IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Englert Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Hegelgasse 17 Tür 14, 1010 Wien, über die Beschwerde vom 24. März 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 19. Februar 2025 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe, St.Nr. ***BF1StNr2***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Zwangsstrafe mit EUR 600,00 festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Bf. war steuerlich vertreten und mit der Einbringung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 säumig, da diese Abgabenerklärungen nicht innerhalb der mit BMF-Erlass vom 16.04.2024, Zl. 2024-0.291.617, aufgrund der COVID19-Pandemie erstreckten Frist bis 30. Juni 2024 eingereicht wurden.
Für die Bf. war die Englert Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH als Quotenvertreterin im System der Finanzverwaltung hinterlegt. Die Abgabenerklärungen 2022 waren daher nicht bis 30. April 2024, sondern erst mit 30. Juni 2024 einzureichen gewesen.
Wegen Nichteinreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 wurde der Bf. mit Bescheid vom 18. Dezember 2024 die Festsetzung einer Zwangsstrafe iHv EUR 1.000,00 angedroht und für die Einreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 eine Nachfrist bis 27. Jänner 2025 gesetzt worden.
1. Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom 19. Februar 2025:
Mit Bescheid betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom 19. Februar 2025 wurde wegen Nichteinreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 eine Zwangsstrafe im Gesamtbetrag von EUR 1.000,00 wie folgt festgesetzt:
Jahr: | Bezeichnung: | abgelaufene Frist: | Strafe: |
2022 | Körperschaftsteuererklärung | 27.01.2025 | 500,00 |
2022 | Umsatzsteuererklärung | 27.01.2025 | 500,00 |
SUMME: | 1.000,00 |
Begründend wurde ausgeführt, die Festsetzung der Zwangsstrafe sei erforderlich, die die Bf. die vorgenannten Abgabenerklärungen nicht bis zur in der Tabelle angeführten Frist eingereicht habe.
2. Beschwerde vom 4. März 2025:
Mit Eingabe vom 4. März 2025 erhob die Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte eine Stornierung der festgesetzten Zwangsstrafe iHv EUR 1.000,00 für die Abgabenerklärungen 2022.
Begründend wurde ausgeführt, aufgrund der Verkettung vieler besonderer Umstände sei es aus wichtigen Gründen zur Verzögerung bei der Einreichung der Abgabenerklärungen 2022 gekommen.
Zunächst sei es aufgrund der Auswirkungen der COVID19-Pandemie nicht sofort möglich gewesen, die Erklärungen 2022 zu bearbeiten, da (der steuerliche Vertreter) durch die gesetzlichen Auswirkungen der COVID19-Pandemie für die Klienten mit sehr vielen Zusatzaufgaben belastet gewesen sei, die mindestens so umfangreich gewesen seien, wie für jeden Klienten ein zusätzlicher Jahresabschluss habe erstellt werden müssen. So habe sich bei der Einreichung von Abgabenerklärungen ein Rückstand von 1 Jahr aufgebaut.
Durch die neue von der Abgabenbehörde ebenfalls streng eingeforderte gesetzliche Quotenregelung für Parteienvertreter sei der steuerliche Vertreter zuletzt gezwungen gewesen, zum Arbeitsrückstand aus den Erklärungen 2022 gleichzeitig auch schon einen überwiegenden Anteil an Abgabenerklärungen 2023 einzureichen, um aus der Quotenregelung nicht heraus zu fallen, was für viele Klienten ein erheblicher Nachteil gewesen wäre.
Dazu habe der steuerliche Vertreter im selben Zeitraum eine sehr umfangreiche Umstellung auf eine neue Buchhaltungssoftware gehabt. Da der steuerliche Vertreter nur die dieselbe Buchhaltungssoftware nutze wie die Bf., sei es naheliegend gewesen, die Daten der Bf. beim steuerlichen Vertreter zu importieren und inkl. Bilanzumbuchungen an die Bf. wieder zurück zu spielen, um der Bf. Erleichterungen zu ermöglichen. Durch unterschiedliche Systemeinstellungen haben sich in beiden Systemen ungeplante, technische Schwierigkeiten ergeben, für die der steuerliche Vertreter entsprechend lange Zeit benötigt habe, um diese zu lösen. Es sei aber notwendig gewesen, die Probleme bei den technischen Einstellungen zu bewältigen, um die Buchhaltungsdatei künftig problemlos übermitteln zu können.
