JudikaturBFG

RV/7100350/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
21. März 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Maga. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1090 Wien, Porzellangasse 51, über die Beschwerde vom 28. März 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 1. März 2022 betreffend Einkommensteuer 2020 (Steuernummer ***BF1StNr1***) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2020 wird mit ***3*** festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage ./1 angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz ( B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist die Frage strittig, ob ein Betrag unter dem Titel des "Bonus" irrtümlich im Zuge der Lohnverrechnung Eingang in den Lohnzettel gefunden hat und dieser in der Folge zu Unrecht der Einkommensbesteuerung unterworfen wurde.

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) stellte am 28.2.2022 sowohl den Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer das Jahr 2020 betreffend als auch den ursprünglich via ELDA eingebrachten Lohnzettel, in dem sämtliche Bezüge der österreichischen Besteuerung unterworfen wurden, zu berichtigen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 1.3.2022 wurde die Bf. zwar antragsgemäß veranlagt, wobei der Berechnung jedoch der ursprüngliche - nach Ansicht der Bf. jedoch unrichtige - (Jahres-)Lohnzettel zugrunde gelegt wurde.

Am 28.3.2022 erhob die steuerlich vertretene Bf. gegen den Erstbescheid das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, die Lohnzettelkorrektur zu berücksichtigen; im Rahmen der Lohnverrechnung seien ua auch irrtümlich nicht steuerbare Kosten iHv Euro 4.200 netto (hochgerechnet Euro 8.400) als Bonus in den Lohnzettel eingetragen und schließlich auch - zu Unrecht - der Besteuerung unterworfen worden. Mit gleicher Post wurde der Antrag auf Berichtigung des Lohnzettels "gemäß § 240 Abs. 3 BAO" (erneut) bei der belangten Behörde eingebracht.

Die belangte Behörde schloss sich im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom 31.1.2023 teilweise der Rechtsansicht der Bf. an und stellte die auf Ungarn entfallenden Bezüge unter Progression steuerfrei. Da jedoch nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Euro 4.200 netto als nicht steuerbar zu behandeln seien, müsse der Beschwerde in diesem Punkt der Erfolg versagt bleiben.

Mit Eingabe vom 9.8.2023 begehrte die Bf. unter Aufrechterhaltung ihres Rechtstandpunktes die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorzulegen, dem die belangte Behörde am 31.1.2024 nachkam.

Das Gericht stellte weitere Ermittlungen an und räumte den Parteien jeweils wechselseitig das Gehör ein.

II. Sachverhalt

Die am xx.xx.xxxx in X geborene Bf. unterhielt im Streitzeitraum in Adresse Bf.6 ihren Hauptwohnsitz, an dem sich auch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befand. Sie wurde im Veranlagungsjahr 2020 von der Y Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Österreich nach Ungarn entsandt; sie bezog zusätzlich zu ihrem Einkommen aus dieser Tätigkeit auch monatlich Bezüge von der ***1***. Die deutschen Einkünfte wurden - da die Bf., was zwischen den Parteien unstrittig ist, in Österreich der unbeschränkten Steuerpflicht unterlag - monatlich an eine österreichische Steuerberatungsgesellschaft zwecks Lohnverrechnung gemeldet. Die Meldung für Dezember 2020 enthielt neben einem Bonus von Euro 200,00 auch eine EPACA-Zahlung ("Expat payroll administration cost allocation") iHv Euro 4.200,00; irrtümlicherweise wurde diese EPACA-Zahlung von der Lohnverrechnung als "Sonderzahlung Bonus" samt Hochrechnung als weiterer Bezug veranschlagt (vgl. die Zeile 1944 des im Akt inneliegenden Gehaltskontos der Bf.). Dieser Betrag stellt jedoch reine Administrationskosten, die zwischen der Gesellschaft in Deutschland und der Y GmbH verrechnet wurden, dar; eine Auszahlung desselben an Mitarbeiter erfolgt somit nicht. Auch wurden der Bf. im konkreten Fall weder von der inländischen Dienstgeberin, noch der in Deutschland ansässigen Firma im Jahr 2020 diese Kosten in Form einer Sonderzahlung ausbezahlt; eine solche ist ihr im Streitjahr in keiner Form zugeflossen. So betrug der auf das Konto der Bf. für das Monat Dezember überwiesene Gehalt Euro xxxxx und deckt sich somit mit den in diesem Jahr getätigten Lohnzahlungen vergleichbarer Zeiträume. Die Gesellschaft in Deutschland ihrerseits brachte für Dezember 2020 einen Nettobetrag von Euro xxxxxx auf das Konto der Bf. zur Auszahlung, wobei in diesem Betrag nur eine Sonderzahlung iHv Euro 200,00 - die in der österreichischen Lohnverrechnung berücksichtigt wurde - enthalten war. An die Bf. wurde somit - über die Euro 200,00 hinaus - weder von der deutschen, noch der österreichischen Gesellschaft eine Sonderzahlung im Umfang der EPACA im strittigen Monat geleistet. Der unrichtige Ausweis der Administrationskosten wurde in der Lohnverrechnung in der Folge unter der Position 9013 "Sonstiger Abzug" in Höhe von Euro 7.070,67 von der Bemessungsgrundlage wieder abgezogen, sodass dieser Betrag keinen Einkommensbestandteil darstellt und der Bf. auch nicht zugeflossen ist.

