Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. David Hell, LL.B. LL.M., den Richter Dr. Günter Wellinger sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mst. Petra Erhart-Ruffer, MSc und Mag.a Katrin Kirchebner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Deutschland, über die Beschwerde vom 31. Juli 2024 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 9. Juli 2024 betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2022 bis 2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25. September 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Angelika Aichinger zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
a. Der angefochtene Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2022 wird dahingehend abgeändert, dass der Besteuerungszeitraum 10-12/2022 lautet; im Übrigen wird die Beschwerde gegen diesen Bescheid abgewiesen. Der Betrag bleibt unverändert.
b. Der angefochtene Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2023 wird dahingehend abgeändert, dass der Besteuerungszeitraum 01-05/2023 lautet und die Kraftfahrzeugsteuer für diesen Zeitraum mit 748,08 Euro festgesetzt wird.
c. Der angefochtene Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2024 wird ersatzlos aufgehoben.
Die Bemessungsgrundlagen sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen integralen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen die Spruchpunkte I.a. und I.b. dieses Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig,gegen Spruchpunkt I.c. dieses Erkenntnisses ist sie nicht zulässig.
Am 19.12.2023 langte beim Finanzamt Österreich, Dienststelle ***Dienststelle***, eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG der ***Arbeitgeberin*** (***Sitz***, Deutschland) ein. Darin erklärte diese, sie würde ihren Dienstnehmern unter bestimmten Voraussetzungen ein bis zwei Dienstwägen zur dienstlichen und privaten Verwendung zur Verfügung stellen; in Einzelfällen werde auch ehemaligen Dienstnehmern ein Fahrzeug zur Privatnutzung überlassen. Außerdem würden aktive wie ehemalige Mitarbeiter Fahrzeuge bei der ***Arbeitgeberin*** zu günstigen Konditionen leasen können. Es sei der ***Arbeitgeberin*** nicht bekannt gewesen, dass einzelne Mitarbeiter ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich gehabt haben; die Mitarbeiter wiederum seien davon ausgegangen, dass die ***Arbeitgeberin*** sämtliche fahrzeugbezogenen Abgaben abführe. Deshalb bestehe für einzelne Fahrzeuge eine NoVA- bzw. Kraftfahrzeugsteuerpflicht und seien die entsprechenden Abgaben bislang nicht entrichtet worden.
Auf Grundlage dieser Selbstanzeige erließ die belangte Behörde am 9.7.2024 in einer einzigen Ausfertigung (Sammelbescheid) gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) die angefochtenen Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Zeiträume Jänner bis Dezember 2022 (444,96 €), Jänner bis Dezember 2023 (1.512,72 €) sowie Jänner bis Dezember 2024 (142,56 €). Begründend führte die Behörde darin aus, aufgrund des inländischen Hauptwohnsitzes des Bf. und der Standortvermutung gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 liege eine steuerpflichtige widerrechtliche Verwendung von fünf verschiedenen Kraftfahrzeugen vor. Die Festsetzung sei erforderlich gewesen, da die Selbstberechnung unterblieben sei.
Gegen diese Bescheide richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf. vom 31.7.2024. In dieser beantragte er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat. Begründend führte er zusammengefasst aus, er könne den Gegenbeweis zur Standortvermutung erbringen, da die gegenständlichen Fahrzeuge überwiegend außerhalb von Österreich verwendet worden seien.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.11.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Dabei führte sie begründend zusammengefasst aus, wenn ausschließlich ein inländischer Wohnsitz vorliege, könne der Gegenbeweis zur Standortvermutung gar nicht durch eine überwiegende Verwendung im Ausland erbracht werden, da sich der dauernde Standort des Fahrzeuges nur im Inland befinden könne. Der Standort eines Fahrzeuges sei nicht an dem Ort gelegen, wo es bewegt werde, sondern vielmehr an jenem Ort, von welchem aus die entsprechenden Fahrten angetreten werden. Das vorgelegte Fahrtenbuch sei auch mangels Angabe konkreter Fahrtzwecke sowie Vorlage diesbezüglicher Nachweise nicht als Nachweis der überwiegenden Verwendung im Ausland geeignet. Insgesamt sei der geforderte Gegenbeweis zur Standortvermutung damit nicht erbracht worden.
Dagegen wendet sich der rechtzeitige Vorlageantrag des Bf. vom 28.11.2024. Darin tätigte er weitere Ausführungen zur Verwendung der gegenständlichen Fahrzeuge und legte diesbezüglich weitere Nachweise vor. Insbesondere seien drei näher bezeichnete Fahrzeuge tatsächlich vom Sohn und der Schwiegertochter des Bf. genutzt worden. Beide seien in Deutschland wohnhaft gewesen. Die übrigen beiden Fahrzeuge habe der Bf. zwar selbst genutzt, aber überwiegend im Ausland.
Am 14.5.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin führte die belangte Behörde aus, dass der Bf. nunmehr auch ihrer Ansicht nach den Nachweis erbracht habe, dass drei der streitgegenständlichen fünf Fahrzeuge nicht vom Bf., sondern von seinem Sohn und dessen Ehefrau verwendet werden. Die Kraftfahrzeugsteuer sei daher in Bezug auf diese Fahrzeuge zu Unrecht festgesetzt worden. Hinsichtlich der anderen beiden Fahrzeuge habe der Bf. jedoch den notwendigen Gegenbeweis zur Standortvermutung nicht erbracht; die Fahrtenbücher seien mangelhaft und es würden Widersprüche zu anderen Beweismitteln (Tankrechnungen und Kontoauszügen) vorliegen. Zudem seien die angegebenen Strecken teilweise nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde beantragte daher, die Beschwerde betreffend den Bescheid für 2022 abzuweisen, ihr betreffend den Bescheid für 2023 teilweise und betreffend den Bescheid für 2024 vollinhaltlich stattzugeben.
