JudikaturBFG

RV/7100109/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
20. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend den Bescheid des ***FA*** vom 30. Oktober 2024

hinsichtlich Familienbeihilfe für ***1*** ab 09/2024,

SVNr. 5324260258,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz ( B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Nachdem die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ***1*** ab September 2024 gestellt hatte, ging ihr ein abweisender Bescheid des Finanzamtes zu, in welchem ausgeführt wurde:

Für volljährige Kinder, die ein Studium betrieben, welches als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 zu qualifizieren sei, bestehe ein Anspruch auf Familienbeihilfe grundsätzlich bis längstens zur Vollendung des 24. Lebensjahres des Kindes. In bestimmten Ausnahmefällen könne die Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt werden. Diese Fälle seien in Form von fünf Verlängerungstatbeständen im FLAG 1967 erfasst. Die Verlängerungstatbestände setzten jedenfalls voraus, dass sich das Kind zum Zeitpunkt der Vollendung des 24. Lebensjahres in einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 befinde. Diese Voraussetzung treffe gegenständlich nicht zu.

Die Beschwerdeführerin brachte eine Beschwerde ein, in der sie erläuterte:

§ 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 normiere den Anspruch für volljährige Kinder, die in dem Monat, indem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet würden. Diese Voraussetzungen lägen vor. Dass im Zeitpunkt der Vollendung des 24. Lebensjahres - dies sei bei ihrem Sohn der ***5*** gewesen - eine Berufsausbildung vorliegen müsse, werde nicht gefordert. Das Gesetz sehe eine solche Bestimmung einzig in § 2 Abs. 1 lit. i FLAG 1967 für volljährige Kinder vor, die sich im Zeitpunkt der Vollendung ihres 24. Lebensjahres in Berufsausbildung befinden und die vor diesem Geburtstag ein Kind geboren haben oder an diesem Geburtstag schwanger sind. Naturgemäß könne dies auf ihren Sohn nicht zutreffen. Sie ersuche daher um antragsentsprechende Zuerkennung der Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr.

In der Folge erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung nachstehenden Inhalts:

Der Sohn der Beschwerdeführerin habe im Juni 2023 das ***2*** erfolgreich beendet. Im Wintersemester 2024/25 habe er sich für das ***3*** eingeschrieben. Seinen Zivildienst habe er in der Zeit von 01.10.2018 bis 30.06.2019 absolviert.

Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe grundsätzlich bis längstens zur Vollendung des 24. Lebensjahres des Kindes.

Die Bestimmung gemäß § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 sei nicht eine allgemeine Verlängerung für die Familienbeihilfengewährung, wenn eine Ausbildung aus frei gewählten Gründen nach Beendigung des 24. Lebensjahres absolviert werde. Vielmehr handle es sich um eine Ausnahmebestimmung, bei der die Verzögerung allein durch die Ableistung des Präsenzdienstes kausal für den Tatbestand der Ausbildung nach Beendigung des 24. Lebensjahres sei. Habe die Ableistung des Zivildienstes vor Vollendung des 24. Lebensjahres stattgefunden, müsse sich das Kind bei Vollendung des 24. Lebensjahres in Berufsausbildung befinden.

Die Abgabenbehörde wies diesbezüglich auf eine Kommentarstelle hin.

In ihrem daraufhin eingebrachten Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zog die Beschwerdeführerin in Kritik, dass die Beschwerdevorentscheidung lediglich die Begründung der ursprünglichen Abweisung wiederholt habe und nicht auf ihre Argumentation in der Beschwerde eingegangen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen (zu Spruchpunkt I. Abweisung):

1. Sachverhalt

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        "***1***, der Sohn der Beschwerdeführerin, ist am ***4*** geboren."
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2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt mit Studienblatt der ***6***.

3. Rechtliche Beurteilung

Strittig ist: Hat die Beschwerdeführerin für ihren Sohn ***1*** ab September 2024 Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967?

Wie bereits seitens des Finanzamtes ausgeführt wurde, besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist, grundsätzlich bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres.

Dies bedeutet, dass in der Regel höchstens bis zum Ende des Monats, in den der 24. Geburtstag fällt, Familienbeihilfe zusteht (siehe § 10 Abs. 2 FLAG 1967).

