JudikaturBFG

RV/7101529/2022 – BFG Entscheidung

Entscheidung
21. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Sonja Stradner in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch KINDL Rechtsanwalt GmbH, Geusaugasse 17, 1030 Wien, über die Beschwerde vom 13. Mai 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 11. April 2022 betreffend Antrag auf Rückerstattung der Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO für das Jahr 2016, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 29.12.2021 brachte die Beschwerdeführerin (Bf.) einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016 sowie in eventu einen Antrag auf Rückerstattung zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO ein.

Zum Antrag auf Rückerstattung der Lohnsteuer für das Jahr 2016 wurde ausgeführt, dass sie als Hausbesorgerin bei ***AG*** tätig sei und im Falle ihrer urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheit eine Vertretung zu besorgen habe. Die entsprechenden Vertreterentschädigungen, welche die Antragstellerin (= nunmehr Bf.) an ihre jeweilige Vertretung weiterzuleiten habe, seien von ***AG*** über die Gehaltsabrechnung des jeweiligen Monats, in dem der Vertretungsfall eingetreten sei, abgerechnet worden. Bei diesen Zahlungen würde es sich um durchlaufende Posten gemäß § 26 Z 2 EStG 1988 handeln, die Arbeitgeberin habe jedoch Lohnsteuer einbehalten und abgeführt.

Mit Bescheid vom 11.04.2022 wies das Finanzamt den Antrag auf Rückerstattung der Lohnsteuer 2016 ab und begründete seine Rechtsansicht damit, dass die streitgegenständlichen Vertreterentschädigungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren seien. Da die Einkommensteuer dem Lohnabzug unterliege, seien die entsprechenden Beträge nicht zu Unrecht einbehalten worden.

Dagegen wurde fristgerecht am 13.05.2022 Beschwerde erhoben und sowohl die Direktvorlage zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht als auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Zusammengefasst brachte die Bf. wiederum vor, dass die Vertreterentschädigungen als durchlaufende Posten zu behandeln und daher bei der Einkommensteuer bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Gänze aus der Einkommensteuerbemessungsgrundlage auszuscheiden seien. Da es sich um keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn iSd § 25 EStG 1988 handle, habe auch kein Lohnsteuerabzug vom Arbeitgeber vorgenommen werden dürfen.

In eventu beantragte die Bf. die Berücksichtigung der tatsächlichen Werbungskosten durch teilweise Stattgabe und Abänderung der Rückzahlung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer iHv 1.782,00 € statt 3.296,00 € durch das Bundesfinanzgericht.

Mit Vorlagebericht vom 25.05.2022 legte das Finanzamt den Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht vor, wobei der Fall der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung am 01.03.2023 zugewiesen wurde.

Mit Beschluss vom 15.05.2023 wurde die Entscheidung in der Beschwerdesache gemäß § 271 Abs. 1 BAO bis zur Beendigung der beim VwGH und beim VfGH anhängigen Verfahren (Beschwerde und Revision zu BFG vom 17.11.2022, RV/7100193/2021) ausgesetzt, da der Ausgang dieser Verfahren hinsichtlich der Frage, wie die von der Revisionswerberin übernommenen Vertreterentgelte nach § 17 Abs. 2 Hausbesorgergesetz einkommensteuerrechtlich auf Ebene des vertretenen Hausbesorgers zu behandeln sind, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung in der vorliegenden Beschwerdesache war.

Mit Erkenntnis vom 22.01.2025, Ro 2023/13/0009, wies der VwGH die Revision als unbegründet ab und führte aus, dass "betreffend die Ersatzleistungen des Dienstgebers weder "durchlaufende Gelder" noch "Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber" iSd § 26 Z 2 EStG 1988 vorliegen". Es handle sich vielmehr um Bezüge oder Vorteile der Revisionswerberin aus ihrem bestehenden Dienstverhältnis (§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988) (Rn 33).

Nach telefonischer Erörterung der Sach- und Rechtslage zog die Bf. den Antrag auf mündliche Verhandlung mit Schreiben vom 08.08.2025, eingelangt beim Bundesfinanzgericht am 18.08.2025, zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist als Hausbesorgerin bei ***AG*** im Rahmen eines Dienstverhältnisses beschäftigt und fällt in den Anwendungsbereich des Hausbesorgergesetzes (HbG), das die Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis eines Hausbesorgers regelt.

Gemäß § 17 Abs. 1 HbG hat die Bf. auf eigene Kosten für ihre Vertretung im Fall einer urlaubs- bzw. krankheitsbedingten Abwesenheit aufzukommen. Für den Fall einer urlaubsbedingten Abwesenheit hatte die Bf. mindestens drei Tage vor Antritt des Urlaubes eine entsprechende Meldung an ihren Arbeitgeber zu erstatten. Nach erfolgter Meldung über die urlaubsbedingte Abwesenheit brachte ***AG*** das berechnete Vertreterentschädigungsentgelt erst mit dem nächsten monatlichen Gehalt an die Bf. zur Auszahlung. Seitens ***AG*** wurden diese Vertreterentschädigungszahlungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt, Lohnsteuer einbehalten und abgeführt.

