IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 21. Juli 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 19. Juli 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein emeritierter Rechtsanwalt, machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten in Höhe von 6.094,02 € als Werbungskosten geltend. Über Nachfrage der belangten Behörde gab er bekannt, dass es sich nicht um Bildungskosten, sondern um Prämienleistungen zur Gruppenkrankenversicherung handle, und legte eine Bestätigung der ***1*** Gruppenkrankenversicherung über die in dieser Höhe vorgeschriebene Prämie vor.
Im nunmehr bekämpften Einkommensteuerbescheid vom 19.07.2024 wurden keine Werbungkosten berücksichtigt.
In seiner rechtzeitig eingebrachten Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Berücksichtigung der von ihm entrichteten Beiträge zur Gruppenkrankenversicherung.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.07.2024 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 1.845,23 € vermindert. Begründend wurde ausgeführt, Krankenversicherungsbeiträge seien bei Pensionisten mit 5,1% der Bemessungsgrundlage begrenzt. Davon entfielen zwei 14tel auf die sonstigen Bezüge. Der Lohnzettel sei entsprechend geändert worden.
Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag wandte der Beschwerdeführer ein, dass Beiträge zu Gruppenkrankenversicherung in Höhe 6.094,92 € als Werbungskosten gemäß Einkommensteuerrichtlinie 2000, Abschnitt 5.5.1.4 (Opting Out) Rz 1251ff geltend gemacht worden seien. Die Höhe der Beiträge auf Basis von § 5 GSVG werde im Schreiben der ***1*** bestätigt. Bei Festlegung jener Höhe von Beiträgen zur Gruppenkrankenversicherung, die der Höhe von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung entspreche, sei grundsätzlich vom gesetzlichen (Pflicht-)Krankenversicherungshöchstbeitrag nach dem GSVG auszugehen. Beiträge zu Gruppenkrankenversicherungen auf Basis des § 5 GSVG seien somit in tatsächlich geleisteter Höhe, höchstens aber bis zu jenem nach Maßgabe der entsprechenden Änderungen im GSVG jährlich zu ermittelnden Höchstbetrag abzugsfähig. Dieser betrage für 2023 6.825,00 €. Die Begründung der Beschwerdevorentscheidung sei unrichtig.
Ergänzend brachte der Beschwerdeführer vor, es sei zwar richtig ist, dass Personenversicherungen seit 2021 nicht mehr steuerlich absetzbar seien. Das betreffe aber nicht die Gruppen-Krankenversicherung auf Basis § 5GSVG. Dafür sei von ihm eine monatliche Prämie in Höhe von 509,91 € bezahlt worden. Dies ergebe den von der ***1*** bestätigten Betrag von 6.094,92 € für das ganze Jahr. Die ebenfalls bezahlten Ergänzungstarife für freie Arztwahl in Höhe von monatlich 65,17 € seien in diesem Betrag nicht enthalten.
Darüber hinaus verwies er auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes BFG 19.08.2021, RV/2100387/2021, demzufolge Beiträge zu Gruppenkrankenversicherungen bis zum gesetzlichen Pflicht-Höchstbeitrag nach dem GSVG abzugsfähig seien. Die Höchstbeitragsgrundlage habe im Jahr 2023 6.825,00 € betragen.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht vom 05.12.2024 aus, die Höhe von Krankenversicherungsbeiträgen werde bei Pensionisten mit 5,1% der Bemessungsgrundlage bemessen und sei mit der Höchstbeitragsgrundlage begrenzt. Die Bemessungsgrundlage betrage 42.211,26 € (gesamt brutto). Daher seien maximal 2.152,77 € (aufgeteilt auf laufende und sonstige Bezüge) als Werbungskosten zu berücksichtigen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist emeritierter Rechtsanwalt. Er erhielt von der Rechtsanwaltskammer ***2*** Bruttobezüge von insgesamt 42.211,26 €, wovon auf sonstige Bezüge 5.830,18 € entfielen. Im Rahmen des von der Rechtsanwaltskammer ***2*** gewählten Opting Out ist er bei der ***1*** Gruppenkrankenversicherung für Rechtsanwälte versichert und entrichtete 2023 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 6.094,02 €. Darin sind keine Ergänzungszahlungen für außerordentliche Leistungen enthalten.
2. Beweiswürdigung
Der zu beurteilende Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, der Bestätigung der ***1*** Gruppenkrankenversicherung und den Ausführungen des Beschwerdeführers. Er ist ausschließlich im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung strittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung als Werbungskosten abzugsfähig.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 sind Werbungskosten auch Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen; weiters Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht. Beiträge zu Einrichtungen, die der Krankenversorgung dienen, Beiträge zu inländischen gesetzlichen Krankenversicherungen sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht sind nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.
