JudikaturBFG

RV/7103865/2020 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
14. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Mag. Sonja Stradner sowie die fachkundigen Laienrichter Manfred Fiala und Dipl.Ing. Wolfgang Weichselbraun in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch INTERTREU SteuerberatungsGmbH, Lainzer Straße 11 Tür 4, 1130 Wien, über die Beschwerden vom 23. März 2020 und 10. Juni 2020 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 25. November 2019 betreffend Umsatzsteuer 2017 sowie gegen den Haftungs- und Abgabenbescheid über Kapitalertragsteuer 2017 vom 13. Mai 2020, Steuernummer ***Bf-StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22. April 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Nadine Preißl zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Haftungs- und Abgabenbescheid über Kapitalertragsteuer 2017 wird aufgehoben.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2017 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenem Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) fand ein Außenprüfungsverfahren betreffend Körperschaft- und Umsatzsteuer für die Veranlagungsjahre 2013 bis 2017 bzw. Kapitalertragsteuer 2013-2018 statt. Im Zuge dessen wurden ua. Feststellungen hinsichtlich Liegenschaftsverkäufen an einen Gesellschafter der Bf. zu nicht fremdüblichen, weil zu niedrigen Preisen getroffen. Das Finanzamt erließ daraufhin am 25.11.2019 geänderte Körperschaftsteuerbescheide 2013-2015 und Umsatzsteuerbescheid 2017 und schrieb der Bf. mittels Haftungsbescheid vom 13.05.2020 Kapitalertragssteuer iHv 11.259,73 € für den Zeitraum 2017 vor.

Dagegen wurde fristgerecht - nach diversen Fristverlängerungsanträgen - am 23.03.2020 Beschwerde erhoben und hinsichtlich der Liegenschaftsverkäufe ausgeführt, dass mangels Gewährung eines Vorteils keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen könne. Der Gesellschafter habe zwei Wohnungen zum Buchwert und zwei PKW-Stellplätze (ca. 13% über dem Buchwert) von der Gesellschaft gekauft, um den damit im Zusammenhang stehenden aushaftenden Kredit zu begleichen. Die Bank habe aufgrund offener Ratenzahlungen mit der Fälligstellung des Kredits und Anwendung von Eintreibungsmaßnahmen gedroht. Ein Verkauf an fremde Dritte habe sich mangels Nachfrage nicht ergeben. Da es sich um Notverkäufe gehandelt habe, sei von der Geschäftsführung als Verkaufspreis zumindest der Buchwert als Grenzpreis beschlossen worden. Die Bf. brachte weiter vor, dass die Außenprüfung die Anschaffungskosten und somit den Buchwert nachträglich erhöht und damit eine verdeckte Ausschüttung konstruiert habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.06.2020 wies das Finanzamt die Beschwerden betreffend Körperschaft-, Umsatz und Kapitalertragsteuer ab und führte begründend aus, dass als Basis für die Feststellung der Differenz zwischen tatsächlichem und fremdüblichem Kaufpreis bzw. Verkehrswert der Wohnungen einerseits die in einem Sachverständigengutachten vom 16.12.2016 (***G***) im Auftrag der Staatsanwaltschaft ****** getroffenen Feststellungen bzw. vorgenommenen Berechnungen und andererseits eine Vergleichsrechnung mit der Wohnung Top 2 derselben Wohnanlage, die im Oktober 2016 an eine fremde Person veräußert wurde, gedient haben.

Die Bf. beantragte am 24.07.2020 die Vorlage der Beschwerde beim Bundesfinanzgericht, Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Bericht vom 16.09.2020 wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht vorgelegt, wobei der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung der Fall am 10.01.2023 zugewiesen wurde.

In der am 22.04.2025 durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der Vertreter der Bf. nochmals aus, dass sich zum damaligen Zeitpunkt keine fremden Personen als Käufer für die Wohnungen Top 1 und 4 gefunden hätten. Es habe sich um Notverkäufe gehandelt. Die Gesellschafter wollten die Haftungen für den Bankkredit loswerden; keinesfalls habe ein Interesse daran bestanden, die Wohnungen verbilligt abzugeben bzw. dem Gesellschafter etwas zu schenken.

Die Vertreterin der Finanzverwaltung erläuterte, dass die Argumentation betreffend Notverkauf nicht geprüft worden sei. Es habe keine Belege für einen solchen Ansatz gegeben. Sie verwies ihrerseits auf die zu geringen Herstellungskosten der Wohnungen. Einer der Mitgesellschafter ***Geser 1*** habe sich im gegen ihn geführten Strafverfahren schuldig bekannt, widerrechtlich Rechnungen gegenüber der Bf. storniert und dadurch die Herstellungskosten vermindert zu haben.

Der Vertreter der Bf. warf daraufhin ein, dass seitens des Masseverwalters der insolventen ***C*** GmbH (***C***) keine Zahlungen gegenüber der Bf. eingeklagt worden seien. Wenn tatsächlich Rechnungen widerrechtlich storniert worden seien, sei davon auszugehen, dass der Masseverwalter diese Zahlungen eingefordert hätte.

Des Weiteren legte das Finanzamt eine neue Berechnung vor, die die unterschiedlichen m²-Preise einerseits für die fremdverkaufte Wohnung Top 2 iHv ~3.700,- €/m² und andererseits für die an den Gesellschafter verkauften Wohnungen Top 1 und 4 iHv ~2.650,- €/m² darstellte. Zudem habe das Finanzamt eine Liegenschaftsbewertung vorgenommen, die einen m²-Preis iHv 3.152,- € im Jahr 2017 als angemessen erachte.

Der Vertreter der Bf. wies darauf hin, dass der Bewertung nicht zu entnehmen sei, wieviele Käufer damals bereit gewesen wären, diesen Preis zu bezahlen. Die Ortschaft sei nicht sehr groß, je mehr Wohnungen sich am Markt befänden, umso niedriger seien die Preise.