III. Beweiswürdigung

Die vorstehenden Feststellungen basieren auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Was die Feststellungen zur Person der Bf., ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen und ihre Tätigkeit bei der Y GmbH bzw. ihre Entsendung nach Ungarn anlangt, hat das Gericht einerseits Einsicht in das Zentrale Melderegister des BMI genommen; andererseits ist die unbeschränkte Steuerpflicht der Bf. im Streitzeitraum in Österreich unstrittig (Beschwerde vom 28.3.2022). Auch die Dienstverhältnisse bzw. die Entsendung nach Ungarn stehen außer Streit (Beschwerde vom 28.3.2022). All diese Fakten gehen auch aus dem elektronischen Veranlagungsakt der Bf. hervor.

Dass die deutschen Bezüge nach Österreich gemeldet und hier die Lohnverrechnung erfolgte, hat die belangte Behörde nicht substantiell bestritten und resultiert auch aus den Ausführungen der für die Bf. zuständigen Lohnverrechnungsgesellschaft (Mailverkehr vom 07. und 16.1.2025). Die dort zuständige Mitarbeiterin schilderte glaubhaft und nachvollziehbar, dass die aus Deutschland gemeldete EPACA-Zahlung irrtümlich in die Verrechnung Eingang gefunden hat; auch den festgestellten Abzug bestätigte diese (Mailverkehr vom 07. und 16.1.2025). Die belangte Behörde setzte diesen Angaben in ihrer Stellungnahme nichts Faktisches entgegen, sondern verwies auf ihre Rechtsansicht, wonach ein Abzug nur bei Nachweis einer Nettolohnvereinbarung zulässig sei, sodass an der Richtigkeit der Angaben der Bf. in diesem Punkt kein Zweifel besteht.

Dass die EPACA-Zahlung reine Administrationskosten beinhaltet und nicht an die Mitarbeiter zur Auszahlung gelangt, geht aus dem Schreiben der Gesellschaft in Deutschland vom 17.2.2023 hervor. Dass der Bf. tatsächlich auch keine - über die festgestellten Euro 200,00 Euro hinausgehende - Sonderzahlung im Dezember 2020 ausbezahlt wurde, zeigt sich einerseits daran, dass - wie festgestellt - der Gehaltsauszahlungsbetrag der österreichischen Firma an die Bf. in etwa gleich hoch war, wie in jenen Vormonaten, in denen keine (zusätzlichen) Renumerationszahlungen geleistet wurden: So wurden im Jänner Euro xxxxx, im Feber Euro xxxxx, im März Euro xxxxx, im April Euro xxxxx, im Juni Euro xxxxx, im Juli Euro xxxxx, im August Euro xxxxx, im September Euro xxxxx und im Oktober Euro xxxxx an die Bf. überwiesen. Rücksichtlich sowohl der Verdienstübersicht der Gesellschaft in Deutschland für 12/2020, aus der ebenfalls keine Auszahlung des verfahrensgegenständlichen Betrages hervorgeht, als auch der vorliegenden Kontoauszüge (***Bank DE*** 12/2020 zu DE***Kontonr.*** und ***Bank AT*** zu AT***Kontonr.***) wurde - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - lückenlos und nachvollziehbar unter Beweis gestellt, dass an die Bf. keine Zahlung eines Bonus oä die strittige Position betreffend erfolgt ist.