Während dieser ganzen Zeit habe der steuerliche Vertreter ständig um zusätzliche Mitarbeiter geworben, um allen Fristen besser gerecht zu werden. Aufgrund der erforderlichen Einschulung seien neue Mitarbeiter nicht sofort entlastend einsatzfähig, sondern haben die zeitlichen Kapazitäten des steuerlichen Vertreters durch Einschulungszeiten zusätzlich stark belastet.
Es werde daher ersucht, zu berücksichtigen, dass Bf. sowie den steuerlichen Vertreter an der Verzögerung kein grobes Verschulden treffe. Der steuerliche Vertreter sei durch eingereichte Fristverlängerungsanträge stets bemüht gewesen, innerhalb offener Einreichfrist zu bleiben, was sehr aufwendig und auch sehr schwierig gewesen sei, weil mit Frist "unverzüglich" versehene Abweisungen auf dem Postweg zurückgekommen seien. Was heiße jedoch unverzüglich? Im Lexikon finde man unter den Definitionen des Begriffes "unverzüglich":
"Wenn eine Rechtshandlung "unverzüglich" vorzunehmen ist, muss sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Dies bedeutet nicht sofort, aber innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden - meist kurzen - Prüfungs- und Überlegungsfrist, Obergrenze ist idR eine Frist von 2 Wochen, eine Reaktion sollte aber schnellstmöglich erfolgen."
Unverzüglich sei demnach nicht sofort und der steuerliche Vertreter habe stets innerhalb angemessener Frist ein neues Fristverlängerungsansuchen eingereicht.
Der steuerliche Vertreter sei um ehestmögliche Fertigstellung und Einreichung der Abgabenerklärungen innerhalb offener Frist stets bemüht gewesen und habe diese zwischenzeitig am 21. Februar 2025 bereits eingereicht. Die gleichzeitige volle Erfüllung der Quotenfristen der Abgabenerklärungen 2023 zeige auch, dass der steuerliche Vertreter Abgabenfristen sehr ernst und wichtig nehme und zu jederzeit die raschest mögliche und fristgerechte Einhaltung angestrebt habe.
Es werde daher ersucht, die zuvor erläuterten besonderen Umstände und das stete Bemühen um Einhaltung der Abgabenfristen mildernd zu berücksichtigen und die Zwangsstrafe in Höhe von EUR 1.000,00 zu stornieren.
3. Beschwerdevorentscheidung vom 17. März 2025:
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17. März 2025 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe iHv EUR 1.000,00 als unbegründet abgewiesen und diese Abweisung wie folgt begründet:
Gemäß § 134 Abs. 1 BAO seien die Abgabenerklärungen bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen seien bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt.
Gemäß § 111 BAO dürfen Zwangsstrafen nur zur Erzwingung auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden. Darunter falle die Einreichung von Abgabenerklärungen (vgl. VwGH 28.10.1998, Zl. 98/14/0091; 20.3.2007, Zl. 2007/17/0063, 0064; 24.5.2007, Zl. 2006/15/0366; BFG 29.1.2019, GZ. RV/5101623/2018; 6.9.2019, Zl. RV/5100011/2017; 31.3.2020, Zl. RV/7101757/2014).
Die Androhung der Zwangsstrafe sei am 18.12.2024 an die Bf. unter Setzung einer Frist bis 27. Jänner 2025, zugestellt worden. Da die Bf. trotz Androhung einer Zwangsstrafe unter Setzung einer Nachfrist bis 27.01.2025 samt Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 500 Euro je fehlender Abgabenerklärung die zu erzwingende Handlung binnen dieser Frist nicht gehörig erstattet habe, sei die Festsetzung einer Zwangsstrafe dem Grunde nach rechtmäßig.
Ermessen: Da die Bf. ausreichend Zeit gehabt habe, die zu erzwingende Handlung nachzuholen, erscheine die Festsetzung der Zwangsstrafe auch nicht unbillig zumal die Bf. nach Festsetzung der Zwangsstrafe die zu erzwingende Handlung vorgenommen habe.
