JudikaturBFG

RV/7100417/2022 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
23. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Mag. Renate Schohaj und die weiteren Senatsmitglieder Dr. Hans Blasina, Mag. Sabine Puntigam, Wirtschaftskammer Niederösterreich, Manfred Fiala, Arbeiterkammer Niederösterreich, im Beisein der Schriftführerin Nadine Preißl, in der Beschwerdesache ***1*** KG, ***2***, vertreten durch ***3***, über die Beschwerden vom 20.9.2021 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO sowie Umsatzsteuer für das Jahr 2018 sowie Festsetzung der Umsatzsteuer 07-12/2020 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.6.2025 zu Recht erkannt:

I. Die Bescheide betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO und Umsatzsteuer für das Jahr 2018 werden im Sinne des Beschwerdebegehrens abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer 2018 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2018 und deren Verteilung sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), können einer nach § 81 vertretungsbefugten Person oder einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt werden. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird (§ 101 Abs. 3 BAO).

II. Die Beschwerde betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer 07-12/2020 wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Gesellschaft (Bf.) betreibt das Kleintransportgewerbe in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, welche am 19.8.2016 unter der Firmenbuchnummer ***FN*** ins Firmenbuch eingetragen wurde.

Die Bf. macht im Leistungszeitraum 2018 Fremdleistungsaufwendungen im Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen ***4*** in der Höhe von 17.933,33 Euro geltend und beantragt die Berücksichtigung der Vorsteuern in der Höhe von 3.586,67 Euro aus diesen Leistungen.

Im Leistungszeitraum 2020 begehrt die Bf. die Vorsteuern in der Höhe von 13.800 Euro für Fremdleistungsaufwendungen im Zusammenhang mit der Firma ***5***.

Im Zuge einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass das seitens der Bf. im Streitjahr 2018 beauftragte Subunternehmen ***4***, welches für die Bf. Touren gefahren sei, gegenüber der Bf. nicht leistungserbringend gewesen sei.

Im Lichte dieser Feststellungen wurden mehrere an die Bf. fakturierte Rechnungen in der Höhe von insgesamt 17.933,33 Euro nicht anerkannt und die Abzugsfähigkeit der Betriebskosten im Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen ***4*** verweigert. Begründend wurde ausgeführt, dass sich im Hinblick darauf, dass das Einzelunternehmen ***4*** seit 24.6.2020 auf der Liste der Scheinunternehmen aufscheine und weder angemessene Betriebsmittel bzw. Betriebsvermögen noch Dienstnehmer habe, hinsichtlich der gelegten Rechnungen für die vorgeblich erbrachten Leistungen der Verdacht der Erstellung von Scheinrechnungen ergeben habe. Da die belangte Behörde aber davon ausging, dass die Leistungen an sich erbracht worden seien, wurden 50% als Lohnaufwand (8.966,67 Euro) gewährt. Umsatzsteuerlich wurde der Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen gekürzt.

Im Nachschauzeitraum 2020 wurde festgestellt, dass die Bf. im Zeitraum vom 1.7.2020 bis 24.12.2020 Fremdleistungsaufwendungen aufgrund von Scheinrechnungen des Einzelunternehmens ***5*** geltend gemacht habe. Da das Einzelunternehmen gegenüber der Bf. nicht leistungserbringend gewesen sei, wurden die Vorsteuern in der Höhe von 13.800 Euro aus diesen Leistungen nicht anerkannt.

In der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO sowie die Umsatzsteuer für das Jahr 2018 wird argumentiert, dass die Bf. vor Auftragsvergabe die entsprechenden Unterlagen, konkret den Bescheid über die Erteilung der UID Nummer vom 9.2.2017, die Mitteilung der Abgabenkontonummer und Abgaben sowie den GISA-Auszug vom Einzelunternehmen ***4*** zur Verfügung gestellt bekommen habe und in der Folge die UID-Nummer überprüft habe. Die Aufnahme des Unternehmens in die Liste der Scheinunternehmer sei erst im Jahr 2020 und damit deutlich nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit der Firma ***4*** im September 2018 erfolgt, weshalb dies nicht zu Lasten der Bf. gehen könne.

