IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, über die Beschwerde vom 12.6.2025 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 27.5.2025, betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO für die Jahre 2022 und 2023 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die belangte Behörde hat mit den angefochtenen Bescheiden Anspruchszinsen für das Jahr 2022 in der Höhe von 1.621,73 Euro und für das Jahr 2023 in der Höhe von 536,55 Euro festgesetzt.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde führt die Beschwerdeführerin (Bf.) aus, dass es ihr aufgrund der fehlenden Lohnzetteldaten in FinanzOnline nicht möglich gewesen sei, die Veranlagung durchzuführen. Sie sei sich absolut keiner Schuld bewusst, denn sie habe die Veranlagung weder bewusst noch vorsätzlich nicht durchgeführt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 18.7.2025 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Mit Eingaben vom 22.7.2025 beantragte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Mit Vorlagebericht vom 1.8.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit dem Einkommensteuerbescheid 2022 vom 27.5.2025 wurde gegenüber der Bf. eine Abgabennachforderung in der Höhe von 18.371 Euro festgesetzt.
Mit dem Einkommensteuerbescheid 2023 vom 27.5.2025 wurde gegenüber der Bf. eine Abgabennachforderung in der Höhe von 18.096 Euro festgesetzt.
Hinsichtlich der aus der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2022 und 2023 resultierenden Nachforderungen hat die belangte Behörde mit Bescheiden vom 27.5.2025 Anspruchszinsen in der Höhe von 1.621,73 Euro (für 2022) sowie Anspruchszinsen in der Höhe von 536,55 Euro (für 2023) festgesetzt.
Zum Zeitpunkt der Festsetzung der Einkommensteuer 2022 und 2023 waren keine Vorauszahlungen an Einkommensteuer oder Anzahlungen in Höhe der erwarteten Nachforderung eingegangen.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen ( § 205 Abs. 3 BAO), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind gemäß § 205 Abs. 1 BAO für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben. Die Bestimmung berücksichtigt nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus Abgabenbescheiden ergeben, nicht bis 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres entrichtet wurden. Insbesondere kommt es nicht auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen am Entstehen zinsenrelevanter Nachforderungen an. Damit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er die Ursachen, die zur Abgabenentrichtung nach dem dort genannten Zeitpunkt geführt haben, im Anwendungsbereich des § 205 BAO grundsätzlich als unmaßgeblich erachtet hat (VwGH 24.09.2008, 2007/15/0175).
Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 BAO ist es bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte. Die Verzinsung unterscheidet nicht, ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen (allenfalls durch Bescheid verlängerten) Erklärungsfrist einreicht, oder ob die Festsetzung der Einkommensteuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, über die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt. Zinsen nach § 205 BAO sind somit weder Sanktion noch Druckmittel oder gar Strafe, sondern Ausgleich für die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen oder (bei verspätet erfolgten Gutschriften) Zinsnachteilen (VwGH 13.09.2018, Ro 2016/15/0005).
Im Beschwerdefall ist entscheidend, dass die Einkommensteuer für die Jahre 2022 und 2023 am 27.5.2025 festgesetzt wurde. Unabhängig von einem Verschulden der Parteien des Verfahrens führt diese objektive, für das Bundesfinanzgericht nach der Aktenlage erwiesene und unstrittige Tatsache dazu, dass die Nachforderung der Einkommensteuer des Jahres 2022 in der Höhe von 18.371 Euro im Zeitraum vom 1.10.2023 bis 27.5.2025 und die Nachforderung der Einkommensteuer für das Jahr 2023 in der Höhe von 18.096 Euro im Zeitraum vom 1.10.2024 bis 27.5.2025 gemäß § 205 BAO zu verzinsen sind. Nicht entscheidend ist, wer es zu vertreten hat, dass die Festsetzung der Einkommensteuer erst nach dem gemäß § 205 Abs. 1 BAO für den Beginn der Verzinsung relevanten Zeitpunkt (30.9.2023 für das Veranlagungsjahr 2022 und 30.9.2024 für das Veranlagungsjahr 2023) erfolgte. Das Vorbringen der Bf., wonach sie sich absolut keiner Schuld bewusst sei und die Veranlagung weder bewusst noch vorsätzlich nicht durchgeführt habe, kann der Bescheidbeschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen.
Die mit den angefochtenen Bescheiden vom 27.5.2025 erfolgte Vorschreibung von Anspruchszinsen für die Jahre 2022 und 2023 erfolgte somit zurecht.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im Beschwerdefall relevanten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Anspruchszinsen sind mit der zitierten Judikatur ausreichend geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig.
Wien, am 10. August 2025