Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 25.06.2024, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Serbien, war bis 30.09.2021 Inhaberin eines befristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.). Der Ausstellung dieses befristete ausgestellten Behindertenpasses lag ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 30.07.2019 zugrunde, in dem die Funktionseinschränkungen 1. „Morbus Hodgkin in Vollremission für 3 Jahre“, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 50 v.H. nach der Positionsnummer 10.03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, und 2. „Lymphödem rechter Arm; eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Kompressionsstrumpf notwendig, jedoch keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen“, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 05.08.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt wurden. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde damit begründet, dass das führende Leiden 1 von Leiden 2 mangels eines relevanten ungünstigen Zusammenwirkens nicht weiter erhöht werde. Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde in diesem Sachverständigengutachten u.a. ausgeführt, dass ein Zustand nach allogener verwandter Stammzelltransplantation 06/2018 bestehe, nach den vorliegenden Befunden seien jedoch rezidivierende, außergewöhnliche Infektionen nicht dokumentiert, sodass eine fortbestehende schwere Erkrankung des Immunsystems nicht begründbar sei. Eine Nachuntersuchung wurde für Juni 2021 vorgesehen, da eine Besserung von Leiden 1 als möglich erachtet wurde.
Am 25.01.2024 – sohin nach Ablauf des bis 30.09.2021 befristet ausgestellt gewesenen Behindertenpasses - stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf „Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Verlustes, Diebstahls oder der Ungültigkeit“. Diesem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses legte sie neben einem Konvolut an medizinischen Unterlagen eine Daueraufenthaltsberechtigungskarte EU, gültig bis 05.01.2027, bei.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung vom 21.05.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.04.2024, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes ausgeführt:
„[…]
Anamnese:
Vorgutachten 19.06.2019 Dr.in M.: Morbus Hodgkin in Vollremission für 3 Jahre 50%; Lymphödem rechter Arm 20%-- GesGdB 50 v.H. Nachuntersuchung 6/21 Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel gegeben.
Allergien: keine Nikotin: nie
Derzeitige Beschwerden:
"Ich hatte 2018 eine Knochenmarkstransplantation. Ich bekomme wegen meinem Arm derzeit Physiotherapie. Eine OP ist geplant, da der rechter Arm immer geschwollen ist. Beide Arme sind sehr geschwollen, vor allem der rechte Arm. Ich trage immer einen Kompressionsstrumpf. Hodgkin ist derzeit stabil, nur Kontrollen Vor 2 Wochen hatte ich eine Lungenentzündung."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: keine
Sozialanamnese:
Die Antragstellerin lebt mit ihrem Gatten zusammen und nimmt keine sozialen Dienste in Anspruch.
Beruf: Reinigungsfirma, derzeit: Krankenstand (fristlose Kündigung bekommen)
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Entlassungsbericht X KH 2.5.18-3.5.18: Morbus Hodgkin (IHC CD 20-, CD 15+/-, CD30+), ED 2013 Therapie im Ausland: Z.n. Chemotherapie 05/2015: DHAP Protokoll Z.n. Chemotherapie von 03/2016: ICE Protokoll Z.n. autologer SZT Transplantation am 23.05.2016- Rezidiv M. Hodgkin 2017- Z.n. HLA Typisierung arr. 03.07.2017 - Schwester passend Z.n. 7x Brentuximab von 06/2017-11/2017, Restaging PET-CT vom 07.11.2017 Befundprogression- Start Nivolumab am 23.11.2017
V.a. Gastroenteritis DD immunvermittelte Diarrhoe 01/2018 Lymphödeme re OE Z.n. Ovarialzysten- unauffällige Adnexe bds. 2/2018 Z.n. PAP HID 9/2017- letzte Kontrolle: PAP 11/2018 Z.n. Soorkolpitis Z.n. Pneumonie li Fragl. Z.n. Pulmonalembolie 2015
Entlassungsbericht S. 29.03.2023 - 19.04.2023: Hodgkin-Lymphom ED 201303/2018: metabolische partielle Remission; allogene Transplantation (Schwesterspender) 06/2018 - seither therapiefreie Nachsorge Lympödem re OE
Patientenbrief X. 28.07.2018 bis 01.08.2018: Aufnahmegrund Fieber unklarer Ursache nach Transplantation hämatopoetischer Fremdspenderzellen
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 170,00 cm Gewicht: 95,00 kg Blutdruck: 160/90
Klinischer Status - Fachstatus:
SO2 RL: 99%
HF: 78/min
Hals: keine pathologischen Lymphknoten palpabel, Schilddrüse schluckverschieblich
Pulmo: VA, keine RG's, kein spastisches Atemgeräusch, SKS
Cor: rhythmisch, normofequent, kein pathologisches Herzgeräusch
Abdomen: über Thoraxniveau, weich, kein Druckschmerz, Darmgeräusche in allen 4
Quadranten hörbar, Leber und Milz nicht palpabel, Nierenlager frei
Haut: blande Narbe rechts pectoral nach Porth-a-Cath -Entfernung, blande Narben axillär
rechts
Wirbelsäule: nicht klopfdolent
UE: keine Varizen, keine Ödeme, Fußpulse bds. tastbar
OE: gesamter rechter Arm im Kompressionsverband, Einschränkungen in der Bewegung aufgrund der Schwellung - Elevation 90 Grad beidseits grob neurologisch unauffällig, Faustschluss möglich, Handkraft seitengleich, grobe Kraft obere und untere Extremität altersentsprechend unauffällig, Nacken und Schürzengriff wegen Ödem nicht möglich, allseits keine Sensibilitätsstörung Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbstständiges An und Ausziehen
Gesamtmobilität - Gangbild:
benötigt kein Hilfsmittel, unauffälliges Gangbild, altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität
Status Psychicus:
allseits orientiert, Ductus kohärent
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Das vormalige Leiden Nr. 2 (Lymphödem rechter Arm) wird nun unter Leiden Nr. 1 mitberücksichtigt.
