JudikaturBVwG

W265 2304740-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
13. Januar 2025

Spruch

W265 2304740-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde XXXX , geb XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 11.12.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Zitierung des Grades der Behinderung (GdB) im Spruch entfällt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte mit Antrag vom 24.10.2023 beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangten Behörde) unter Vorlage eines Röntgenbefundes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Zur Überprüfung des Antrages holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 31.01.2024 mit dem Ergebnis ein, dass ein Grad der Behinderung in der Höhe von 40 v.H. vorliegt.

3. Mit Bescheid vom 19.02.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. fest.

4. Die gegen den Bescheid vom 19.02.2024 erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.04.2024 ab.

5. Der Beschwerdeführer stellte mit Antrag vom 22.07.2024 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz und legte einen aktuellen medizinischen Befund bei.

6. Die belangte Behörde ersuchte die befasste medizinische Sachverständige im Verfahren nach dem BBG um die Abgabe einer Stellungnahme zum Antrag bzw. Vorbringen des Beschwerdeführers. In deren Stellungnahme vom 18.09.2024 stellte die medizinische Sachverständige fest, dass die nachgereichten Befunde keine neuen Erkenntnisse beinhalten würden, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten bzw. eine Erweiterung der Beurteilung erforderlich wäre, sodass das Ergebnis aufrecht gehalten werde.

7. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der Sachverständigen mit Schreiben vom 20.09.2024 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.

8. Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 30.09.2024 aus, dass er seit seinem Arbeitsunfall im Jahr 2009 nicht nur unter körperlichen Beschwerden, sondern auch unter psychischen Problemen leide. Dieser Unfall verfolge ihn bis heute und habe seine Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Er leide an starken Ängsten, insbesondere in Situationen, die ihn an den Unfall erinnern würden, weshalb er sich nicht mehr in der Lage fühle in der Nähe von Maschinen zu arbeiten. Körperlich sei er ebenfalls sehr stark eingeschränkt, weshalb er die Einstufung von nur 40 % Behinderung für nicht gerechtfertigt halte. Aufgrund seines aktuellen Gesundheitszustandes, den er durch seine ärztlichen Befunde belegen könne, entspreche seine Behinderung einem Grad von 100 %.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.12.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) ab und stellte den Gesamtgrad der Behinderung mit 40 v.H. fest.

Die belangte Behörde legte dem Bescheid das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahme in Kopie bei.

10. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass er aufgrund eines schwerwiegenden Verlustes der Finger 2 bis 5 an der rechten Hand erhebliche Einschränkungen im Alltag habe. Diese Einschränkungen würden sich massiv auf alltägliche Aufgaben wie das An- und Ausziehen von Kleiden sowie Körperpflege auswirken. Darüber hinaus würden ihn diese Einschränkungen psychisch enorm belasten, was in der Begutachtung nicht angemessen berücksichtigt worden sei. Er ersuche um eine erneute, gerechte Begutachtung, die sämtliche Aspekte seiner körperlichen und psychischen Einschränkungen berücksichtige.

Der Beschwerdeführer schloss seinen ärztlichen Entlassungsbericht seiner ambulanten Rehabilitation an.

11. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem mit Schreiben vom 19.12.2024 dem Bundessverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieser am 20.12.2024 einlangte.

12. Das Bundesverwaltungsgericht holte am 27.12.2024 einen Auszug aus dem AJ-WEB Auskunftsverfahren ein, wonach der Beschwerdeführer in keinem aufrechten Dienstverhältnis steht. Laut einem am selben Tag eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister ist der Beschwerdeführer syrischer Staatsbürger und hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsbürger und hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Er steht in keinem aufrechten Dienstverhältnis.

