JudikaturBFG

RV/4100134/2022 – BFG Entscheidung

Entscheidung
10. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. P.H in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 20. März 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 8. März 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin beantragte über FinanzOnline die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021. In der elektronisch eingereichten Erklärung machte die Beschwerdeführerin das Pendlerpauschale in Höhe von Euro 2.568,00, den Pendlereuro, den Alleinverdienerabsetzbetrag für ein Kind in Höhe Euro 494,00, den ganzen Familienbonus Plus für ihren Sohn A (Sozialversicherungsnummer ***1***) und den halben Familienbonus Plus für ihre Tochter B. (Sozialversicherungsnummer ***2***) geltend.

Das Finanzamt ersuchte um Übermittlung eines Auszuges aus dem Pendlerrechner. Mit schriftlicher Eingabe vom 5.3.2022 übermittelte die Beschwerdeführerin die Bestätigung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber bestätigt ihre Anstellung vom 01.01. bis 31.12.2021.

Einkommensteuerbescheid vom 8. März 2020:

Das Finanzamt berücksichtigte das-Pendlerpauschale in Höhe von Euro 2.568,00;-Pendlereuro in Höhe von Euro 114,00;-den Familienbonus Plus in Höhe von Euro 877,54;-den Verkehrsabsetzbetrag in Höhe von Euro 1.050,00.

Zum Familienbonus Plus führte das Finanzamt aus, dass dieser für die Tochter lediglich für den Zeitraum September bis Dezember 2021 berücksichtigt werden konnte. In dieser Zeit habe die Beschwerdeführerin für die Tochter Familienbeihilfe bezogen.

Für den Sohn stehe der Familienbonus Plus lediglich zur Hälfte zu, weil die andere Hälfte des Familienbonus vom Unterhaltszahler beantragt worden sei. Der Alleinverdienerabsetzbetrag stehe nicht zu.

Beschwerde vom 20. März 2022:

In der Beschwerde wendete die Beschwerdeführerin ein, dass ihre beiden Kinder zu Unrecht im Einkommensteuerbescheid nicht berücksichtigt worden wären. Beantragt wurde nunmehr der Alleinerzieherabsetzbetrag anstelle des Alleinverdienerabsetzbetrages.

Beschwerdevorentscheidung vom 4. April 2022:

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.04.2022 die Beschwerde als unbegründet ab. Das Finanzamt stellte fest, dass die Beschwerdeführerin seit 2020 in einer Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner zusammenlebe. Wer mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Lebensgemeinschaft lebe, ist kein Alleinerzieher. Daher stehe auch der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zu.

Zum Familienbonus Plus führte das Finanzamt aus, dass dieser für den Sohn lediglich zur Hälfte berücksichtigt werden kann, weil der Familienbonus auch vom Unterhaltszahler beantragt worden ist. Der Familienbonus sei bereits im Erstbescheid berücksichtigt worden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Ausgehend vom Inhalt des Verwaltungsaktes wird der Entscheidung folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.in) wohnte im Jahr 2021 mit ihrem Lebensgefährten und ihren beiden Kindern im gemeinsamen Haushalt. Sie bezog für ihren Sohn ganzjährig Familienbeihilfe. Für die Tochter bezog sie im Zeitraum September bis Dezember 2021 Familienbeihilfe. Die Tochter zog im August 2021 zu ihr in den gemeinsamen Haushalt.

Die Bf.in war im Jahr 2021 in Österreich beschäftigt und erzielte Einkünfte aus nicht selbständiger Erwerbstätigkeit. Sie ist gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt leitet sich aus dem Verwaltungsakt ab. Die Entscheidung gründet sich auf dem Beschwerdevorbringen.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse geht das BFG im Rahmen der freien Beweiswürdigung von den dargestellten Sachverhaltsfeststellungen aus.

3. Rechtliche Beurteilung

Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin der Alleinverdienerabsetzbetrag oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht.

Die Einkommensteuer beträgt gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 jährlich-für die ersten 11 000 Euro 0%-für Einkommensteile über 11 000 Euro bis 18 000 Euro 20%,-für Einkommensteile über 18 000 Euro bis 31 000 Euro 35%,

Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind gemäß § 33 Abs. 2 EStG 1988 Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

Familienbonus Plus

§ 33 (3a) EStG 1988 lautet wie folgt:

Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:1. Der Familienbonus Plus beträgta) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

2. Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:a) Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab 1. Jänner 2019 auf Basis der zum Stichtag 1. Juni 2018 zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.b) Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen.

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:-Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder-beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:-Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder-beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

Kinder, (Ehe)Partnerschaften:

§ 106 EStG 1988 lautet:

Kinder, (Ehe)Partnerschaften§ 106. (1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.(3) (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.(4) Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 sind die Abs. 1 bis 3 sinngemäß anzuwenden.

Alleinverdienerabsetzbetrag:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 steht - wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält - Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro. …

§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr gültigen Fassung normiert:

Einem Alleinverdiener steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich - bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) € 494,00. ... Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. ... Voraussetzung ist, dass der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens € 6.000,00 jährlich, sonst Einkünfte von höchstens € 2.200,00 jährlich erzielt.

Alleinerzieherabsetzbetrag:

§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 lautet:Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlichbei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht.

Im vorliegenden Sachverhalt hat die Bf.in im Jahr 2021 mit einem Partner an derselben Wohnadresse im gemeinsamen Haushalt gewohnt. Beide waren im Jahr 2021 an derselben Adresse gemeldet. Das Finanzamt stellte zum Lebensgefährten fest, dass dieser ein Einkommen in Höhe von mehr als 6.000,00 Euro erzielt hat. Damit ist aber die in der vorangeführten Gesetzesstelle angeführte Einkommensgrenze überschritten, sodass der Bf.in kein AVAB gebührt.

Die Beschwerdeführerin lebte im Jahr 2021 mit ihrem Partner in einer Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt. Damit steht auch fest, dass die Vorrausetzung für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages, nämlich dass die Bf.in mehr als sechs Monate allein mit einem oder zwei Kindern im Haushalt gelebt hat, nicht erfüllt ist. Der Alleinerzieherabsetzbetrag steht daher nicht zu (BFG vom 14.03.2022, RV/5100002/2022).

Klarzustellen ist, dass durch den Alleinerzieherabsetzbetrag nicht etwa die Unterhaltsbelastung durch das Kind, sondern die besondere Belastung berücksichtigt wird, der allein stehende Personen mit Kindern ausgesetzt sind (Doralt, EStG6, § 33 Tz. 35).

Die Beschwerde war aus vorstehenden Gründen als unbegründet abzuweisen.Damit war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Sachverhalt liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, sodass die Revision nicht zulässig ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am 10. Juni 2025