IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Aloisia Bergauer, die Richterin Mag. Andrea Ebner sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Ulrike Richter und den fachkundigen Laienrichter Michael Kamper, MSc in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 9. April 2019 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 15. März 2019 betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2015 und 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Petra Rauherz zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, durchgeführten Außenprüfung, welche den Prüfungszeitraum 2014 bis 2016 umfasste, wurde folgende beschwerdegegenständliche Feststellung getroffen (s. Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom 16. März 2019).
Von der Beschwerdeführerin sei ein Grundstück mit einem alten Haus in ***1*** erworben worden. Es sei ein kompletter Umbau geplant gewesen und die dabei geschaffenen Wohnungen sollten umsatzsteuerpflichtig vermietet werden. Damit im Falle einer Vermietungsabsicht bereits vor Ausführung eines Umsatzes ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden könne, müsse der Unternehmer für den Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung nachweisen können, dass die Absicht zur steuerpflichtigen Vermietung bereits in verbindlichen Vereinbarungen ihren Niederschlag gefunden habe oder aufgrund von sonstigen, über eine bloße Absichtserklärung hinausgehenden Umständen mit ziemlicher Sicherheit feststehe. Dies sei dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bereits im Zuge einer Umsatzsteuerprüfung im Jahr 2016 eingehend erläutert worden. Dieser habe damals umsatzsteuerpflichtige Umsätze ab dem Jahr 2018 prognostiziert. Im Zuge der durchgeführten Außenprüfung wurde eine Liste mit potenziellen Mietern und den beauftragten Maklern vorgelegt. Diese hätten nach entsprechenden Befragungen angegeben, eine Wohnung kaufen zu wollen. Es habe aber keine Informationen über den Zeitpunkt der endgültigen Fertigstellung gegeben und es seien keine verbindlichen Vereinbarungen getroffen worden. Bei einem am 9. November 2018 durchgeführten Lokalaugenschein seien keine Arbeiter angetroffen worden. Vor dem Haus sei ein mit Eisenketten verschlossener Bauzaun aufgestellt gewesen und die Baustelle habe verlassen gewirkt. Ab dem Jahr 2017 seien keine Vorsteuern mehr geltend gemacht worden. Im Jahr 2018 seien keine Mieteinnahmen erzielt worden. Der in den Jahren 2015 und 2016 geltend gemachte Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Zusammenhang mit der Bautätigkeit sei daher nicht anzuerkennen.
Das Finanzamt folgte dieser Feststellung der Außenprüfung und erließ am 15. März 2019 dementsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2015 und 2016 (Nachforderung 2015: 24.687,55 Euro und 2016: 368.099,95 Euro).
Mit Schreiben vom 9. April 2019 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen diese Bescheide und beantragte die Veranlagung entsprechend den vorgelegten Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016. Begründend wurde ausgeführt, dass die Vermietungsabsicht immer gegeben gewesen sei. Dies sei auch im Zuge der Schlussbesprechung der Außenprüfung nachgewiesen worden. Aufgrund von Planänderungen sei es zu erheblichen Bauverzögerungen gekommen, welche jedoch nicht vorhersehbar gewesen seien und zu keiner Änderung der Vermietungsabsicht geführt hätten. Es bestehe immer noch die Absicht die Wohnungen zu vermieten. Da das Objekt noch nicht fertiggestellt sei könnten keine Vermietungseinnahmen erzielt werden. Verbindliche Mietanbote würden meistens erst nach Fertigstellung eines Objektes abgegeben und es könne daher durch die Nichtvorlage von verbindlichen Mietanboten nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges kommen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 23. Juni 2021 wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 9. April 2019 als unbegründet ab und führte in der Begründung (Verf 67) nach Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen aus, dass verbindliche Vereinbarungen für die geplante Vermietung auch im Zuge des Beschwerdeverfahrens nicht vorgelegt worden seien.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2021 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am 19. August 2021 zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung als unbegründet.