Laut Beschwerde gegen die Bescheide betreffend die Umsatzsteuerfestsetzung für 07/2020 bis 12/2020 seien vor Auftragsvergabe an die Firma ***5*** seitens der Bf. umfassende Informationen zum Einzelunternehmen eingeholt worden (eine Meldebestätigung von Herrn ***5***, der Bescheid über die Erteilung der UID-Nummer, die Mitteilung der Abgabenkontonummer und Abgaben, der GISA-Auszug sowie die Überprüfung der UID-Nummer). Das Unternehmen habe für die Bf. zwei Touren übernommen und es sei für jede gefahrene Tour eine eigene Rechnungsnummer vergeben worden. Trotz doppelter Rechnungsnummervergabe könne eindeutig zwischen den Leistungen und Abrechnungen unterschieden werden, weil die jeweilige Tour immer auf der Rechnung ausgewiesen werde. Zudem seien auf den Rechnungen für beide Touren verschiedene Bankkonten angegeben, auf die die Zahlung zu leisten sei. Die Firma ***5*** finde sich aktuell nicht auf der Liste der Scheinunternehmer.

Die Bf. habe sich somit sowohl vor Auftragsvergabe an die Firma ***4*** als auch an die Firma ***5*** mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers über die beauftragten Unternehmen umfassend erkundigt. Dass beiden Unternehmen zeitnah zur Auftragserteilung eine Steuernummer und eine UID-Nummer erteilt wurde, stelle ein zuverlässiges Indiz der Unternehmereigenschaft der Subunternehmer dar.

Die Beschwerde wurde im Hinblick auf die Nichtabzugsfähigkeit der Betriebsausgaben sowie die Nichtanerkennung der Umsatzsteuern aus den Rechnungen des Einzelunternehmens ***4*** im Streitjahr 2018 abgewiesen. Die belangte Behörde argumentiert, dass die Bf. betreffend die Firma ***5*** sämtliche einem ordentlichen Kaufmann mögliche Überprüfungsmaßnahmen unterlassen habe.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag verweist die Bf. im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflicht eines Unternehmers auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach von der Behörde festgestellt werden müsse, welche konkreten Gepflogenheiten in der jeweiligen Branche für die Überprüfung von Subunternehmen üblich seien. Generell sei es laut EuGH nicht zulässig, dass die Steuerbehörden ihre eigenen Kontrollaufgaben auf den Steuerpflichtigen übertragen. Der Umstand, dass an der Rechnungsadresse keine Geschäftstätigkeit ausgeübt werde, führe nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges. Vielmehr dürfe das Recht auf Vorsteuerabzug nur dann verweigert werden, wenn die Steuerbehörde anhand objektiver Umstände nachweise, dass der Rechnungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass der betreffende Umsatz in eine Steuerhinterziehung einbezogen war und die Behörde dieses Wissen oder Wissen Müssen nachweise. Schließlich sei der § 8 SBBG Bescheid betreffend das Einzelunternehmen ***4*** erst mit 17.6.2020 in Rechtskraft erwachsen, sodass mangels Erkennbarkeit dieser Qualifizierung für Außenstehenden, die im Streitjahr 2018 ausgestellten Rechnungen sowie die korrespondierenden Vorsteuern anzuerkennen seien.

Mit Vorlagebericht vom 14.2.2022 legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO sowie Umsatzsteuer für das Jahr 2018, mit Vorlagebericht vom 7.4.2022 die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 07/2020 bis 11/2020 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss vom 30.4.2025 wurde die Bf. zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für Fremdleistungen für den im Streitjahr 2018 beauftragten Subunternehmer aufgefordert. Die Bf. beantwortete die Aufforderung zur Empfängerbenennung dahingehend, als für sie weiterhin außer Zweifel stehe, dass ***4*** der Empfänger jener Zahlungen war, die er für die von ihm im benannten Leistungszeitraum 2018 an die Bf. erbrachten Leistungen erhalten habe.

