JudikaturBFG

RV/3100607/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
26. September 2025

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 10. Februar 2025 gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr: ***FA***) vom 17. September 2013 betreffend Einkommensteuer 2010, Einkommensteuer 2011 und Einkommensteuer 2012 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheiden vom 17.9.2013 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für die Jahre 2010, 2011 und 2012 von Amts wegen fest und verfügte die Zustellung dieser Bescheide mit Zustellnachweis.

Der Beschwerdeführer beantragte am 10.3.2023 die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010, 2011 und 2012 gemäß § 299 BAO. Das Finanzamt wies mit Bescheiden vom 7.6.2023 diese Anträge als verspätet zurück. Die dagegen am 28.3.2024 eingebrachten Beschwerden wies das Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom 17.7.2024 zu GZ RV/3100343/2024 als verspätet zurück.

Mit Eingabe vom 10.2.2025 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für 2010, 2011 und 2012 und brachte vor, die Bescheide seien ihm nicht zugestellt worden. Das Mietverhältnis an der Zustelladresse sei mit Ablauf des März 2013 aufgelöst gewesen, er habe sich danach bis zum Jahr 2021 ausschließlich im Ausland aufgehalten. Er habe nicht gewusst, dass die Abmeldung durch den Vermieter nicht wie vereinbart vorgenommen worden sei. Die Einkommensteuer sei entgegen dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Rumänien und Österreich festgesetzt worden. Er habe sich in den Streitjahren überwiegend in Rumänien aufgehalten und sei nur für Besuche nach Österreich gekommen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 9.4.2025 als verspätet zurück.

In seinem Vorlageantrag vom 18.4.2025 brachte der Beschwerdeführer vor, die zweite Gesellschafterin der H-OG sei nur bis 31.3.2013 Mieterin der Wohnung an der Adresse ***ö_Adresse*** und dort gemeldet gewesen. Er sei Gesellschafter der H-OG gewesen, habe diese OG jedoch "lediglich finanziert", aber kein Einkommen erzielt. Er sei weder Geschäftsführer noch Mitarbeiter der OG gewesen. Er sei in der Wohnung der Mieterin "für Besuche angemeldet" gewesen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am 24.9.2025 dem Bundesfinanzgericht vor und brachte weiter vor, die Zustellnachweise für die mit Zustellnachweis verfügte Zustellung der angefochtenen Bescheide seien aufgrund der langen verstrichenen Zeit nicht mehr vorhanden. Der Beschwerdeführer habe der Abgabenbehörde keine neue Zustelladresse bekanntgegeben, obwohl er Kenntnis von ihn betreffenden Abgabenverfahren haben musste.

Auf Sachverhaltsebene ist erwiesen, dass das Finanzamt entsprechend § 5 ZustellG für die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010, 2011 und 2012 die Zustellung mit Zustellnachweis ("Rsb") an die Adresse ***ö_Adresse*** verfügt hat. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der elektronischen Verfahrensdokumentation "Abgabeninformationssystem des Bundes".

Der Beschwerdeführer war ausweislich des Zentralen Melderegisters von 17.11.2011 bis 21.10.2013 an der Adresse ***ö_Adresse*** mit Hauptwohnsitz gemeldet. Von 21.10.2013 bis 20.5.2021 war der Beschwerdeführer nicht in Österreich gemeldet. Am 20.5.2021 meldete der Beschwerdeführer wiederum seinen Hauptwohnsitz in Österreich an.

Der Beschwerdeführer war aufgrund des Gesellschaftsvertrages von 25.5.2012 bis 26.7.2014 (Auflösung der Gesellschaft aufgrund Konkursabweisung mangels Vermögens zu ***AZ***) unbeschränkt haftender Gesellschafter der H-OG (FN ***). Der Sitz der H-OG war in ***ö_Adresse***. Dies ergibt sich aus dem Firmenbuch.

