JudikaturBvwgW293 2279754-1

W293 2279754-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. April 2024

Spruch

W293 2279754-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. Monika ZWERENZ, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, Franz Josefs-Kai 5, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 11.07.2023, Zl. XXXX , betreffend Feststellung von Schwerarbeitszeiten gemäß § 15b BDG 1979:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 21.07.2022 die bescheidmäßige Feststellung seiner Schwerarbeitszeiten gemäß § 15 Abs. 3 BDG 1979.

2. Mit Schreiben vom 01.12.2022 teilte die Bundesministerin für Justiz (in der Folge: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer mit, dass die Dienstbehörde beabsichtige festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum ab dem der Vollendung des 40. Lebensjahres folgenden Monatsersten bis zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten, somit vom 01.02.2000 bis 31.07.2022, insgesamt 16 Schwerarbeitsmonate aufweise, und teilte ihm die Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens mit.

3. Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12.12.2022 Stellung und erhob Einwände gegen das ihm mitgeteilte Ermittlungsergebnis.

4. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 21.07.2023 stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 01.02.2002 bis 31.07.2022 insgesamt 16 Schwerarbeitsmonate aufweise.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

6. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt, einlangend am 16.10.2023, vor.

7. Mit Schreiben vom 16.02.2024 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig aufgrund seiner Erklärung mit Ablauf des 31.01.2024 gemäß § 236d BDG 1979 in den Ruhestand versetzt worden sei.

8. Das Bundesverwaltungsgericht teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.03.2024 mit, dass die belangte Behörde mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Erklärung mit Ablauf des 31.01.2024 gemäß § 236d BDG 1979 in den Ruhestand versetzt worden sei. Diesbezüglich führte das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0021, an, dass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts das Beschwerdeverfahren gegenstandslos zu sein scheine. Weiters wurde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen, wonach nach einer (bereits erfolgten) Ruhestandsversetzung Feststellungsbescheide betreffend das dienstrechtliche Recht, nach einer bestimmten Gesetzesbestimmung in den Ruhestand zu treten (bzw. getreten zu sein), unzulässig sei, weil eine Klärung der dann ausschließlich ruhegenussrechtlichen Folgen im Ruhegenussbemessungsverfahren erfolgen könne (vgl. VwGH 25.10.2016, Ro 2016/12/0023 mwN). Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

9. In seiner dazu ergangenen Stellungnahme vom 04.04.2024 führte der Beschwerdeführer an, dass es richtig sei, dass er mit Eingabe vom 15.04.2023 seine Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31.01.2024 erklärt habe und sich seit 01.02.2024 in Ruhestand befinde. Zu diesem Zeitpunkt sei sein Verfahren betreffend Feststellung von Schwerarbeitsmonaten bereits bei der belangten Behörde anhängig gewesen, sodass für die belangte Behörde unmissverständlich klar gewesen sei, dass er primär seine Ruhestandsversetzung gemäß §15b BDG 1979 angestrebt habe, vorausgesetzt es würden im Verfahren ausreichend Schwerarbeitsmonate im Beobachtungszeitraum festgestellt werden.

Ungeachtet dessen wirke sich die (Vor)Frage der Anzahl der festgestellten Schwerarbeitsmonate auf die Höhe seines Pensionsanspruches aus, zumal sich bei positivem Ausgang des gegenständlichen Verfahrens seine Abschläge infolge vorzeitiger Ruhestandsversetzung deutlich verringern würden. Darin sehe er das rechtliche Interesse im gegenständlichen Verfahren gelegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 21.07.2022 die bescheidmäßige Feststellung seiner Schwerarbeitszeiten gemäß § 15 Abs. 3 BDG 1979. Dafür bediente er sich eines Formularvordrucks.

Die belangte Beschwerde stellte mit Bescheid vom 21.07.2023 fest, dass der Beschwerdeführer im Beurteilungszeitraum insgesamt 16 Schwerarbeitsmonate aufweise.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erklärte mit Schreiben vom 15.04.2023, gemäß § 236d BDG 1979 (Versetzung in den Ruhestand von nach 1953 geborenen Beamtinnen und Beamten mit langer beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit) seine Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats Jänner 2024 bewirken zu wollen.

Er befindet sich seit dem 01.02.2024 in einem Ruhestandsverhältnis.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig. Insbesondere führte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 04.04.2024 selbst aus, dass er mit Eingabe vom 15.04.2023 seine Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31.01.2024 erklärt habe und sich seit 01.02.2024 in einem Ruhestandsverhältnis befinde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Einstellung des Verfahrens

1. § 15b Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979) sieht eine Ruhestandsversetzung auf Antrag bei Vorliegen einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 504 Monaten und einer entsprechenden Anzahl von Schwerarbeitsmonaten vor. Gemäß § 15b Abs. 1 BDG 1979 kann der Beamte durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, bei Vorliegen der im Gesetz normierten Voraussetzungen seine Versetzung in den Ruhestand bewirken.