Hinsichtlich der Bereicherungsabsicht führte die Vertreterin des Finanzamtes zusammengefasst aus, dass sich diese aus dem Gutachten des Sachverständigen ***G*** ergebe, da der Ankaufspreis der Wohnungen durch die Bf. nicht fremdüblich gewesen sei. Überdies gebe es Schriftverkehr zwischen dem Gesellschafter und dem Generalunternehmen sowie Aussagen der Tante des Gesellschafters zu den Ankaufspreisen bzw. Nachlässen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist im Bereich der Immobilienvermietung, Bauträgertätigkeit und Handel mit Liegenschaften tätig und seit Mai 2008 im Firmenbuch unter FN ****** eingetragen. Im Zeitraum 2013 bis 2018 stellen sich die Gesellschaftsverhältnisse folgendermaßen dar:

06.09.2012 bis 30.06.2016:

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        "Geser 1: ***Geser 1*** - 25% (treuhändig gehalten von Geser 3 und 4)"
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        "Geser 2: ***Geser 2*** - 25% (davon 5% treuhändig gehalten von Geser 4)"
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01.07.2016 bis 15.09.2016:

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        "Geser 2: ***Geser 2*** - 25%"
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        "Geser 3: ***Geser 3*** - 25%"
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        "Geser 4: ***Geser 4*** - 25%"
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16.09.2016 bis 29.12.2018:

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        "Geser 2: ***Geser 2*** - 25%"
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        "Geser 3: ***Geser 3*** - 50%"
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ab 29.12.2018:

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        "Geser 3: ***Geser 3*** - 51%"
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        "Geser 4: ***Geser 4*** - 49%"
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Die Geschäftsführertätigkeit wurde bis 30.06.2016 von ***Geser 2***, Sohn von ***Geser 1***, und danach von ***Geser 3*** ausgeübt.

Der Sitz der Gesellschaft wurde mit Antrag vom 05.09.2016 beim Handelsgericht Wien von ***Bf-Adr vormals*** nach ***Bf-Adr*** verlegt.

Zur Vorgeschichte:

Die Liegenschaft in ***X***, gelegen am Nordostufer des ***See***, ohne direkten Seezugang, aber in unmittelbarer Nähe des Sees und der Strandbäder, wurde von der (Mit)Eigentümerin ***S*** (Mutter von ***Geser 3***) mit Kaufvertrag vom 21.12.2012 an die ***A*** GmbH (***A***) verkauft.

Von 26.07.2016 bis 05.11.2016 war ***Geser 3*** über die ***AB*** GmbH zu 33,33% an der ***A*** beteiligt.

In weiterer Folge realisierte die ***A*** ein Bauträgerprojekt auf dem Grundstück und errichtete einen Neubau mit sechs Wohnungen samt Loggia und Gartenflächen (im EG) sowie zehn PKW-Stellplätzen und sechs Abstellplätzen für Fahrräder und Kinderwägen. Pro Stockwerk befinden sich zwei Wohneinheiten in dem Gebäude.

Die Errichtung des Bauprojektes wurde mit Generalunternehmervertrag vom 15.03.2013 an die ***C*** GmbH (***C***) übertragen und bis Ende 2014 fertiggestellt.

Die Wohnungen und Stellplätze wurden im Anschluss von der ***A*** abverkauft. Details zu den Wohnungsverkäufen sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

 

Da die Preise der Stellplätze im Rahmen der Betriebsprüfung nicht in Zweifel gezogen wurden, sind diese nicht in der Aufstellung enthalten und wird darauf nicht weiter eingegangen.

Sachverhalt betreffend ***Bf*** (=Bf.):

Die Bf. hat mit Kaufvertrag vom 01.08.2014 von der ***A*** die Wohnungen Top 1, 2 und 4 im Edelrohbau angekauft. Die Netto-Anschaffungskosten iHv insgesamt 502.500,00 € wurden samt Nebenkosten aktiviert und über eine Nutzungsdauer von 50 Jahren abgeschrieben.

Der Vollausbau der Wohnungen wurde durch die ***C*** ausgeführt und am 21.10.2014 der Bf. iHv 135.000,00 € zzgl. USt in Rechnung gestellt. Mit Gutschrift vom 17.12.2014 wurde ein Nachlass zum Ausbau der Tops iHv 54.166,67 € zzgl. USt gewährt. Mit 30.12.2015 wurde letztlich noch ein Teilbetrag iHv 24.333,33 € zzgl. USt storniert. Zusammengefasst wurden 67.800,00 € von der Bf. an die ***C*** für den Vollausbau der drei Wohnungen bezahlt und in Folge dessen Netto-Ausbaukosten für den Innenausbau der Wohnungen iHv 56.500,00 € aktiviert und abgeschrieben.

Die Wohnungen wurden ab Mitte 2015 an fremde Personen vermietet.

Der Ankauf der Wohnungen samt Stellplätzen durch die Bf. erfolgte zu 100% fremdfinanziert. Die monatlichen Kreditraten sollten durch Mieteinnahmen finanziert, etwaige Differenzen durch Zuschüsse der Gesellschafter abgedeckt werden. Zudem wurden eine Spareinlage iHv 180.000,- € sowie Bürgschaften der Gesellschafter ***Geser 3***, ***Geser 4*** und ***Geser 2*** als Sicherheiten gegeben.

Die monatlichen Kreditraten wurden seitens der Bf. nicht in vollständiger Höhe bezahlt, da zwei der vier Gesellschafter (***Geser 1*** und ***Geser 2***) ihren Verpflichtungen der Zuschusszahlungen aufgrund von Liquiditätsengpässen nicht nachkamen. Da die Bf. nicht über ausreichend Liquidität verfügte, um die Raten mit anderen Mitteln abzudecken, geriet sie mit den Ratenzahlungen in Rückstand. Spätestens mit Dezember 2015 forderte die Bank die offenen Ratenrückstände ein, drohte mit der Fälligstellung des Kredites und übergab den Fall im Februar 2016 ihrem Anwalt.

Im Oktober 2016 wurde die Wohnung Top 2 an eine fremde Dritte (kein Naheverhältnis zu der Gesellschaft oder den Gesellschaftern) um einen Preis iHv 245.000,00 € verkauft. Dies entspricht einem Preis von 3.253,65 € / m²-Wohnnutzfläche bzw. einem Preis von 3.656,72 € / Miteigentumsanteil (=Nutzwert laut Parifizierungsgutachten vom 14.03.2017).

