JudikaturBVwG

W217 2304384-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2024

Spruch

W217 2304384-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 12.11.2024, OB: XXXX , betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (in der Folge Beschwerdeführer) verfügt über einen bis 31.12.2024 befristet ausgestellten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 50%.

Folgende Funktionseinschränkungen wurden von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, in seinem Gutachten vom 06.11.2023 basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers festgestellt:

Die Befristung erfolgte, da nach geplanter OP und abgeschlossener Rehabilitationsphase eine Besserung von Leiden 1 zu erwarten war.

2. Der Beschwerdeführer beantragte am 19.06.2024 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) die Neufestsetzung des Grades der Behinderung.

3. Zur Überprüfung des Antrags holte die belangte Behörde erneut ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX ein.

3.1. Dieser führt in seinem Sachverständigengutachten vom 21.10.2024 basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.09.2024 im Wesentlichen Folgendes aus:

„Anamnese:

Ein SVGA aus 11/2023 liegt vor. Ein GdB 50 v. H. wurde befristet anerkannt. Herr XXXX kommt zur geplanten Nachuntersuchung.

Zwischenanamnese:

Op. einer Spinalkanalstenose L4/L5, Flavektomie L4/L5 von re., Dekompression und Undercutting nach li. am 23.01.2024 (Neurochirurgie XXXX )

Derzeitige Beschwerden:

Nach OP zwischenzeitlich gebessert, aber die letzten Wochen seien wieder der Horror gewesen. Er habe fast immer Schmerzen im Kreuz, eine Anlaufsymptomatik wird beschrieben. Schmerzen schon nach 15 Minuten arbeiten, er lege sich dann hin. Keine laufenden Therapiemaßnahmen, für Physiotherapie keine Termine bekommen. Außerdem kriege er fast keine Luft, Atemnot beim Spazierengehen, er habe vor kurzem zwei mal Corona gehabt, seither habe sich die Atemnot verschlechtert. Nächste Woche habe er einen Termin beim Lungenfacharzt.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente It. Dr. XXXX 9/2024: Candesartan, Candesartan/HCT, Carvedilol, Folsan, Nitrolingual Pumpspray bei RR 180mmHg, Rosuass, Seractil b. B., Spirobene, Tradolan bei Bedarf.

Sozialanamnese:

gelernter Zimmerer und Mauerer, zuletzt als Haustechniker tätig, derzeit AMS, um Invaliditätspension angesucht, lebt in gemeinsamem Haushalt mit Ehefrau.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

6/2023 MRT LWS: Flache rechtskonvexe Skoliose, Streckhaltung im thorakolumbalen Übergang, multisegmentale deformierende Spondylosen ab TH11. Enger knöcherner Spinalkanal ab L1. Mäßige Spondylarthrosen ab L3.

Bandscheiben, Duralsack. Nervenwurzeln. Myelon: Orthotoper Conus medullaris Kortikale und parapelvine Nierenzysten.

Flache mediane Bandscheibenprotrusion und mäßiger degenerativer Bandscheibenschaden L1/L2.

Nach kaudal sequestrierter links mediolateraler Bandscheibenvorfall L2/L3.

Degenerativer Bandscheibenschaden und größtenteils harte breitbasige Bandscheibenprotrusion L3/L4.

Degenerativer Bandscheibenschaden und breitbasige weiche Bandscheibenprotrusion L4/L5.

Degenerativer Bandscheibenschaden und kleiner medianer und links mediolateraler Bandscheibenvorfall L5/S1

1/2024 Neurochirurgie LKH XXXX : Spinalkanaistenose L4/5, Flavekiomie L4/5 von rechts, Dekompression und Undercutting nach links

4/2024 FÄ für Innere Medizin Dr. XXXX : Arterielle Hypertonie. Lungenfunktion unauffällig, Echokardiografie unauffällig, altersentsprechende Ergometrie: 175 Watt (Lf 94%), regelmäßiges körperliches Training empfohlen

5/2024 XXXX , stationäre neurologische Rehab bei resid. Radikulopathie L5 re. bei Z. n. Op. einer Spinalkanalstenose L4/L5, Flavektomie L4/L5 von re., Dekompression und Undercutting nach li. am 23.01.2024 (Neurochirurgie XXXX ) art. Hypertonus, Nierenarterienstenose mit Stent versorgt (ASS-Dauertherapie)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 181,00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig, Kopfdrehung nicht eingeschränkt

Cor: HT rein und hythmisch, normofrequent

Pulmo: VA, bds. belüftet, keine freuchten RG, Exspirium nicht verlängert, Eupnoe

OE: große Gelenke frei beweglich, Nackengriff bds. möglich, Faustschluss komplett, Händedruck kräftig, Kraft seitengleich, DMS peripher unauffällig

WS: leichtgradige Skoliose, keine Klopfdolenz, Seitneigung bds. 30°, SIG bds. frei, Narbe bland, FBA 25cm

UE: Varusstellung, große Gelenke frei beweglich und ohne akute Entzündungszeichen, Pseudolasegue bds., Kraft und MER seitengleich, DMS peripher unauffällig, keine sicheren Paresen, keine Ödeme, Integuement intakt

Einbeinstand, Fersen- und Zehenballenstand frei möglich, Romberg sicher.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Anreise mit dem eigenen PKW, Anlaufsymptomatik, danach zügiges, vollschrittiges Gangbild frei von Gehbehelfen, treppab frei und alternierend, freies Stehen sicher.