Angesichts der zum Teil schwierigen Beurteilung, ob tatsächlich Schwerarbeitsmonate vorliegen, besteht nach § 15b Abs. 3 BDG 1979 die Möglichkeit einer bescheidmäßigen Feststellung der Anzahl der Schwerarbeitsmonate zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten vor (siehe dazu Cede/Julcher in Reissner/Neumayr, ZellKomm ÖffDR § 15b BDG Rz 8 [Stand 1.1.2022, rdb.at]). Von diesem Antragsrecht hinsichtlich Feststellung der vorliegenden Schwerarbeitsmonate hat der Beschwerdeführer mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag Gebrauch gemacht. Die Behörde hat in der Folge den verfahrensgegenständlichen Bescheid erlassen. Danach ist der Beschwerdeführer aufgrund seiner Erklärung mit Ablauf des 31.01.20244 gemäß § 236d BDG 1979 in den Ruhestand getreten.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist Gegenstandslosigkeit anzunehmen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern bloß einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. VwGH 31.01.2007, 2005/10/0205; 13.09.2017, Ra 2017/12/0021).

3. Nachdem sich der Beschwerdeführer bereits im Ruhestand befindet, wäre er durch die Aufhebung bzw. Abänderung des angefochtenen Bescheides betreffend die Feststellung der Anzahl der Schwerarbeitsmonate durch ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts nicht günstiger gestellt, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist, weil eine rückwirkende Versetzung in den Ruhestand nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 25.01.2017, Ro 2014/12/0033, zu einem vergleichbaren Fall eines Rechtsmittels gegen einen Bescheid betreffend Feststellung von Schwerarbeitszeiten gemäß § 15b BDG 1979; auch in diesem Verfahren war der Revisionswerber zwischenzeitig im laufenden Verfahren aus einem anderen Grund in den Ruhestand getreten).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 04.04.2024, die Frage der Anzahl der festgestellten Schwerarbeitsmonate würde sich gegenständlich auf die Höhe des Pensionsanspruches auswirken, ist Folgendes zu erwidern: Gemäß § 2 Abs. 6 DVG ist bei Personen, die aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden sind, zur Entscheidung in Dienstrechtsangelegenheiten, die aus Tatsachen herrühren, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand eingetreten sind, die Dienstbehörde berufen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand zuständig gewesen ist. In allen übrigen pensionsrechtlichen Angelegenheiten ist die Dienststelle Behörde, die über den Pensionsaufwand verfügt. Zu letzteren Angelegenheiten zählen insbesondere alle Ansprüche, die unmittelbar aus dem Pensionsgesetz abgeleitet werden, so etwa die Bemessung des Ruhebezugs (vgl. Frank in Reissner/Neumayr, ZellKomm ÖffDR § 2 DVG Rz 25 [Stand 1.1.2022, rdb.at]).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sind nach der (bereits erfolgten) Ruhestandsversetzung Feststellungsbescheide betreffend das dienstrechtliche Recht, nach einer bestimmten Gesetzesbestimmung in den Ruhestand zu treten (bzw. getreten zu sein), unzulässig, weil eine Klärung der dann ausschließlich relevanten ruhegenussrechtlichen Folgen im Ruhegenussbemessungsverfahren erfolgen kann. Ein Recht auf nachträgliche dienstrechtliche Deklarierung (Feststellung) des Rechtsgrundes der bereits erfolgten Ruhestandsversetzung besteht nicht (vgl. VwGH 25.10.2016, Ro 2016/12/0023; 14.01.2020, Ra 2018/12/0064). Für eine bislang nicht erfolgte Ruhestandsversetzung gemäß § 15b BDG 1979 bleibt somit schon deshalb kein Raum, weil es sich beim Beschwerdeführer seit 01.02.2024 nicht mehr um einen Beamten des Aktivstandes handelt und eine rückwirkende Versetzung in den Ruhestand – ebenso wie eine nachträgliche Änderung der gesetzlichen Grundlage der Versetzung in den Ruhestand – im Gesetz nicht vorgesehen ist (VwGH 09.03.2020, Ra 2019/12/0015).

4. Durch eine stattgebende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und ggf. abweichende Feststellung von Schwerarbeitsmonaten wäre somit für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen. Damit aber ist auch jegliches Rechtsschutzinteresse auf Seiten des Beschwerdeführers weggefallen. Der Beschwerdeführer ist als klaglos gestellt zu betrachten.

Die gegenständliche Beschwerde war daher als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

5. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlicher Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Im gegenständlichen Fall stand der Sachverhalt bereits aufgrund des Akteninhalts fest, weshalb diesbezüglich weder Fragen seiner Ergänzung noch Fragen der Beweiswürdigung aufgetreten sind (vgl. VwGH 28.01.2021, Ra 2020/03/0138). Es handelte sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage, sodass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Zur Frage der Gegenstandslosigkeit eines Verfahrens gemäß § 15b BDG 1979 nach Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 25.01.2017, Ro 2014/01/2017 umfassend geäußert. Auch ansonsten liegen keine Hinweise vor, aufgrund derer von einer grundsätzlichen Bedeutung der zu klärenden Rechtsfrage auszugehen wäre.

Rechtssätze
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