In der mündlichen Verhandlung wiederholen die Parteien ihr bisheriges Vorbringen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Bf. übernimmt Auslieferungen von Autokleinteilen und bediente sich in den Streitjahren zur Ausführung ihrer Transporte des Einzelunternehmens ***4*** (2018) sowie der Firma ***5*** (2020).

Die auf den Rechnungen seitens der Firma ***5*** ausgewiesene Umsatzsteuer wurde nicht abgeführt.

Bei Einhaltung der Sorgfaltspflichten hätte die Bf. wissen müssen, dass die betreffenden Umsätze in eine von den Rechnungsausstellern in der Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen waren.

Ein sorgfältiger Unternehmer im Bereich einer Risikobrache, zu der neben dem Bau- und Baunebengewerbe auch das Transportgewerbe zählt, führt daher folgende Überprüfungsschritte kumulativ aus und dokumentiert sie.

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        "Er holt einen Firmenbuchauszug ein und überprüft die UID-Nummer."
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        "Er nimmt direkten Firmenkontakt mit dem Subunternehmen oder dessen Geschäftsführer auf oder sucht das Unternehmen an der Geschäftsadresse auf."
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        "Er überprüft die berufliche Zuverlässigkeit durch eine Abfrage bei der Sozialversicherung (HFU-Liste)."
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Zu den Subunternehmerleistungen sollten zumindest folgende Dokumente, die Überprüfungsmaßnahmen dokumentieren, abgelegt worden sein:

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        "Auszug aus dem Firmenbuch"
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        "Auszug aus dem Gewerberegister"
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        "Ausdruck und Abfrage der HFU-Liste"
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        "Werkverträge"
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        "Lichtbildausweis der Unterzeichnenden und eingesetzten Fahrer"
      ]
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        "Anmeldungen zur Sozialversicherung der eingesetzten Fahrer (zusätzlich die Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen bei Ausländern)"
      ]
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        "Rechnungen Schriftverkehr"
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        "Zusätzlich können weitere Nachweise der allgemeinen Transportdokumentation (Fotos, etc.) vorgelegt werden."
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Schuldbefreiende Zahlungen werden immer an das üblicherweise auf der Rechnung angegebene Konto geleistet.

Liegen keine schriftlichen Vereinbarungen auf und existieren keine Aufzeichnungen darüber, wer die Leistungen tatsächlich erbracht hat, so entspricht diese Vorgangsweise nicht dem Sorgfaltsmaßstab eines sorgfältigen Unternehmers bei der Abwicklung eines Transportauftrages mit Subunternehmern.

Die Bf. hat überwiegend alle Überprüfungsmaßnahmen eines ordentlichen Unternehmers bei der Firma ***5*** außer Acht gelassen.

2. Beweiswürdigung

Dass die Bf. in der Transportbranche tätig war, ergibt sich aus den aktenkundigen Feststellungen der belangten Behörde und aus den Ausführungen der Bf.

Dass die Leistungen tatsächlich erbracht wurden, ergibt sich aus den Ausführungen der Außenprüfung sowie den Ausführungen der Bf. im Rahmen der Beschwerden und Vorlageanträge und steht auch für das Bundesfinanzgericht außer Zweifel.

Dass die Bf. zur Empfängerbenennung aufgefordert wurde, ist aktenkundig (Beschluss vom 30.4.2025). Die Beantwortung ebendieser ist ebenfalls aktenkundig.

Dass ***4*** die von ihm fakturierten Leistungen gegenüber der Bf. erbracht hat, ergibt sich daraus, dass die Bf. im Jahr 2017 bereits in Vertragsbeziehungen zu diesem Unternehmen gestanden ist, diese Leistungen seitens der belangten Behörde anerkannt worden sind, sich an den Leistungsbeziehungen im Jahr 2018 nichts geändert hat, die von der Bf. beauftragten Leistungen weiterhin ohne Beanstandung durchgeführt worden sind (anders als bei der Firma ***5***) und die für das Jahr 2017 getätigten ausreichenden Überprüfungshandlungen der Bf. aus diesen Gründen auch für das Jahr 2018 ausreichend gewesen sind. Für die Bf. gab es keinen Grund, ab 2018 an der Existenz des beauftragten Unternehmens zu zweifeln.

