JudikaturBFG

RV/5100089/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
23. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache Bf, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 30. April 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 24. April 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach den Feststellungen des Finanzamtes Österreich (in der Folge: FAÖ) und den Angaben von Bf (in der Folge: Beschwerdeführerin: Bf) liegt der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz der Bf in 1,6 km (laut Bf: 1,8 km) Entfernung zur Arbeitsstätte der Bf. Die Bf beantragte aber in ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2023 die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales und eines Pendlereuros für eine Wegstrecke von 55 Km von ihrem als Hauptwohnsitz bezeichneten Wohnsitz zu ihrer Arbeitsstätte. Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung dieser Werbungskosten, weil die Bf trotz mehrerer Aufforderungen nicht nachgewiesen hätte, dass sie an diesem entfernteren Wohnsitz einen eigenen Hausstand hätte.

Das FAÖ ersuchte die Bf erstmals mit Schreiben vom 20.2.2024 um nähere Angaben hinsichtlich ihrer beantragten strittigen Werbungskosten. Die Bf übermittelte daraufhin einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner mit folgenden -hier interessierenden- Angaben: schnellste Autostrecke betrage 55 km, Benützung eines Massenbeförderungsmittel unzumutbar, die Strecke wird an 8 - 10 Tagen im Monat zurückgelegt. Weiters gab sie über FinanzOnline die Anschriften ihres 55 km entfernten Wohnsitzes, ihres Wohnsitzes am Beschäftigungsort (in 1,8 Km Entfernung von der Arbeitsstätte) und ihrer Arbeitsstätte bekannt. An 8 Tagen pro Monat würde sie die längere Wegstrecke und an 2 Tagen pro Monat die kürzere Strecke zurücklegen.

Im Einkommensteuerbescheid 2023 vom 24.4.2024 wurden weder das Pendlerpauschale noch der Pendlereuro berücksichtigt. Begründet wurde dies durch die freie (mit eigenen Worten) Wiedergabe des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. f EStG 1988 und § 4 der PendlerVO. Würden die Voraussetzungen für einen Familienwohnsitz mangels eigenen Hausstandes nicht vorliegen, sei für die Berechnung des Pendlerpauschales stets der der Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz maßgeblich. Ein eigener Hausstand liege jedenfalls nicht vor, wenn die Bf Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht Partner seien oder mit denen keine Lebensgemeinschaft bestehe, mitbewohne.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 30.4.2024 gab die Bf an, dass es unumgänglich sei, an ihren in 55 km Entfernung liegenden Hauptwohnsitz zurück zu kehren, da sie in ihrer am Arbeitsort befindlichen, rund 24 m2 großen Garconniere (als Nebenwohnsitz bezeichnet) in der Küche kein Warmwasser und keine Waschmaschine habe. Diese Wohnung diene somit nicht ihren Lebensbedürfnissen. Deshalb müsse sie mindestens 1 mal pro Woche zu ihrem Hauptwohnsitz bzw. zur Arbeitsstätte pendeln.

Das FAÖ forderte daraufhin mit Schreiben vom 13.8.2024 die Vorlage eines Planes der Garconniere, des Mietvertrages sowie Fotos an.

Dem daraufhin vorgelegten Mietvertrag und Übergabeprotokoll kann hinsichtlich der am Arbeitsort gelegenen Wohnung entnommen werden: Beginn des Mietverhältnisses 1.9.2013, Größe der Wohnung: 23,64 m2 bestehend aus Zimmer, Küche (laut Plan und Foto eher eine abgeschlossene Kochnische), Vorraum, Bad (mit Duschkabine) und WC getrennt, Zentral-Heizung und Warmwasser: Fernwärme.

Das FAÖ wies die Beschwerde am 16.9.2024 mit einer Beschwerdevorentscheidung (BVE) als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen mit dem Nichtvorliegen einer eigenen Wohnung am behaupteten Hauptwohnsitz. Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger könne einen anzuerkennenden Familienwohnsitz haben. Dies setzte aber voraus, (sinngemäß) dass dort neben den engsten persönlichen Beziehungen ein eigener Hausstand bestehe.

Im Vorlageantrag vom 8.10.2024 gab die Bf ergänzend an, dass es sich bei ihrem Hauptwohnsitz um ein Haus handle, in dem sie mit ihrer Familie wohne. Es handle sich somit nicht um bloße Elternbesuche. Der Nebenwohnsitz sei nur infolge der beruflichen Notwendigkeit begründet worden. Mittwochs arbeite sie nur bis 13 Uhr und kehre daher regelmäßig neben den Wochenenden auch immer am Mittwoch zu ihrem Hauptwohnsitz zurück. Am Hauptwohnsitz befinde sich auch infolge ihres sozialen Umfeldes, ihrer Freizeitaktivitäten und ihres Familienlebens der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen.

Das FAÖ forderte die Bf letztmals mit einem Schreiben vom 11.10.2024 auf, anhand von Plänen und Fotos nachzuweisen, dass sie an ihrem (55 km entfrenten) Hauptwohnsitz eine eigene Wohnung (eigenes Bad und WC, eigene Küche, eigener Wohn- und Schlafbereich) selb- und eigenständig bewohne und dafür zumindest die Betriebskosten trage. Dieser eigene Hausstand sei nach § 4 Abs. 2 PendlerVO Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales.

Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Im Vorlagebericht vom 22.1.2025, der auch der Bf zugestellt wurde, stellte das FAÖ das verwaltungsbehördliche Verfahren sowie die gesetzlichen Grundlagen des Standpunktes des FAÖ dar. Abschließend beantragte das FAÖ die Abweisung der Beschwerde, da die Bf nicht nachgewiesen habe, dass sie im Haus ihrer Eltern über einen eigenen Hausstand verfüge und somit das Pendlerpauschale nur vom nächstgelegenen Wohnsitz in der Nähe des Arbeitsortes berücksichtigt werden könnte.

Nach den zuletzt abgefragten ZMR Daten ist die Bf seit ihrer Geburt im Jahr 1995 am elterlichen Wohnsitz zum Hauptwohnsitz und seit 4.9.2013 in ihrer Wohnung am Beschäftigungsort zum Nebenwohnsitz angemeldet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf hat in einer Entfernung unter 2 km von ihrer Arbeitsstätte eine vollständige Wohnung, die sie im Beschwerdejahr 2023 auch seit fast 10 Jahren bewohnte (Mietvertrag vom 1.9.2013, zum Nebenwohnsitz gemeldet seit 4.9.2013) und als "Nebenwohnsitz" bezeichnet. Nach dem Mietvertrag gibt es in dieser Wohnung auch eine Zentralheizung und Warmwasser, beides mit Fernwärme betrieben. Sollte es in der Küche tatsächlich an einem Boiler oder ähnlichem mangeln und auch eine Waschmaschine fehlen, wurden keine Gründe vorgebracht, die gegen eine Anschaffung einer derartigen Grundausstattung sprechen würden. Die Wohnung entspricht mit ihren fast 24 m2 und der Einrichtung nach den übermittelten Bildern zwar nur einem Mindeststandard, stellt aber doch eine vollständige Wohnung dar, in dem die Bf einen eigenen Hausstand gründete. Zumindest stellt diese Wohnung einen Wohnsitz dar, wenn er auch von der Bf nur als "Nebenwohnsitz" bezeichnet wird.

Ob dieser zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz den Lebensbedürfnissen der Bf entspricht, kann der Aktenlage nicht abschließend entnommen werden, ist aber nach den rechtlichen Grundlagen für diese Entscheidung hinsichtlich des Wohnsitzes am Arbeitsort ohne Bedeutung. Einerseits betont die Bf zwar, dass dies nicht der Fall sei, andererseits wohnt die Bf seit September 2013 zumindest an 4 Tagen der Woche in dieser Wohnung.Es ist auch nach den glaubwürdigen Angaben der Bf davon auszugehen, dass sie immer mittwochs und an den Wochenenden zu ihrem elterlichen Wohnsitz in 55 km Entfernung fährt, an dem sie auch mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Ebenso ist glaubwürdig, dass sie dort aufgrund ihrer sozialen Kontakte den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse hat. Nach allen Angaben der Bf in ihren Eingaben war sie im fraglichen Zeitraum alleinstehend. Der Bf kann auch durchaus gefolgt werden, wenn sie diesen Wohnsitz bei den Eltern als ihren "Hauptwohnsitz" bezeichnet.

Es ist aber auch und entscheidend davon auszugehen, dass die Bf dort keine eigene Wohnung hat, deren Einrichtung ihren -für diesen Wohnsitz geforderten (siehe § 4 PendlerVO unten)- Lebensbedürfnissen entspricht. Vielmehr geht der Richter davon aus, dass die Bf dort Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes mit ihren Eltern mitbewohnte.

2. Beweiswürdigung

Hinsichtlich der letztlich entscheidenden Frage des Bestehens eines eigenen Hausstandes im elterlichen Haus versuchte die Bf nicht einmal einen derartigen Bestand glaubhaft zu machen. Trotz mehrmaliger Mitteilung, dass eine eigene Wohnung gesetzliche Voraussetzung für die Anerkennung als maßgeblicher Familienwohnsitz wäre, unterließ es die Bf die angeforderten Fotos, Pläne und Nachweise einer Kostentragung vorzulegen. Das Bestehen einer eigenen Wohnung im elterlichen Haus wurde nicht einmal behauptet, sodass der Richter davon ausgehen muss, dass die Bf an Wochenenden und mittwochs lediglich eigene Räumlichkeiten, die keine selbständige Wohnung darstellen, im Haus der Eltern bewohnte.

Die weiteren Sachverhaltsfeststellungen beruhen weitgehend auf den Angaben der Bf in deren Eingaben und den dazu vorgelegten Unterlagen. Diesbezüglich wird auf die Darstellung des verwaltungsbehördlichen Verfahrens verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Grundsätzlich zur Nachweispflicht der Bf

Nach VwGH 22.12.2011, 2008/15/0164, sind Werbungskosten grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen.

