IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Benno Elmar Di Gaspero, Unterer Platz 7, 9372 Eberstein, über die Beschwerde vom 14. Juni 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 5. Juni 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob dem Beschwerdeführer der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus zustehen.
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2023 unselbständige Einkünfte.
In seiner elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung vom 17.2.2024 beantragte der Beschwerdeführer den Unterhaltsabsetzbetrag und den halben Familienbonus Plus hinsichtlich seines Sohnes und seiner Tochter. Er gab an, dass er insgesamt Unterhaltszahlungen iHv. € 1.050,-- jeweils für seinen Sohn und seine Tochter im Jahr 2023 geleistet habe und ihn eine monatliche Unterhaltsverpflichtung von jeweils € 100,-- pro Kind treffe.
Mit Vorhalt vom 23.4.2024 ersuchte die belangte Behörde um Vorlage eines letztgültigen schriftlichen Beschlusses bzw. einer Vereinbarung über die Höhe des zu leistenden Unterhaltes sowie vollständige Zahlungsnachweise für das streitgegenständliche Jahr.In Beantwortung dieses Vorhaltes führte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 30.4.2024 aus, dass er sowohl für seine Tochter als auch für seinen Sohn Unterhalt in Höhe von jeweils € 850,-- geleistet habe. Als Nachweis der geleisteten Beträge legte der Beschwerdeführer vier Kopien vor, die einen monatlichen Dauerauftrag an seine Tochter mit der Bezeichnung "Taschengeld" iHv. € 100,-- für die Monate April bis August 2023 sowie iHv. € 50,-- für die Monate September bis Dezember 2023 und einen monatlichen Dauerauftrag an seinen Sohn mit der Bezeichnung "Taschengeld iHv. € 50,-- für die Monate Oktober bis Dezember 2023 auswiesen.
Die belangte Behörde erließ am 5.6.2024 den Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2023 und setzte die Einkommensteuer iHv. - € 561 fest. Es erfolgte die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages sowie des Familienbonus Plus lediglich für ein Monat hinsichtlich beider Kinder, da mangels Vorliegens einer behördlich festgelegten Unterhaltsverpflichtung bzw. einer außerbehördlichen Einigung durch schriftlichen Vergleich die Regelbedarfssätze der Gerichte herangezogen worden sind. Der so von der belangten Behörde ermittelten Unterhaltsverpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht zur Gänze nachgekommen.
Fristgerecht brachte der Beschwerdeführer am 14.6.2024 Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid ein und legte in der Beschwerde ein Schreiben der Kindesmutter vom 11.6.2024 vor, dass der Unterhalt mündlich mit dem Beschwerdeführer vereinbart worden sei und sie diesen (mit Verweis auf eine Beilage) erhalten habe. Der Beschwerde angeschlossen waren vier Kopien, die einen monatlichen Dauerauftrag an die Kindesmutter mit der Bezeichnung "Alimente" iHv. € 200,-- für die Monate Jänner bis März 2023 sowie einen monatlichen Dauerauftrag an seinen Sohn mit der Bezeichnung "Taschengeld" iHv. € 100,-- für die Monate April bis August 2023 sowie iHv. € 50,-- für die Monate September bis Dezember 2023 auswiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 8.11.2024 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und abermals ausgeführt, dass der Unterhaltsabsetzbetrag nur für einen Monat pro Kind berücksichtigt werden konnte, da der Beschwerdeführer der von der belangten Behörde ermittelten Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen sei.
In seiner am 19.11.2024 fristgerecht bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe führte der Beschwerdeführer aus, dass die der Beschwerde beigelegte Bestätigung seiner Exfrau einer außerbehördlichen Einigung gleichkäme und daher nicht die Regelbedarfssätze heranzuziehen seien, sondern die tatsächlich geleisteten Unterhalts/Alimentationszahlungen.
Mit 15.4.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde vom 14.6.2024 betreffend Einkommensteuerbescheid 2023 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte den Unterhaltsabsetzbetrag und den Familienbonus Plus im Jahr 2023 nicht anzuerkennen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Vater einer Tochter, geb. tt.mm.2002, sowie eines Sohnes, geb. tt.mm.2005, welche nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer wohnen.