Dem gegenüber erfolgte die Erklärung der Firma ***4*** zum Scheinunternehmen seitens der belangten Behörde erst im Jahr 2020 rückwirkend. Aus später festgestellten Beobachtungen auf tatsächliche frühere Verhältnisse zu schließen, hält einer Überprüfung auf Nachvollziehbarkeit nicht stand. Wenn zudem keine Ermittlungen seitens der belangten Behörde zu ihrer Feststellung, nur 50% der fakturierten Beträge seien auch tatsächlich als Betriebsausgaben abziehbar, erfolgt sind, sondern diese Schätzung lediglich mit der "Verwaltungspraxis" begründet wird, so verlässt die belangte Behörde die Behauptungsebene nicht. Da nachweislich alle Rechnungen durch Überweisungen auf das Bankkonto des ***4*** beglichen worden sind, hätte es zumindest weiterer Erhebungen über das weitere Schicksal dieser Gelder beim Empfänger bedurft.

Folgende Umstände sprechen für das Bundesfinanzgericht dafür, dass die im Jahr 2020 fakturierten Leistungen tatsächlich nicht vom Einzelunternehmen ***5*** erbracht wurden:

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        "Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung macht die Firma ***5*** Angaben, die nicht mit dem Einzelunternehmen übereinstimmen."
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        "Herr ***5*** hat kaum Kenntnisse über sein Unternehmen bzw. dessen Tätigkeit. Es konnten weder Auftraggeber noch Subunternehmer genannt werden. Es konnten auch keine Firmenfahrzeuge genannt werden."
      ]
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        "Herr ***5*** gibt an, dass es keine Mitarbeiter in seinem Unternehmen gibt. Tatsächlich sind aber mehrere Mitarbeiter angemeldet."
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        "Die Ausgangsrechnungen weisen unterschiedliche Erscheinungsbilder und Nummerierungen auf."
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        "Die Bf. hat die Rechnungen auf zwei unterschiedliche Konten der Firma ***5*** überwiesen (1-4/2020 auf ein Konto des Herrn ***5***, 1-11/2020 auf ein Konto einer Person ohne Steuernummer)."
      ]
    },
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        "Die im Nachschauzeitraum 2020 gelegten Rechnungen weisen doppelt vergebene Rechnungsnummern auf. Auch die Chronologie der Rechnungsnummern stimmt nicht."
      ]
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}

Das Bundesfinanzgericht gelangt zur Ansicht, dass die Bf. vom Betrug ihres Subunternehmers ***5*** wissen musste. Dies deshalb, weil die Bf. keinerlei Nachforschungen hinsichtlich dieses Einzelunternehmens angestellt hat und dennoch die Rechnungen bezahlt hat. Die Ahnungslosigkeit des ***5*** über sein eigenes Geschäft hätte der Bf. ebenso auffallen müssen wie das nicht auf ihn lautende Konto, Rechnungen unterschiedlicher Aufmachung und doppelt vergebene Rechnungsnummern.

Dass die Bf. alle Überprüfungsmaßnahmen eines ordentlichen Unternehmers außer Acht gelassen hat, ergibt sich aus nachstehender gesamthafter Würdigung:

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        "Es erfolgte keine Firmensitzüberprüfung und kein Besuch an der von dem Subunternehmen angegebenen Firmenadresse;"
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        "Es erfolgte keine Überprüfung der Gewerbeberechtigung;"
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        "Eine Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nicht dokumentiert;"
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        "Es gibt keine Grundaufzeichnungen darüber, welcher Fahrer welche Tour mit welchem Fahrzeug gefahren ist."
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        "Es gibt keine Dokumentation des geschäftlichen Kontaktes zwischen der Bf. und ihrem Subunternehmer (keine Geschäftsunterlagen, kein Auftragsschreiben, keine Auftragsannahme, keine Auftragsbearbeitung, kein Brief- oder Emailverkehr, keine Vereinbarung über die Abrechnung der Touren)."
      ]
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Ein sorgfältiger Unternehmer hat die Prüfungsschritte kumulativ ausgeführt und dokumentiert, während die Bf. die erforderlichen Prüfungsschritte hinsichtlich ihre Subunternehmens ***5*** überwiegend unterlassen hat.