In der am 24. Juni 2025 vor dem Bundesfinanzgericht abgehaltenen mündlichen Senatsverhandlung brachte der Vertreter der Beschwerdeführerin ergänzend vor, dass die Vermietungsabsicht nach wie vor bestehe. Es habe 4-mal geänderte Baugenehmigungen mit Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof gegeben. Nach einer Neuwahl in der Gemeinde ***1*** seien neuerliche Änderungen erforderlich geworden. Geplant sei, dass gesamte Haus zu vermieten und möglicherweise müssten zwei noch zu errichtende Dachgeschosswohnungen verkauft werden. Über Befragen der Vertreterin des Finanzamtes gab der Vertreter der Beschwerdeführerin an, dass die Wohnungen bis dato nicht fertiggestellt seien. Erst nach jahrelangen Verhandlungen hätte nunmehr ein Konsens mit der Baubehörde gefunden werden können. Es seien ab dem Jahr 2017 keine Vorsteuern mehr geltend gemacht worden, da die Zukunft des Gebäudes nicht geklärt gewesen sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Fertigstellung der geplanten Wohnungen im Jahr 2026 erfolgen werde. Da das Projekt noch nicht fertig gestellt sei könnten auch keine verbindlichen Mietvereinbarungen abgeschlossen werden. Derartige Vereinbarungen seien erst möglich, wenn die Baubewilligung vorliege und die Wohnungen fertiggestellt seien. Bei Vorliegen der endgültigen Baubewilligung würden die Bilanzen und Steuererklärungen für die Jahre ab 2022 nachgereicht werden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21.10.1992 gegründet. Gesellschafter sind zu 80% Mag. ***2*** und zu 20% die ***3*** Privatstiftung. Alleiniger Geschäftsführer ist Mag. ***2***. Das Stammkapital beträgt 37.000 Euro (FN ***6***).
Mit Kaufvertrag vom 18. Dezember 2006 erwarb die Beschwerdeführerin eine Liegenschaft in ***1***, ***4*** (***5***) zum Kaufpreis von 650.000 Euro.
In den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2015 und 2016 machte die Beschwerdeführerin für Bautätigkeiten auf dieser Liegenschaft Vorsteuern in Höhe von 73.557,20 Euro (2015) und 368.100,00 Euro (2016) geltend. Als Nachweis für die beabsichtigte Vermietung von an dieser Liegenschaft noch zu errichtenden Wohnungen legte die Beschwerdeführerin eine Liste von potenziellen Mietern bzw. interessierten Maklern vor. Unstrittig ist, dass die von der Beschwerdeführerin geplanten Wohnungen bis dato noch nicht fertiggestellt sind.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, den vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Abfragen im Firmen- und Grundbuch und den Angaben der Beschwerdeführerin.
Streitgegenständlich ist, ob die ernsthafte Absicht der Beschwerdeführerin zur künftigen Vermietung der von ihr erst noch zu errichtenden Wohnungen als erwiesen angesehen werden kann.
Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde und auch das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, wobei es genügt, hiebei von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. zB VwGH 18.12.1990, 87/14/0155).
Die belangte Behörde gelangte in den angefochtenen Bescheiden zur Überzeugung, dass von der Beschwerdeführerin die behauptete Vermietungsabsicht nicht nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht worden sei. Sie stützt sich dabei auf die fehlenden Nachweise für eine Vermietungsabsicht und den Feststellungen bei einer durchgeführten Begehung des Bauvorhabens.
Diese Auffassung ist für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar und begründet. Unstrittig ist, dass die Errichtung der geplanten Wohnungen der auf der bereits im Jahr 2006 angeschafften Liegenschaft bis dato nicht erfolgt ist. Laut den Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin in der mündlichen Senatsverhandlung liegt noch keine Baubewilligung vor. Unstrittig ist auch, dass keine verbindlichen Vereinbarungen über Mietverhältnisse in den erst zu errichtenden Wohnungen vorliegen.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 u.a. die Steuer für die Lieferungen und die Einfuhr von Gegenständen, soweit der Unternehmer diese Gegenstände zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, und die Steuer für sonstige Leistungen, soweit der Unternehmer diese sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch nimmt.
Nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 sind die Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 von der Umsatzsteuer befreit.
Noch bevor aus der Vermietung eines Gebäudes Entgelte in umsatzsteuerlicher Hinsicht erzielt werden, können Vorsteuern steuerlich berücksichtigt werden. Für diese Berücksichtigung reicht aber die bloße Erklärung, ein Gebäude künftig (für Wohnzwecke) vermieten zu wollen, nicht aus. Vielmehr muss die Absicht der Vermietung eines Gebäudes in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag finden oder aus sonstigen, über die Erklärung hinausgehenden Umständen mit ziemlicher Sicherheit feststehen. Der auf die steuerpflichtige Vermietung eines Gebäudes gerichtete Entschluss muss klar und eindeutig nach außen hin in Erscheinung treten (vgl. z.B. VwGH 29.06.2016, 2013/15/0205; 13.09.2006, 2002/13/0063; 04.03.2009, 2006/15/0175).
Im Lichte der Beweiswürdigung ergibt sich für das Bundesfinanzgericht, dass die Beschwerdeführerin die Absicht der Vermietung der streitgegenständlichen noch nicht errichteten Wohnungen weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht hat, weshalb der in den Jahren 2015 und 2016 geltend gemachte Vorsteuerabzug nicht anzuerkennen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes steht im Einklang mit der dazu vom Verwaltungsgerichtshof ergangenen Judikatur. Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.
Wien, am 1. Juli 2025