Schafft eine Kammer der selbständig Erwerbstätigen im Hinblick auf § 5 GSVG sowie auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen durch eigene Bestimmungen ihrer jeweiligen Berufsordnung oder Satzung Kammereinrichtungen und schließt diese Kammereinrichtung Gruppenkrankenversicherungen mit Versicherungsunternehmen ab, so handelt es sich dabei um eine Versorgungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen, die der Krankenversorgung dient. Die Gruppenkrankenversicherung ist damit eine Einrichtung iSd § 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988 bzw des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988. Dies bedeutet, dass Beiträge (Prämien) zu einer solchen Gruppenkrankenversicherung insoweit Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sind, als es sich hierbei um Pflichtbeiträge handelt und die Beiträge der Höhe nach jenen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweilige Kammer (im Beschwerdefall die Rechtsanwaltskammer) von einem sogenannten "Opting-Out" nach § 5 GSVG Gebrauch gemacht hat (vgl. BFG 27.04.2021, RV/3100533/2020)
Die Versicherungsunternehmen, mit denen Gruppenkrankenversicherungsverträge abgeschlossen werden, haben die Krankenversicherungsprämien auf Grundlage des Versicherungsaufsichtsgesetzes und entsprechend vorgegebener Prämienkalkulationen festzulegen. Bei der Kalkulation der Prämien ist dabei auf das jeweilige Eintrittsalter der versicherten Person abzustellen. Daraus folgt, dass - bei gleichem Versicherungsschutz - die Prämien mit steigendem Eintrittsalter höher werden. Die Beiträge zur Gruppenkrankenversicherung können aus diesem Grund - auch bei gleichem Versicherungsschutz wie im GSVG - bei höherem Eintrittsalter die jeweilige Höchstbeitragsgrundlage überschreiten.
Bei Festlegung jener Höhe von Beiträgen zur Gruppenkrankenversicherung, die der Höhe von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, ist daher grundsätzlich vom gesetzlichen (Pflicht-)Krankenversicherungshöchstbeitrag nach dem GSVG auszugehen. Beiträge zu Gruppenkrankenversicherungen auf Basis des § 5 GSVG sind somit in tatsächlich geleisteter Höhe, höchstens aber bis zu jenem nach Maßgabe der entsprechenden Änderungen im GSVG jährlich zu ermittelnden Höchstbetrag abzugsfähig. Die Beschränkung in § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 bezieht sich sohin auf die Höchstbeiträge in der gesetzlichen österreichischen Sozialversicherung (vgl. VwGH 21.11.2018, Ra 2017/13/0042; in diesem Sinne auch Hilber, ecolex 2001, 933, Höfle, ASoK 2002, 53, und Höfle/Pernt, ÖStZ 2002, 130).
Gemäß § 67 Abs. 12 EStG 1988 sind die auf Bezüge, die mit einem festen Steuersatz zu versteuern sind, entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 EStG 1988 vor Anwendung des festen Steuersatzes in Abzug zu bringen.
Nach § 62 Z 4 EStG 1988 sind vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge im Sinne § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, soweit sie nicht auf Bezüge entfallen, die mit einem festen Steuersatz zu versteuern sind, vor Anwendung des Lohnsteuertarifs vom Arbeitslohn abzuziehen.
§ 67 Abs. 12 EStG 1988 kommt die Bedeutung zu, festzulegen, ob bestimmte Werbungskosten für Zwecke der Lohnsteuerbemessung (bzw. der Einkommensteuerbemessung) den laufenden oder den sonstigen Bezügen zuzuordnen sind und ob sie damit die nach dem Tarif zu versteuernden oder die mit festen Steuersätzen zu versteuernden Einnahmen mindern (vgl. VwGH 10.05.2001, 99/15/0256, VwSlg 7612 F/2001). Auch im Fall der Veranlagung soll eine systematisch richtige Zuordnung erfolgen (vgl. VwGH 07.10.2003, 2000/15/0014, VwSlg 7865 F/2003). Dabei sollen Beiträge, soweit sie auf die sonstigen Bezüge entfallen, systematisch richtig von diesen Bezügen in Abzug gebracht werden. Eine direkte Zuordnung des einzigen (einheitlichen) Sozialversicherungs-Beitrags zu einem der beiden (steuerlichen) Bezüge (laufend oder sonstige) ist im Gesetz nicht vorgesehen. Auch besteht keine Regel dahin, dass dieser einheitliche Beitrag vorrangig dem laufenden Bezug oder vorrangig dem sonstigen Bezug zuzuordnen wäre (und nur ein allfälliger Rest dem anderen Bezug). Der Beitrag ist demnach anteilig (entsprechend dem Verhältnis der Höhen der beiden Bezüge) zuzuordnen (vgl. VwGH 14.05.2020, Ra 2019/13/0093).
Die monatlichen Beiträge nach dem GSVG betragen für 2023 auf Basis der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlagen (HBG): 6.825 € jährlich bzw. 522,12 € monatlich. Da dieser Betrag die geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge übersteigt, können diese in voller Höhe in Abzug gebracht werden. Im Sinne der obigen Ausführungen ist aber die (aliquote) Aufteilung des Betrages von 6.094,02 € auf laufende und sonstige Bezüge vorzunehmen. Dabei sind bei den laufenden 5.223,45 € und bei den sonstigen Bezügen 870,57 € in Abzug zu bringen.
Gemäß § 41 Abs. 4 EStG 1988 idF. BGBl. I Nr. 108/2022 bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Bezüge, die nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 steuerfrei bleiben oder mit den festen Sätzen des § 67 EStG 1988 zu versteuern waren, außer Ansatz. Die Steuer, die auf sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 entfällt, ist aber gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG neu zu berechnen, wenn diese sonstigen Bezüge 2 100 Euro übersteigen.
Die Höhe der steuerpflichtigen Bezüge beträgt daher 29.757,63 € (=34.981,08 - 5.223,45 €). Die sonstigen Bezüge sind in Höhe von 4.959,61 € (=5.830,18 € - 870,57 €) in Ansatz zu bringen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die gegenständliche Entscheidung im Einklang mit der höchstrichterlichen Judikatur (und im Übrigen auch mit der in den Einkommensteuerrichtlinien vertretenen Rechtsansicht) steht, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 21. Juli 2025