Die Familienbeihilfe für beide Kinder wurde ganzjährig von der vom Beschwerdeführer getrennt lebenden Kindesmutter bezogen.
Der Beschwerdeführer leistet im gesamten streitgegenständlichen Jahr Unterhaltszahlungen iHv. € 600,-- für beide Kinder an die Kindesmutter.
Im streitgegenständlichen Jahr bestand eine außergerichtliche mündliche Einigung mit der Kindesmutter über den Kindesunterhalt, welche jedoch nicht in einem schriftlichen Vergleich festgehalten wurde.
2. Beweiswürdigung
Die Familiensituation des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dem übereinstimmenden Vorbringen der belangten Behörde sowie der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichts in die Grunddatenverwaltung der Finanzanwendungen. Die Wohnsituation des Beschwerdeführers sowie seiner Kinder konnte aufgrund der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichts in das Zentrale Melderegister festgestellt werden.
Die Feststellungen hinsichtlich des Familienbeihilfebezuges gründen sich auf der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichts in das Programm "FABIAN".
Trotz Vorhalts der belangten Behörde wurde vom Beschwerdeführer lediglich ein Schreiben der Kindesmutter vorgelegt, indem die Kindesmutter eine mündliche Vereinbarung betreffend den Unterhalt bestätigt, aus dem jedoch weder ersichtlich ist, ab wann und für welchen Zeitraum sich der Beschwerdeführer verpflichtet hat, Unterhalt für die Kinder an die Mutter zu zahlen, noch in welcher Höhe der Kindesmutter Unterhalt einerseits für ihren Sohn und andererseits für ihre Tochter zusteht. Aus den vorgelegten Unterlagen geht weiters hervor, dass der Kindesmutter für die Monate Jänner bis März jeweils € 200,-- als Alimentationszahlungen (für beide Kinder gesamt) zugekommen sind.
Die Zahlungen an die Kinder im Zeitraum April bis Dezember 2023 erfolgten nicht aufgrund eines Rechtsanspruches, lässt doch bereits der Verwendungszweck "Taschengeld" auf freiwillige Zahlungen des Beschwerdeführers an die Kinder schließen. Für die Annahme von freiwilligen Zahlungen außerhalb der mit der Kindesmutter geschlossenen Vereinbarung spricht auch, dass die Zahlungen nicht an die Kindesmutter, sondern an die Kinder direkt geleistet wurden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 normiert: "Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 31 Euro monatlich zu. Dabei gilt: a) Der Unterhaltsabsetzbetrag steht zu, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird. b) Leistet ein Steuerpflichtiger für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 47 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 62 Euro monatlich zu. c) Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, steht der Absetzbetrag nur einmal zu. d) Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird. e) Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen."
Gemäß § 33 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 beträgt der Familienbonus Plus bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro, nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.
§ 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 lautet auszugsweise: "Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen: a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht: - Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder - beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages. b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht: - Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder - beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.[…]"
ad UnterhaltsabsetzbetragDer Unterhaltsabsetzbetrag soll gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber nicht haushaltszugehörigen Kindern steuerlich begünstigen.
Voraussetzung für die Berücksichtigung des Unterhaltabsetzbetrages ist jedoch, dass der gesetzliche Unterhalt geleistet wird. Grundlage für die Frage der Erfüllung der Unterhaltspflicht ist prinzipiell der Unterhaltsvergleich oder ein richterlich festgesetztes Unterhaltsausmaß (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum FamilienbesteuerungsG 1992, BGBl. Nr. 312, 463 BlgNR 18. GP 9).
Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ergibt sich entweder aus dem in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen oder behördlichen Vergleich festgesetzten Betrag oder im Falle einer außergerichtlichen Einigung aus dem in dem schriftlichen Vergleich festgehaltenen Unterhaltsbetrag (UFS 2.10.09, RV/0425-I/08).
