JudikaturBFG

RV/7500164/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
28. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vom 5. Februar 2025 gegen die zwei Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, alle zwei vom 30. Jänner 2025, GZen 1) GZ 1 und 2) GZ 2, mit denen (jeweils) der Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) vom 10. Jänner 2025 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen die Strafverfügung vom 1) 22. März 2022, GZ. 1 und 2) 11. April 2023, GZ. 2, gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in Verbindung mit § 24 VStG 1991 zu 1) abgewiesen und zu 2) zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde vom 5. Februar 2025 wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide werden bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahren 1) 1:

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 - Parkraumüberwachung, vom 22. März 2022, GZ. 1, wurde dem Bf. angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen TU-***1*** (A) am 21. Jänner 2022 um 15:10 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Brünner Straße 10 abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv 60,00 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Diese Strafverfügung wurde dem Bf. lt. Zustellnachweis durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle am 29. April 2022 ordnungsgemäß zugestellt. Da innerhalb der Rechtsmittelfrist kein Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben wurde, ist diese in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2022, GZ. 1 (Mahnung) wurde der Bf. an den mit der rechtskräftigen Strafverfügung vom 22. März 2022 verhängten und noch offenen Betrag von 60,00 Euro erinnert. Gemäß § 54b Abs. 1a VStG wurde eine Mahngebühr von 5,00 Euro vorgeschrieben und wurde der Bf. zur unverzüglichen Bezahlung des Betrages von insgesamt 65,00 Euro aufgefordert.

Mit Vollstreckungsverfügung vom 11. Juni 2022, GZ. 1, verfügte die Magistratsabteilung 6 - BA 32 wegen der noch offenen Forderung von 65,00 Euro gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Zwangsvollstreckung.

Mit Eingabe vom 10. Jänner 2025 beantragte der Bf. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ihm die Strafverfügung wegen Ortsabwesenheit nicht zugestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 30. Jänner 2025, GZ. 1, wies die belangte Behörde den Antrag des Bf. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen die Strafverfügung gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 24 VStG 1991 in der geltenden Fassung ab, weil ein Zustellmangel kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund sei.

Verfahren 2) GZ. 2:

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 - Parkraumüberwachung, vom 11. April 2023, GZ. 2, wurde dem Bf. angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen TU-***1*** (A) am 08. Februar 2023 um 14:07 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1100 Wien, Laaer-Berg-Straße 32 abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv 60,00 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Diese Strafverfügung wurde dem Bf. lt. Zustellnachweis durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle am 25. Mai 2023 ordnungsgemäß zugestellt. Da innerhalb der Rechtsmittelfrist kein Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben wurde, ist diese in Rechtskraft erwachsen.

Mit Eingabe vom 10. Jänner 2025 beantragte der Bf. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ihm die Strafverfügung wegen Ortsabwesenheit nicht zugestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 30. Jänner 2025, GZ. 2, wies die belangte Behörde den Antrag des Bf. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen die Strafverfügung gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 24 VStG 1991 in der geltenden Fassung zurück, weil ein Zustellmangel kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund sei.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde beantragte der Bf. einen Verfahrenshilfeverteidiger und brachte unter Bezugnahme auf die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien Magistratssabteilung 67, GZen 1) 1 und 2) 2, das Folgende vor: "Weiterhin halte ich an meinen Eingaben fest. Das ich keinerlei Kenntnis über die Strafverfügungen habe. Diese erreichten mich nie, und weiterhin weigert sich die Behörde mir diese zuzustellen, Kopie vom Übernahmeprotokoll. Somit fehlten mir auch die Rechtsmittelbelehrungen, auch die inhaltliche Kenntnis der Strafverfügungen. Nun solle dies durch juristische Winkelzüge, die ich nicht verstehe, geheilt werden. Bitte übersenden Sie mir endlich Aktkopien. Auch reklamiere ich weiterhin die nicht rechtswirksamen Zustellungen der Strafverfügungen. Die Aufhebung der Ersatzvollstreckung. Das Einstellen der Strafverfahren."

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt zwei Verwaltungsakten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: 5. März 2025).

Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 03. April 2025, VH/7500010/2025, abgewiesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 21 AVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

§ 17 Zustellgesetz bestimmt:

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wen die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

§ 71 AVG lautet:

"(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder an der ganzen Verhandlung teilzunehmen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit des Rechtsmittels Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen."

Verfahren 1) 1:

Die Strafverfügung vom 22. März 2022 wurde laut dem aktenkundigen Zustellnachweis nachweislich durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist am 29. April 2022) gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz am 29. April 2022 zugestellt.

Die Zustellung galt als am 1. Tag der Abholfrist (am 29. April 2022) bewirkt.

Nach der Hinterlegung der Strafverfügung gab es für den Bf. (laut Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister) keinen baldigen Gefängnisaufenthalt. Es gab somit innerhalb der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung keinen Gefängnisaufenthalt als Hindernis, den Einspruch rechtzeitig zu erheben.

Weil es kein Hindernis gab, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung zurecht abgewiesen worden. Eine Verspätung (betr. zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses gemäß § 71 Abs. 2 AVG) kann nicht festgestellt werden, weil ein nicht vorhandenes Hindernis nicht wegfallen kann.

Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch den angefochtenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien ist daher zu bestätigen und war die Beschwerde daher abzuweisen.

Verfahren 2) GZ. 2:

Die Strafverfügung vom 11. April 2023 wurde laut dem aktenkundigen Zustellnachweis nachweislich durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist am 25. Mai 2023) gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz am 25. Mai 2023 zugestellt.

Die Zustellung galt als am 1. Tag der Abholfrist (am 25. Mai 2023) bewirkt.

Die Zustellung der Strafverfügung ist rechtswirksam (vgl. Wessely in Frauenberger-Pfeiler/Riesz/Sander/Wessely, Zustellrecht, 3. Auflage, Seite 305 unten), weil dem Bf. vor der Verhaftung zumindest ein Tag zum Abholen des hinterlegten Schriftstückes zur Verfügung stand.

Laut Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister war der Bf. vom 02. Juni - 06. Juni 2023 in der Justizanstalt ***2*** untergebracht. Am 7. Juni 2023 war der Bf. wieder aus der Justizanstalt entlassen. Damit endete das Hindernis, wegen der Aufhältigkeit im Gefängnis, den Einspruch gegen die Strafverfügung zu erheben.

Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss ein Wiedereinsetzungsantrag innerhalb von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses (hier: Gefängnisaufenthalt) gestellt werden. Tatsächlich wurde er erst nach 1,5 Jahren gestellt und ist daher verspätet. Daher war der Wiedereinsetzungsantrag von der belangten Behörde zurückzuweisen.

Die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid war daher als unbegründet abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am 28. April 2025