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Der Gesamtgrad der Behinderung wird im Vergleich zum Vorgutachten um eine Stufe herabgesetzt.
[…..]“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.05.2024 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 21.05.2024 wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Schreiben übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Die Beschwerdeführerin brachte keine Stellungnahme ein.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.06.2024 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25.01.2024 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen, da sie mit einem Grad der Behinderung von 40 % die Voraussetzungen nicht erfülle. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei, wonach der Grad der Behinderung 40 % betrage. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Das eingeholte Sachverständigengutachten vom 21.05.2024 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage zum Bescheid übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 15.07.2024 fristgerecht eine Beschwerde folgenden – hier in anonymisierter Form wiedergegebenen – Inhalts:
„[……]
Ich, XX, geboren am DD.DD.DDDD, glaube, dass mir durch Ihre Entscheidung Schaden zugefügt wurde und die Einschätzung meiner Krankheit falsch erfolgte.
Wenn ich 2014 an Krebs erkrankte und weniger als 5 Jahre lang behandelt und dann zweimal transplantiert wurde, 2015 in Serbien, wo ich selbst Stammzellen gespendet habe, und 2018 in Wien wo meine Schwester Stammzellen gespendet hat Stammzellen, Ihrer Meinung nach habe ich keinen Anspruch auf Behinderung.
Nach der Transplantation hatte ich Anspruch auf 50 %, wie jeder Mensch, der eine Krebserkrankung überlebt hat, was ist in der Zwischenzeit passiert, sodass meine Behinderung abgenommen hat???
Die Krankheit verläuft derzeit friedlich, hat aber viele Folgen für mich und mein Leben hinterlassen, mein Körper ist nicht mehr derselbe und in der Zwischenzeit ist dieses Lipoderm auf meinen Händen aufgetaucht.
Ich trage 24 Stunden am Tag einen Handschuh an meiner ganzen Hand, meine Hand ist sehr geschwollen und man kann kaum etwas machen, ich wurde zwischenzeitlich sogar gefeuert, weil sie sagten, ich könne mit so einer Hand nicht arbeiten, ich habe hohen Blutdruck danach.
Jetzt bin ich auf der Warteliste für meine Handoperation eingetragen, wie ich dem Arzt bei der Untersuchung mitgeteilt habe. Ich glaube, dass ich neben der Grunderkrankung noch weitere Krankheiten bekam und meine Behinderung reduziert wurde, ist das in Ordnung? Ist Krebs heute immer noch die schlimmste Krankheit, oder nicht?! ob Sie ein Recht auf Krankheit haben und ob Sie Anspruch auf jede Art von Hilfe haben, wenn Sie noch schwach und hilflos sind. So etwas gibt es Ihrer Meinung nach leider nicht!
Gesund sein!“
Der Beschwerde wurden keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt am 22.07.2024 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 25.01.2024 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Die Beschwerdeführerin leidet unter folgender objektivierter Funktionseinschränkung:
1. Morbus Hodgkin - St.p. allogene Stammzellentransplantation (Schwesterspender) 06/2018 - seither therapiefreie Nachsorge; allerdings maßgebliche Funktionseinschränkung bei deutlichem Lymphödem
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v.H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkung und deren Ausmaß werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem oben wiedergegebenen, von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie vom 21.05.2024, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Antragstellung, bestätigt durch einen vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 40 v.H. vorliegt, gründet sich auf das oben wiedergegebene medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie vom 21.05.2024, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 15.04.2024 und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen.
