IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Steuernummer ***BF1StNr1***
über die Beschwerde vom 8. Februar 2019 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 18. Jänner 2019 betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2017 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ***Bf1*** (im Folgenden kurz: Bf) wurde mit Bescheid vom 18. Jänner 2019 zur Einkommensteuer 2017 veranlagt. Da der Bf. keine Einkommensteuer-Vorauszahlungen getätigt hatte, ergab sich aus der Veranlagung eine (in einem anderen Verfahren strittige) Nachforderung iHv 31.812,00 Euro.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 vom 18. Jänner 2019 wurden beim Bf. Anspruchszinsen für den Zeitraum 1. Oktober 2018 bis 20. Jänner 2019 iHv 135,39 Euro festgesetzt. Diese berechneten sich aus der Nachzahlung iHv 31.812,00 Euro mal 112 Tage zum Tageszinssatz von 0,0038%.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 8. Februar 2019 brachte der Bf. vor, dass die späte Veranlagung nur zu einem geringen Teil durch ihn zu vertreten sei. Der Grund sei die Prüfung durch das Finanzamt, wobei das Ergebnis für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei. Im Übrigen sei der Bescheid nicht begründet gewesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28. März 2025 änderte das Finanzamt den Bescheid dergestalt ab, dass das Finanzamt eine Gutschrift iHv 62,68 Euro festsetzte. Begründend führte das Finanzamt aus, dass sich aufgrund der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung betr. Einkommensteuer 2017 vom 26. März 2025 ein Guthaben ergäbe, das zu Gunsten des Bf. zu verzinsen sei. Die Anspruchszinsen wurden für den Zeitraum 1. Oktober 2018 - 30. September 2022 berechnet.
Mit Antrag vom 22. April 2025 beantragte der Bf. die Behandlung der Beschwerde durch das BFG. Darin zeigte der Bf. einen Kommafehler bei der Berechnung auf (statt 62,68 Euro ergäbe die korrekte Berechnung 628,87 Euro). Weiters beantragte er für die Zeit nach dem 30. September 2022 Beschwerdezinsen und die Zuerkennung von Zinseszinsen wegen der langen Verfahrensdauer.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der Bf. wurde mit Bescheid vom 18. Jänner 2019 zur Einkommensteuer 2017 veranlagt. Die Veranlagung ergab eine Nachzahlung iHv 31.812,00 Euro. Mit Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2017 vom 18. Jänner 2019 wurden beim Bf. Anspruchszinsen für den Zeitraum 1. Oktober 2018 bis 20. Jänner 2019 iHv 135,39 Euro festgesetzt. Diese berechneten sich aus der Nachzahlung iHv 31.812,00 Euro mal 112 Tage zum Tageszinssatz von 0,0038%.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Rechtslage
§ 205 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
(1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
(2) Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.
(3) Der Abgabepflichtige kann, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.
(4) Die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) wird durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.
(5) Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen sind nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.
(6) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Nachforderungszinsen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen,
a) als der Differenzbetrag (Abs. 1) Folge eines rückwirkenden Ereignisses (§ 295a) ist und die Zinsen die Zeit vor Eintritt des Ereignisses betreffen oder
b) als ein Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf dem Abgabenkonto bestanden hat.
2.2. Anspruchszinsenbescheid vom 18. Jänner 2019
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Bescheides zu verzinsen (Anspruchszinsen). Mit anderen Worten: Verzinst wird die Differenz von Einkommensteuer, die sich aus dem rechtswirksam erlassenen Jahresbescheid ergibt und entrichteten Vorauszahlungen.
Anspruchszinsenbescheide sind damit an die Höhe der im Bescheidspruch des entsprechenden Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderungen gebunden. Zinsenbescheide setzen jedoch nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, wohl aber einen solchen rechtswirksam erlassenen Bescheid voraus. Daher sind Anspruchszinsenbescheide auch nicht mit der Begründung anfechtbar, der Stammabgabenbescheid bzw. ein abgeänderter Bescheid wäre rechtswidrig. Sie sind auch nicht vom Verschulden einer Parte abhängig.
Aus der Konzeption des § 205 BAO folgt weiters, dass jede weitere Nachforderung bzw. Gutschrift einen weiteren Anspruchszinsenbescheid auslöst. Damit wird einer allfälligen Abänderung des (ebenfalls angefochtenen) Einkommensteuerbescheides aus der Sicht der Anspruchsverzinsung dadurch Rechnung getragen, dass im Zuge der Entscheidung über die gegen den Einkommensteuersteuerbescheid gerichteten Beschwerde von Amts wegen ein an den Spruch der Beschwerdevorentscheidung gebundener (Gutschrifts-)Zinsenbescheid ergeht (vgl. Ritz, BAO7, § 205 Tz 35 unter Verweis auf VwGH 28.5.2009, 2006/15/0316, 2006/15/0332; BFG 22.6.2017, RV/3100488/2017; BFG 25.7.2018, RV/7103200/2018; VwGH 31.1.2019, Ro 2018/15/0005; BFG 20.1.2021, RV/7101211/2016; BFG 17.3.2023, RV/7102383/2018; BFG 25.4.2023, RV/7100268/2023; BFG 7.7.2023, RV/1100077/2021; BFG 26.7.2023, RV/7102565/2023; BFG 16.11.2023, RV/3100825/2019). Diese Vorgangsweise ist auch den parlamentarischen Materialien zur Schaffung der Bestimmung des § 205 BAO zu entnehmen (siehe Erläuternde Bemerkungen RV 311 BlgNR 21. GP zu Art. 27 Z 8).
Für den Beschwerdefall bedeutet das, dass die Festsetzung von Anspruchszinsen durch den angefochtenen Bescheid vom 18. Jänner 2019 iHv 135,39 Euro zu Recht erfolgte, da dieser Festsetzung der rechtswirksam erlassene Einkommensteuerbescheid 2017 vom 18. Jänner 2019 zugrunde liegt. Auch die Höhe der Zinsen wurde korrekt ermittelt.
Der Berechnung der Anspruchszinsen in der Beschwerdevorentscheidung vom 28. März 2025 liegt der Irrtum zugrunde, der ursprüngliche Anspruchszinsenbescheid sei aufgrund der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung betr. Einkommensteuer 2017 vom 26. März 2025 abzuändern. Offenbar daher wurde der Berechnung auch ein anderer Zeitraum zugrunde gelegt (statt für den Zeitraum 1. Oktober 2018 bis 20. Jänner 2019 wurden die Zinsen für den Zeitraum 1. Oktober 2018 - 30. September 2022 berechnet). Richtigerweise hätte das Finanzamt einen weiteren Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen erlassen müssen.
Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt ( § 264 Abs 3 BAO). Das BFG hat daher nur über die Rechtmäßigkeit des Anspruchszinsenbescheides vom 18. Jänner 2018 für den Zeitraum 1. Oktober 2018 bis 20. Jänner 2019 abzusprechen. Dieser ist rechtsrichtig, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.
Daraus ergibt sich allerdings auch, dass das Finanzamt Anspruchszinsen aufgrund der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung betr. Einkommensteuer 2017 vom 28. März 2025 mit weiterem Bescheid festsetzen muss, da das BFG dafür keine Entscheidungskompetenz hat. Auch die in der Beschwerde beantragten Beschwerdezinsen sind vom Finanzamt und nicht vom BFG bescheidmäßig festzusetzen.
2.3. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ergibt sich die Vorgangsweise aus dem Gesetz und wurde durch die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung bestätigt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am 25. August 2025