Unter Berücksichtigung, dass Top 2 mit Oktober 2016 verkauft wurde und ein Buchwertabgang verbucht wurde, betragen die (fiktiven) Buchwerte zum 31.12.2016 für die einzelnen Tops:

 

Die Wohnungen Top 1 und 4 wurden ebenfalls zum Verkauf angeboten. Die Vermarktung erfolgte durch ***Geser 2***, der auch als Immobilienmakler tätig war. Es fanden sich keine Käufer für diese Wohnungen.

Mit Kaufvertrag vom 27.03.2017 hat die Bf. aufgrund der Dringlichkeit der angedrohten Eintreibungsmaßnahmen seitens der Bank die Wohnungen Top 1 und 4 an den Gesellschafter ***Geser 3*** zum Verkaufspreis iHv 220.239,52 € brutto (für Top 1) und iHv 228.813,52 € brutto (für Top 4) verkauft und den Kredit getilgt. Die übrigen Gesellschafter haben dazu ihr Einverständnis gegeben und als Verkaufspreis den Buchwert als Grenzpreis festgelegt. Darin ist kein Verhalten festzustellen, das dem Gesellschafter einen Vorteil zuwenden möchte.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Unterlagen aus dem Außenprüfungsverfahren (Arbeitsbogen der Prüferin, Jahresabschlüsse, Kaufverträge, Kreditverträge etc) sowie den - in Wahrnehmung der amtswegigen Ermittlungspflicht - aus dem Abgabensystem des Bundes bezogenen Dokumenten. Die niederschriftlich, im Rahmen der mündlichen Verhandlung, festgehaltenen Aussagen des Vertreters der Bf. sowie vorgelegten Berechnungen des Finanzamtes fließen in die Beweiswürdigung ein.

Die Feststellungen hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse und Geschäftsführerfunktionen sind dem Firmenbuch bzw. den vorliegenden Treuhandvereinbarungen zu entnehmen.

Die Historie des Liegenschaftserwerbs ***X*** ergibt sich aus dem im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung aufliegenden Schriftverkehr zwischen ***Geser 3***, seiner Mutter und der ***A***. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat auch der Vertreter der Bf. bestätigt, dass es sich bei der Liegenschaft um das elterliche Grundstück des Gesellschafters ***Geser 3*** handelt.

Die Lage des Grundstücks unweit des ***See*** wurde mittels einer Internetrecherche durch die Berichterstatterin überprüft. Die Planung und Ausführung des Neubauprojekts in ***X*** ist aus dem Generalunternehmervertrag mit der ***C*** ablesbar. Die Gesellschafterverflechtungen zwischen den einzelnen Unternehmen sind dem Firmenbuch zu entnehmen.

2.1. Fremdüblichkeit des Kaufpreises

Die Kaufverträge vom 01.08.2014, abgeschlossen zwischen der ***A*** und der Bf., liegen vor und wurde der Kaufpreis für jede Wohnung gesondert im Kaufvertrag angegeben. Dass es Kaufpreisnachlässe gegeben hat, ist dem Vergleich mit den ursprünglich angedachten Verkaufspreisen laut Folder zu entnehmen. Begründet wurde dies seitens der Bf. mit dem Umstand, dass die Wohnungen nur im Edelrohbau verkauft wurden. Dass die Wohnungen im Edelrohbau verkauft wurden, ist in den Kaufverträgen schriftlich festgehalten. Explizit wurde niedergeschrieben, dass in dieser Ausbauvariante Bodenbeläge, Verfliesung, Sanitäreinrichtung, Innentüren, Ausmalen, Innenputz und Estrich in der Leistung des Bauträgers ***A*** nicht enthalten seien. Die Bf. wurde verpflichtet, den Ausbau der Wohnungen bis spätestens 31.03.2015 auf eigene Rechnung zu beauftragen und fertigzustellen. Dass die Bf. den Vollausbau durch die ***C*** ausführen ließ, ist einerseits aus der Rechnung der ***C*** an die Bf. und andererseits aus der erfolgten Zahlung an die ***C*** ablesbar. Dass der Vollausbau durch die ***C*** getätigt wurde, wird weder von der Bf. in Abrede gestellt noch seitens des Finanzamtes in Zweifel gezogen und ist somit unstrittig.

Die Aktivierung der Herstellungskosten erfolgte entsprechend der damals festgesetzten Miteigentumsanteile laut Wohnungseigentumsvertrags. Darin kann seitens des erkennenden Senats kein Fehlverhalten der Bf. erkannt werden. Dass sich die Nutzwerte und somit die Miteigentumsanteile durch das am 14.03.2017 erstellte Sachverständigengutachten zur Begründung von Wohnungseigentum (erstellt von ***U***) geringfügig geändert haben, hat darauf keinen Einfluss.

Dass die ***C*** im Dezember 2014 einen Nachlass der Ausbaukosten in Form einer Gutschrift gewährt und im Dezember 2015 einen weiteren Teilbetrag storniert hat, wurde sowohl im Anlageverzeichnis als auch auf dem Verrechnungskonto der ***C*** berücksichtigt. Die Bf. erläuterte diesbezüglich bereits in ihrer Beschwerde, dass die Rechnung überhöht ausgestellt und seitens der Bf. nicht anerkannt worden sei. Daraus habe sich die Teilstornierung der Rechnung ergeben. Die Herstellungskosten seien daher zu Recht auf den niedrigeren Wert abgeändert worden.

Darin liegt aber im Wesentlichen der Streitpunkt zwischen den Parteien, weil das Finanzamt die Herstellungskosten der Wohnungen und somit den Buchwert als Verkaufserlös als zu niedrig angesehen hat.

