Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch MMag. Daniel Pinzger, Kapuzinergasse 8/4, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom 20. Jänner 2020 gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nun Zollamt Österreich) vom 18. Dezember 2019, Zahl: ***230000/00000/273/2016***, betreffend Eingangsabgaben und Verzugszinsen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin ***DS*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2019, Zahl: ***230000/00000/273/2016***, hat das Zollamt gegenüber ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) eine nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) in der Höhe von insgesamt EUR 1.427,16 zu Zollanmeldung ***CRN*** vom 20. Dezember 2016 (Annahmedatum) durchgeführt und gleichzeitig EUR 85,55 an Verzugszinsen vorgeschrieben.
Laut den umfangreichen Ermittlungen des Zollamtes seien im Zeitraum 2012 bis 2016 insgesamt 268 Sendungen - darunter die vorliegende an den Bf adressierte Sendung - mit Radarwarngeräten der Unterposition HS 8512 30 (Zollsatz: 2,7 %) samt Zubehör mit Ursprung und Herkunft in den Vereinigten Staaten von Amerika von den Absendern ***X*** und ***Y*** (vormals ***y***) unter Einbeziehung deren gemeinsamer Firma ***LLC*** unter Angabe zu niedriger Werte und unrichtiger Warennummern in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden. Als Grundlage für diese Verzollungen hätten grundsätzlich die Angaben in den die Sendungen begleitenden Zollinhaltserklärungen "Customs Declaration Dispatch Note - CP72" sowie offensichtlich unrichtig herbeigeführte Scheinrechnungen und Zahlungsnachweise gedient, die den tatsächlichen Wert verschleiern sollten. Einerseits wären Wertangaben weit unter dem tatsächlichen Wert erfolgt, andererseits wären diese Pakete als Geschenksendung deklariert worden, um überhaupt zollfrei behandelt zu werden. Das Vorliegen tatsächlicher Kaufgeschäfte und damit verbundener Zahlungsvorgänge habe dadurch zum Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung weitestgehend nicht erkannt werden können. Soweit aus den vorliegenden Unterlagen zu entnehmen sei, habe es sich durchwegs um ein und dasselbe Radarwarngerät, allfällig ergänzt um einschlägiges Zubehör, der Marke "Valentine One - V1" gehandelt.Weitere Ermittlungen und Analysen hätten für 33 der inkriminierten Zollanmeldungen eindeutige Wertangaben hervorgebracht. Diese Wertangaben wären entweder schon im Zuge der Zollabfertigung geprüft und unmittelbar der Zollanmeldung zugrunde gelegt oder anhand nachträglicher Prüfung der Zahlungsvorgänge gesichert worden. Alle Wertangaben der den Sendungen beigefügten Unterlagen hätten jedenfalls nicht mit den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Beträgen übereingestimmt. Diese 33 Zollanmeldungen würden insgesamt 99 Stück Radarwarngeräte zu einem Durchschnittspreis von 407,11 € pro Stück betreffen (mittlere lineare Abweichung vom Mittelwert 22,87 € entspricht 5,62%). Dieser Durchschnittswert habe durch Gegenüberstellung mit einer gleichen Ware eines Zweitanbieters in eBay zum Preis von US$ 459,99 (ca. EUR 393,02) zuzüglich Versandkosten von US $21,18 (ca. EUR 18,10), also insgesamt 411,12 €, bestätigt werden können.Aus den strafrechtlichen Ermittlungen gehe hervor, dass der konkreten, im Spruch näher bezeichneten Anmeldung eine Rechnung vom 16. November 2016 zugrunde gelegt worden sei. Diese Rechnung wäre dem Zollanmelder ***GmbH*** per E-Mail vom 9. Dezember 2019 offensichtlich (dem Inhalt der E-Mail zu entnehmen) auf Anforderung des ***Bf*** durch ***y*** über den E-Mail-account des ***X*** "***@1***" übermittelt worden. Als Rechnungsleger scheine in dieser Rechnung "***r***" mit Adresse ***USA*** auf. Es ergebe sich dadurch ein direkter Zusammenhang zwischen ***X***, ***Y*** sowie ***r***. In Beantwortung der E-Mail der Spedition ***GmbH*** vom 16. Dezember 2016 bezüglich Vorlage einer Zahlungsbestätigung habe wiederum ***Y*** per Mail-Adresse des ***X*** am 18. Dezember 2016 eine solche über den auch in der Rechnung angeführten Betrag von 1.300,00 USD in Form der PayPal-Zahlung mit der Transaktions ***ID*** übermittelt. Anhand dieser Transaktionsnummer habe eine eindeutige Zuordnung zu einem Zahlungsvorgang im System PayPal getroffen werden können, die zwar diese Transaktion bestätige, allerdings auch, dass diese Zahlung unmittelbar wieder rückerstattet, nämlich im System mit "Refunded" dokumentiert worden sei. Es könne daher nicht weiter auf einen Wertnachweis erkannt werden, vielmehr erhärte sich der anfängliche Verdacht einer "Scheinrechnung".Anhand der an ***X*** auf dessen Konto bei der ***Bank*** in ***Bank-Adr*** IBAN ***DE*** überwiesenen Beträge mit Zahlungssender ***Bf*** seien Zahlungsvorgänge insgesamt in Höhe € 115.644,00 festzustellen. Die Angaben im Feld "Umsatzlangtext" Spalten 1-4 würden vielfach auf einen Zahlungszweck im Zusammenhang mit Radarwarngeräten und konkreten Bestellvorgängen schließen lassen. Eine exakte Zuordnung zu der im Spruch näher bezeichneten Sendung sowie Zollanmeldung sei zwar nicht direkt möglich, doch würden sich in diesen Kontodaten sehr häufig Namen, Adressen sowie die Kurzbezeichnung "V1" finden, die den unmittelbaren Bezug auf Zahlungen im Zusammenhang mit dem Import derartiger Radarwarngeräte bestätigen. Der oben angeführte Betrag übersteige die Summe der Werte der für ***Bf*** angemeldeten Waren erheblich.Im Zuge der Zollabfertigung dieser Radarwarngeräte samt allfälligem Zubehör mit Ursprung und Herkunft aus den Vereinigten Staaten von Amerika wären einerseits zu niedrige Zollwerte erklärt und wäre andererseits die Einreihung in den Zolltarif unrichtig beantragt worden. Diese unrichtigen Angaben in den Zollanmeldungen hätten zu einer zu niedrigen Festsetzung der Zollschuld geführt.Der Differenzbetrag werde weiterhin gesetzlich geschuldet und sei nachzuerheben. Der Bf habe sich als Empfänger der betreffenden Sendung bei deren Anmeldung zur Zollabfertigung durch den Anmelder indirekt vertreten lassen und sei daher als Zollschuldner heranzuziehen.Der ermittelte Zollwert sei im vorliegenden Fall der Transaktionswert gleicher Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden.Der maßgebliche Sachverhalt gehe aus dem unter der oa Geschäftszahl geführten finanzstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren hervor. Im Gegenstand habe bereits am 6. Juni 2019 eine niederschriftliche Einvernahme des Bf als Beschuldigter eines Finanzvergehens stattgefunden, im Zuge derer er bereits Gelegenheit gehabt habe, sich zum Sachverhalt zu äußern. Darin habe er angegeben, sich schriftlich zu einem späteren Zeitpunkt zu äußern. Eine derartige Stellungnahme sei beim Zollamt nicht eingelangt und habe er auch auf den Vorhalt vom 2. Oktober 2019 nicht reagiert.Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass bei der Einfuhr von Radarwarngeräten aus den Vereinigten Staaten von Amerika in dem im Spruch näher bezeichneten Abfertigungsfall, bei dem der Bf als Empfänger aufgetreten sei, aufgrund Erklärung eines zu niedrigen Zollwertes die gemäß Artikel 203 Absatz 1 ZK entstandenen Eingangsabgaben zu niedrig festgesetzt worden seien. Der Bf sei gemäß Artikel 203 Absatz 3 ZK zu Recht als Zollschuldner heranzuziehen und seien bei ihm die zu niedrig festgesetzten Eingangsabgaben nachzuerheben. Im Hinblick auf die Nacherhebung seien außerdem Verzugszinsen zu berechnen.
