JudikaturBFG

RV/7100040/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2025

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom 5. Juli 2024 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 4. Juli 2024 über Rückforderung/Anrechnung Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) betreffend den Zeitraum März 2024 - Mai 2024 , SVNR: ***1***, beschlossen:

I. Der Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 278 Abs. 1 BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde. (vgl. § 278 Abs. 1 BAO)

§ 264 BAO idgF:.Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugta) der Beschwerdeführer, fernerb)jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),c) § 255 (Verzicht),d) § 256 (Zurücknahme),e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),f)§ 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

Die Wirksamkeit von Erledigungen (somit deren rechtliche Existenz) setzt grundsätzlich voraus, dass sie dem Adressaten bekannt gegeben wird. Vor Bekanntgabe entfaltet zB ein Bescheid keinerlei Rechtswirkungen; ein "Nochnicht-Bescheid" kann daher jederzeit von der Behörde zurückgenommen, abgeändert oder durch eine andere Erledigung ersetzt werden. (Ritz/Koran, BAO8 § 97 BAO Rz 1)

§ 97 Abs 1 nennt vier Formen der Bekanntgabe. Für schriftliche Erledigungen nennt § 97 Abs 1 lit adie Zustellung,die öffentliche Bekanntmachung (vorgesehen in den §§ 23 und 42 AbgEO sowie in § 25 ZustG) und die Auflegung von Listen (vorgesehen in § 11 BodenschätzungsG 1970). (Ritz/Koran, BAO8 § 97 BAO Rz 4)

Tatsächlich gilt die Beschwerdevorentscheidung datiert mit 08.10.2024 erst mit dem ersten Tag der Hinterlegung zur Abholung bei der Poststelle, somit erst am 15.10.2024, als zugestellt.

[...]

Somit ist der Vorlageantrag vom 09.10.2024 vor der Beschwerdevorentscheidung gestellt worden. Nach Lehre und Rechtsprechung setzt ein Vorlageantrag eine Beschwerdevorentscheidung voraus. Wird ein Vorlageantrag vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gestellt, ist er wirkungslos, da § 260 Abs 2 BAO mangels Anführung dieser Bestimmung in § 264 Abs 4 BAO nicht sinngemäß auf Vorlageanträge anzuwenden ist (vgl. VwGH 26.6.1990, 89/14/0122; 25.11.1999, 99/15/0136).

Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (zB VwGH 28.10.1997, 93/14/0146; 8.2.2007, 2006/15/0373; BFG 3.11.2015, RV/7102328/2015; 3.8.2016, RV/7103611/2016; 16.11.2020, RV/6100360/2020; 11.4.2023, RV/3100168/2023; 1.7.2023, RV/7100083/2022). (Ritz/Koran, BAO8 § 264 BAO Rz 6).

Vorher gestellte Vorlageanträge sind vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen (vgl zB BFG 13.3.2015, RV/6100849/2009; 3.11.2015, RV/7102328/2015; 4.5.2021, RV/7104116/2018; 2.2.2022, RV/7100237/2022; 28.3.2023, RV/7106127/2015; 11.4.2023, RV/3100168/2023; 2.5.2023, RV/7100691/2015; 12.6.2023, RV/7100625/2023; 26.9.2023, RV/7102213/2023; 18.1.2024, RV/7103385/2023; 16.4.2024, RV/5100201/2023; 18.11.2024, RV/7100795/2024). Daran ändert auch die spätere Erlassung der Beschwerdevorentscheidung nichts (BFG 27.2.2024, RV/5100180/2022).

Der Vorlageantrag vom 09.10.2024, der vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung mit 15.10.2024 gestellt wurde, ist daher nicht zulässig bzw. wirkungslos und vom Bundesfinanzgericht zurückzuweisen.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da der gegenständliche Beschluss der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am 29. Juni 2025