BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan über den von ***4*** eingebrachten Vorlageantrag vom 24. Juli 2024, gegen die an ***3***, zu Handen RA Dr. ***10***, ***23***, zugestellte Beschwerdevorentscheidung vom 27. Juni 2024 betreffend Abweisung eines Antrags auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab September 2019 (***4***), beschlossen:
Das Verfahren wird wegen Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes eingestellt.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang:
Frau ***3*** brachte einlangend beim Finanzamt Österreich am 12. Oktober 2022 (Briefkasteneinwurf) einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum ab September 2019 für ihren am TT. Dezember 1998 geborenen, nach der polizeilichen Meldung seit 09. November 2018 nach ***17*** verzogenen und dort studierenden Sohn ***4***, ein. Der Sohn ist nach den Angaben von Frau ***6*** in ***17*** sozialversichert (vgl. FB-Antrag mit Angabe der SozVNr. ***7***).
Mit Bescheid vom 09. August 2023 wurde der Antrag mit der Begründung, das Kind lebe nicht im Haushalt von Frau ***16*** ***6*** und trage sie auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967), abgewiesen.
Der Bescheid wurde an Frau ***16*** ***6*** zugestellt.
Einlangend mit 08. September 2023 wurde seitens des Vertreters von Frau ***6*** unter Berufung auf die erteilte Vollmacht Beschwerde gegen den Bescheid erhoben und ausgeführt, Frau ***6*** habe die überwiegenden Unterhaltskosten für ihren Sohn getragen. Die Tochter der Bf habe das dafür übergebene Bargeld an den Sohn von Frau ***6*** überwiesen. Zudem habe die Bf ihrem Sohn anlässlich seiner Besuche auch regelmäßig Bargeld gegeben. Der Sohn habe in ***22*** studiert, wobei er von seiner Mutter finanziell unterstützt worden sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27. Juni 2024 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung wurde Frau ***6*** zu Handen ihres Vertreters zugestellt.
Über Posteinwurf langte am 26. Juli 2024 ein in Englisch abgefasster Schriftsatz des Sohnes der Beschwerdeführerin bei der Abgabenbehörde ein, in dem der Sohn mit "Sincerely, ***6*** ***8***") abschloss:
"I hope this letter finds you well. I am writing this letter after receiving your reply emailed to me by my attorney, Dr. ***10***.
My family and I was as surprised as our lawyer was when we heard that our claim for financial compensation that we are legally entitled to, has been yet again, declined. There seems to be some confusion on the part of the legal team responsible for these decisions at Finanzamt Austria. In this letter I will resolve any potential miscommunications that may have lingered on far too long, and address the confusion exhibited in your response letter directly, then I will re-iterate the facts that are relevant to this case, This letter is an official appeal to the decision of case number: ***12***.
Your rejection argument 1: You believe that I have not been a resident in Austria since November 2018, therfore I do not belong to my mother´s household.
… …
"Sincerely, ***11***".
Die Abgabenbehörde wertete diesen Schriftsatz aufgrund des dort angegebenen Datums 24.07.2024 und des Ordnungsbegriffes (OB: ***12***), unter dem Frau ***9*** bei der Abgabenbehörde geführt wird, als einen zum oa Beschwerdeverfahren eingebrachten Vorlageantrag und legte die Aktenteile zur wie oben eingebrachten Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor.
Rechtsgrundlagen:
Gemäß Art 131 Abs. 3 B-VG iVm § 1 BFGG obliegen dem Bundesfinanzgericht ua Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben und des Finanzstrafrechtes sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
§ 262 Bundesabgabenordnung (BAO) idgF:
(1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben, a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den Bescheid erlassen hat.
§ 264 Bundesabgabenordnung (BAO) idgF:
(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehereren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden: a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist), b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung), c) § 255 (Verzicht), d) § 256 (Zurücknahme), e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung), f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerechter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.
(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.
Gemäß § 265 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
Gemäß § 265 Abs. 2 BAO hat die Vorlage der Bescheidbeschwerde jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und von Beitrittserklärungen zu umfassen.
Festgestellter Sachverhalt:
Die Beschwerdevorentscheidung lautet auf ***5***. Sie wurde rechtswirksam zu Handen deren rechtsfreundlichen Vertreters zugestellt.
