Prüfung abgeschlossen.

1.3 Zu einer Berufserfahrung

Der Arbeitnehmer hat erstmals mit der Beschwerde ein Arbeitszeugnis vom 19.12.2024 vorgelegt, demzufolge er im Iran in einem Betrieb seit 10.12.2016 als Koch tätig ist.

1.4 Zu Sprachkenntnissen

Der Arbeitnehmer hat am 27.09.2024 die Prüfung für das Sprachdiplom ÖSD-Zertifikat A1 Deutsch gut bestanden. Der Arbeitnehmer hat keinen Nachweis über Kenntnisse der englischen Sprache oder einer anderen anrechenbaren Sprache erbracht.

1.5 Zum Alter

Der Arbeitnehmer war im Antragszeitpunkt 36 Jahre alt.

2. Beweiswürdigung

2.1 Zur beantragten beruflichen Tätigkeit

Die Feststellung zur beantragten beruflichen Tätigkeit ergibt sich aus der Arbeitgebererklärung, die dem AMS vorgelegt wurde. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.2 Zur Ausbildung

Die Feststellungen zu den Ausbildungen ergeben sich aus den beim AMS und mit der Beschwerde vorgelegten Zeugnissen (Verwaltungsverfahrensakt des AMS).

Im Verfahren vor dem AMS hatte der Arbeitnehmer ein „Fertigungszeugnis“ für den Beruf „Ernährungsdienstleistungen“ für eine am 27.08.2024 in der Dauer von 196 Stunden abgeschlossenen Ausbildung vorgelegt, der unter anderem keine Lehrinhalte zu entnehmen waren.

Das AMS forderte daher den Arbeitnehmer und den Beschwerdeführer mit Parteiengehör vom 21.11.2024 dazu auf, (1) eine einschlägige Apostille der originalen Ausbildungsdokumente vorzulegen und zudem (2) alle Jahreszeugnisse bzw Schulzeugnisse der Berufsausbildung vorzulegen oder (3) beim zuständigen Bundesministerium einen Antrag auf Bewertung bzw. Vergleichbarkeit ausländischer Bildungsabschlüsse zu stellen.

Erst mit der Beschwerde wurden für den Arbeitnehmer die im Sachverhalt festgestellten Zeugnisse vom 27.08.2024 und 21.12.2024 vorgelegt, in denen die vermittelten Lehrinhalte in Theorie und Praxis und das jeweilige Stundenausmaß aufgelistet wurden.

2.3 Zu einer Berufserfahrung

Die Feststellungen zu dem vom Arbeitnehmer vorgelegten Arbeitszeugnis ergibt sich aus der mit der Beschwerde vorgelegten Bestätigung. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.4 Zu Sprachkenntnissen

Die Sprachkenntnisse in der Sprache Deutsch ergeben sich aus dem mit der Beschwerde vorgelegten ÖSD-Zertifikat. Weitere Sprachkenntnisse, etwa in den Sprachen Englisch, Bosnisch, Kroatisch oder Serbisch wurden nicht nachgewiesen und nicht behauptet. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.5 Zum Alter

Die Feststellung zum Alter des Arbeitnehmers ergibt sich aus dessen Geburtsdatum.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Abweisung der Beschwerde gemäß §12a AuslBG

Bescheidbegründung des AMS

3.1 Das AMS begründete die Abweisung des Antrages in seinem Bescheid zusammengefasst damit, dass dem Arbeitnehmer nur 10 von 55 erforderlichen Punkten angerechnet werden können, konkret für das Kriterium „Qualifikation“ 0 Punkte, für das Kriterium „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ 0 Punkte, für das Kriterium „Sprachkenntnisse“ 0 Punkte, für das Kriterium „Englischkenntnisse“ 0 Punkte und für das Kriterium „Alter“ 10 Punkte.

Das AMS führte dazu – sinngemäß zusammengefasst – aus, dass auf das Parteiengehör vom 21.11.2024 nicht reagiert worden sei und damit keine anrechenbare abgeschlossene Ausbildung im Mangelberuf nachgewiesen worden sei. Es seien auch keine Sprachnachweise erfolgt.

