IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Alexander Schalwich, Lacknerweg 5, 5400 Hallein, über die Beschwerde vom 26. November 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land (nun Finanzamt Österreich) vom 21. Oktober 2019 betreffend Pfändung einer Geldforderung 2019, Steuernummer***Bf_StNr***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid - Pfändung einer Geldforderung vom 21. Oktober 2019 hat das Finanzamt der ***Bank*** mitgeteilt, dass ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von EUR 154.792,25 sowie Gebühren und Barauslagen für die Pfändung in Höhe von EUR 1.560,52 schuldet und die dem Abgabenschuldner angeblich gegen die Bank zustehenden Forderungen in unbekannter Höhe gemäß § 65 AbgEO gepfändet werden.
Mit Schreiben vom 26. November 2019 hat der Bf durch seinen Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid erhoben und diese damit begründet, dass die bei der ***Bank*** bestehenden Sparbücher nicht in seinem Eigentum stehen. Sämtliche Sparbücher würden sich im alleinigen Eigentum von Frau ***B*** befinden, welche über diese allein verfügungsberechtigt sei. Dazu wird auf die beigeschlossene eidesstättige Erklärung der Frau ***B*** verwiesen. Diese habe die Sparbücher für einen Firmenkredit an die ***Bank*** verpfändet.Bei den Konten ***AT7*** und ***AT8*** handle es sich tatsächlich um Eigenkonten des Bf. Auf beiden Konten bestehe derzeit ein Minus und würden auf diese nur die unpfändbaren Einkommensteile aus geringfügigen Beschäftigungen einbezahlt. Selbst wenn - was derzeit nicht der Fall sei - Guthaben bestehen würden, seien diese von einer Pfändung ausgenommen.
Laut einer angeschlossenen Bestätigung der ***Bank*** vom 22. November 2019 an den Bf sind folgende indentifizierten Sparbücher zugunsten der ***GmbH*** verpfändet:Konto ***AT1***: EUR 12.026,49Konto ***AT2***: EUR 12.024,01Konto ***AT3***: EUR 12.017,60Konto ***AT4***: EUR 10.015,65Konto ***AT5***: EUR 10.015,65Konto ***AT6***: EUR 12.021,16Die Sparbücher wurden auf den Namen des Bf identifiziert. Da es sich um Sparbücher mit einer Einlage unter EUR 15.000 handelt und es Inhaberpapiere sind, kann die Bank nicht feststellen, wem die Sparbücher tatsächlich zugeordnet werden können.
Ebenfalls mit der Beschwerde vorgelegt wurde eine "Eidesstattische Erklärung" von ***B*** vom 26. November 2019, wonach es sich bei sämtlichen oa Sparbüchern um Inhaberpapiere handle und sich alle Originalsparurkunden - bis zur nachstehend angeführten Verpfändung - in ihrem alleinigen Besitz befunden hätten. Es seien ihr alle Losungsworte bekannt, sodass sie allein verfügungsberechtigt gewesen wäre und sei.Sie sei mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von EUR 2.860,00 Gesellschafterin der ***GmbH***, ***FN***. Sämtliche vorangeführten Sparbücher (siehe dazu auch das Schreiben der Bank) habe sie im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung an die ***GmbH*** als Sicherheit zugunsten des Kreditgebers, der ***Bank*** verpfändet.Da sohin sämtliche eingangs angeführten Sparbücher in ihrem Alleineigentum stünden, sei die Pfändung der Guthaben nicht zulässig.
Eine Kopie der Seite 1 des Kreditvertrages zwischen der ***Bank*** als Kreditgeber und der ***GmbH*** als Kreditnehmer ist angeschlossen. Unter "Verpfändung Einlage" sind in diesem Vertrag die betreffenden Sparbücher. lautend auf ***Bf***, aufgelistet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. Februar 2020 hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.Die Pfändung sei ins Leere gegangen, da die Sparbücher zu Gunsten der ***Bank*** zediert und die Konten des Bf zum Zeitpunkt der Pfändung im Minus gewesen seien. Die Pfändung an sich wäre korrekt und werde daher auch nicht aufgehoben.
Mit Schreiben vom27. Mai 2020 hat der Bf durch seinen Vertreter die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt. Die betreffenden Sparbücher würden im Eigentum von ***B*** stehen; es liege daher Unpfändbarkeit vor. Der Antrag, den Bescheid vom 21. Oktober 2019 als nichtig zu beheben, bleibe daher aufrecht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 65 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) idmF lautet auszugsweise:
"(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, daß die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen."