Der von der Abgabenbehörde als Vorlageantrag gewertete Schriftsatz vom 24. Juli 2024, am 26. Juli 2024 mit Posteinwurf eingebracht, weist als Einbringer ausschließlich den seit 2018 in ***17*** lebenden und dort studierenden Sohn der Adressatin der Beschwerdevorentscheidung, nämlich ***4***.
Das Schreiben wurde vom Sohn im eigenen Namen eingebracht, enthält aber weder dessen Unterschrift, noch jene seiner Mutter, Frau ***9***, oder die einer anderen (vertretungsbefugten) Person.
Darauf, dass Herr ***6*** für seine Mutter, Frau ***3***, eingeschritten wäre, wurde im Schreiben nicht hingewiesen. Es fehlen jegliche Angaben zu einer an ihn erteilten Vollmacht durch die Mutter und/oder deren Vertreter, wie zB "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen".
In seinem Schreiben gibt der Sohn an, er habe von seinem "attorney" (Anm. BFG: lt. Ponds-Übersetzung Rechtsanwalt, Zustellbevollmächtigter) ***18*** über eMail "your reply" (lt. Ponds-Übersetzung: Rückantwort, Replik) erhalten. Nähere Angaben zum vom Vertreter angeblich über eMail übermittelten Schreiben enthält die vorliegende Eingabe des Herrn ***19*** nicht.
Die Abgabenbehörde wertete diese Eingabe offenbar aufgrund des zeitlichen Zusammenhanges mit der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung an dessen Mutter als Vorlageantrag und legte diesen an das Bundesfinanzgericht zur Beschwerde von Frau ***6*** vor. Der Vorlagebericht erging an Frau ***21***, zu Handen (auch) deren rechtsfreundlicher Vertretung, Dr***20***.
Erwägungen und rechtliche Beurteilung:
***19*** hatte in seinem als Vorlageantrag gewerteten Schreiben darauf verwiesen, dass er von seinem "attorney, Dr. ***10***" per E-Mail eine Antwort ("reply") der Abgabenbehörde erhalten habe. Das gegenständlich als Vorlageantrag des Sohnes der Beschwerdeführerin gewertete Schreiben vom 24. Juli 2024 wurde am 02. September 2024 zur Beschwerde der Frau ***21*** an das BFG vorgelegt.
In seinem Erkenntnis vom 29.01.2015, Ro 2015/15/0001, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Bestimmung des § 291 Abs. 1 BAO ausgesprochen, dass der Entscheidungspflicht des Bundesfinanzgerichtes die von der Abgabenbehörde vorgelegte Bescheidbeschwerde unterliegt. Zuständig zu einer Entscheidung (in der Sache) sei das Bundesfinanzgericht im Regelfall nur dann, wenn die Abgabenbehörde zuvor bereits mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag (vom Beschwerdeführer) erhoben wurde.
Vor dem Hintergrund dieser höchstgerichtlichen Entscheidung kommt im vorliegenden Fall eine Entscheidung (in der Sache) durch das Bundesfinanzgericht in Ermangelung des Vorliegens eines entsprechenden (fakultativen) Vorlageantrages als Reaktion auf eine gegenüber Herrn ***19*** erlassene Beschwerdevorentscheidung nicht in Betracht.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gründe für eine Revision im angeführten Sinn liegen nicht vor.
Hinweis:
Mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass diese Ausführungen keinen Bestandteil des gegenständlichen Beschlusses bilden, wird angemerkt, dass Herr ***4*** bis zum 09. November 2018 (abgemeldet nach ***17***) an verschiedenen Wohnsitzen bei der Mutter polizeilich gemeldet war. Der Sohn von Frau ***6*** hält sich nach den Meldedaten seit 2018 außerhalb des Bundesgebietes (nunmehr außerhalb des Unionsgebietes, in ***22***) auf. Aus den betreffend Frau ***9*** vorgelegten Unterlagen ergibt sich keine überwiegende Kostentragung für den Sohn (vgl. die aber gegenüber Frau ***6*** ergangene Beschwerdevorentscheidung).
Die Entscheidung darüber, ob der gegenständliche Antrag als (Eigen-) Antrag von Herrn ***19*** auf Gewährung der österreichischen Familienleistungen, allenfalls als ergänzungsbedürftiger Vorlageantrag in Bezug auf die Beschwerde der Frau ***6*** gewertet werden kann, obliegt der Abgabenbehörde (vgl. Vorlagebericht).
Wien, am 3. April 2025