Unter Verweis auf die angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung führt Ritz ( Ritz, BAO6 § 138 Tz 1) aus, dass hinsichtlich der Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde, § 138 Abs 1 BAO der Partei eine Pflicht zur Offenlegung und Mitwirkung auferlegt. Dies betrifft vor allem Tatsachen, bei deren Beweisbarkeit der Abgabepflichtige vorsorglich wirken kann (VwGH 12.6.1990, 89/14/0173).

Es ist Sache der Bf, der Abgabenbehörde zumindest glaubhaft zu machen bzw. nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales bzw. des Pendlereuros gegeben sind.

Pendlerpauschale und Pendlereuro

Dazu kann weitgehend auf Ausführungen des BFG im -einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden- Erkenntnis vom 06.03.2023, RV/7101809/2022, zurückgegriffen werden.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 erster und zweiter Satz EStG 1988 auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

"6. ...

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

...

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:

Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:

Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu

Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.

f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.

Anm. d. Ri.: Was in diesem Zusammenhang unter dem "Familienwohnsitz" auch bei Alleinstehenden zu verstehen ist, ergibt sich aus § 4 PendlerVO (siehe gleich unten).

……………

j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen."

Zufolge § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 stehen bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

§ 16 Abs 1 Z 6 lit f EStG 1988 sieht bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze für die Berechnung des Pendlerpauschales vor, dass nur ein Wohnsitz maßgeblich ist und zwar entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz.

Im Kalendermonat kann der Berechnung des Pendlerpauschales daher nur ein Wohnsitz zugrunde gelegt werden (vgl. Z 6 lit e letzter Satz leg. cit.).

Die in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. j EStG 1988 normierte Verordnungsermächtigung zur Festlegung der Kriterien betreffend die Ermittlung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels wurde mit BGBl. I Nr. 53/2013 eingeführt und hat aufgrund dieser Ermächtigung der Bundesminister für Finanzen die Verordnung über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung) erlassen (vgl. VwGH 16.11.2021, Ra 2020/15/0090).

§ 4 Pendlerverordnung BGBl II 276/2013 idF BGBl II 324/2019 (PendlerVO) lautet:

" (1) Ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f EstG 1988 und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) liegt dort, wo

1. ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder

2. ein alleinstehender Steuerpflichtiger

seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat.

(2) Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt."

Den Gesetzesmaterialien zufolge ist für das Wahlrecht Voraussetzung, dass ein Familienwohnsitz iSd § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 vorliegt (Mittelpunkt der Lebensinteressen mit eigenem Hausstand). Ist das nicht der Fall, ist stets der der Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz für das Pendlerpauschale maßgeblich. Das Pendlerpauschale steht bei Ausübung des Wahlrechtes nur einmal zu (vgl. FAB 2177 BlgNR 24. GP 2).

Dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 PendlerVO zufolge haben erwachsene Kinder, die (neben einem anderen Wohnsitz) ein Zimmer im Haus der Eltern / Großeltern dauerhaft bewohnen somit im Wohnungsverband der Eltern / der Großeltern keinen Familienwohnsitz (vgl. Zorn, a.a.O. Rz 118 dritter Absatz).

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist genau jener Tatbestand des § 4 Abs. 2 PendlerVO erfüllt, der das Vorliegen eines eigenen Hausstandes jedenfalls ausschließt: "Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt."

Hat die Bf zwar die engsten persönlichen Beziehungen am elterlichen Wohnsitz, dort aber keinen eigenen Hausstand bzw. "Familienwohnsitz" iSd § 16 EStG 1988, muss die Berechnung des Pendlerpauschales gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. f EStG 1988 anhand dem zur Arbeitsstätte nächstgelegenen Wohnsitz erfolgen. ("Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.")

Im gegenständlichen Fall bewohnte die Bf eine Wohnung in einer Entfernung von unter 2 km von ihrem Arbeitsort. Da die Bf an ihrem als Hauptwohnsitz bezeichneten Wohnsitz über keinen Hausstand (§ Abs. 2 PendlerVO) und damit über keinen Familienwohnsitz (§ 4 Abs. 1 Z 2 PendlerVO) gem. § 4 PendlerVO verfügte, erübrigen sich Erwägungen dahingehend, ob und wie oft die Bf die Strecke vom Haus der Eltern zum Arbeitsort tatsächlich gefahren ist bzw., ob die Nutzung eines Massenverkehrsmittels zumutbar wäre oder nicht.

Da selbst bei Unzumutbarkeit der Benützung eines Verkehrsmittels für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales eine Mindestentfernung des Wohnsitzes vom Arbeitsort von 2 km gefordert (hier aber nicht erreicht) wird, steht keinesfalls ein Pendlerpauschale und somit nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 auch kein Pendlereuro zu.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Kann ein eigener Hausstand nicht zumindest glaubhaft gemacht werden, ergibt sich die Rechtsfolge eindeutig aus dem Wortlaut des § 16 EStG 1988 und der dazu ergangenen Pendlerverordnung, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen ist. Zudem handelt es sich bei der Beurteilung, ob ein Familienwohnsitz iSd. PendlerVO vorliegt nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine Frage die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beantworten war. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Linz, am 23. April 2025