In dem vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf das aktuelle Leiden der Beschwerdeführerin und dessen Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich getroffene Einschätzung auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt – unter konkreter Auflistung und Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten relevanten medizinischen Unterlagen –nachvollziehbar auf, welche Funktionseinschränkung bei der Beschwerdeführerin vorliegt, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird.
Mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen in ihrem Gutachten vorgenommenen Einstufung des festgestellten Leidens ausreichend konkret und substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich.
Die Beschwerdeführerin leidet an Morbus Hodgkin nach abgeschlossener adjuvanter Behandlung und nach Abschluss der Heilungsbewährung; es liegt ein Zustand nach einer allogenen Stammzellentransplantation im Juni 2018 mit einer aktuell therapiefreien Nachsorge vor. Allerdings liegt auch eine maßgebliche Funktionseinschränkung unter Berücksichtigung eines deutlichen Lymphödem im rechten Arm vor. Die von der belangten Behörde beigezogene ärztliche Sachverständige ordnete dieses Leiden zutreffend der Positionsnummer 13.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, die „Entfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung“ betrifft, konkret dem oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer (40 v.H. – „wenn maßgebliche Funktionseinschränkungen als Dauerzustand festgestellt werden“), zu. Den herangezogenen oberen Rahmensatz von 40 v.H. begründet die beigezogene Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie damit, dass eine maßgebliche Funktionseinschränkung als Dauerzustand festgestellt werden kann, konkret Schwellungen an beiden Armen, insbesondere das Lymphödem am rechten Arm, das nun – anders als im Vorgutachten – entsprechend der herangezogenen Positionsnummer unter Leiden 1 mitberücksichtigt wird.
Diese Einstufung ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin gab bei der persönlichen Untersuchung am 15.04.2024 unter „Derzeitige Beschwerden“ selbst an, sie habe 2018 eine Knochenmarkstransplantation gehabt, „Hodgkin“ sei derzeit stabil, sie habe nur Kontrollen. Sie bekomme wegen ihres Armes derzeit Physiotherapie. Eine OP sei geplant, da der rechter Arm immer geschwollen sei. Beide Arme seien sehr geschwollen, vor allem der rechte Arm. Sie trage immer einen Kompressionsstrumpf. Dies steht in Einklang mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen, die keine erheblicheren aktuellen Leidenszustände belegen.
Dafür, dass die Heilungsbewährung noch nicht abgeschlossen wäre bzw. dass die Beschwerdeführerin unter einer aktuell aktiven Krebserkrankung leiden würde und sich aktuell einer laufenden Krebstherapie unterziehen müsste, haben sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben; solches ergibt sich aus keinem der von ihr vorgelegten Befunde und wird von der Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde nicht behauptet; vielmehr bringt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vor, die Krankheit verlaufe „derzeit friedlich“. Eine höhere Einstufung unter einer anderen Positionsnummer kommt daher rechtlich aktuell nicht in Betracht. Daran vermag auch das – wenn auch durchaus verständliche - Vorbringen in der Beschwerde nichts zu ändern, dass die Beschwerdeführerin eine Krebserkrankung gehabt habe und diese viele Folgen für ihr Leben hinterlassen habe, ihr Körper sei nicht mehr derselbe. Das Vorbringen in der Beschwerde, das Lipödem sei auch auf ihren Händen aufgetaucht, die Beschwerdeführerin trage 24 Stunden am Tag einen Handschuh an ihrer ganzen Hand, ihre Hand sei sehr geschwollen, wurde von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen berücksichtigt und wurde eine allfällige zwischenzeitlich eingetretene maßgebliche Verschlechterung des Leidenszustandes nicht durch entsprechende Befunde belegt; wie bereits erwähnt, legte die Beschwerdeführerin der Beschwerde keine medizinischen Unterlagen bei.
Auf Grundlage der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen und der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin konnte somit gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 40 v.H. objektiviert werden.
Die Beschwerdeführerin legte – wie bereits dargelegt - im gesamten Verfahren keine weiteren medizinischen Unterlagen vor, die die vorgenommene Einstufung widerlegen oder dieser entgegenstehen würden. Die Beschwerdeführerin ist daher dem gegenständlich eingeholten Sachverständigengutachten im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie vom 21.05.2024. Dieses medizinische Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
…
§ 42. (1) Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
…
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass ist kein Nachweis im Sinne des § 14 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“
Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie vom 21.05.2024 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 40 v.H. beträgt.
Die getroffene Einschätzung auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher ausreichend plausibel die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und sie hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keine Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber ausreichend belegte Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG – in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.