BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Oliver Anton Lindermaier, Roman-Felleis-Gasse 10, 1210 Wien, betreffend Beschwerde vom 18. Februar 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 19. Jänner 2022 betreffend Glücksspielabgabe 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
Vorlageantrag vom 11.04.2022 wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
I. Verfahrensgang
Mit 19.01.2022 erging der Haftungsbescheid betreffend Glückspielabgabe an die beschwerdeführende Partei als Haftungspflichtiger gem § 9 iVm §§ 80 BAO für folgende Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin in Liquidation:
Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeitstag | Betrag [Euro] |
Glückspielabgabe | 09/2015 | 20.10.2015 | 2.426,11 |
Glückspielabgabe | 10/2015 | 20.11.2015 | 4.203,05 |
Glückspielabgabe | 11/2015 | 21.12.2015 | 4.709,54 |
Glückspielabgabe | 12/2015 | 20.01.2016 | 4.854,67 |
Glückspielabgabe | 01/2016 | 22.02.2016 | 15.523,36 |
Glückspielabgabe | 02/2016 | 21.03.2016 | 13.875,75 |
Glückspielabgabe | 03/2016 | 20.04.2016 | 14.834,67 |
Glückspielabgabe | 04/2016 | 20.05.2016 | 15.542,93 |
Glückspielabgabe | 05/2016 | 20.06.2016 | 43.377,22 |
Glückspielabgabe | 06/2016 | 20.07.2016 | 66.155,18 |
Glückspielabgabe | 07/2016 | 22.08.2016 | 57.504,49 |
Glückspielabgabe | 08/2016 | 20.09.2016 | 51.255,01 |
Glückspielabgabe | 09/2016 | 20.10.2016 | 45.509,91 |
Glückspielabgabe | 10/2016 | 21.11.2016 | 44.070,03 |
Glückspielabgabe | 11/2016 | 20.12.2016 | 79.873,16 |
Glückspielabgabe | 12/2016 | 20.01.2017 | 91.087,12 |
Glückspielabgabe | 06/2018 | 20.07.2018 | 1.472,12 |
Aussetzungszinsen | 2018 | 14.06.2018 | 1.056,12 |
Summe | 557.330,44 |
Gegen diesen Bescheid vom 19.01.2022 brachte der steuerliche Vertreter für die beschwerdeführende Partei mit Anbringen vom 18.02.2022 eine Bescheidbeschwerde ein.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.03.2022, welche ausdrücklich nur an die steuerliche Vertretung gerichtet ist, wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde vom 18.02.2022 als unzulässig zurückgewiesen.
[...]
Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus, dass die gegenständliche Beschwerde von Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater Stb eingebracht wurde, jedoch ohne sich gemäß § 77 Abs 11 WTBG 2017 auf eine allfällig erteilte Vollmacht durch den Bescheidadressaten ***Bf1*** zu berufen oder eine entsprechende Vollmacht vorzulegen. Die Beschwerde enthält keine Vermerke wie "Vollmacht erteilt", "Vollmacht ausgewiesen", "Namens und Auftrags meiner Mandantschaft", welche jeweils für sich bereits ausreichend wären, um den urkundlichen Nachweis einer erteilten Bevollmächtigung zu ersetzen.
Im Text der Beschwerde sei von "wir ergreifen Beschwerde" bzw mehrmals von "wir stellen den Antrag" die Rede. Das Schreiben schließe mit "Wir verbleiben mit freundlichen Grüßen" und ist von Steuerberater Stb unterfertigt. Aus der Bescheidbeschwerde samt Unterfertigung ergäbe sich daher nicht, dass der Einschreiter im Namen und Auftrag des Bescheidadressaten auftritt. Die vorliegende Beschwerde vom 18.02.2022 lasse ihrem Inhalt nach daher nicht darauf schließen, dass für die im Betreff genannte Person eingeschritten wird.
