JudikaturBFG

RV/7500220/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
05. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Philip Pfau in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 21. März 2025 gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 7. März 2025, GZ. MA67/GZ/2024, mit dem der Einspruch vom 10. September 2024 gegen die Strafverfügung vom 3. September 2024 mit derselben Geschäftszahl gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 zurückgewiesen wurde, zu Recht:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Zurückweisungsbescheid aufgehoben.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Vorweggeschickt sei, dass im gegenständlichen Verfahren lediglich die Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung wegen mangelnder Legitimation des Beschwerdeführers strittig ist. Zum besseren Verständnis wird jedoch nachfolgend auch der Verfahrensgang des der Zurückweisung zugrundeliegenden Strafverfahrens auf das Wesentliche zusammengefasst dargestellt.

Nach erfolgter Lenkererhebung/ Lenkerauskunft beim Zulassungsbesitzer (Zualssungsbes.) des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (D) lastete der Magistrat der Stadt Wien Herrn M als Beschuldigtem mit Strafverfügung vom 3. September 2024, GZ. MA67/GZ/2024, an, er habe das genannte mehrspurige Kraftfahrzeug am 12. Juni 2024 um 16:05 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone 1060 Wien, Kaunitzgasse gegenüber 17, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Beschuldigte die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro verhängt bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auferlegt.

Gegen die Strafverfügung wurde von ***Bf1*** mit E-Mail vom 10. September 2024 Einspruch erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, er habe den Brief mit gegenständlicher Geschäftszahl erhalten (gemeint wohl: die Strafverfügung). Sie seien eine Reise-Service-Vermittlung für Autos und Hotelreservierungen und er übersende mit der Mail die Kundendaten des Lenkers samt Kopie des Führerscheins, Pass und Adresse.

Da der Einspruch nicht von dem Beschuldigten (M), sondern von ***Bf1*** erhoben wurde, ersuchte die Magistratsabteilung 67 ***Bf1*** mit Schreiben vom 16. Oktober 2024 (aufgrund einer unwirksamen Zustellung neuerlich zugestellt am: 29. Jänner 2025) um Vorlage einer Vertretungsvollmacht binnen zwei Wochen nach Zustellung des Mängelbehebungsauftrages. Darüber hinaus müsse aus dieser Vollmacht erkennbar sein, dass diese bereits zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels bestanden habe.

Mit E-Mail vom 5. Februar 2025 brachte ***Bf1*** Folgendes (wörtlich) vor:"wie im Telefon besprochen, hier finden Sie das Vollmacht von M zu mir. Ich bitte Sie die Strafe aufzuheben und zu richtige Person schicken. Eine kurz Bestätigung wurde mich freuen."

Der E-Mail vom 5. Februar 2025 war folgende Vollmacht beigelegt: "hiermit bevollmächtige ich, M1 geboren, das Auto mit GZ MA67/GZ/2024 , wohnt Adr1, den Herrn ***Bf1*** geb. am TT.09.1981, dass einen Email als Einspruch zu Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 67 schicken, wie mit Frau C besprochen, bitte Akzeptieren Sie das Einspruch."

In der Folge wies der Magistrat der Stadt Wien den Einspruch von ***Bf1*** vom 10. September 2024 gegen die an M als Beschuldigten gerichtete Strafverfügung vom 3. September 2024 mit Bescheid vom 7. März 2025 gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) mit der Begründung zurück, dass ***Bf1*** mit Schreiben vom 10. September 2024 im eigenen Namen gegen die an M gerichtete Strafverfügung Einspruch erhoben habe. Die mit 05. Februar 2025 datierte Vollmacht sei am selben Tag der Behörde übermittelt worden. Da der Einspruch bereits am 10. September 2024 erhoben worden sei, sei objektiv davon auszugehen gewesen, dass zum Zeitpunkt der Einbringung keine Vollmacht vorgelegen und der Einspruch somit ***Bf1*** zuzurechnen sei. Da er zur Einbringung des Einspruchs nicht berechtigt gewesen sei, habe sich dieser als unzulässig erwiesen. Zumal ***Bf1*** in diesem Verfahren keine Parteistellung und somit kein Einspruchsrecht zugekommen sei, sei der Einspruch als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Mit E-Mail vom 21. März 2025 erhob ***Bf1*** fristgerecht Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom 7. März 2025 und brachte Folgendes vor:"Wie im Telefon besprochen, ich möchte hiermit offiziell eine Beschwerde gegen die Ablehnung unserer Vollmacht einreichen. Es gab ein Missverständnis bezüglich des Datums. Wir haben die Vollmacht damals mit dem aktuellen Datum eingereicht, in der Annahme, dass dies akzeptiert wird. Wir bitten Sie, die Vollmacht mit dem aktuellen Datum zu akzeptieren, da es sich hierbei um ein Missverständnis handelt und wir nicht beabsichtigt haben, Verwirrung zu stiften. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Verständnis."

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: 2. April 2025).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Gegen die an Herrn M als Beschuldigten gerichtete Strafverfügung vom 3. September 2024, GZ. MA67/GZ/2024, erhob mit E-Mail vom 10. September 2024 der nunmehrige Beschwerdeführer (***Bf1***) fristgerecht Einspruch.

Mit Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG vom 16. Oktober 2024 ersuchte die Magistratsabteilung 67 den Beschwerdeführer um Vorlage einer Vertretungsvollmacht.