Im gegenständlichen Sachverhalt sei ferner zu berücksichtigen, dass die Bf. die zu erzwingende Handlung bereits vornehmen hätte müssen. Aufgrund der Verpflichtung zur Abgabe von Abgabenerklärungen in der Vergangenheit sei die Bf. auch nicht erstmalig damit konfrontiert gewesen.
Die Verhängung der Zwangsstrafe iHv EUR 500,00 (10% des möglichen Höchstbetrages) je nicht fristgerecht eingebrachter Abgabenerklärung stelle daher keine Ermessensüberschreitung dar.
4. Vorlageantrag vom 16. April 2024:
Mit Eingabe vom 16. April 2024 beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Wiederholt werde darauf verwiesen, aufgrund der Verkettung vieler besonderer und somit nicht üblicher, ungewöhnlicher Umstände sei es aus wichtigen Gründen zur Verzögerung bei der Einreichung der Abgabenerklärungen 2022 gekommen.
Zunächst sei es aufgrund der Auswirkungen der COVID19-Pandemie nicht sofort möglich gewesen, die Erklärungen 2022 zu bearbeiten, da durch gesetzlichen Auswirkungen der COVID19-Pandemie sehr viele unübliche Zusatzaufgaben zu bewältigen gewesen seien, die mindestens so umfangreich wie die Erstellung eines zusätzlichen Jahresabschlusses für jeden Klienten gewesen seien. Damit habe sich ein Rückstand bei der Einreichung der Abgabenerklärungen von ca. 1 Jahr aufgebaut.
Das Jahr 2022 sei noch ein Jahr gewesen, in dem die COVID19 Pandemie noch andauerte und das im Jahr 2023 zahlreiche Prüfungen von Förderungsanträgen zur Folge hatte, die zu den normalen Agenden der Kanzlei des steuerlichen Vertreters einen erheblichen Zusatzaufwand bedeuteten und die Mitarbeiterinnen des steuerlichen Vertreters aus der Bilanzierung sehr blockiert haben. Der steuerliche Vertreter habe sich im Jahre 2023 noch nicht mit voller Aufmerksamkeit der Aufarbeitung des sich während der COVID19-Pandemie angestauten Arbeitsrückstandes betreffend Erstellung der Erklärungen seit 2020 widmen können und sei daher unverschuldet in den Fristenverzug geraten.
Der steuerliche Vertreter nehme die Einhaltung der Fristen der Abgabenbehörde sehr ernst und habe sich nachweislich bemüht, sich mit Fristverlängerungsanträgen und der durchgehenden Suche von Personal immer innerhalb offener Fristen zu befinden, um den erhöhten Arbeitsaufwand innerhalb offener Fristen zu bewältigen. Es sei dabei oft sehr mühsam gewesen, innerhalb der offenen Fristen zu bleiben, da "unverzügliche" Fristabweisungen oft auf dem Postweg gekommen seien, wo schon einige Tage bis zum Einlangen bei uns verstrichen gewesen seien. Dadurch sei der steuerliche Vertreter gezwungen gewesen, seine Prioritäten, welche Erklärungen aus 2022 zuerst erstellt werden müssen, täglich neu zu bestimmen.
Seitens des steuerlichen Vertreters werde betont, dass seine Kanzlei mit dem Problem des Arbeitsrückstaus aus der COVID19-Pandemie und neuen Förderungsanträgen aufgrund der Energiekrise auch noch in den Jahren danach nicht alleine dastehe. Aus Rücksprachen mit Kollegen aus der Branche und auch durch das Feedback von Referenten des Finanzamtes wisse der steuerliche Vertreter, dass es anderen Kollegen ganz gleich gehe und die COVID19 Pandemie auch beim Finanzamt selbst einen Arbeitsrückstau verursacht habe.
So in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt werde, dass die Erklärungen 2022 bei elektronischer Einreichung mit Ende Juni des Folgejahres einzureichen seien, sei dies im Falle der Bf. aus zwei Gründen nicht richtig:
Die Bf. werde steuerlich vertreten und daher würden die Fristen für Parteienvertreter gelten. Bei dem Jahr 2022 habe es sich noch um ein Jahr der COVID19-Pandemie gehandelt, wo sehr lange verlängerte Sonderfristen gegolten haben. Die Erklärungen 2022 seien daher erst zum 31. Juli 2024 aufgrund der Sonderfristen zur Einreichung fällig gewesen. Ab Fälligkeit habe die Bf. regelmäßig Anträge auf Fristverlängerung gestellt, da aus den hier geschilderten, vorliegenden besonderen Umständen die Einreichung noch nicht möglich gewesen sei.