Beschwerdevorbringen

3.2 Mit der Beschwerde wurden ein Sprachdiplom ÖSD-Zertifikat A1 Deutsch sowie zwei Zeugnisse über eine im Iran am 27.08.2024 sowie am 21.12.2024 absolvierte Kochausbildung im Gesamtausmaß vom 446 Stunden vorgelegt und um eine positive Erledigung ersucht.

Zur Abweisung der Beschwerde

Keine Ausbildung, die mit einem österreichischen Lehrabschluss vergleichbar ist

3.3 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Zulassung als Fachkraft in einem Mangelberuf nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 12a Z 1 AuslBG eine formell abgeschlossene Ausbildung in diesem Mangelberuf, auch wenn die in dieser Gesetzesbestimmung geforderte abgeschlossene Berufsausbildung einem österreichischen Lehrabschluss nur gleichwertig sein muss. (VwGH 13.05.2024, Ra 2024/09/0014)

Der Gesetzgeber sieht als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z 1 AuslBG einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor (VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068). Eine lediglich 18-monatige Ausbildung ist jedenfalls nicht als gleichwertig anzusehen. (vgl VwGH 01.09.2022, Ra 2021/09/0260)

Die vom beantragten Arbeitnehmer im Iran absolvierten zwei Schulungen für den Beruf Koch im Gesamtausmaß vom 446 Stunden (davon 97 Stunden Theorie und 349 Stunden Praxis) sind bereits in zeitlicher Dimension nicht vergleichbar mit dem in Österreich eingerichteten Lehrberuf „Koch/Köchin“, für den eine Lehrzeit von drei Jahren vorgesehen ist. (§1 Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über die Berufsausbildung im Lehrberuf Koch/Köchin (Koch/Köchin-Ausbildungsordnung), BGBl. II Nr. 137/2019)

Der daneben vorhandene Studienabschluss im Fach „Zellular- und Molekularbiologie“ ist keine Ausbildung im beantragten Mangelberuf und kann daher nicht berücksichtigt werden.

Es können daher für das Kriterium „abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf“ keine Punkte angerechnet werden.

Keine anrechenbare Berufserfahrung

Für das weitere Kriterium „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ können ebenso keine Punkte angerechnet werden, da für dieses Kriterium nur Zeiten an Berufserfahrung heranzuziehen sind, die nach Abschluss der für den Mangelberuf erforderlichen Berufsausbildung liegen (vgl VwGH 22.09.2021, Ro 2021/09/0016; 17.05.2022, Ra 2021/09/0245) und – wie zuvor dargelegt – im Fall des Arbeitnehmers keine anrechenbare abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf nachgewiesen ist.

Davon abgesehen ist seit dem ersten Zeugnis vom 27.08.2024 über eine absolvierte Kochschulung noch kein halbes Jahr vergangen, sodass auch aus diesem Grund keine Punkte für das Kriterium „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ anzurechnen wären, da nur für jedes volle Halbjahr Punkte angerechnet werden können und – wie zuvor dargelegt – nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur Zeiten anzurechnen sind, die nach Abschluss der Berufsausbildung liegen; Zeiten vor dem Abschluss der Berufsausbildung können nicht angerechnet werden.

Für Sprachkenntnisse 5 Punkte

Für die mit der Beschwerde nachgewiesenen Deutschkenntnisse sind 5 Punkte anzurechnen.

3.4. Im Ergebnis können daher zu den bereits vom AMS für das Kriterium „Alter“ berücksichtigten 10 Punkten nur 5 weitere Punkte für das Kriterium „Sprachkenntnisse“ angerechnet werden. Im vorliegenden Fall wird daher mit den insgesamt anrechenbaren 15 Punkten die erforderliche Mindestpunktezahl von 55 Punkten jedenfalls nicht erreicht. Es liegen somit nicht die Voraussetzungen für die Zulassung des beantragten Arbeitnehmers als Fachkraft im beantragten Mangelberuf gemäß §12a AuslBG vor.

3.5 Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.6 In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

3.7 Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im festgestellten Umfang unbestritten und geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen.

Zu B) Revision

3.8 Die Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage eindeutig bzw durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.9 Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.