Mit Schreiben vom 20. Jänner 2020 hat der Bf durch seinen damaligen Vertreter Beschwerde gegen den oa Bescheid erhoben und dessen ersatzlose Aufhebung und die Einstellung des Verfahrens sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.Zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw zur Ergänzungsbedürftigkeit wird in der Beschwerde ausgeführt:
"Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Ermittlungen und Analysen des Zollamtes stützen sich auf die finanzstrafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien zu ***GZ***. Zutreffend wird im Bescheid darauf hingewiesen, dass dieses gerichtliche Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Das Zollamt geht damit im angefochtenen Bescheid in seiner Begründung von zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht bewiesenen Vermutungen und Schlussfolgerungen aus, welche einen wie im Bescheid dargelegten Anspruch jedenfalls nicht rechtfertigen können. Dies wird unter anderem durch die Tatsache untermauert, dass im gegenständlichen Fall weder eine exakte Zuordnung zu den im Spruch näher bezeichneten Sendungen sowie Zollanmeldungen auf dem im Bescheid angeführten deutschen Konto möglich ist - wie das Zollamt im angefochtenen Bescheid selbst einräumt - noch die gegenständlichen Sendungen durch Organe des Zollamtes jemals geöffnet wurden und sich demnach die getroffenen Feststellungen nur auf haltlose Vermutungen stützen können. Aus diesem Grund entbehrt auch die Behauptung, es würden Scheingeschäfte und Scheinhandlungen vorliegen, jeglicher Grundlage. Es wird auf den Grundsatz "in dubio pro reo" verwiesen, da die hier verfahrensgegenständlichen Umstände jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zweifelsfrei geklärt werden können und daher die für den Beschwerdeführer günstigere Tatsache angenommen werden muss. Da der Beschwerdeführer einer strafbaren Handlung im Zusammenhang mit einer Zollschuld zum jetzigen Zeitpunkt nicht schuldig erkannt wurde, kann auch nicht von einer Verjährungsfrist von zehn Jahren ausgegangen werden."
Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 14. Mai 2020, Zahl: ***230000/00000/276/2016***, als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2020 stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über seine Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Das Ermittlungsverfahren gegen den Bf ist von der Staatsanwaltschaft laut Benachrichtigung vom 10. März 2021 eingestellt worden. Hinsichtlich der Vorwürfe der Eingangsabgabenverkürzungen in Zusammenhang mit der Überführung von Radarwarngeräten aus den USA in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr im Zeitraum 28.12.2012 - 20.12.2016 würden die Ergebnisse des Finanzstrafverfahrens nicht ausreichen, um mit der für das staatsanwaltschaftliche Verfahren notwendigen Sicherheit die Begehung dieses Finanzvergehens mit einem 50.000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag nachzuweisen ( § 53 Abs 2 lit a FinStrG).
Die beantragte mündliche Verhandlung ist am 4. August 2025 am Sitz des Bundesfinanzgerichts durchgeführt worden.
Artikel 77 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK), die auf den gegenständlichen Fall anzuwenden ist, bestimmt:
"(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht durch die Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren in eines der folgenden Zollverfahren:
a) Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr, auch im Rahmen der Vorschriften über die Endverwendung,
b) Vorübergehende Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben.
(2) Die Zollschuld entsteht zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung.
(3) Zollschuldner ist der Anmelder. Bei indirekter Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, in deren Auftrag die Zollanmeldung abgegeben wird.Liegen einer Zollanmeldung für ein Verfahren des Absatzes 1 Angaben zugrunde, die dazu führen, dass die Einfuhrabgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, wird auch die Person zum Zollschuldner, die die für die Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert hat und die gewusst hat oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass sie unrichtig waren."
Anmelder ist gemäß Artikel 5 Nr. 15 UZK ua die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt oder die Person, in deren Namen diese Anmeldung abgegeben wird.
Gemäß Artikel 16 Absatz 1 UZK kann jede Person einen Zollvertreter ernennen.Zulässig ist sowohl die direkte Vertretung, bei der der Zollvertreter im Namen und für Rechnung einer anderen Person handelt, als auch die indirekte Vertretung, bei der der Zollvertreter im eigenen Namen, aber für Rechnung einer anderen Person handelt.