Bei Steuerberatern und Wirtschaftstreuhändern ersetze die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung gemäß § 77 Abs 11 WTBG 2017 deren urkundlichen Nachweis. Sie sei jedoch gleichzeitig ein Mindesterfordernis.
Es liege somit kein Vollmachtsmangel, kein inhaltlicher Mangel und auch kein Formgebrechen, sondern eine unzulässige Eingabe vor.
Ein Anbringen sei dem Einschreiter zuzurechnen. Die Zurückweisung der Beschwerde hätte daher gegenüber dem Einschreiter zu erfolgen.
Da Stb nicht zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid vom 19.01.2022 legitimiert sei, wäre die Beschwerde ohne weiteres Verfahren mangels Aktivlegitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Abschließend wurde auf den Beschluss des BFG vom 12.01.2021, GZ RV/5100336/2020 verwiesen.
Dagegen richtet sich der rechtzeitig eingebrachte Vorlageantrag vom 11.04.2022 der beschwerdeführenden Partei. Dem Anbringen wurde eine Vollmacht von der beschwerdeführenden Partei mit dem der Steuerberater zur Vertretung bevollmächtigt und beauftragt wurde.
Mit Vorlagebericht vom 28.12.2022 wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In weiterer Folge erging an die beschwerdeführende Partei in der gegenständlichen Beschwerdesache die Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2023, mit der die belangte Behörde die gegenständliche Bescheidbeschwerde vom 18.02.2022 abgewiesen hat.
[...]
Begründung
Sachverhalt
Die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 25.03.2022 ist unmittelbar an den steuerlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei und nicht an die beschwerdeführende Partei ergangen.
Der eingebrachte Vorlageantrag der beschwerdeführenden Partei vom 11.04.2022 ist vor Erlassung der an die beschwerdeführende Partei ergangene Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2023 eingebracht worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 264 der Bundesabgabenordnung idF. BGBl. I Nr. 117/2016 lautet:
" (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.
(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus."
Bescheidadressat ist der, für den der Bescheid seinem Inhalt nach bestimmt ist. Die "Personsumschreibung" bildet einen notwendigen Bestandteil des Spruchs des Bescheids. Eine Umdeutung des Bescheidadressaten kommt nicht in Betracht (VwGH 26. 6. 2014, 2013/15/0062). Der Mangel der materiellen Falschbezeichnung der Abgabenschuldnerin kann nicht dadurch geheilt werden, dass die Sendung der zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person als Zustellbevollmächtigter des Haftungspflichtigen zugestellt wurde (vgl. VwGH 13. 12. 2012, 2010/16/0260).
Daher ist die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 25.03.2022 gegenüber der beschwerdeführenden Partei, für die der steuerliche Vertreter den Vorlageantrag vom 11.04.2022 eingebracht hat, nicht wirksam geworden.
Die Befugnis zur Stellung eines Vorlageantrags hat der Beschwerdeführer und jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt. Somit setzt ein Vorlageantrag eine wirksame Beschwerdevorentscheidung voraus (VwGH 28. 10. 1997, 93/14/0146; VwGH 8. 2. 2007, 2006/15/0373).
Da die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 25.03.2022, nur an den steuerlichen Vertreter ("Einschreiter") gerichtet ist, können allfällige Rechtswidrigkeiten der Beschwerdevorentscheidung nur diesen in seinen Rechten verletzen.
An die beschwerdeführende Partei ist erst die Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2023 wirksam ergangen. Wird er vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gestellt, so ist er wirkungslos (zB VwGH 26. 6. 1990, 89/14/0122; VwGH 25. 11. 1999, 99/15/0136; BFG 4. 10. 2016, RV/5102183/2015).
Da die Einbringung des Vorlageantrags vom 11.04.2022 noch vor der diesbezüglichen Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2023 eingebracht wurde, war die Befugnis zur Stellung eines Vorlageantrages nicht gegeben. Dieser Vorlageantrag ist daher nicht zulässig. Daran ändert auch die spätere Erlassung der Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde nichts. Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht. Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 BAO als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.
Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am 16. Jänner 2025