Status Psychicus:

Wach, allseits orientiert, gut kontaktfähig, Ductus zielführend, dysthym, Sprache unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der Gesamt GdB ergibt sich aus dem Leiden 1. Die restlichen Leiden führen aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz zu keiner Erhöhung.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Z.n. spont. Steinabgang li. 01/24 - keine andauernde funktionelle Relevanz

Beklagte Atemnot ohne entsprechenden lungenfachärztlichen Befund nicht einschätzbar

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Besserung von Leiden 1 nach OP einer Spinalkanalstenose 1/2024 und absolvierter stationärer Rehab, keine neurologischen Ausfälle bzw. Paresen objektivierbar, analgetische Bedarfsmedikation, weshalb das führende Leiden 1 um eine Stufe niedriger eingeschätzt wird. Die restlichen Leiden werden im Wesentlichen unverändert beurteilt.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Aufgrund oben genannter Änderung ist der Gesamt GdB aktuell um eine Stufe niedriger zu beurteilen.

X Dauerzustand

(…)“

3.2. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen.

Daraufhin langten am 25.10.2024 folgende weitere Befunde des Beschwerdeführers ein:

- Fachärztlicher Befundbericht Dr. XXXX vom 26.09.2024

- Laborbefund vom 18.10.2024

3.3 In der Folge holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin ein. Dieser führt in der Stellungnahme vom 11.11.2024 aus:

„Antwort(en):

Die beiden nachgereichten Befunde (Laborbefund 10/24: Kreatinin 1,3mg/dl, Dr. XXXX 9/24: geringgradige obstruktive Ventilationsstörung) bestätigen den bekannten und in den Leiden 2 und 4 bereits berücksichtigten Sachverhalt, weshalb sie zu keiner relevanten Änderung der Gesamteinschätzung führen. Das SVGA vom 17.9.2024 bleibt daher unverändert.“

4. Mit Bescheid vom 12.11.2024 setzte die belangte Behörde den Grad der Behinderung mit 40% neu fest. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das eingeholte Gutachten des beauftragten Sachverständigen Dr. XXXX vom 21.10.2024 und dessen Stellungnahme vom 11.11.2024, welche einen Bestandteil der Begründung des Bescheides bilden würden.

5. Fristgerecht erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.11.2024 und führte darin aus, dass sich sein Gesundheitszustand in den letzten Monaten sehr verschlechtert habe. Er verwies allgemein auf Befunde von Oktober und November 2024. Neue Befunde wurden jedoch keine vorgelegt. Weiters erklärte er, im Dezember weitere Untersuchungstermine bei Fachärzten für Neurologie, für Lungenkrankheiten und für Innere Medizin zu haben.

6. Am 16.12.2024 langte der Verwaltungsakt samt Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren, besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Beschwerdeführer stellte am 19.06.2024 bei der belangten Behörde einlangend den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung. Mit Bescheid vom 12.11.2024 setzte die belangte Behörde den Grad der Behinderung mit 40% neu fest. Mit Schreiben vom 28.11.2024 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen diesen Bescheid.

1.3. Bei dem Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, vor:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 v. H.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die getroffenen Feststellungen gründen auf dem diesbezüglich unbedenklichen Eintrag im Zentralen Melderegister und stehen überdies im Einklang mit den Angaben des Beschwerdeführers.

Zu 1.2.) Die Feststellungen gründen auf dem diesbezüglich schlüssigen Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdaktes.

Zu 1.3.) Die Feststellungen zur Höhe des Gesamtgrades der Behinderung und der Art und dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen beruhen auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 21.10.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, und dessen Stellungnahme vom 11.11.2024.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei, im Einklang mit der medizinischen Wissenschaft und den Denkgesetzen eingegangen, wobei die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde und Beweismittel im Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme umfassend Berücksichtigung gefunden haben.

Schlüssig und nachvollziehbar kam der Sachverständige in seinem Gutachten zum Schluss, dass bei dem Beschwerdeführer (nurmehr) ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. vorliegt.

Pos.Nr. 02.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl. II Nr. 261/2010 idgF lautet:

02.01 Wirbelsäule

(…)

Der medizinische Sachverständige begründet die Heranziehung der neuen Pos.Nr. 02.01.02 für das Leiden 1 („Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit mehrsegmentalen Bandscheibenschäden“) - und somit die Herabsetzung der Einschätzung von Leiden 1 - mit der erfolgten OP einer Spinalkanalstenose im Jänner 2024 und der absolvierten stationären Rehab. Es seien keine neurologischen Ausfälle bzw. Paresen objektivierbar, es bestehe lediglich eine analgetische Bedarfsmedikation.