Gemäß § 38 Abs 2 Zollrechts-Durchführungsgesetz idmF genügt für die indirekte Vertretung zur Abgabe einer Anmeldung die Glaubhaftmachung der Vertretungsmacht durch Vorlage der auf den Vertretenen lautenden Frachtpapiere und sonstigen, die Waren betreffenden Unterlagen.
Wie die einzelnen Felder der schriftlichen Zollanmeldung bei Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Überlassung in den freien Verkehr in Österreich auszufüllen sind, ist in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Festlegung des Inhalts von mit Mitteln der Datenverarbeitung oder schriftlich abgegebenen Zollanmeldungen (Zollanmeldungs-Verordnung 2016 - ZollAnm-V 2016) geregelt.
Laut den Begriffsbestimmungen in der dazu ergangenen Arbeitsrichtlinie ZK-0610 "Zollanmeldung allgemein" des BMF ist "Empfänger" die Person, der die Waren auszuliefern sind. Dem Wortsinn nach die Person, für die die Ware nach den vorhandenen Unterlagen und den Weisungen an den Frachtführer oder Spediteur bestimmt ist.Aus dem Sinnzusammenhang der zollschuldrechtlichen Bestimmungen, wonach neben dem Anmelder auch der Empfänger (indirekt Vertretene) Zollschuldner werden soll, muss aber zusätzlich zur bloß beförderungsmäßigen Empfängerstellung berücksichtigt werden, dass der Empfänger wirtschaftlich die Eingangsabgaben tragen soll und daher auch materiell durch die ergehende Mitteilung über den Abgabenbetrag betroffen ist. Daher wird in der Regel Empfänger sein
a) der Käufer, Mieter oder Entlehner der Ware (bei aktiver Lohnveredelung auch der Lohnauftragsnehmer);
b) der Versender der Waren, wenn er die Waren zur eigenen Verfügung in das Anwendungsgebiet verbringt.
Wird die Zollschuld aufgrund einer nachträglichen Kontrolle mitgeteilt, so werden gemäß Artikel 114 Absatz 2 UZK ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhrabgabenbetrag berechnet.
Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt gemäß § 166 BAO alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
§ 167 BAO lautet:
"(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht."
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzusehen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB VwGH 23.9.2010, 2010/15/0078; 28.10.2010, 2006/15/0301; 26.5.2011, 2011/16/0011; 20.7.2011, 2009/17/0132).
Laut den Ermittlungen der belangten Behörde hat das in den Vereinigten Staaten ansässige Unternehmen ***LLC*** über das Internet unter diversen Domains Radarwarngeräte zum Kauf angeboten. Dabei wurde gegenüber Kunden in der Europäischen Union damit geworben, die Artikel "von einem Lager in Österreich" innerhalb von 24 Stunden diskret und europaweit versenden zu können (zB Homepages ***www1*** und ***www2***).Zu diesem Zweck habe die ***LLC*** bzw deren Gesellschafter ***X*** laut Aktenlage ua Radarwarngeräte per Post an den Bf und zwei weitere Personen (***Person1*** und ***Person2***) versandt. Die Lieferungen hätten in diesen Fällen nicht einzelne Bestellungen betroffen, sondern handelte es sich vielmehr um Sammelsendungen zur Auffüllung eines Depots in Österreich. Die Versendung der auf Internetplattformen bestellten Geräte für die Endverbraucher sei über dieses Depot in Österreich direkt als Sendung innerhalb des Zollgebiets erfolgt, daher rasch und völlig frei von Zollabgaben für die Empfänger.In den österreichischen Zollanmeldungen wurde bei der Einfuhr eine der drei vorgenannten Personen als Warenempfänger eingetragen. Die im Zuge der Lieferungen an das Depot angefallenen Zollabgaben auf Basis der erklärten Werte wäre durch wesentliche niedrigere Transportkosten als bei Einzelsendungen in Kauf genommen und zunächst durch den Bf, ***Person1*** oder ***Person2*** beglichen worden. Laut den Ermittlungsergebnissen seien so von 2009 bis 2016 mindestens 145 Einfuhren von Radarwarngeräten aus den USA mittels Verwendung wertmäßig verminderter Rechnungen, zumeist über das Zollamt Wien -Zollstelle Post - ins Zollgebiet geschleust worden, um Eingangsabgaben bestehend aus 2,7% Zoll und 20% Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) zu vermeiden. Der Bf ist in der verfahrensgegenständlichen Zollanmeldung als (Schein-)Empfänger angeführt, hat die Geräte in Empfang genommen und soll sie später über Auftrag von ***X*** an die späteren Käufer weiterversandt haben.