Es sei dem steuerlichen Vertreter seitens des Finanzamtes empfohlen worden, Klienten zu kündigen, wenn er die Einreichung der Steuererklärungen nicht schaffe. Dies habe der steuerliche Vertreter im Hinblick auf ein über viele Jahre andauerndes Vertrauensverhältnis als anmaßend empfunden, da der Rückstand innerhalb von 2 Jahren aufholbar erschienen sei. Wer sollte den all die gekündigten Klienten betreuen, wenn doch viele Kanzleien in derselben Situation seien?
Dass nicht nur der steuerliche Vertreter der Bf., sondern viele in dieser Branche von der rigorosen Vorgehensweise betreffend Fristen für die Erklärungen 2022 betroffen seien, zeige auch, dass selbst die Interessensvertretungen mit diesem Problem an das BMF herangetreten seien. Interessensvertretungen würden nicht einschreiten, wenn nur wenige Ausnahmen betroffen seien.
Im Hinblick auf die langjährige Zusammenarbeit mit Klienten wäre es unangemessen gewesen, aufgrund eines behördlich verursachten kurzfristigen Engpasses, nicht abgeschlossene Vorarbeiten an jemand anderen auszulagern. Bevor im Jahre 2024 die neue Quotenregelung für Parteienvertreter bekannt geworden sei, wäre es unmöglich gewesen, bis Ende 2024 mit den Steuererklärungen wieder à jour zu sein.
Gleichzeitig mit der Aufarbeitung des unverschuldet entstandenen Arbeitsrückstaus aus der COVID19-Pandemie sei von Seiten der Finanzverwaltung jedoch abweichend von der Vorgehensweise der Vergangenheit eine neue Fristenregelung für Parteienvertreter geschaffen worden, die den steuerlichen Vertretern abverlangt habe, zusätzlich zur Bewältigung des Arbeitsrückstaus aus dem Jahr 2022 bereits gleichzeitig alle Erklärungen 2023 zu erstellen und einzureichen.
Der steuerliche Vertreter der Bf. habe diese Aufgabe sehr ernst genommen und alles daran gesetzt, dies zu schaffen. Der steuerliche Vertreter könne erfolgreich vorweisen, dass er die für Februar 2025 vorgesehene Quote für Parteienvertreter erfolgreich erfüllt habe. Aus dem Jahr 2023 seien nur noch jene Erklärungen offen, die von Vorarbeiten abhängen und daher noch nicht abgeschlossen werden konnten. Bei all diesem Bemühen seien naturgemäß auch noch wenige Erklärungen aus 2022 offen geblieben. Darunter leider auch die der Bf., welche aber zwischenzeitig am 10. März 2025 innerhalb offener Frist fertiggestellt und eingereicht worden sei.
Es werde abermals darauf verwiesen: Durch die neue von der Abgabenbehörde ebenfalls streng eingeforderte Quotenregelung für Parteienvertreter sei der steuerliche Vertreter zuletzt gezwungen gewesen, zusätzlich zum Arbeitsrückstand betreffend Erklärungen 2022 gleichzeitig auch schon einen überwiegenden Anteil der Erklärungen 2023 einzureichen, um nicht aus der Quotenregelung herauszufallen, was für viele Klienten ein erheblicher Nachteil gewesen wäre.
Der steuerliche Vertreter habe es weitgehend geschafft, die Fristen für beide Jahre gleichzeitig zu bewältigen und seinen Rückstand bestmöglich aufzuholen, sodass er in guter Voraussicht sagen könne, dass er ab Sommer 2025 wieder einen geregelten Fristenablauf haben werde. Dies zeige, dass der steuerliche Vertreter gesetzte Fristen sehr ernst nehme und diese Fristen nicht habe unnütz verstreichen lassen.