Weder hat das Finanzamt im Zuge der Betriebsprüfung selbst eine Liegenschaftsbewertung nach den anerkannten Bewertungsmethoden durchgeführt, noch wurde der anhand des Fremdverkaufs (Top 2) erzielte m²-Preis bzw. Preis pro Miteigentumsanteil auf die Wohnungen 1 und 4 umgelegt und somit ein höherer Verkaufserlös berechnet. Das Finanzamt stützt sich in erster Linie auf ein Sachverständigengutachten vom 16.12.2016, das von der Staatsanwaltschaft ****** im Zuge des Strafverfahrens gegen ***Geser 1*** ua wegen betrügerischer Krida, grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und Abgabenhinterziehung in Auftrag gegeben und vom Sachverständigem ***G*** erstellt wurde.

Zusammengefasst durchleuchtet der Sachverständige das Firmengeflecht rund um ***Geser 1***, den Zeitpunkt des Eintritts sowie der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit der ***C*** (tatsächlicher Insolvenzantrag im März 2016), Vermögensverschiebungen zwischen den einzelnen Unternehmen und Höhe des Befriedigungsausfalls der Gläubiger. Soweit dies aufgrund der vorliegenden Unterlagen möglich war, wurden für die Erstellung des Gutachtens die einzelnen Kalkulationen und Abrechnungen der Bauprojekte, bei denen die ***C*** als Generalunternehmerin aufgetreten ist, analysiert und hat der Sachverständige festgestellt, dass sich iZm dem Bauprojekt ***X*** ein Minderpreis für den Innenausbau der Tops 1-4 zu Lasten der ***C*** iHv ~66.000,00 € ergeben haben soll. Diesen Minderpreis iHv 66.000,- € hat das Finanzamt als zusätzlichen Herstellungsaufwand in Ansatz gebracht und somit fiktive Brutto-Anschaffungskosten errechnet. Diese Anschaffungskosten wurden in Anbetracht des fremdverkauften Top 2 als realistisch angesehen und dienten als Basis zur Berechnung der verdeckten Ausschüttung.

Im BP-Bericht wird dazu folgendes ausgeführt:

 

 

Daraus folgt für das Gericht und wird auch so im BP-Bericht festgehalten, dass das Finanzamt prinzipiell bereit war, die geschätzten Anschaffungskosten als Grenzpreis für die Veräußerung anzusetzen. Der Vergleich mit dem erzielten Verkaufserlös betreffend Top 2 (gewährter Nachlass iHv 2,2%) sollte die Fremdüblichkeit der Berechnung untermauern.

Das Sachverständigengutachten ***G*** liegt dem Gericht vor und werden darin einerseits Aussagen zum Auftragsverhältnis ***C*** und ***A*** hinsichtlich Preiskalkulationen iZm der Errichtung des Gebäudes und andererseits Aussagen zum Auftragsverhältnis zwischen Bf. und ***C*** hinsichtlich Innenausbautätigkeiten getroffen. Deutlich ist dem Gutachten zu entnehmen, dass eine Gesamtbetrachtung des Bauvorhabens aus Sicht der insolventen ***C*** vorgenommen wurde, dh. dass eine Vermischung der Baukostenkalkulation für den Generalunternehmervertrag der ***C***, der ursprünglichen Verkaufspreise der ***A*** laut Folder, der durch die ***A*** gewährten Preisnachlässe auf alle Verkaufspreise (nicht nur hinsichtlich Top 1, 2 und 4), Nachträge zum Generalunternehmervertrag und der Innenausbaurechnung an die Bf. samt Gutschriften und Teilstornierungen erfolgt ist. Die Minderkosten iHv 66.200,00 € brutto ergeben sich rechnerisch aus der Differenz der von der ***A*** an die Bf. gewährten Preisnachlässe iHv 134.000,- € beim Ankauf der drei Wohnungen und der tatsächlich von der Bf. an die ***C*** bezahlten Vollausbaukosten iHv 67.800,00 €. Diese Minderkosten aufgrund verschiedener Auftragsverhältnisse (***A***-***C*** hinsichtlich Generalunternehmervertrag, ***A***-Bf. hinsichtlich Verkäufe der Wohnungen und ***C***-Bf. hinsichtlich Vollausbau) mögen zu Liquiditätsproblemen bei der ***C*** geführt haben, haben aber für das streitanhängige Verfahren nur wenig Aussagekraft.

Dass Preisnachlässe beim Ankauf von Wohnungen in Edelrohbau- statt schlüsselfertiger Ausführung durchaus üblich sind, entspricht der Lebenserfahrung. Dem Argument, dass die Höhe der Preisnachlässe beim Wohnungsankauf zwingend ausschlaggebend ist für die Höhe der Vollausbaukosten, kann jedoch seitens des Gerichts nicht gefolgt werden. Würde der Preisvorteil eines Ankaufs in Edelrohbau-Variante stets den tatsächlichen Ausbaukosten entsprechen, wäre es schlicht unverständlich, warum ein Käufer jemals den Edelrohbau statt der schlüsselfertigen Variante wählen sollte. Vielmehr entspricht es der tatsächlichen Lebenserfahrung, dass sich Käufer nur dann für einen Edelrohbau entscheiden, wenn sie davon überzeugt sind, dass der Vollausbau für sie zu einem günstigeren Preis erfolgen könne.

Bringt das Finanzamt nun vor, dass diese Brutto-Minderkosten iHv ~66.000,00 € aufgrund rechtsgrundloser Teilstornierungen der Vollausbaukosten den Anschaffungskosten zuzuschlagen sind, so übernimmt es die Vermischung der unterschiedlichen Vertragsbeziehungen. Aus Sicht der Bf. wurden nämlich Preisnachlässe beim Wohnungsankauf iHv 134.000,00 € brutto seitens der ***A*** gewährt, von der ***C*** dafür aber ursprünglich Vollausbaukosten iHv 162.000,00 € brutto verrechnet, von denen insgesamt wieder 94.200,00 € brutto seitens der ***C*** storniert bzw. gutgeschrieben wurden. Betrachtet man allein das Auftragsverhältnis zwischen der Bf. und der ***C***, wären Minderkosten aufgrund der Gutschrift und Teilstornierung iHv 78.500,00 € netto (94.200,00 € brutto) anzusetzen gewesen.