Der Bf. vermeint jedoch, dass die Firma ***5*** leistend waren. Hierzu wird zusammenfassend ausgeführt, dass:

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        "sich die Bf. vor Auftragsvergabe an die Firma ***5*** mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers über die beauftragten Unternehmen erkundigt und umfassende Informationen zu dem Subunternehmen eingeholt habe. Auch sei die UID-Nummer überprüft worden, was für die Bf. ein zuverlässiges Indiz der Unternehmereigenschaft des Subunternehmers darstelle."
      ]
    },
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        "die beauftragten Touren im Laufe der Geschäftsbeziehung vom Subunternehmer erledigt wurden."
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Hierzu ergibt sich: Grundsätzlich kann aus Unterlagen wie Bestätigungen von UID-Nummern, Steuernummern und dergleichen nicht geschlossen werden, dass ein Unternehmen tatsächlich existiert und die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht hat. Betrugsfirmen aus Risikobranchen, zu denen auch das Transportgewerbe zählt, geben sich nach außen hin den Anschein von Seriosität, sodass die abgaben- und sozialversicherungsrechtliche Unredlichkeit dieser Unternehmen zunächst nicht auffällt. Einem Auftraggeber wie der Bf., welche seit Jahren in der Transportbranche tätig ist, ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedoch zumutbar, sich anlässlich der Auftragsvergabe von der Seriosität des Auftragnehmers zu überzeugen. Im Hinblick auf die bekannte Betrugsanfälligkeit im Umsatzsteuerbereich entspricht es daher nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers, sich bei der Überprüfung eines Auftragnehmers allein auf den zur Verfügung gestellten Bescheid über die Erteilung der UID-Nummer, die Mitteilung der Abgabenkontonummer und den GISA Auszug zu stützen. Dies gilt insbesondere bei - wie im gegenständlichen Fall - bei der Auswahl einer nicht langjährig etablierten und allgemein bekannten Firma als Subunternehmen.

Das Bundesfinanzgericht geht daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO davon aus, dass die in den strittigen Rechnungen ausgewiesenen Leistungen von dem angeführten rechnungslegenden Unternehmen nicht erbracht wurden. Dabei spricht insbesondere das Fehlen jedweder Aufzeichnung zu den behaupteten Geschäftsbeziehungen und Dokumentation der verrechneten Leistungen (Unterlagen in Form von Verträgen, Schriftverkehr oder andere Aufzeichnungen, Abrechnung der Touren) für das Vorliegen von Scheingeschäften bzw. das Vortäuschen von Fremdleistungen der angeführten Firmen.

Mangels Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes musste die Bf. daher vom Umsatzsteuerbetrug wissen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 leg.cit.) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 lit. a UStG 1994 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Diese Angabe dient nicht nur der Kontrolle, ob der Leistungsempfänger eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von einem anderen Unternehmer erhalten hat, sondern auch der Sicherstellung der Besteuerung beim leistenden Unternehmer. Es genügt daher nicht, dass aus der Rechnung hervorgeht, dass irgendein Unternehmer die verrechnete Leistung erbracht hat; es muss der Rechnung vielmehr eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der die Leistung tatsächlich erbracht hat (VwGH 29.03.2001, 2000/14/0152; 01.06.2006, 2002/15/0174; Ruppe/Achatz, UStG5, § 11 Tz 59).

Zum Wissen und Wissen Müssen

Ob der Abnehmer von einem Umsatzsteuerbetrug wusste oder wissen musste, ist eine Tatfrage, die in freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist (vgl. VwGH 26.3.2014, 2009/13/0172). Zu prüfen ist, ob der Abnehmer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet hat (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5 (2017) § 12 UStG Rz 95).