Der (volle) Unterhaltsabsetzbetrag ist an die tatsächliche Leistung des (vollen) Unterhalts in Höhe der Unterhaltsverpflichtung geknüpft. Der Unterhaltsabsetzbetrag steht demnach nur für jene Kalendermonate zu, in denen der Unterhaltsverpflichtung in vollem Ausmaß nachgekommen wurde. Wird das Ausmaß des vorgesehenen Unterhalts durch die tatsächlichen Zahlungen nicht erreicht, so ist der Absetzbetrag nur anteilig in Relation zu den durch die Zahlungen abgedeckten monatlichen Unterhaltsbeträge zu gewähren. Es erfolgt somit behelfsmäßig eine Monatsumrechnung. Eine aliquote Zuerkennung für einen nicht voll durch die Zahlungen gedeckten Monat hat jedoch nicht zu erfolgen.
Bei außerbehördlicher Einigung dürfen die von den Gerichten angewendeten Regelbedarfssätze nicht unterschritten werden. Diese kommen nur subsidiär zur Anwendung, wenn weder eine behördliche Festsetzung noch ein schriftlicher Vergleich vorliegt. Werden unvollständige Zahlungen oder Zahlungen unter den Regelbedarfssätzen geleistet, dann ist der Absetzbetrag nur für so viele Monate zu gewähren, als rechnerisch die volle Unterhaltszahlung ermittelt werden kann.
Die Regelbedarfssätze sind abstrakte (nicht an die konkrete Einkommenssituation der Eltern angelehnte) Werte und sollen die durchschnittlichen Grundbedürfnisse (Wohnung, Nahrung, Kleidung etc) eines Kindes in Österreich, gestaffelt nach dem Alter des Kindes, repräsentieren (vgl OGH 9.2.1995, 2 Ob 512/95). Sie werden aus Verbrauchsausgabenstatistiken in Gestalt der Kinderkostenanalyse der Statistik Österreich (durchschnittliche Verbrauchsausgaben für ein in einem Arbeitnehmerhaushalt betreutes Kind) ermittelt und jährlich nach dem Lebenskostenindex aufgewertet.
Für das Jahr 2023 galt für Kinder zwischen 15 und 19 Jahren ein monatlicher Regelbedarfssatz von € 630,-- und für Kinder ab 20 Jahren ein monatlicher Regelbedarfssatz von € 720,-- (siehe nachstehenden Auszug aus dem Erlass des BMF vom 23.12.2022, 2022-0.918.544, BMF-AV Nr. 160/2022):
In der gegenständlichen Beschwerdesache lag eine Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers gegenüber seinen Kindern mangels eines Gerichtsurteiles, eines gerichtlichen oder behördlichen Vergleiches bzw. mangels eines schriftlichen Vergleiches, welcher eine außergerichtlichen Einigung dokumentiert, nicht vor.
Der Regelbedarfssatz im Jahr 2023 beträgt für seinen im Jahr 2005 geborenen Sohn monatlich € 630,--, für seine im Jahr 2002 geborene Tochter monatlich € 720,--.
Tatsächlich wurden im Jahr 2023 Unterhaltszahlungen iHv. € 600,-- nachgewiesen, sodass die Höhe des jeweils geltenden Regelbedarfssatzes sowohl für den Sohn als auch für die Tochter in keinem Monat erreicht wurde.
Die vom Beschwerdeführer an seine Kinder direkt gezahlten Beträge vermitteln aufgrund ihrer Freiwilligkeit keinen Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag.
Somit steht dem Beschwerdeführer für das Jahr 2023 kein Unterhaltsabsetzbetrag zu.
ad Familienbonus PlusDer Familienbonus Plus ist mit dem Unterhaltsabsetzbetrag verknüpft. Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu (VwGH 19.10.2023, Ro 2023/13/0017).
Da die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Unterhaltsabsetzbetrages im Rahmen der Einkommensteuerermittlung des Beschwerdeführers, wie zuvor zu Punkt Unterhaltsabsetzbetrag ausgeführt, nicht vorliegen, kann dem Beschwerdeführer ein Familienbonus Plus nicht zuerkannt werden.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Die maßgebliche Rechtslage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhalts fragen ab. Für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.
Klagenfurt am Wörthersee, am 5. Mai 2025