Er brachte am 22.07.2024 den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten beim Sozialministeriumservice ein.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen:

Anamnese:

2009 Arbeitsunfall

Amputation des Zeigefingers rechts bis zum Grundgelenk und des 3.-5. Fingers bis zum proximalen bis mittleren Schaft

Fehlstellung der 3. Zehe links

Derzeitige Beschwerden:

Komplette Sprachbarriere

Bei Kälte Schmerzen und Taubheit in der rechten Hand seit 2022, Probleme mit der rechten Hand.

Verbrennung in der rechten Hand vor 2 Monaten

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Medikamente: Mexalen

Allergie: 0 Nikotin: 20 Hilfsmittel:0

Sozialanamnese:

Verheiratet, Familie in Syrien, 1 Tochter, lebt in WG im 2. Stwk ohne Lift Berufsanamnese: in Syrien Arbeiter in Plastikfirma, dann im Familienbetrieb gearbeitet, seit 2022 teilweise in Lieferfirma tätig

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Röntgen Mittelhand rechts 15.11.2023 (Zustand nach Amputation des 2. Fingers bis zum Grundgelenk und des 3.-5. Fingers bis zur proximalen bis mittleren Schaft)

Nachgereichter Befund:

Röntgen Unterarm rechts Hand rechts 10.01.2024 (Achsengerechte Artikulation im gesamten Unterarm rechts, leichte Ulnaminusvariante in der rechten Hand/Handgelenk. Zustand nach Resektion des 2. Strahls. Zustand nach Resektion des 3. Strahls bis zum distalen Drittel MC III. Zustand nach Resektion des 4. und des 5. Strahls bis zum mittleren Drittel der Mittelhand.)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut, 29 a

Ernährungszustand:

gut

Größe: 182,00 cm Gewicht: 91,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut.

Thorax: symmetrisch.

Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich des Stumpfs der rechten Hand als gestört angegeben Bewegungsschmerzen rechtes Handgelenk, sonst unauffällig

Hand rechts: Daumen erhalten, Extension und Abduktion geringgradig eingeschränkt, Schlüsselgriff erhalten

Amputation des 2. Strahls im Bereich des MTP Gelenks, ein Rest der proximalen Phalanx erhalten, Stumpf berührungsempfindlich.

Zustand nach Resektion des 3. Strahls bis zum distalen Drittel Os MC III.

Zustand nach Resektion des 4. und des 5. Strahls bis zum mittleren/proximalen Drittel der Mittelhand. Geblockte Narbe und Hyperkeratose im Bereich des Stumpfs des 3./4./5. Strahls.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke bds frei, Daumen und Langfinger links frei beweglich, rechts siehe oben. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig. Kraft, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballen-, Fersen- und Einbeinstand möglich.

Hocken ist möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

3. Zehe links geringgradig verkürzt und in leichter Hyperextension Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse.

Mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 10 cm, Rotation und Seitneigen 30°

Lasegue bds. negativ.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild ist hinkfrei und unauffällig.

Bewegungsabläufe beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage unauffällig.

Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, welche länger als sechs Monate andauern:

1. Verlust der Finger 2-5 rechts

Beim Beschwerdeführer liegt zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor.

2. Beweiswürdigung:

Die syrische Staatsbürgerschaft und der Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in einem keinem aufrechten Dienstverhältnis steht ergibt sich aus einer am 27.12.2024 durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Datenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren).

Die Feststellung zur gegenständlichen Antragstellung gründet sich auf den Akteninhalt.

Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vorliegt, gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 31.01.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag sowie der ergänzenden Stellungnahme der befassten Sachverständigen vom 18.09.2024. Darin wird unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers und auf Grundlage der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die Sachverständige hat sich damit auseinandergesetzt. Der orthopädische Kurzbefund vom 04.07.2024 steht hinsichtlich des klinischen Befundes nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein anderes Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde, darin sind auch keine neuen fachärztlichen Aspekte enthalten, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Insofern der Beschwerdeführer moniert, dass er aufgrund des Verlustes der Finger 2 bis 5 an der rechten Hand erhebliche Einschränkungen im Alltag habe, so ist dem entgegen zu halten, dass die Beurteilung der vorliegenden Gesundheitsschädigung entsprechend den Vorgaben der Einschätzungsverordnung unter der Fixposition 02.06.37 erfolgte, welche bei Verlust von vier Fingern an einer Hand einen fixen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH vorsieht, wenn der Daumen erhalten ist. Da beim Beschwerdeführer der Daumen funktionsfähig erhalten ist, kann eine Höhereinschätzung dieses Leidens nicht erfolgen. So wird auch in dem vorgelegten orthopädischen Kurzbefund vom 04.07.2024 beschrieben, dass ein Zustand nach Fingeramputation und Resektion des 2. und 3. Strahls, Resektion des 4. und 5. Strahls bis zum mittleren Drittel der Mittelhand besteht. Dieser medizinische Befund steht mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Status im Einklang und stellte die medizinische Sachverständige in deren Stellungnahme vom 18.09.2024 dazu fest, dass der nachgereichte Befund keine neuen Erkenntnisse beinhaltet, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnte bzw. eine Erweiterung der Beurteilung erforderlich wäre.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, dass er aufgrund dieser Einschränkungen psychisch enorm belastet sei, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine Arztbriefe oder medizinischen Befunde vorlegte, worin psychische Beschwerden medizinisch objektiviert sind, weshalb eine Aufnahme von psychischen Gesundheitsschädigungen im klinischen Status nicht möglich ist. Der Beschwerdeführer legte auch im Rahmen der Beschwerde keine weiteren Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine weitere zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde berücksichtigte die medizinische Sachverständige in ihrem Gutachten vom 31.01.2024 die Schmerzzustände des Beschwerdeführers, die aus gutachterlicher Sicht immer in der Diagnoseerstellung inkludiert sind. Die dokumentiere Gesundheitsschädigung ist in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Status somit vollumfänglich – soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt – berücksichtigt worden.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 31.01.2024 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 18.09.2024. Diese werden daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz erfüllt, oder nicht.

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes-BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970 idgF lauten:

„Begünstigte Behinderte

§ 2 (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.

4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)

(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

Behinderung

§ 3 Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Feststellung der Begünstigung

§ 14 (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen. Der Behindertenpass im Sinne des § 40 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 gilt nicht als Nachweis über die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten. (2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

…“

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

„Behinderung

§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen. (2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Das Leiden 1 des Beschwerdeführers ist der Verlust der Finger 2-5 rechts, welches die medizinische Sachverständige richtig unter der Fixposition 02.06.37 der Anlage EVO mit einem GdB von 40 % einstufte, wenn der Daumen funktionsfähig erhalten ist.

Sämtliche Leiden des Beschwerdeführers sind demnach nach der Einschätzungsverordnung nach der richtigen Positionsnummer eingestuft.

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Unfallchirurgie und einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 31.01.2024, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag sowie die ergänzende Stellungnahme vom 18.09.2024 zu Grunde gelegt.

Beim Beschwerdeführer liegt mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. aktuell kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor. Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, wonach begünstigte Behinderte österreichische Staatsbürger bzw. im vorliegenden Fall Unionsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. sind, derzeit nicht gegeben.

Was den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Grad der Behinderung des Beschwerdeführers spruchgemäß mit 40 v.H. festgestellt hat, ist auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 2 1. Satz BEinstG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dem Gesetz nicht entnommen werden kann, dass der Grad der Behinderung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, also wenn der Grad der Behinderung mit weniger als 50 v.H. eingeschätzt wird, bescheidmäßig festzustellen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.04.2012, Zl. 2010/11/0173).

Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass die Zitierung des Grades der Behinderung im Spruch entfällt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung in Betracht kommt.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere aus dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, welches auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers beruht, auf alle Einwände des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Keine der Verfahrensparteien hat einen Antrag auf eine mündliche Beschwerdeverhandlung gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.