Dies deckt sich mit seinen Aufzeichnungen zur persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.09.2024 im Rahmen der Statuserhebung (vgl. „UE: Varusstellung, große Gelenke frei beweglich und ohne akute Entzündungszeichen, Pseudolasegue bds., Kraft und MER seitengleich, DMS peripher unauffällig, keine sicheren Paresen, keine Ödeme, Integuement intakt. Einbeinstand, Fersen- und Zehenballenstand frei möglich, Romberg sicher. Gesamtmobilität - Gangbild: Anreise mit dem eigenen PKW, Anlaufsymptomatik, danach zügiges, vollschrittiges Gangbild frei von Gehbehelfen, treppab frei und alternierend, freies Stehen sicher.“).

Hierzu ist bereits im neurologischen Entlassungsbericht des XXXX vom 23.05.2024 unter „Spezifische Rehabilitationsanamnese“ vermerkt: „Patient kommt bei Z. n. lumbaler BS-Operation L4/L5 (23.01.2024, Neurochirurgie XXXX ) zur Reha. Die Beschwerden hätten sich postoperativ deutlich gebessert, seit einigen Tagen nun wieder vermehrt Kreuzschmerzen, dies besonders nach längerem Sitzen oder bei Autofahrten, dabei wäre auch der re Vorfuß taub-bamstig.“ Unter „Endstatus“ ist im Entlassungsbericht angemerkt, „Die Beweglichkeit der Wirbelsäule konnte erweitert werden. Der Fingerbodenabstand beträgt 11 cm. Das Gleichgewicht konnte verbessert werden. Der Einbeinstand mit visueller Kontrolle beträgt re 61 s li 55 s. Die Schmerzen im LWS Bereich konnten reduziert werden. (3 VAS Belastungsschmerzen) Die mit dem Patienten vereinbarten Ziele konnten teilweise erzielt werden. Empfehlungen: Weiterführung des erlernten Heimübungsprogramms“. Unter „Therapieempfehlungen“ ist in diesem Bericht angeführt, „SERACTIL forte 400 mg-Filmtabletten 1 bei WS-Schmerzen, TRADOLAN-Filmtabletten 50 mg 1 bei WS-Schmerzen“.

Die Neueinstufung von Leiden 1 unter Pos.Nr. 02.01.02 mit dem oberen Rahmensatz ist somit nicht zu beanstanden.

Die anderen Leiden wurden sämtliche gleich wie zum Vorgutachten eingestuft.

So ist im lungenfachärztlichen Befundbericht vom 26.09.2024 unter „Untersuchungsbefund“ „Vesikuläratmen beideseits, keine kardialen Dekompensationszeichen“ sowie unter „Diagnose“ „geringgr. Obstruktive Ventilationsstörung, Z. n. SARS-CoV-2-Erkrankung (COVID 2019) 03/2022 - milder Verlauf/Impfdurchbruch, Z n SARS-CoV-2-Erkrankungen (COVID 2019) 07/2024 und 08/2024 - milder Verlauf, ACE -Hemmer-Husten, Z n geringgradigem Tabakrauchen, arterielle Hypertonie“ sowie unter „Therapievorschlag“ lediglich Incruse Elipta 55µg 1-0-0 als Dauertherapie bis zur Kontrolle, vor Belastung bei Atemnot oder Husten Berodual DA bis zu 4 x 2 Hube tgl“ angeführt.

Eine Einstufung des Leidens 4 unter Pos.Nr. 06.06.01 [„Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) Leichte Form COPD I Fehlende bis leichte Behinderung der Ventilation (FEV1/FVC 50%-80%=Atemkapazität)] mit dem unteren Rahmensatz in Höhe von 10% ist sohin nicht zu beanstanden.

Die vorgelegten Beweismittel stehen hinsichtlich des klinischen Befundes nicht im Widerspruch zum Ergebnis des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigenbeweises; es wird kein anderes Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde, und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Weitere Befunde wurden keine vorgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zur Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz (BBG) ist gemäß dessen § 1 Abs 2 leg.cit. die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs. 1 BBG normiert, dass behinderte Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung:

§ 2 Abs. 1 Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit diese durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Die Behörden sind iZm der Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BEinstG verpflichtet, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (VwGH 24.06.1997, 96/08/0114).

Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung das oben dargestellte Sachverständigengutachten vom 21.10.2024 sowie die Stellungnahme vom 11.11.2024 zu Grunde gelegt, aus denen sich ein Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers von 40 v.H. ergibt.

Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Sachverständige setzte sich mit den vorgelegten Befunden auseinander.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein aktuelles Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher in sachverhaltsbezogener und rechtlich erheblicher Form die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Befundnahme und Schlussfolgerung des dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Sollte der Beschwerdeführer aus neuen Befunden, die er aufgrund der nächsten Untersuchungen erhält, einen höheren Grad der Behinderung ableiten wollen, bleibt es ihm unbenommen, jederzeit einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.