Darüber hinaus haben in diverser Judikatur die Gerichte bei ihren Entscheidungen das Bemühen um fristgerechtes Verhalten wohlwollend berücksichtigt. Dazu werde UFS-Wien vom 18.1.2020, GZ. RV/2835-W/09 zitiert:
"im Falle der Nichteinreichung von Steuererklärungen sind u.a. das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, die Höhe der allfälligen Steuernachforderung und der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen …"
oder BFG vom 29.1.2019, GZ. RV/5101623/2018:
"… Dabei sind folgende Umstände zu berücksichtigen: a. Von Bedeutung ist das bisherige Verhalten der Partei bei Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen …"
Seitens der Bf. werde ersucht, nochmals mildernd zu berücksichtigen, dass der steuerliche Vertreter der Bf. trotz der Widrigkeiten um die einerseits unverschuldet entstandene Fristensituation stets bemüht gewesen sei, mit entsprechenden Fristverlängerungsanträgen jedenfalls innerhalb offener Frist zu bleiben und dass sie alles unternommen habe, um diese unverschuldete kurzfristige Situation raschest zu bewältigen.
Mildernd sei auch zu berücksichtigen, dass die Bf. in den letzten Jahren Abgabefristen immer eingehalten habe. Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnabgaben seien fristgerecht gemeldet und bezahlt worden. Es sei daher in den letzten Jahren daher nicht zur Festsetzung von Säumnis- oder Verspätungszuschlägen gekommen.
Die zunehmende Digitalisierung - auch bei der Behörde - habe dem steuerlichen Vertreter abverlangt, seine Software zu modernisieren, um den neuen Anforderungen besser gerecht werden zu können. Dies musste der steuerliche Vertreter zu der zuvor bereits geschilderten Fristensituation leider zusätzlich bewältigen. Daher hatte der steuerliche Vertreter im selben Zeitraum eine sehr umfangreiche, aber leider erforderliche, Umstellung auf eine neue Buchhaltungssoftware, die jedoch viel Zeit für technische Einstellungen und Schulungen der Mitarbeiter gekostet habe.
Da man nun die gleiche Software wie die Bf. benutzte, sei es naheliegend gewesen, die Daten der Bf. beim steuerlichen Vertreter zum importieren und inklusive Bilanzumbuchungen wieder zurück zu spielen, um der Bf. Erleichterungen zu ermöglichen. Dabei haben sich aber unterschiedliche Systemeinstellungen, ungeplante technische Schwierigkeiten ergeben, für die der steuerliche Vertreter lange Zeit benötigte, um dies zu lösen. Es sei aber notwendig gewesen, die Probleme bei den technischen Einstellungen zu bewältigen, um die Buchhaltungsdatei künftig problemlos übermitteln zu können.
Während dieser Zeit habe der steuerliche Vertreter ständig um zusätzliche Mitarbeiter geworben, um allen Fristen besser gerecht zu werden. Diese seien jedoch aufgrund des erforderlichen Einschulungsbedarfes nicht sofort entlastend einsatzfähig gewesen, sondern haben die zeitlichen Kapazitäten durch Einschulungen enorm belastet.
5. Vorlagebericht vom 21. April 2025:
Mit Vorlagebericht vom 21. April 2025 werde nach einer kurzen Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts eine Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob die Zwangsstrafe im Gesamtbetrag von EUR 1.000,00 wegen Nichteinreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 zu Recht in dieser Höhe festgesetzt wurde, wenn die Bf. zur Einreichung mit 18. Dezember 2024 unter Setzung einer Nachfrist bis 27. Jänner 2025 aufgefordert und diese Erklärungen letztlich innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe mit 21. Mai 2025 eingereicht wurden.
Die Nichteinreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 wird seitens des steuerlichen Vertreters damit entschuldigt, aufgrund der gesetzlichen Auswirkungen der COVID19-Pandemie sei der steuerliche Vertreter mit vielen Zusatzaufgaben belastet, die mindestens so umfangreich gewesen seien, als wäre für jeden Klienten ein zusätzlicher Jahresabschluss zu erstellen gewesen. Darüber habe es ungeplante technische Schwierigkeiten im Zuge der Umstellung auf eine neue Buchhaltungssoftware gegeben. Somit habe sich beim steuerlichen Vertreter ein Rückstand bei der Einreichung von Abgabenerklärungen von ca. 1 Jahr aufgebaut.