Es gibt also im konkreten Fall keine Bestellung des Bf und auch kein Kaufgeschäft zwischen dem Bf und dem Versender. Die Rechnung und die Zahlungsbestätigung, die der ***GmbH*** auf Nachfrage vorgelegt worden sind und Grundlage für die Angaben in der betreffenden Zollanmeldung waren, erweisen sich als fingiert. Es liegt insoweit ein Scheingeschäft iSd § 23 BAO vor.
Eine Beschau der Waren oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der in der Anmeldung gemachten Angaben gemäß Artikel 46 UZK hat anlässlich der Abfertigung - ebenso wie bei den neun anderen Sendungen für den Bf - nicht stattgefunden.Auch eine nachträgliche Kontrolle der Waren im Sinne von Artikel 48 UZK konnte nicht erfolgen. Zwar fand am 14. November 2018 eine Hausdurchsuchung statt, ein Depot mit Radarwarngeräten konnte dabei aber nicht vorgefunden werden.
Im Verfahren vor dem ***Landesgericht***, ***Zl*** (Beilage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung, RV/7200041/2020), hat ***Person1*** als Angeklagter ausgesagt, er habe ***X*** während eines Auslandsaufenthalts in Amerika kennengelernt und sich mit ihm angefreundet. Nach seiner Rückkehr nach Österreich blieb der Kontakt bestehen und er sei ***X*** behilflich gewesen, eine Homepage für den Verkauf von Radarwarngeräten zu programmieren.Irgendwann habe ihn ***X*** gefragt, ob es möglich wäre, Pakete von Amerika an ihn zu schicken und ob er diese weiterschicken würde.Die betreffenden Postsendungen wurden an die Adresse von ***Person1*** in ***Person1-Adr*** geschickt. Da er zum Studium in ***Tirol*** war, hat seine Mutter die Pakete angenommen und den Zoll bezahlt (deckt sich mit der Zeugenaussage der ***Mutter***). Die Pakete wurden dann entweder von ***X*** dort abgeholt oder nach dessen Anweisung nach Deutschland weiterverschickt, wo der Besitz von Radarwarngeräten angeblich verboten ist.***Person1*** habe die Pakete nie geöffnet und keine Kenntnis von deren Inhalt. Nur ***X***, der auch die Zollanmeldungsformulare erstellt hat, habe gewusst, was mit den jeweiligen Sendungen verschickt wurde. Angeblich habe es sich um Restposten gehandelt; teure Radarwarngeräte seien von ***X*** direkt an die Kunden versandt worden. Über den Warenwert sei nie gesprochen worden. Es habe aber jedenfalls Radarwarngeräte in unterschiedlichen Preisklassen gegeben.Wenn von der Post oder einem Kurierdienst Rechnungen angefordert wurden, habe ***X*** ihm eine geschickt. ***Person1*** hatte ***X*** seine Daten gegeben, damit dieser ein PayPal-Konto eröffnen konnte. Allfällige Zahlungsnachweise seien dann über PayPal mit der Kreditkarte von ***X*** erstellt worden, der auch die Buchungen durchgeführt hat. Die Buchungen hätten jeweils mit den Rechnungen zusammengepasst. ***Person1*** habe selbst nie mit der Post bzw dem "Postler" kommuniziert.Österreichische Kunden, die meist direkt von ***X*** beschickt wurden, haben den Rechnungsbetrag auf das Konto von ***Person1*** überwiesen und hat dieser den Betrag an ***X*** weitergeleitet.Seine Auslagen (Zollausgaben und Kosten für das Versenden der Pakete) habe er von ***X*** ersetzt bekommen.Auch der Bf, mit dem ***Person1*** in ***Tirol*** zusammengewohnt hat, habe in weiterer Folge auf Vermittlung von ***Person1*** Pakete für ***X*** entgegengenommen. Später wurden auch Zahlungen auf das Konto des Bf geleistet, weil der Bankberater von ***Person1*** diesem wegen der Geldwäschebestimmungen geraten hat, keine weiteren Überweisungen vorzunehmen.