Hiervon normieren die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. g bis k fünf Ausnahmen, wonach sich bei Zutreffen der dort umschriebenen Voraussetzungen die Altersgrenze längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres hinausschiebt.

Der Ausnahmetatbestand gemäß lit. g leg. cit., auf den die Beschwerdeführerin ihre Argumentation stützt, lässt eine Verlängerung des Anspruchszeitraums bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres dann zu, wenn das Kind in dem Monat, in dem es das 24. Lebensjahr vollendet hat oder davor den Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst geleistet hat.

Wurde der Dienst vor dem 24. Lebensjahr geleistet, muss sich das Kind bei Vollendung des 24. Lebensjahres in Berufsausbildung befinden (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 -Kommentar, § 2 Rz 30 sowie BFG 08.11.2018, RV/7101736/2018). Bei Besuch einer in § 3 StudFG genannten Einrichtung (das sind etwa Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen oder Konservatorien mit Öffentlichkeitsrecht) ist weitere Voraussetzung, dass die in Abs. 1 lit. b leg. cit. vorgesehene Studiendauer eingehalten wird.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ihrer Meinung Ausdruck gibt, eine Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 setze nicht voraus, dass im Zeitpunkt der Vollendung des 24. Lebensjahres eine Berufsausbildung vorliegen müsse, kann ihr nicht gefolgt werden und ist sie diesbezüglich auch auf die zitierte Kommentarstelle hinzuweisen (Lenneis in Lenneis/Wanke aaO). Es mag zutreffen, dass - nach einer vorerst anzustellenden Wortinterpretation - die gesetzliche Formulierung nicht eindeutig ist. Eine in weiterer Folge vorzunehmende teleologische Interpretation ergibt aber (vgl. BFG 08.11.2018, RV/7101736/2018):

Die strittige gesetzliche Bestimmung muss unter Berücksichtigung des Normzweckes ausgelegt werden. Dieser liegt zweifelsohne darin, den durch die Ableistung des Präsenz-/Zivildienstes eingetretenen zeitlichen Verlust bei der beruflichen Ausbildung durch eine Verlängerung des Zeitraumes, für den Familienbeihilfe beansprucht werden kann, auszugleichen (siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Strukturanpassungsgesetzes 1996, zu Art. 72, 72 d.B. XX. GP;)

Wie schon in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, handelt es sich daher bei der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 nicht um eine allgemeine Verlängerung der Gewährung von Familienbeihilfe, wenn eine Ausbildung aus frei gewählten Gründen nach Beendigung des 24. Lebensjahres absolviert wird, sondern um eine Ausnahmebestimmung, bei der die Verzögerung allein durch die Ableistung des Präsenz-/Zivildienstes kausal für die Ausbildung nach Beendigung des 24. Lebensjahres sein muss. (vgl. auch BFG 23.06.2021, RV/7101215/2021, besprochen in BFGjournal, 2021, 269).

Umgelegt auf den Streitfall ergibt sich:

Der Sohn der Beschwerdeführerin, der den Zivildienst vor Aufnahme seines Bachelorstudiums absolvierte, schloss das Studium der ***7*** mit der Erlangung des Bachelorgrades am 30.05.2023 ab. Er hat damit eine Berufsausbildung vor Erreichen seines 24. Geburtstages abgeschlossen. Eine Verzögerung des Studienabschlusses durch den zuvor absolvierten Zivildienst liegt nicht vor.

Für die neue Berufsausbildung, die er in Form des Masterstudiums rund drei Monate nach Vollendung seines 24. Lebensjahres im Wintersemester 2024 aufgenommen hat, steht Familienbeihilfe nicht zu, weil der Sachverhalt die tatbestandsmäßigen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wegen Altersüberschreitung nicht erfüllt und ein Verlängerungstatbestand im Sinne der lit. g. leg. cit. - wie ausgeführt - nicht vorliegt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

4. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der in Streit stehenden Rechtsfrage findet Deckung in der höchstgerichtlichen Judikatur und lässt sich in klarer Weise aus dem Gesetz ableiten. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am 20. Mai 2025