IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 12. Juni 2024 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 27. Mai 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom 25. November 2024 Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom 25. November 2024 zu entnehmen, die insoweit integrierender Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses ist.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 hat der Beschwerdeführer (Bf) außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung und Behinderung seiner Gattin geltend gemacht. In der Beilage L1ab für 2023 wurde der Grad der Behinderung der Gattin mit 100 % angegeben. Darüber hinaus wurde bekanntgegeben, dass die Gattin des Bf (***4***) von ***3*** Pflegegeld bezogen hat.
Die Ehefrau des Bf ist an ***1*** erkrankt und am ***2*** verstorben. ***4*** hat im Jänner 2023 Pflegegeld der Stufe 1 (€ 175) und ab Februar Pflegegeld der Stufe 2 (€ 322,70) bezogen. Der Grad der Behinderung wurde im Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen mit 100 % (Dauerzustand) bekanntgegeben. Ein diesbezüglicher Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen wurde nicht vorgelegt.
2. Im Einkommensteuerbescheid 2023 vom 27.05.2024 wurden der pauschale Freibetrag wegen Behinderung von ***4*** und die Mehraufwendungen für Hilfsmittel bzw. für Heilbehandlungen des Bf und seiner Gattin (€ 485,61 bzw. € 788,98) nicht berücksichtigt.
3. Gegen den genannten Bescheid wurde am 10.06.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben und ua ausgeführt, der Freibetrag wegen Behinderung seiner Gattin in Höhe von € 1.198,00 sei zu gewähren. Diesbezüglich werde auf den Einkommensteuerakt 2022 verwiesen.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.11.2024 wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2023 wurde zugunsten des Bf abgeändert. Die beantragten Mehraufwendungen (€ 485,61 bzw. € 788,98) wurden berücksichtigt. Der Freibetrag wegen Behinderung seiner Ehegattin wurde wiederum nicht gewährt. Begründend wurde ausgeführt, dieser stehe bei ganzjährigem Bezug von Pflegegeld nicht zu.
5. Im rechtzeitig gestellten Vorlageantrag vom 03.12.2024 wurde vorgebracht, die Gattin des Bf habe nicht ganzjährig Pflegegeld bezogen, sondern nur bis zu ihrem Sterbetag.
6. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 wurde vom Bf (erstmals) die Gewährung des Behindertenfreibetrages für seine Gattin beantragt, und der Bezug von Pflegegeld für die Kalendermonate Juli bis Dezember bekanntgegeben. Der Freibetrag wegen Behinderung des (Ehe)Partners im Betrag von € 1.198,00 wurde dem Bf im Einkommensteuerbescheid 2022 vom 31.05.2023 gewährt.
II. Rechtslage und Erwägungen:
1. § 35 Abs. 1 EStG 1988 lautet wie folgt:
"Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen-durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,-bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3),-ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 7 284 Euro jährlich erzielt,-durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird, und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu."
2. Der allgemeine Behindertenfreibetrag steht gemäß § 35 Abs. 1 EStG dann nicht zu, wenn wegen der Behinderung pflegebedingte Geldleistungen bezogen werden (Vermeidung einer "Überförderung", EBRV 72 XX.GP, Jakom/Peyerl 2021, § 35 Rz 5, Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG25, § 35 Rz 4).
3. Insoweit der Bf auf die Veranlagung 2022 verweist, ist ihm zu erwidern, dass die Gewährung des vollen Freibetrages in diesem Jahr auf die Lohnsteuerrichtlinien zurückzuführen ist. Nach den zitierten Richtlinien steht, der Freibetrag in dem Kalenderjahr, in dem erstmals Pflegegeld bezogen wird, in voller Höhe zu, wenn Pflegegeld (eine pflegebedingte Geldleistung) nur für einen Teil des Kalenderjahres bezogen wird (LStR 2002, Rz 839f und 841). Die Einkommen- und Lohnsteuerrichtlinien sind keine Akte, die einen normativen Inhalt aufweisen. Eine Bindung von Gerichten an diese Richtlinien besteht daher nicht (VwGH 31.08.2018, Ra 2017/15/0038).
III. Zulässigkeit einer Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil sich die Rechtsfolgen aus dem Gesetz ergeben.
Innsbruck, am 1. August 2025