Es mag zutreffend sein, dass sich ***Geser 1*** generell schuldig bekannt hat, das Vermögen der insolventen ***C*** dadurch geschädigt zu haben, dass er rechtsgrundlos Preisnachlässe bei diversen Bauvorhaben gewährt und rechtsgrundlose Stornierungen von Rechnungen vorgenommen habe. Dass die Stornierung der Vollausbaukosten im Bauvorhaben ***X*** tatsächlich rechtsgrundlos und nur aus dem Grund erfolgt ist, um das Vermögen der ***C*** zu mindern, mag möglicherweise die Teilstornierung iHv 24.333,33 € zzgl. USt vom 30.12.2015 betreffen, nicht jedoch die bereits im Jahr 2014 gewährte Gutschrift iHv 54.166,67 € zzgl. USt (siehe dazu auch SV-Gutachten ***G***, Tz 250ff). Dies fällt jedoch in die Verantwortung der Unternehmen, deren Allein- oder Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer er war (hier: ***A*** bzw. ***C***). Im Fall der insolventen ***C*** hätte daher der Masseverwalter bei festgestellter rechtsgrundloser Rechnungsstornierung bereits erbrachter Leistungen diese Beträge gegenüber der Bf. einfordern müssen, zumal die Bf. auch laut Sachverständigengutachten als nicht überschuldet anzusehen war. Der Vertreter der Bf. hat diesbezüglich glaubwürdig dargelegt, dass der Masseverwalter der ***C*** keine Forderungen gegenüber der Bf. betrieben hat. Somit kann das Gericht nicht von rechtsgrundlosen Stornierungen ausgehen. Die Höhe der aktivierten Anschaffungskosten ist daher nicht in Zweifel zu ziehen.

Generell ist zu sagen, dass zur Ermittlung des Verkehrswertes einer Liegenschaft idR drei Wertermittlungsverfahren verwendet werden: Vergleichswertverfahren, Sachwertverfahren und Ertragswertverfahren (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung7, 17). Der Vergleich mit Kaufpreisen vergleichbarer Liegenschaften ist dabei die marktgerechteste Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes.

Das Finanzamt argumentiert hinsichtlich der Richtigkeit seiner Wertermittlung zusätzlich mit dem am 24.10.2016 beim Fremdverkauf Top 2 erzielten m²-Preis als Vergleichswert. Die im Zuge der mündlichen Verhandlung übergebene Kalkulation "VKP ***X***" ermittelt in einem ersten Schritt die aufgrund des finalen Nutzwertgutachtens von ***U*** am 14.03.2017 festgestellte wertbereinigten Wohnnutzfläche (WNFL) in m². In einem zweiten Schritt werden die Verkaufserlöse der Wohnungen Top 1, 2 und 4 auf die wertbereinigte Wohnnutzfläche umgelegt.

Das Finanzamt kommt schließlich hinsichtlich des fremdverkauften Top 2 auf einen m²-Preis iHv 3.689,36 € pro (wertbereinigte) WNFL, hinsichtlich der Wohnungen Top 1 und Top 4 jedoch nur auf einen m²-Preis iHv 2.668,04 € bzw. 2.621,54 € pro (wertbereinigte) WNFL.

Die nachfolgende Darstellung verdeutlicht aber den Fehler in der vorgelegten Vergleichsrechnung. Wird hinsichtlich des Verkaufes der Wohnung Top 2 vom Brutto-Verkaufsbetrag ausgegangen, so berücksichtigt das Finanzamt hinsichtlich der Preisberechnung pro m² für die Wohnungen Top 1 und 4 die Netto-Verkaufsbeträge. Ein solcher Vergleich kann nach Ansicht des Gerichts aber niemals zu einem sachgerechten Ergebnis führen. Als Basis für einen Vergleich müsste in allen Fällen entweder der Netto- oder der Brutto-Verkaufspreis herangezogen werden, alles andere wäre ein unzulässiger Vergleich.

 

Die vorgelegte Berechnung ist daher nicht geeignet, die laut Finanzamt vorliegende massive m²-Preisdifferenz zwischen Fremd- und Gesellschafterverkauf zu verifizieren.

Korrekterweise ergäbe sich bei Umlage des Verkaufserlöses der Wohnung Top 2 iHv 245.000,- € auf die laut Nutzwertgutachten vom 14.03.2017 festgestellte Wohnnutzfläche (WNFL) iHv 75,30 m² ein m²-Preis WNFL iHv 3.253,65 € bzw. ein Betrag iHv 3.656,72 € pro Miteigentumsanteil.

Hinsichtlich des Verkaufs von Top 1 am 27.03.2017 ergäbe sich bei dieser Berechnung jedoch nur ein m²-Preis WNFL iHv 2.962,60 € bzw. ein Betrag iHv 3.191,88 € pro Miteigentumsanteil; hinsichtlich Top 4 sogar nur ein m²-Preis WNFL iHv 2.757,12 € bzw. ein Betrag iHv 3.092,07 € pro Miteigentumsanteil.

Nicht berücksichtigt hat das Finanzamt im Zuge des Vergleichswertverfahrens aber, dass mit Kaufvertrag vom 10.04.2017 (somit nur ~ zwei Wochen nach Verkauf der Top 1 und 4) auch die Wohnung Top 5 der besagten Liegenschaft in ***X*** an fremde Dritte verkauft wurde. Dieser Fremdverkauf ist nach Ansicht des Gerichts aufgrund der tatsächlichen Vergleichbarkeit der Wohnungsobjekte ebenfalls in die Betrachtung der Verkaufsvorgänge und Wertermittlung miteinzubeziehen. Der Veräußerungserlös der Wohnung Top 5 iHv 163.000,00 € entspricht bei 58,91 m² WNFL einem Preis pro m² iHv 2.766,93 € bzw. einem Betrag iHv 2.963,64 € pro Miteigentumsanteil. Vergleicht man nun die Preise pro m²-WNFL bzw. pro Miteigentumsanteil dieses Fremdverkaufs mit den Veräußerungsvorgängen der Top 1 und 4 an den Gesellschafter ***Geser 3***, zeigt sich, dass der Gesellschafter einen ähnlichen, sogar teureren Preis als fremde Dritte bezahlt hat. Die angesetzten Verkaufspreise für Top 1 und 4 werden daher durch den erkennenden Senat als fremdüblich angesehen, zumal sich die Angemessenheit eines Preises in einer zu schätzenden Bandbreite mit Ober- und Untergrenzen bewegt (VwGH 27.07.1999, 94/14/0018).