Der Beschwerdeführer gab im Rahmen einer Nachschau durch das Finanzamt am 23.8.2012 an, dass er die Tätigkeit "Beteiligter - OG" bei der H-OG (FN ***) ausübe. Er nannte als seine Wohnadresse ***ö_Adresse*** (vgl. ON 15).

Der Beschwerdeführer hatte bis zum 21.10.2013 eine Abgabestelle (§ 2 Z 4 ZustellG) im Inland, und zwar an der Adresse ***ö_Adresse***. Der Beschwerdeführer hat am 23.8.2012 und damit in zeitlichem Nahebezug zu dem von ihm in Frage gestellten Zeitraum, in dem nach dem Vorbringen des Finanzamtes die Zustellung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2012 vorgenommen wurde, dem Finanzamt gegenüber seine Wohnanschrift mit "***ö_Adresse***" angegeben. Wenn er fast dreizehn Jahre später - in seiner Beschwerde vom 10.2.2025 - nunmehr bezogen auf die Besteuerungszeiträume 2010, 2011 und 2012 behauptet, er habe sich "zum Zwecke der Tätigkeit, zum überwiegenden Teil in ***rumän_Ort*** [Rumänien] auf[gehalten], wo ich auch eine Wohnung inne hatte/habe", und er sei nach Österreich nur fallweise zu Besuchszwecken gekommen, dann kommt dieser Aussage keine Glaubwürdigkeit zu: Der Beschwerdeführer hat seine Behauptung betreffend die Wohnung und seinen Aufenthalt in Rumänien weder konkretisiert noch belegt, dies trotz der ihn aufgrund des behaupteten Sachverhaltes mit Auslandsbezug treffenden erhöhten Beweisvorsorge- und Mitwirkungspflicht. Eine erhöhte Mitwirkungs- und Beweisvorsorge trifft den Beschwerdeführer weiter deshalb, da er ungewöhnliche Verhältnisse in tatsächlicher wie in zeitlicher Hinsicht behauptet (Ritz/Koran, BAO, 8.A., Rz 10 und 13 zu § 115 mit Judikaturhinweisen).

Auch das Vorbringen, ein Mietverhältnis der ***X*** ("meine Bekannte, in deren Wohnung ich für Besuche angemeldet war", vgl. Ergänzung zur Beschwerde vom 9.4.2025, ON5) hinsichtlich der Wohnung in ***ö_Adresse*** sei zum 31.3.2013 aufgelöst worden, bedingt nicht zwingend den Schluss, dass der Beschwerdeführer danach keine Wohnung oder keine Abgabestelle mehr an dieser Adresse hatte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trägt die Abgabenbehörde nur dann die Beweislast für das tatsächliche Zukommen einer Erledigung an den Empfänger, wenn sie eine Zustellung ohne Nachweis verfügt (vgl. VwGH 31.8.2023, Ra 2023/08/0011 mwN). Es kann dem Finanzamt daher nicht zum Nachteil gereichen, wenn es nach Eintritt der absoluten Verjährung (§ 209 Abs. 3 BAO) und nach Verstreichen von fast zwölf Jahren nicht mehr alle Verfahrensschritte lückenlos zu dokumentieren vermag, zumal im Jahr 2013 eine durchgehend elektronische Aktenführung tatsächlich nicht gewährleistet war.

Es ist insgesamt glaubwürdig, dass die Zustellung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010, 2011 und 2012 an den Beschwerdeführer an der Adresse ***ö_Adresse*** vor dem 21.10.2013 wirksam - durch Zustellung, Ersatzzustellung oder Hinterlegung - erfolgt ist.

Nach § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Die am 10.2.2025 erhobene Beschwerde ist daher verspätet und war gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO zurückzuweisen. Die offenkundige Verspätung des Rechtsmittels wurde dem Beschwerdeführer im Wege der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageberichts des Finanzamtes vorgehalten.

Zulässigkeit einer Revision

Die Revision ist nicht zulässig, da die hier zu lösende Rechtsfrage keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.

Innsbruck, am 26. September 2025