Die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 erfolgte antragsgemäß mit Einkommensteuerbescheid vom 14.02.2017, wobei pauschalierte Werbungskosten iHv 3.504,00 € für die Berufsgruppe "Hausbesorger" berücksichtigt wurden. Der Einkommensteuerbescheid 2016 ist rechtskräftig.

Mit Antrag vom 29.12.2021 begehrte die Bf. die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016 gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO bzw. in eventu die Rückerstattung zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO. Nach Ansicht der Bf. handle es sich bei den streitgegenständlichen Vertreterentschädigungen um "durchlaufende Posten" und nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Allenfalls sollten die tatsächlichen Werbungskosten iHv 7.578,48 € berücksichtigt werden.

Mit Bescheid vom 27.01.2022 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme der Einkommensteuer 2016 abgewiesen. Eine Revision erfolgte nicht.

Bei den erhaltenen Vertreterentschädigungen handelt es sich nicht um "durchlaufende Posten oder Auslagenersätze iSd § 26 Z 2 EStG 1988", sondern um steuerpflichtigen Arbeitslohn (VwGH 22.01.2025, Ro 2023/13/0009).

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie den - in Wahrnehmung der amtswegigen Ermittlungspflicht - aus dem Abgabensystem des Bundes bezogenen Dokumenten.

Dass die Einkommensteuer für das Jahr 2016 rechtskräftig veranlagt ist, ist unstrittig.

Über die grundsätzliche Streitfrage, ob die erhaltenen Vertreterentschädigungen von Hausbesorgern, die im Dienstverhältnis zu ***AG*** stehen, als "durchlaufende Posten" bzw. "Auslagenersätze iSd § 26 Z 2 EStG 1988" oder als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln sind, hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 17.11.2022, RV/7100193/2021 entschieden und weder "durchlaufende Posten" noch "Auslagenersätze" erkannt. Aufgrund des vergleichbaren Sachverhaltes wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.

Der VwGH hat die Entscheidung des Bundesfinanzgericht bestätigt und ausgeführt, dass "betreffend die Ersatzleistungen des Dienstgebers weder "durchlaufende Gelder" noch "Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber" iSd § 26 Z 2 EStG 1988 vorliegen". Es handle sich vielmehr um Bezüge oder Vorteile der Revisionswerberin aus ihrem bestehenden Dienstverhältnis ( § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988) (VwGH 22.01.2025, Ro 2023/13/0009, Rn 33). Die vom Arbeitgeber ausbezahlten Vertreterentschädigungen sind daher zweifellos als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 240 Abs. 1 BAO ist bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

Gemäß § 240 Abs. 3 BAO hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Rückzahlung eines zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,

b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Das Gericht hat festgestellt, dass die gegenständlichen Vertreterentschädigungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln sind. Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer somit zu Recht einbehalten und abgeführt. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn das Finanzamt den Antrag auf Rückerstattung zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer abgewiesen hat.

Zur nachträglichen Berücksichtigung tatsächlicher Werbungskosten ist folgendes auszuführen:

Aus dem klaren Wortlaut des § 240 Abs. 3 BAO ergibt sich, dass Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen einzubehalten und abzuführen sind, insoweit nicht auf Grund eines auf diese Gesetzesbestimmung gestützten Antrages zurückgezahlt werden dürfen, als das Einkommensteuergesetz eine Überprüfung und allfällige Korrektur im Wege der Veranlagung vorsieht. Der durch § 240 Abs. 3 BAO dem Arbeitnehmer eröffnete ergänzende Rechtschutz zum Zwecke der Korrektur eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers greift nach der Anordnung des Gesetzes dann nicht, wenn dem Arbeitgeber gegebenenfalls unterlaufene Unrichtigkeiten beim Lohnsteuerabzug ohnehin auf dem Wege der Erlassung eines Veranlagungsbescheides korrigierbar sind. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Veranlagung zur Einkommensteuer bereits erfolgt ist oder nicht (VwGH 24.01.2007, 2006/13/0171; 04.06.2003, 2002/13/0241).

Für das Kalenderjahr 2016 ist mit dem Bescheid vom 14.02.2017 eine Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer bereits rechtskräftig erfolgt. Zufolge des dem Gesetz zu entnehmenden Vorranges des Veranlagungsverfahrens gegenüber dem lediglich subsidiären Behelf eines Antrages nach § 240 Abs. 3 BAO kann aber eine stattgebende Erledigung über einen solchen Antrag auch dann nicht mehr in Betracht kommen, wenn das Veranlagungsverfahren über die vom Antrag betroffenen Zeiträume bereits rechtskräftig abgeschlossen ist; die an sich bereits im Veranlagungsverfahren zu berücksichtigenden tatsächlichen Werbungskosten iHv 7.578,48 € nachträglich im Wege des (subsidiären) Rechtsbehelfes nach § 240 Abs. 3 BAO (somit auch außerhalb der Rechtsschutzeinrichtungen des 7. Abschnittes der BAO) herbeiführen zu wollen, liefe auf eine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft des Veranlagungsbescheides hinaus (vgl. VwGH 01.06.2006, 2005/15/0123 mwN).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der gegenständlich zu beurteilenden Rechtsfrage (Rückerstattung) liegt bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, von der nicht abgewichen wurde. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am 21. August 2025