 

Das Finanzamt hat wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung eine Liegenschaftsbewertung der Wohnungen Top 1, 2 und 4 vorgelegt. Hierbei handelt es sich um eine rudimentäre Bewertung nach dem Sachwertverfahren. Die Ableitung des m²-Preises sollte den seitens des Finanzamtes angesetzten Verkaufspreis untermauern. Auf welcher Grundlage die Werte für den Bodenwert angesetzt wurden, ist der Berechnung jedoch nicht zu entnehmen. Die Literaturangaben zum Wert der baulichen Anlagen (Neuherstellungskosten) sind ebenfalls unvollständig. So ist nicht ersichtlich, ob die tatsächlichen Baukosten mit Hilfe des von der Statistik Austria veröffentlichten Baupreisindex berechnet oder beispielsweise anhand der Richtwerte für Herstellungskosten Wohnbauten 2016 für Ein- und Mehrfamilienhäuser aufgrund der Basiswerte für Wien (Kranewitter, Liegenschaftsbewertung7, 305ff) interpoliert wurden. Aufgrund der fehlenden Quellenangaben kann das Gericht daher nicht überprüfen, woher die Werte der Neuherstellungskosten stammen und ob sie in richtiger Höhe angesetzt wurden. Bei der Berechnung selbst fällt auf, dass hinsichtlich Top 2 von falschen Miteigentumsanteilen (72 statt 67) ausgegangen wurde. Die vorgelegte Liegenschaftsbewertung ist daher nicht geeignet, als Beweismittel zur sachgerechten Ermittlung des gemeinen Wertes der Wohnungen zu dienen. Folglich ist die Bewertung auch nicht dazu geeignet, den vom Finanzamt angesetzten Verkaufspreis zu plausibilisieren.

2.2. Vorteilsgewährungsabsicht

Im Zuge der mündlichen Verhandlung führte die Vertreterin des Finanzamtes aus, dass sich die Vorteilsgewährungsabsicht in erster Linie aus den Ausführungen des Sachverständigengutachtens ***G*** vom 16.12.2016 ergebe, insofern als die Verkaufspreise der Wohnungen Top 1, 2 und 4 (richtigerweise: die Ankaufspreise der Wohnungen durch die Bf.) nicht fremdüblich, da zu niedrig gewesen seien. Diese Annahme werde einerseits auch durch die Aussage der Tante des ***Geser 3*** und andererseits durch Schriftverkehr zwischen ***Geser 3*** und der ***C*** gestützt. Die Tante habe im April 2013 (somit vor Baubeginn) die Wohnung Top 6 gekauft, im August 2013 sei ihr ein Nachlass gewährt worden, den sie aber nicht erhalten habe. Aus dem Schriftverkehr gehe hervor, dass die Wohnung zu einem m²-Preis iHv 2.200,00 € angekauft werde solle.

Wie bereits unter Punkt 2.1. ausgeführt, beleuchtet das Sachverständigengutachten ***G*** alle Vertragsverhältnisse hinsichtlich des Projekts ***X***. Daraus ist ersichtlich, dass die Wohnungen zu einem niedrigeren Verkaufspreis (als laut Verkaufsfolder angeboten) veräußert wurden. Speziell hinsichtlich der Wohnungen Top 3 und 6 heißt es hierzu aber im Sachverständigengutachten, dass ein Teil der Preisnachlässe eine betriebswirtschaftliche Begründung gehabt habe (SV-GA ***G***, Tz 241 und 242). Dass der Nachlass betreffend Top 6 tatsächlich gewährt wurde und die Zahlung auch nur in verminderter Höhe erfolgt ist, lässt sich aus den Buchhaltungsdaten ersehen und wurde im ergänzenden Sachverständigengutachten vom 01.08.2017 (Tz 20-22) auch festgestellt. Nach Ansicht des Gerichts vermag diese Aussage daher die Vorteilsgewährungsabsicht der Bf. an den Gesellschafter ***Geser 3*** nicht zu stützen.

Dass der Ankauf der Wohnungen Top 1, 2 und 4 seitens der Bf. fremdfinanziert wurde, ist unstrittig. Der Kreditvertrag liegt vor. Sowohl die Bankkonditionen als auch die Sicherheiten (Bürgschaften der Gesellschafter, Spareinlage) sind festgeschrieben. Dass die Kreditraten nicht zur Gänze durch die Mieteinnahmen gedeckt werden konnten und die Gesellschafter sich zur Zuschussleistung in Höhe der Differenz der nicht abgedeckten Kreditraten verpflichtet haben, geht ebenfalls aus dem Kreditvertrag hervor.