Dass für die strittige Position im Zuge der Gehaltsverrechnung ein Betrag von Euro 7.070,67 abgezogen wurde, geht einerseits aus der Korrespondenz mit der Lohnverrechnung (Mailverkehr vom 07. und 16.1.2025), sowie andererseits dem Gehaltskonto selbst hervor. Auch die belangte Behörde bestritt diese Fakten nicht, sondern verwies auf ihre Rechtsansicht im Zusammenhang mit der Notwendigkeit des Vorliegens einer Nettolohnvereinbarung. Dass dieser Betrag Euro xxxxx ausmachen würde - wie von der Bf. im Verfahren behauptet - ergab das Beweisverfahren hingegen nicht (selbst aus dem Mailverkehr mit der Lohnverrechnerin ergibt sich dieser Betrag nicht; vgl. dazu vor allem das Mail vom 16.1.2025)

IV. Rechtliche Beurteilung

1.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 a EStG sind Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit ua Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden Dienstverhältnis. Nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Einnahmen sind einem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht über sie erhält (VwGH 22.2.1993, 92/15/0048).

Daraus folgt somit, dass Arbeitsbezüge aus einem Dienstverhältnis nur dann der Besteuerung unterliegen, wenn sie tatsächlich Teil des Bezuges und der Bf. (nach Abzug von Abgaben und Steuern) auch zugeflossen sind. Wie das Beweisverfahren ergeben hat, stellt die Zahlung nicht nur keinen Gehaltsbestandteil dar, sondern ist ihr der Betrag von Euro 7.070,67 gerade nicht zugeflossen. Eine Besteuerung dieser Summe scheidet somit schon aus diesen Gründen aus. Da die Bf. jedoch nicht den Nachweis dafür erbringen konnte, dass ein Betrag iHv Euro xxxxx zu eliminieren ist, war (lediglich) die im Zuge der Lohnabrechnung in der Zeile 3388, Position 9013 ("Sonstiger Abzug") enthaltene Summe von Euro 7.070,67 aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden.

Somit bedarf es der Klärung der Frage, ob eine Nettolohnvereinbarung getroffen wurde (wofür im Übrigen die von der belangten Behörde unwidersprochenen Angaben der Lohnverrechnerin im Mail vom 16.1.2025 sprechen) nicht mehr.

Insgesamt war sohin der Beschwerde teilweise stattzugeben, wobei zur konkreten Berechnung auf das in der Anlage mitübermittelte Berechnungsblatt Beilage ./1 verwiesen wird. Der Ordnung halber wird an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass als Folge dieses Erkenntnisses auch der Jahreslohnzettel entsprechend zu berichtigen sein wird; über diesen Antrag konnte das Gericht jedoch nicht absprechen, da dieser nicht den Verfahrensgegenstand gebildet hat.

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor. Schließlich ist zur irrtümlichen Meldung und dem Nachweis des Nichtzuflusses allgemein darauf zu verweisen, dass eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist; ob sohin die Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem Nachweis bzw. der Glaubhaftmachung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 01.06.2017, Ra 2017/15/0037); eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (VwGH 30.6.2015, Ra 2015/15/0028), weshalb insgesamt die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Klagenfurt am Wörthersee, am 21. März 2025