Welche Maßnahmen vernünftigerweise von einem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, verlangt werden können, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. EuGH 22.10.2015, C-277/14, PPUH Stehcemp, Rn 51 mwN). Maßgeblich sind nicht die persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse des Unternehmers, sondern abzustellen ist auf einen objektiven Maßstab, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Geschäftszweigen differieren kann (Tumpel/Prechtl, Vorsteuerabzug und EG-rechtlicher Gutglaubensschutz, SWK 31/2006, 872 (877)). Hierbei gilt allgemein, dass die Sorgfaltspflicht des Unternehmers umso höher sein muss, je ungewöhnlicher ein Sachverhalt im Vergleich zu den Usancen der betreffenden Branche gelagert ist (Achatz, Formale Voraussetzungen, materielle Berechtigung und Gutglaubensschutz, in Seer (Hrsg), Umsatzsteuer im Europäischen Binnenmarkt - Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Band 32 (2009) 461 (484)). Schließt der Unternehmer bei Vorliegen untypischer Verhältnisse das Geschäft ohne weitere Nachforschungen ab und zeigen die weitergehenden Ermittlungen der Finanzverwaltung, dass ein Fall von Steuerbetrug vorliegt, ist ein Gutglaubensschutz regelmäßig ausgeschlossen (vgl. dazu Tumpel/Prechtl, SWK 2006, S 872 ; Laudacher, SWK 2009, S 671).

Verdachtsgründe, die auf einen Umsatzsteuerbetrug auf der Vorstufe schließen lassen, können gegeben sein, wenn die UID-Nummer erst nach Bewirkung des Umsatzes überprüft wird oder keine zusätzlichen Erkundigungen über den Erwerber eingeholt werden (vgl. EuGH 06.09.2012, Rs C-273/11, Mecsek-Gabona, Rn 51). Auch die Höhe des zu zahlenden Preises kann ausschlaggebend sein, nämlich dann, wenn er niedriger ist, als am freien Markt vernünftigerweise erwartet werden könnte (vgl. EuGH 11.05.2006, Rs C-384/04, FTI, Rn 31).

Der Vorsteuerabzug ist daher bei unrichtigen Rechnungsangaben zu verweigern, wenn der Tatbestand eines betrügerischen oder missbräuchlichen Verhaltens erfüllt ist und aufgrund der von der Abgabenbehörde festgestellten objektiven Umstände feststeht, dass der Leistungsempfänger dies wusste oder hätte wissen müssen. Es verstößt nicht gegen das Unionsrecht, wenn von einem Wirtschaftsteilnehmer gefordert wird, dass er alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen sind.

Der Vorsteuerabzug setzt somit auch voraus, dass in der Rechnung jener Unternehmer ausgewiesen wird, der die Leistung tatsächlich erbracht hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht, wenn die Rechnung als leistenden Unternehmer ein Rechtssubjekt aufweist, von dem die verrechnete Leistung nicht erbracht wurde (vgl. VwGH 30.9.1998, Zl. 96/13/0017).

Nach dem festgestellten Sachverhalt handelte es sich bei dem Rechnungsaussteller ***5*** um einen Scheinunternehmer, welche gegenüber der Bf. als Rechnungsadressaten nicht leistend war. Die in Rede stehenden Rechnungen weisen daher ein Rechtssubjekt als leistenden Unternehmer auf, von welchem die verrechneten Leistungen nicht erbracht wurden.

Im Rahmen der Beweiswürdigung kommt das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass die Bf. vom Betrug des ***5*** wissen musste. Das Recht auf Vorsteuerabzug aus den strittigen Rechnungen steht daher nicht zu.

Da hingegen die Leistungsbeziehungen zum Subunternehmen ***4*** anzuerkennen sind, sind auch die seitens der Behörde gestrichenen Vorsteuern und im Schätzungswege gekürzten Betriebsausgaben der Bf. zuzugestehen.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgt und Tatfragen der Revision nicht zugänglich sind.

Wien, am 23. Juni 2025