Der Bf hat sich gegenüber dem Zollamt selbst nie zum Sachverhalt geäußert, ***X*** und seine Ehefrau ***Y*** konnten im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht einvernommen werden.
Das Bundesfinanzgericht sieht aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse und Aussagen vor dem ***Landesgericht*** folgenden Sachverhaltskomplex als erwiesen an:
***X*** hat über das Internet Radarwarngeräte aus den Vereinigten Staaten ua an Kunden im Zollgebiet der Union verkauft. Da er beim Direktversand an deutsche Kunden befürchtete, die Geräte könnten im Falle einer Kontrolle durch den Zoll nicht überlassen werden bzw die Lieferung an die Käufer nicht stattfindet, hat er ua den Bf ersucht, Geräte an dessen Adresse in Österreich schicken zu dürfen. Die Sendungen wurden vom Bf entgegengenommen und von ihm weder geöffnet noch umgepackt. Beweise für ein vom Bf in Österreich angelegtes Depot mit Radarwarngeräten gibt es laut Aktenlage nicht. ***X*** oder eine andere Person hat die Sendungen dann in Österreich abgeholt oder wurden diese auf Anweisung von ***X*** nach Deutschland weitergeschickt. Damit wurde das Risiko einer Zollkontrolle in Deutschland umgangen. Verkauft wurden die Geräte - allenfalls nach einem Softwareupdate - von ***X*** bzw ***LLC*** an Kunden in Deutschland. Erst dort sind die Geräte verwendet worden. Belege dafür, dass es zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits ein Kaufgeschäft mit den späteren Kunden gegeben hat, liegen nicht vor.
Das Zollamt nimmt an, dass es sich beim Inhalt der Sendung höchstwahrscheinlich um teure Radarwarngeräte der Marke Valentine One V1 mit aktueller Software gehandelt hat.Im vorliegenden Fall liegen aus den angeführten Gründen aber keine objektiven Beweisergebnisse dahingehend vor, was Inhalt der verfahrensgegenständlichen Sendung gewesen ist. Zwar dürfte es sich um Radarwarngeräte gehandelt haben, es ist jedoch völlig offen, welche Marken bzw welche Modelle mit welcher Software versendet wurden.Die Software von Radarwarngeräten wird regelmäßig aktualisiert und werden zum Teil mehrmals im Jahr neue Versionen mit Änderungen und Anpassungen an den Stand der Technik auf den Markt gebracht. Geräte mit alter Software (No Euro Mode) wurden als Restposten günstig abverkauft. Laut Aktenlage (siehe Beilage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung) sind auf der Homepage ***www1*** alte Versionen des Radarwarners Valentine One V1 zu Preisen unter EUR 100,00 angeboten worden. Das Gerät Valentine One V1 ist zwar der bekannteste und beliebteste mobile Radarwarner, das bedeutet aber nicht, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 % davon ausgegangen werden kann, dass sich derartige Geräte der aktuellen Generation in der Sendung befunden haben, ohne die Verkaufszahlen und Umsätze des Versenders für den betreffenden Lieferzeitraum zu kennen. Laut Aktenlage sind vom Versender auch andere Geräte gehandelt und verkauft worden.
Die belangte Behörde hat mit GZ. ***230000/00000/2016-AFB*** eine Ermittlung des Zollwertes, basiert auf Daten der Lieferungen an ***S*** und andere Endkunden auf Basis von Rechtsgeschäften vorgenommen. Ein Preisvergleich mit einer gleichen oder gleichartigen Ware setzt jedoch voraus, dass man weiß, welche Ware sich in der betreffenden Sendung tatsächlich befunden hat. Dies ist hier aus den dargestellten Gründen nicht der Fall und liegt zudem auch eine andere Konstellation (kein Direktversand an Endkunden im Zollgebiet) vor.Der gegenständlichen Sendung an den Bf konnte auch keine Zahlungen an den Bf oder auf das Konto von ***X*** in Deutschland zugeordnet werden.