Bringt die Bf. nun vor, dass zwei der vier Gesellschafter ihre Zuschüsse nach kürzester Zeit nicht mehr geleistet haben, ist dies einerseits aufgrund des vorliegenden Mail-Verkehrs plausibel, andererseits durch die Zahlungsaufforderungen betreffend die offenen Rückstände seitens der Bank nachgewiesen. Mit drittem Mahnschreiben vom 14.12.2015 urgierte die kreditfinanzierende Bank einen ausstehenden Rückstand iHv 3.504,95 € und drohte mit Fälligstellung des gesamten Kredits und Übergabe an den Anwalt. Mit Anwaltsschreiben vom 29.02.2016 wurden die Gesellschafter aufgefordert, ihrer Verpflichtung der differenzabdeckenden Gesellschafterzuschüsse nachzukommen, andernfalls eine gerichtliche Geltendmachung der offenen Raten iHv 10.384,95 € drohe.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Bf. glaubwürdig dargelegt, dass sich die Bf. in einem Liquiditätsengpass befunden habe und monatlich Mahnungen, Schriftverkehr und Androhung von Eintreibungsmaßnahmen seitens der Bank bei ihm bzw. der Bf. eingegangen seien. Seinen Ausführungen zufolge habe das Interesse der Gesellschafter und somit der Bf. ausschließlich darin gelegen, die Haftungen für den Kredit loszuwerden. Aus diesem Grund habe die Bf. versucht, die Wohnungen zu verkaufen, um damit den Kredit zu tilgen. Dem Schriftverkehr zwischen ***Geser 3*** und ***Geser 2*** ist zu entnehmen, dass Möglichkeiten gesucht wurden, die zu leistenden Gesellschafterzuschüsse zu minimieren. In diesem Zusammenhang sollten in erster Linie die Wohnungen Top 2 und 4 verkauft werden. Bei einem Verkauf aller drei Wohnungen würden die Belastungen auf Null reduziert werden. Aus dem Schriftverkehr ist auch die Preisfindung für Top 4 ersichtlich, wobei der von ***Geser 3*** angedachte Kaufpreis noch deutlich unter dem Buchwert gewesen wäre. Insofern ist dem Vertreter der Bf. zu folgen, wenn er erklärt, dass die Gesellschafter als Grenzpreis den Buchwert angesetzt haben und es nicht beabsichtigt gewesen sei, ***Geser 3*** "etwas zu schenken" bzw. die Wohnungen zu einem speziell günstigen Preis an ihn abzugeben.

Zu einem ähnlichen Ergebnis führt - nach Ansicht des Gerichts - die Anwendung der Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers, die Rücksicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalles zu nehmen hat. Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, dass bei gesteigerten Verkaufsanstrengungen der Bf. im Sinne von Aktivitäten wie der Schaltung von Inseraten oder der Beauftragung eines weiteren bzw. anderen Immobilienmaklers zwar höhere Kosten angefallen wären, aber möglicherweise auch ein höherer Verkaufserlös - zumindest in Höhe der vom Finanzamt angesetzten Werte - hätte erzielt werden können. Angesichts der angespannten Liquiditätslage und des dringenden Geldbedarfes der Gesellschaft zur Abwendung der Klagsdrohungen der Bank hätte aber auch ein gewissenhafter und sorgfältiger Geschäftsführer der raschen Bereitstellung liquider Mittel den Vorzug gegenüber der Erzielung zwar wahrscheinlicher, aber in unbestimmter Zukunft liegender (höherer) Veräußerungserlöse geben müssen.

Aus der maßgeblichen Sicht der Bf. als Verkäuferin und unter Berücksichtigung der speziellen wirtschaftlichen Umstände und Dringlichkeit (Fälligstellung des Kredits, Klagsandrohung seitens des Bank, Eintreibungsmaßnahmen) erscheint der letztlich vereinbarte Kaufpreis als fremdüblich. Eine Vorteilsgewährungsabsicht an den Gesellschafter ***Geser 3*** kann daher seitens des Gerichts nicht erkannt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

3.1.1. Verdeckte Ausschüttung

Gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.

Verdeckte Ausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben. Unter einem Anteilsinhaber ist dabei ein Gesellschafter oder eine Person mit einer gesellschafterähnlichen Stellung zu verstehen. Die Zuwendung eines Vorteils an einen Anteilsinhaber kann auch darin gelegen sein, dass eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person begünstigt wird (vgl. VwGH vom 31.05.2011, 2008/15/0153). Eine verdeckte Ausschüttung liegt auch dann vor, wenn eine Körperschaft einen Vorteil Außenstehenden gegenüber nicht unter den gleichen, günstigen Bedingungen zugestehen würde (VwGH vom 26.04.2012, 2008/15/0315; 05.09.2012, 2010/15/0018).

Nach den Gesetzesmaterialien zu § 8 Abs. 2 KStG 1988 sind verdeckte Ausschüttungen als vermögenswerte Vorteile definiert, "die eine Körperschaft dem Beteiligten (oder einem ihm Nahestehenden) und nicht als Vertragspartner im Wege unangemessener oder unangemessen hoher Aufwendungen oder des Verzichtes auf Erträge zu Lasten ihres Gewinnes oder ihrer steuerpflichtigen Erträge gewährt".

Eine verdeckte Ausschüttung setzt somit voraus, dass

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "eine Eigentums- oder Nahebeziehung zu einer Körperschaft vorliegt,"
      ]
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    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das objektive Tatbild der Bereicherung des Anteilsinhabers oder einer ihm nahestehenden Person zu Lasten der Körperschaft und"
      ]
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      "type": "li",
      "children": [
        "das subjektive Tatbild einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung"
      ]
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  ],
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    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

verwirklicht ist.

In Entsprechung der ständigen Judikatur des VwGH gebietet es das zwischen dem Gesellschafter einer GmbH und der GmbH bestehende Naheverhältnis, behauptete Vereinbarungen an jenen Kriterien zu messen, welche für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss demnach nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden. Diese Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung (VWGH 26.04.2012, 2008/15/0315).

Beim subjektiven Tatbild stellt sich die Frage, ob subjektive Aspekte für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung von Bedeutung sind. Einer verdeckten Ausschüttung muss daher eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung (bewusste und gewollte Äquivalenzverletzung) der Körperschaft zugrunde liegen. Die Zuwendungsabsicht kann - im Rahmen der Beweiswürdigung - auch schlüssig aus den Umständen des betreffenden Falles erschließbar sein (VwGH 18.10.2017, Ra 2016/13/0050, Renner/Strimitzer/Vock, (Hrsg), Die Körperschaftsteuer-KStG 1988, § 8, Rz 760 ff und die angeführte Judikatur).

Ergänzend dazu sprach der VwGH im Erkenntnis vom 16.12.2009, 2005/15/0058 aus, dass dabei "zu prüfen ist, ob die Zuwendung nach ihrem "inneren Gehalt" ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. VwGH vom 18.12.2008, 2006/15/0208)".