§ 31 Abs 3 Bankwesengesetz (BWG) bestimmt:
"Bei Spareinlagen, deren Guthabenstand weniger als 15 000 Euro oder Euro-Gegenwert beträgt, und die nicht auf den Namen des gemäß den Bestimmungen des FM-GwG [Finanzmarkt-Geldwäschegesetz] identifizierten Kunden lauten, muss der Vorbehalt gemacht werden, dass Verfügungen über die Spareinlage nur gegen Angabe eines von ihm bestimmten Losungswortes vorgenommen werden dürfen. Dieser Vorbehalt ist in der Sparurkunde und in den Aufzeichnungen des Kreditinstitutes zu vermerken. Wurde der Vorbehalt durch Angabe eines Losungswortes gemacht, so hat der Vorleger der Sparurkunde bei Verfügungen das Losungswort anzugeben oder, wenn er hiezu nicht imstande ist, sein Verfügungsrecht über die Spareinlage nachzuweisen. § 5 Z 3 FM-GwG bleibt unberührt. Über eine Spareinlage, die von Todes wegen erworben worden ist, kann ohne Angabe des Losungswortes verfügt werden; dasselbe gilt für den Fall der Vorlage der Sparurkunde im Zuge einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Zwangsvollstreckung."
Sparbücher, deren Guthabensstand weniger als 15.000 EUR beträgt, die nicht auf einen Namen lauten und mit einem Losungswort versehen sind (§ 32 Abs 4 Z 1 BWG; "Kleinbetragssparbücher"), sind Inhaberpapiere (OGH 28.2.2012, 4Ob170/11w mwN). Das Spareinlagengeschäft nach § 31 Abs 1 BWG gilt stets als Geschäftsbeziehung iSd § 5 Z 1 FM-GwG und verpflichtet die Kreditinstitute zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten gem § 6 FM-GwG. Dadurch sind die Kreditinstitute beispielsweise vor Eingehen eines Spareinlagegeschäfts zur Feststellung und Überprüfung der Identität des Kunden verpflichtet. Auch bei der Eröffnung eines Kleinbetragssparbuchs hat sich der Einleger daher zu identifizieren.
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom 21. Oktober 2019 Guthaben sämtlicher Konten des Bf bei der ***Bank***, bei der Hauptanstalt, Zweigniederlassungen und Filialen gepfändet und führt insbesondere acht Konten im Pfändungsbescheid an, darunter sechs Sparbücher.Bei diesen Sparbüchern mit einer Einlage von jeweils unter EUR 15.000 handelt es sich um Kleinbetragssparbücher. Jeder, der ein Kleinbetragssparbuch vorlegt, das Losungswort nennt und sich durch einen amtlichen Lichtbildausweis identifiziert, kann am Bankschalter Geld abheben.Laut vorgelegter Bestätigung der Bank vom 22. November 2019 wurden die Sparbücher auf den Namen des Bf identifiziert. Dem vorliegenden Kreditvertrag zwischen der ***Bank*** als Kreditgeber und der ***GmbH*** als Kreditnehmer ist zu entnehmen, dass alle sechs verpfändeten Sparbücher auf den Bf lauten.Dass die Sparbücher vom Bf an eine andere Person übereignet worden sind ist nicht ersichtlich. Zwar hat ***B*** erklärt, Besitzerin der Sparbücher zu sein, eine Legitimierung der Sparbücher auf sie als neue Eigentümerin ist aber laut Aktenlage nicht vorgenommen worden. Aufgrund der Erstlegitimierung auf den Namen des Bf sind die Kleinbetragssparbücher, weil gegenteiliges nicht bewiesen ist, daher - unabhängig davon, wo sich die Sparbücher befinden - dem Bf zuzurechnen. Dass die betreffenden Sparbücher bei Erlassung des Bescheides - Pfändung einer Geldforderung im Besitz des Bf standen, ist nicht notwendige Voraussetzung (vgl OGH 25.3.2021, 2Ob101/20x).
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass für den oa Kredit noch weitere Sparbücher verpfändet sind, die auf ***B*** legitimert sind. Diese sind nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.5.1990, 90/14/0020) ist nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren, ob die gepfändete Forderung (dem Bf gegenüber) besteht oder nicht. Hierüber kann nur im Streit zwischen Überweisungsgläubiger und Drittschuldner entschieden werden. Sollte die gepfändete Forderung nicht bestehen, so ginge die Exekution ins Leere. Der Bestand der Forderung ist daher im Pfändungsverfahren nicht zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich in diesem nur darauf, ob die Forderung besteht und dem Schuldner zustehen kann (Schlüssigkeitsprüfung) und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt.
Aus den angeführten Gründen kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass die verfahrensgegenständlichen Sparbücher dem Bf zuzurechnen sind und das Finanzamt diese zu Recht im angefochtenen Bescheid angeführt hat. Unpfändbarkeit liegt nicht vor.
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr dem klaren Gesetzeswortlaut sowie der dargestellten Judikatur.
Salzburg, am 17. April 2025