IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gregor Armin Klammer, Goldschmiedgasse 6 Tür 6-8, 1010 Wien, über die Beschwerde vom 10. Mai 2021 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 8. April 2021 betreffend Pfändung einer Geldforderung 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom 24. November 2020 ordnete die Abgabenbehörde die Sicherstellung näher aufgeschlüsselter Abgabenansprüche (Umsatzsteuer 2018, 2019 und Jänner bis Oktober 2020 sowie Einkommensteuer 2018 und 2019) iHv insgesamt 135.900,00 € in das Vermögen der Beschwerdeführerin (Bf) an.
Am 26. November 2020 kam es zum Vollzug des Sicherstellungsauftrages, es fanden mehrere Hausdurchsuchungen statt.
Mit Bescheid vom 8. April 2021 pfändete die Abgabenbehörde das Guthaben auf dem Abgabenkonto ***BF1StNr1***. Die Forderungen durften mit der Pfändung, nicht mehr an die Bf. gezahlt werden. Gleichzeitig erging an die Bf das bescheidmäßige Verbot der Verfügung über den gepfändeten Anspruch. Dem der Bf. nachweisliche zugestellten Verfügungsverbot beigelegt war eine Ausfertigung des Pfändungsbescheides.
Die gegen den Pfändungsbescheid erhobene Beschwerde vom 10. Mai 2021 wurde damit begründet, dass eine Abgabenschuld iHv 135.900,00 € nicht bestehe. Hier würden noch Rechtsmittelverfahren laufen.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 24. November 2021 wurde ausgeführt, dass die Pfändung gemäß § 65 AbgEO zu Recht erfolgte, da zum Zeitpunkt der Pfändung ein aufrechter Exekutionstitel bestand (Sicherstellungsauftrag vom 24.11.2020).
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2021 wurde fristgerecht Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht erhoben.
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde, mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses, vom 29. Jänner 2024, im Zuge einer Altaktenumverteilung dem erkennenden Richter zur Erledigung übertragen.
Mit Eingabe vom 10. März 2025 wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Bescheid vom 20. November 2020 wurde über das Vermögen der Bf. die Sicherstellung folgender Abgabenansprüche angeordnet:
Abgabenart | Zeitraum | Höhe in Euro |
Umsatzsteuer | 2018 | 16.500,00 |
Einkommensteuer | 2018 | 4.200,00 |
Umsatzsteuer | 2019 | 57.200,00 |
Einkommensteuer | 2019 | 36.000,00 |
Umsatzsteuer Jänner bis Oktober | 2020 | 22.000,00 |
SUMME | 135.900,00 |
Die Sicherstellung erfolgte, da die in den eingereichten Abgabenerklärungen für die Jahre 2018 und 2019 angeführten Bemessungsgrundlagen nicht dem tatsächlichen Umsatz und Gewinn, den die Abgabepflichtige aus dem Betrieb des Lokales ***Lokal*** in der ***Adresse Lokal***, erzielt, widerspiegelten. Umsatzsteuervoranmeldungen für 2020 wurden nicht eingereicht.
Auf Grund der Erhebungen der Polizei und im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien fanden am 26. November 2020 mehrere Hausdurchsuchungen statt. Es kam zum Vollzug des Sicherstellungsauftrages, durch eine Forderungspfändung bei der Staatsanwaltschaft Wien. Den Exekutionstitel für die Pfändung bildete der Sicherstellungsauftrag vom 24. November 2020.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. April 2021 pfändete die Abgabenbehörde das Guthaben auf dem Abgabenkonto ***BF1StNr1***. Weiters wurde am 8 April 2021 ein Zweitverbot erlassen und das Guthaben in die Finanzverwahrung gebucht. Die gegen den Pfändungsbescheid erhobene Beschwerde vom 10. Mai 2021 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 24. November 2021 abgewiesen.
2. Beweiswürdigung
Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt. Dies gilt auch für die Feststellung, dass der Sicherstellungsauftrag vom 24. November 2020 den Exekutionstitel für die beschwerdegegenständliche Pfändung bildet.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung der Beschwerde)
§ 65 AbgEO lautet:
(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Gemäß § 78 Abs. 1 AbgEO kann auf Grund eines Sicherstellungsauftrages ( § 232 BAO) zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden.
§ 232 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(…)
(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden.
Gemäß § 233 Abs. 1 BAO ist der Sicherstellungsauftrag Grundlage - somit Exekutionstitel - für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren (Ritz/Koran, BAO7, § 232 Tz 1).
Das Sicherstellungsprotokoll vom 26. November 2020 ist im Gegensatz zum Sicherstellungsauftrag gem. § 232 BAO kein Bescheid, und vor allem kein Exekutionstitel im Sicherungsverfahren, sondern lediglich eine Bestätigung über die im Verfahren sichergestellten Gegenstände ( § 111 Abs. 4 StPO).
In der Beschwerde wurde ausdrücklich vorgebracht, dass eine Abgabenschuld iHv 135.900,00 € nicht besteht. In § 65 Abs. 1 Satz 2 AbgEO ist die Bezeichnung der Abgabenschuld abschließend geregelt. Danach hat der Pfändungsbescheid - allein - die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze im Sinne des § 26 AbgEO anzugeben. Dafür, dass in den Pfändungsbescheid weitere Angaben über die Abgabenschuld aufzunehmen sind, insbesondere der Exekutionstitel konkret zu benennen ist, bietet das Gesetz keine Handhabe (BFG 11.01.2013, RV/0600-I/12, unter Verweis auf VwGH 27.03.2003, 2000/15/0067; 27.08.1998, 95/13/0274;).
Es ist Voraussetzung eines Sicherstellungsverfahrens, dass eine vollstreckbare Abgabenschuld noch nicht besteht. Dessen ungeachtet ermöglicht § 78 AbgEO Vollstreckungsmaßnahmen, worunter unstrittig die beschwerdegegenständliche Pfändung eines Herausgabeanspruchs fällt, bereits vor Rechtskraft bzw. Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld. Vor diesem Hintergrund vermag die Behauptung, die Bf. schulde der Abgabenbehörde nichts, der Beschwerde naturgemäß nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Die materielle Richtigkeit der der Vollstreckung zugrunde liegenden Abgabenforderung ist außerdem im Rechtsmittelverfahren betreffend die Abgabenvorschreibung zu prüfen und nicht im Vollstreckungsverfahren. Etwaige Einwendungen gegen den Abgabenanspruch wären daher mit Berufung gegen die Abgabenbescheide geltend zu machen gewesen (vgl. schon VwGH 17.5.1989, 88/13/0089) und stellen unzulässige Einwendungen gegen den Exekutionstitel dar (VwGH 29.9.1997, 96/17/0454).
Nur die Einstellung der Vollstreckung führt zur Aufhebung der bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Vollstreckungshandlungen und damit zur Auflassung der erworbenen Pfandrechte. Die Einstellungsgründe sind im Gesetz in den §§ 12 bis 14 und 16 AbgEO taxativ aufgezählt. Keiner der in diesen Bestimmungen umschriebenen Tatbestände trifft auf den Beschwerdefall zu. Für die Einstellung der Vollstreckung besteht somit keine Rechtsgrundlage.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage des Inhaltes eines Pfändungsbescheides wurde auf Grundlage der zitierten Rechtsprechung gelöst. Es liegt somit keine bedeutsame Rechtsfrage vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am 6. Mai 2025