Damit eine Zuwendung nach ihrem "inneren Gehalt" ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat, muss dies auch auf der subjektiven Ebene gewollt sein. So hält der VwGH im Erkenntnis vom 19.04.2018, Ra 2017/15/0039 mit Verweis auf seine bisherige Judikatur fest, dass "eine der Voraussetzungen für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Ausschüttung eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft ist, die - im Rahmen der Beweiswürdigung - aus den Umständen erschließbar sein kann (vgl. VwGH 24.07.2007, 2007/14/0013; 26.04.2017, Ra 2015/13/0049; 01.06.2017, Ra 2016/15/0059; 23.04.2014, 2010/13/0139, je mwN)".

Nach VwGH vom 27.07.1999, 94/14/0018, darf im Ergebnis aber nicht nur aus einem überhöhten Kaufpreis auf die Zuwendungsabsicht geschlossen werden, wenn andere dagegensprechende Umstände vorgebracht werden, die den Preis aus der maßgeblichen Sicht der kaufenden Gesellschaft als fremdüblich erscheinen lässt.

Im Umkehrschluss darf aber auch nicht nur aus einem (laut Finanzamt) zu niedrig angesetztem Kaufpreis auf die Zuwendungsabsicht geschlossen werden, wenn andere dagegensprechende Umstände (wie hier: Notverkauf) vorgebracht werden.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Das Gericht ist in freier Beweiswürdigung aufgrund des vorliegenden Akteninhalts und dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung von fremdüblichen Verkaufspreisen der Wohnungen Top 1 und 4 an den Gesellschafter ***Geser 3*** ausgegangen (siehe dazu Punkt 2.1.). Zusätzlich sind sämtliche Umstände und die wirtschaftliche Situation der Bf., wie ua. die ausbleibenden Zuschüsse zweier Gesellschafter, Klagsdrohungen seitens der finanzierenden Bank, Fälligstellung des Kredites, bestehender Liquiditätsengpass, bei der Beurteilung der subjektiven, auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensbildung der Bf. zu berücksichtigen. Diese besonderen Umstände waren letztlich dafür ausschlaggebend, dass ein Verkauf der Wohnungen überhaupt erst angedacht wurde. Die Notwendigkeit für die Bf., rasch und unkompliziert an liquide Mittel zu gelangen, stellt iVm der überschaubaren Abweichung zwischen dem erzielten Verkaufspreis (Top 1: 220.239,52 € und Top 4: 228.813,52 €) und dem seitens des Finanzamts geschätzten fremdüblichen Preises (Top 1: 233.582,00 € und Top 4: 245.156,60 €) nach Ansicht des Gerichts eine betriebliche Rechtfertigung für die gewählte Vorgangsweise dar. Dass die Bf. ihrem Gesellschafter willentlich einen Vorteil aufgrund eines niedrigen Preises zukommen lassen wollte, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse konnte die Veräußerung der Wohnungen zum Buchwert an den Gesellschafter daher in sachgerechter Weise nicht als verdeckte Ausschüttung gewertet werden. Da keine verdeckte Ausschüttung vorliegt, fehlt es an der gesetzlichen Ermächtigung zur Erlassung eines Haftungsbescheides.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und der Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer 2017 iHv 11.259,73 € aufzuheben.

3.1.2. Umsatzsteuer

Werden Leistungen des Unternehmens zu besonders günstigen Konditionen abgegeben, war nach traditioneller Auffassung auf die Motivation des Leistenden abzustellen: War diese auf Zuwendung aus unternehmensfremden Gründen gerichtet, lag insgesamt eine Leistung zu unternehmensfremden Zwecken vor. Bei dieser Sicht ist der Tatbestand des § 3 Abs. 2 oder des § 3a Abs. 1a UStG 1994 erfüllt; die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 4 Abs. 8 UStG 1994, womit der adaptierte Einkaufspreis bzw. die auf die Nutzung entfallenden Kosten der Besteuerung zugrunde zu legen sind. Wird dagegen ein besonders günstiger Preis aus betrieblichen Gründen gewährt, liegt Leistungsaustausch vor (Ruppe/Achatz, UStG6, § 3 Tz 198).

Die Differenzierung nach der Motivation des Leistenden ist jedoch vor dem Hintergrund der jüngeren Rechtsprechung des EuGH nicht länger aufrechtzuerhalten: Danach liegt auch dann Leistungsaustausch (und nicht Entnahme) vor, wenn zwischen verbundenen Parteien eine Gegenleistung vereinbart und bezahlt wird, die erkennbar unter dem Marktpreis liegt (EuGH 09.06.2011, C-285/10 "Campsa", Rn 27). Im Fall der Gewährung günstiger Konditionen aus unternehmensfremden Gründen liegt somit Leistungsaustausch vor.

Bemessungsgrundlage für sonstige Leistungen durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, ist gemäß § 4 Abs. 9 lit. a UStG 1994 der Normalwert, sofern das Entgelt niedriger als der Normalwert ist und der Empfänger sonstigen Leistung nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Normalwert ist gemäß § 4 Abs. 9 UStG 1994 der gesamte Betrag, den ein Empfänger einer sonstigen Leistung an einen unabhängigen Leistungserbringer zahlen müsste, um die sonstigen Leistungen zu diesem Zeitpunkt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zu erhalten.

Im vorliegenden Fall hat die Bf. den Verkaufserlös der beiden Wohnungen der Umsatzsteuer unterzogen. Nach Ansicht des Gerichts ist kein unterpreisiger Verkauf der Wohnungen durch die Gesellschaft an ihren Gesellschafter erfolgt, womit von einem Leistungsaustausch auszugehen war. Für den Ansatz des Normalwertes und der Vorschreibung einer höheren Umsatzsteuer blieb daher kein Raum.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und der Umsatzsteuerbescheid 2017 abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall lagen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes hing im Wesentlichen von den Umständen des konkreten Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachverhaltsfragen ab. Dabei hat sich das Bundesfinanzgericht an der (auch im Erkenntnis beispielhaft angeführten) Judikatur des VwGH zur Annahme einer verdeckten Ausschüttung bei fehlendem subjektiven Vorteilszuwendungswillen orientiert. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am 14. Mai 2025