Das ***Landesgericht*** hat ***Person1*** freigesprochen, weil sich der erkennende Schöffensenat außer Stande gesehen hat, sowohl zum Inhalt der an Ihn geschickten Pakete als auch zu den Eingangsabgabenverkürzungen entsprechende Feststellungen zu treffen.Das Verfahren gegen den Bf wurde eingestellt, weil der strafbestimmende Wertbetrag nicht nachzuweisen war.
Die Beweislastverteilung im Abgabenfestsetzungsverfahren ist anders gelagert als im Finanzstrafverfahren. Das Bundesfinanzgericht kommt aber unter sorgfältiger Berücksichtigung aller vorliegenden Ermittlungsergebnisse und Beweise zu dem Schluss, dass auch nicht mit überragende Wahrscheinlichkeit (mehr als 50 %) davon ausgegangen werden kann, dass sich in der verfahrensgegenständlichen Sendung hochpreisige Radarwarngeräte befunden haben. Trotz der Vorlage einer Scheinrechnung und einer fingierten Zahlungsbestätigung kann nicht als erwiesen angenommen werden, dass in der Zollanmeldung ***CRN*** unrichtige Angaben zum Warenwert gemacht worden sind.Eine allfällige Nachforderung könnte sich daher lediglich auf die Angabe einer unrichtigen Warennummer in der Zollanmeldung stützen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides erweist sich jedoch noch aus einem anderen Grund als rechtswidrig. Der Bf kann nämlich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts aus den nachstehenden Gründen nicht als Zollschuldner angesehen werden:
Die ***GmbH*** hat die Zollanmeldung im vorliegenden Fall als indirekter Vertreter des Empfängers abgegeben und ist aufgrund der beigebrachten Rechnung, die sich bei der nachträglichen Kontrolle als Scheinrechnung herausgestellt hat, davon ausgegangen, Empfänger sei der Bf.Laut den einschlägigen Vorschriften ist Empfänger aber ***X***, der auch wirtschaftlich die Eingangsabgaben getragen hat. In der Zollanmeldung wäre dieser (per Adresse Bf) im Feld 8 als Empfänger anzugeben gewesen. Die Waren sind - auch nach Ansicht des Zollamtes - zu dessen Verfügung in das Anwendungsgebiet verbracht worden und der Bf hat die Sendung lediglich für ihn angenommen. Ein Geschäft mit Eigentumsübergang liegt nicht vor. Der Bf hatte laut den vorliegenden Ermittlungsergebnissen keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Waren.
Das Zollamt führt im angefochtenen Bescheid aus, der Bf sei als Empfänger der Sendung Zollschuldner. Laut dem Wortlaut von Artikel 77 Absatz 3 UZK ist Zollschuldner der Anmelder und bei indirekter Vertretung auch die Person, in deren Auftrag die Zollanmeldung abgegeben wird sowie allenfalls der Angabenlieferant (Unterabsatz 2).Die nachträgliche Kontrolle durch die Zollbehörde hat ergeben, dass in Feld 8 der Zollanmeldung ***CRN*** falsche Angaben gemacht worden sind. Auch die Art des Geschäfts laut Feld 24 (Code 11: endgültiger Kauf/Verkauf) ist unzutreffend, weil tatsächlich kein Kaufgeschäft, sondern eine Handlung vorliegt. Der Versender hat die Waren für sich (zur eigenen Verfügung) nach Österreich verbringen lassen. In einem solchen Fall ist Versender (im Ausland) und Empfänger (im Zollgebiet) die gleiche Person. Der von der ***GmbH*** indirekt vertretene Empfänger ist im vorliegenden Fall also ***X***.
Es ist dem Bundesfinanzgericht verwehrt, den festgestellten Sachverhalt mit neuen rechtlichen Überlegungen so zu beurteilen, dass der Bf als Angabenlieferant Zollschuldner nach Artikel 77 Absatz 3 zweiter Unterabsatz UZK geworden wäre (vgl VwGH 27.9.2012, 2010/16/0206).
Der angefochtene Bescheid war aus den genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.
Salzburg, am 18. November 2025
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