Mit E-Mail vom 5. Februar 2025 übermittelte der Beschwerdeführer ein Schreiben des M mit folgendem Inhalt: "hiermit bevollmächtige ich, M1 geboren, das Auto mit GZ MA67/GZ/2024, wohnt Adr1, den Herrn ***Bf1*** geb. am TT.09.1981, dass einen Email als Einspruch zu Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 67 schicken, wie mit Frau C besprochen, bitte Akzeptieren Sie das Einspruch".

In der Folge wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung von der Magistratsabteilung 67 mangels Parteistellung mit Bescheid vom 7. März 2025 zurück.

Gegen den an den Beschwerdeführer gerichteten Zurückweisungsbescheid brachte dieser mit E-Mail vom 21. März 2025 fristgerecht Beschwerde ein, in der er wörtlich ausführte: "Wie im Telefon besprochen, ich möchte hiermit offiziell eine Beschwerde gegen die Ablehnung unserer Vollmacht einreichen. Es gab ein Missverständnis bezüglich des Datums. Wir haben die Vollmacht damals mit dem aktuellen Datum eingereicht, in der Annahme, dass dies akzeptiert wird. Wir bitten Sie, die Vollmacht mit dem aktuellen Datum zu akzeptieren, da es sich hierbei um ein Missverständnis handelt und wir nicht beabsichtigt haben, Verwirrung zu stiften. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Verständnis."

Beweiswürdigung

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, hat die Behörde gemäß § 10 Abs. 2 letzter Satz AVG die Behebung etwaiger Mängel einer "Vollmacht" unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen. In Entsprechung eines solchen Verbesserungsauftrages kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch (bei einer mündlichen Bevollmächtigung im Innenverhältnis) erst im Nachhinein errichtet werden. Eine solche nachträgliche Beurkundung kann etwa durch ein Schreiben der Partei vorgenommen werden, mit dem diese das Bestehen einer Vollmacht des Einschreiters zur Erhebung einer Berufung bestätigt. Entscheidend ist nämlich nicht die - möglicherweise nach der Setzung der Verfahrenshandlung liegende - Datierung der Bevollmächtigungsurkunde, sondern, dass das Vollmachtsverhältnis tatsächlich im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung durch den Vertreter bereits bestanden hat, da der Zweck der §§ 10 und 13 Abs. 3 AVG darin gelegen ist, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, ohne durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken. Dabei ist nur der Mangel des Nachweises, nicht aber jener der Bevollmächtigung selbst behebbar (vgl. VwGH vom 22.02.2023, Ra 2023/05/0010 mwN).

Ob im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung ein Vollmachtverhältnis bestanden hat, ist eine Sachfrage, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen ist.

Der belangten Behörde ist zwar zuzustimmen, dass die schriftliche Vollmacht mit 5. Februar 2025 datiert und somit erst nach der Verfahrenshandlung (Erhebung des Einspruches) vom 10. September 2024 errichtet wurde, die Behörde lässt hierbei jedoch außer Betracht, dass es sich sowohl bei dem Beschwerdeführer als auch bei dem Vollmachtgeber um Personen mit offenkundig mangelnden Sprachkenntnissen handelt. Aus der gewählten Ausdrucksweise lässt sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts jedoch ableiten, dass der Beschwerdeführer bereits vor der Verschriftlichung der Vollmacht, nämlich bereits im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung am 10. September 2024 mündlich von M zur Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung bevollmächtigt war (Arg: "[…] Herrn ***Bf1*** geb. am TT.09.1981, dass einen Email als Einspruch zu Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 67 schicken […]").

Dies wird nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zusätzlich auch dadurch gestützt, dass - wie sich aus der E-Mail vom 21. März 2025, mit der Beschwerde gegen die Zurückweisung erhoben wurde, ergibt - es hinsichtlich des Datums der Vollmachtserteilung ein Missverständnis gegeben hat. Verbunden mit der "Bitte" die "Vollmacht mit dem aktuellen Datum zu akzeptieren", spricht die gewählte Formulierung für das Bundesfinanzgericht dafür, dass der nunmehrige Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung (Erhebung des Einspruches) zur Erhebung des Einspruches bevollmächtigt war.

Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung gem § 45 Abs. 2 AVG vom Vorliegen eines Vollmachtsverhältnisses bereits im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung aus.

Rechtliche Beurteilung:

Im Lichte der obigen Beweiswürdigung nach der der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung (Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung) mündlich bevollmächtigt war, folgt rechtlich daraus, dass die Zurückweisung des Einspruches wegen mangelnder Aktivlegitimation zu Unrecht erfolgte und nunmehr ersatzlos aufgehoben wird. Da mit der fristgerechten Nachreichung der Vollmachtsurkunde der Mängel behoben wurde, gilt das Anbringen (Einspruch gegen die Strafverfügung) als ursprünglich fehlerfrei eingebracht.

Daraus folgt, dass der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 3. September 2024 des M, vertreten durch ***Bf1***, wieder unerledigt ist und die belangte Behörde darüber zu entscheiden hat.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall entscheidungswesentliche Feststellung, dass im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung (Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung) eine wirksame (mündlich erteilte) Vollmacht vorgelegen hat, wurde in freier Beweiswürdigung vorgenommen; somit liegen diesbezüglich die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor (vgl. VwGH 15.02.2018, Ra 2018/01/0061).

Wien, am 5. Mai 2025