1. Sachverhalt:
Infolge der Nichteinreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 erfolgte mit Bescheid vom 18. Dezember 2024 die Androhung einer Zwangsstrafe von je EUR 500,00 bzw. im Gesamtbetrag von EUR 1.000,00, so nicht bis spätestens 27. Jänner 2025 die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 nachgereicht werden.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2025 wurde mangels Einreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 gemäß § 111 BAO die verfahrensgegenständliche Zwangsstrafe iHv jeweils EUR 500,00 bzw. im Gesamtbetrag von EUR 1.000,00 festgesetzt.
Nach dem mit 19. Februar 2025 über FinanzOnline eingebrachten Antrag auf Fristverlängerung zur Einreichung der Abgabenerklärungen 2022 wird noch eine Woche Vorlaufzeit zur Einreichung dieser Abgabenerklärungen benötigt und eine Nachfrist bis 28. Februar 2025 beantragt.
Mit 21. Februar 2025 wurden die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 tatsächlich vom steuerlichen Vertreter eingereicht.
2. Beweiswürdigung:
Der dieser Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen der Behörde sowie aus dem dazu erstatteten Parteienvorbringen. Der sich daraus ergebende Sachverhalt wird dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete gemäß § 111 Abs. 2 BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
Die einzelne Zwangsstrafe darf gemäß § 111 Abs. 3 BAO den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.
Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.
Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Der Bundesminister für Finanzen kann diese Fristen bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die eine längere Frist rechtfertigen, mit Verordnung erstrecken.
Nach § 134a Abs. 1 BAO können Abgabenerklärungen im Sinne des § 134 Abs. 1 sowie Jahresabgabenerklärungen für die Kraftfahrzeugsteuer, die Elektrizitätsabgabe, die Erdgasabgabe und die Kohleabgabe von Abgabepflichtigen, die einen berufsmäßigen Parteienvertreter mit aufrechter Vertretungsvollmacht mit der Einreichung von Abgabenerklärungen beauftragt haben, im Rahmen einer automationsunterstützten Quotenregelung spätestens bis zum 31. März des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres eingereicht werden. An die Stelle eines berufsmäßigen Parteienvertreters kann auch ein berechtigter Revisionsverband gemäß § 19 des Genossenschaftsrevisionsgesetzes 1997 - GenRevG 1997, BGBl. I Nr. 127/1997, treten. Wird diese Frist in Anspruch genommen, sind § 134 und § 135 nicht anzuwenden.
Nach § 134a Abs. 3 BAO kann die Frist bis zum 31. März des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres vom zuständigen Finanzamt einheitlich für alle bei diesem von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder berechtigten Revisionsverband im Rahmen der automationsunterstützten Quotenregelung noch einzureichenden Abgabenerklärungen bis zum 30. Juni des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres verlängert werden. In diesem Fall sind § 134 und § 135 nicht anzuwenden.
Nach § 42 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hat der unbeschränkt Steuerpflichtige eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird.
Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. VwGH 27.9.2000, Zl. 97/14/0112). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. VwGH 26.3.2014, Zl. 2013/13/0022, mwN).
Die Verhängung einer Zwangsstrafe - etwa zur Erzwingung von Abgabenerklärungen - ist nur unzulässig, wenn die Leistung unmöglich, die Erfüllung unzumutbar oder bereits erfolgt wäre (vgl. VwGH 13.9.1988, Zl. 88/14/0084; Stoll, BAO-Kommentar, S. 1201). Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so ändert dies nichts an der Rechtmäßigkeit des zuvor erlassenen Zwangsstrafenbescheides (vgl Ritz, BAO § 111 Rz 1 und die dort zitierte Judikatur).
Unstrittig ist, dass die Bf. zur Abgabe der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 verpflichtet war.
Unstrittig ist weiters, dass die Bf. diese trotz zulässiger und ordnungsgemäß Aufforderung nicht abgab, sondern diese erst mit 21. Februar 2025 und somit 2 Tage nach Ergehen des verfahrensgegenständlichen Zwangsstrafenbescheides - und somit innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid - einreichte.
Ebenso unstrittig ist, dass die mit Bescheid vom 19. Februar 2025 festgesetzte Zwangsstrafe zuvor bescheidmäßig angedroht und diese Androhungen auch der Bf. zugekommen sind.
Weiters ist festzuhalten, dass aufgrund der eindeutigen Determinierung des Leistungsgebots und der Androhung der Zwangsstrafe (§ 111 Abs. 2 BAO) im Aufforderungsbescheid vom 18. Dezember 2024 für die Bf. kein Zweifel bestehen konnte, welche Leistung sie zu erbringen hatte und welche Konsequenzen mit der Nichteinreichung der Bezug habenden Abgabenerklärungen verbunden sein werden.
Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. VwGH 26.6.1992, Zl. 89/17/0010; 22.2.2000, Zl. 96/14/0079), wobei im Falle der Nichteinreichung von Abgabenerklärungen das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen ist. Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit also unter Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und nach Zweckmäßigkeit also unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben zu treffen.
Wendet man die angeführten Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ergibt sich, dass nach Zusendung einer Aufforderung zur Abgabe der Abgabenerklärungen 2022 mit 18. Dezember 2024 und eines Bescheides vom 19. Februar 2025 betreffend die Verhängung der Zwangsstrafe iHv jeweils EUR 500,00 und somit im Gesamtbetrag von EUR 1.000,00 die verlangte Leistung nicht erbracht wurde.
Der Bescheid über die Verhängung bzw. Festsetzung der Zwangsstrafe ist daher zu Recht ergangen.
Den Einwendungen, dass aufgrund der Verkettung vieler besonderer Umstände, aufgrund der Auswirkungen der COVID19-Pandemie und der sehr umfangreichen Umstellung auf eine neue Buchhaltungssoftware ungeplante technische Schwierigkeiten ergeben haben, ist entgegen zu halten, dass die Abgabefrist unter Androhung der Zwangsstrafe bereits mit 27. Jänner 2025 abgelaufen und die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 mit 21. Februar 2025 eingereicht wurden.
Der Zweck der Zwangsstrafe liegt nicht in einer Bestrafung der Person, sondern darin, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten (vgl. VwGH 27.9.2000, Zl. 97/14/0112). Hieraus folgt nach Stoll, BAO-Kommentar, S. 1200, dass die Abgabenbehörde bei der Entscheidung, ob sie von ihrer Berechtigung nach § 111 BAO Gebrauch macht, neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch die Frage zu berücksichtigen hat, mit welchem geringsten Zwangsmittel der geforderte Erfolg erreichbar erscheint.
Im Fall der Beschwerde gegen eine Ermessensentscheidung kann das Bundesfinanzgericht ungeachtet der Entscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz neuerlich Ermessen üben, weil es gemäß § 289 Abs. 2 BAO immer in der Sache selbst zu entscheiden hat und daher ihre Entscheidung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz tritt (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 20 Anm. 12).
Was die Höhe der Zwangsstrafe betrifft, so ist anzumerken, dass das steuerliche Verhalten der Bf. in den Vorjahren korrekt und keine Säumigkeit bei der Einreichung der Abgabenerklärungen in den letzten fünf Jahren festgestellt und die verfahrensgegenständlichen Abgabenerklärungen betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2022 innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe eingebracht wurden.
Darüber hinaus haben die erklärungsgemäßen Veranlagungen der Bf. zur Umsatz- und Körperschaftsteuer 2022 zu vergleichsweise geringen Abgabennachforderungen bzw. -festsetzungen geführt.
Im gegenständlichen Fall rechtfertigen die steuerlichen Auswirkungen der Einreichung der Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen 2022 in Höhe der Abgabengutschrift von EUR 6,83 (U 2022) bzw. Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv EUR 1.770,28 (lt. Feststellungsbescheid Gruppenträger) nicht die erstmalige Festsetzung einer Zwangsstrafe im Gesamtbetrag von EUR 1.000,00, sodass diese seitens des Bundesfinanzgerichts auf EUR 600,00 herabgesetzt wird.
Soweit mit Vorlageantrag vom 16. April 2024 geltend gemacht wird, dass aufgrund der COVID19-Pandemie sehr lange verlängerte Sonderfristen gegolten und die Erklärungen 2022 erst zum 31. Juli 2024 einzureichen gewesen wären, ist darauf zu verweisen, dass aufgrund des BMF-Erlasses vom 16.04.2024, Zl. 2024-0.291.617, die Frist zur Einreichung der Abgabenerklärungen 2022 lediglich bis 30. Juni 2024 erstreckt wurde.
4. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist nicht zulässig, als es sich im vorliegenden Fall um keine Rechtsfrage handelt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Auch hat der Beschwerdefall keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG sind daher nicht erfüllt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 16. Juni 2025