Mit Schreiben vom 15.5.2025 ersuchte das Gericht den Bf. um Stellungnahme zu den Ausführungen des Finanzamtes oder ggf. Zustimmung zu einer Bescheidaufhebung gemäß § 300 BAO, falls der Bf. mit der vom Finanzamt beantragten Teilstattgabe einverstanden wäre.
Mit Schreiben vom 12.6.2025 teilte der Bf. dem Gericht mit, dass er nicht zustimme, da die verbleibenden zwei Fahrzeuge mehrheitlich außerhalb von Österreich verwendet worden seien. Gleichzeitig legte der Bf. diesbezüglich umfangreiche Unterlagen vor.
Mit Schreiben vom 18.6.2025 räumte das Gericht der belangten Behörde die Möglichkeit ein, sich zur Stellungnahme des Bf. zu äußern. Diese Gelegenheit nahm die Behörde mit Schreiben vom 16.7.2025 wahr. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, dass der Nachweis der weitaus überwiegenden Verwendung im Ausland aufgrund verschiedener Ungereimtheiten und Mängel der Aufzeichnungen nach Ansicht der Behörde weiterhin nicht erbracht worden sei.
Dem Bf. wurde die Stellungnahme der Behörde als Beilage zur Ladung vom 19.7.2025 zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 12.8.2025 übermittelte der Bf. dem Gericht einen Ordner voller Unterlagen zur Stützung seines Beschwerdebegehrens. Diese Unterlagen brachte das Gericht der belangten Behörde mit Schreiben vom 19.8.2025 zur Kenntnis. Vom darin eingeräumten Recht, vor der Verhandlung eine schriftliche Stellungnahme dazu abzugeben, machte die belangte Behörde keinen Gebrauch.
Am 25.9.2025 fand die beantragte mündliche Senatsverhandlung statt. Dabei wiederholten die Parteien im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen bzw. verwiesen auf dieses. Der Bf. brachte ergänzend vor, dass es aus unionsrechtlicher Sicht auf die kilometermäßig überwiegende Verwendung im Ausland ankomme und verwies auf die Entscheidung des BFG vom 20.5.2025, RV/2100276/2020, zu einem nach Ansicht des Bf. vergleichbaren Sachverhalt.
Der Bf. war bis 2021 Arbeitnehmer der ***Arbeitgeberin***, die ihren Sitz in ***Sitz*** (Deutschland) hat, und ist seither Pensionist. Er hatte seinen Hauptwohnsitz/Mittelpunkt der Lebensinteressen zumindest im Zeitraum 15.9.2022 bis 31.5.2023 in ***Ort-Ö*** (Österreich, in der Folge "Hauptwohnsitz"). Seine Ehegattin ***Gattin*** und sein Sohn ***Sohn1*** - einer von fünf Söhnen des Bf. - lebten in diesem Zeitraum ebenfalls dort. Er verfügte in diesem Zeitraum auch über einen Wohnsitz in ***Ort-D*** (Deutschland, in der Folge "Nebenwohnsitz").
Beide Orte liegen jeweils im grenznahen Bereich: Das Staatsgebiet des jeweils anderen Staates kann von beiden Wohnsitzen mit dem Auto in weniger als 25 km erreicht werden. Die kürzeste zweckmäßige Straßenverbindung zwischen den beiden Wohnsitzen (über ***Strecke1***) ist 97 km lang, wovon 38 km in Österreich und 59 km in Deutschland liegen. Eine längere, aber wegen Umfahrung der stark verkehrsbelasteten Ortsdurchfahrt ***Strecke1*** zweckmäßigere Straßenverbindung (über die Autobahn bis ***Strecke2***) ist 112 km lang, wovon 38 km in Österreich und 74 km in Deutschland liegen.
Der Bf. hat im strittigen Zeitraum über das Mitarbeiterprogramm der ***Arbeitgeberin*** nacheinander drei Leasingfahrzeuge bezogen, nämlich:
{
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{
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"von 1.12.2022 bis 31.5.2023 einen ***Typ1*** mit dem Kennzeichen ***D-Kennzeichen1***"
]
},
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"von 31.5.2023 bis 30.11.2023 einen ***Typ2*** mit dem Kennzeichen ***D-Kennzeichen2***"
]
},
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"von 30.11.2023 bis 26.4.2024 einen ***Typ3*** mit dem Kennzeichen ***D-Kennzeichen3***"
]
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}
}In den Leasingraten sind nach Laufleistung und Haltedauer festgelegte Finanzierungsraten, (deutsche) Steuern und Versicherungsprämien sowie ein Tankgutschein in Höhe von 100,00 € pro Monat enthalten. Sämtliche weiteren Kosten trägt der Leasingnehmer. Es ist zulässig, solche Leasingfahrzeuge an Dritte weiterzugeben. Der Bf. hat diese Fahrzeuge gegen Kostenersatz seinem Sohn ***Sohn2*** und dessen Ehefrau ***Schwiegertochter*** überlassen, die ihren Hauptwohnsitz im fraglichen Zeitraum in Deutschland hatten und diese drei Fahrzeuge auch überwiegend dort verwendet haben.
Außerdem hat der Bf. im gleichen Zeitraum nacheinander zwei Fahrzeuge der ***Arbeitgeberin*** selbst genutzt, nämlich:
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"von 15.9.2022 bis 15.2.2023 einen ***Typ4*** mit dem Kennzeichen ***D-Kennzeichen4***"
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"von 15.2.2023 bis 31.5.2023 einen ***Typ5*** mit dem Kennzeichen ***D-Kennzeichen5***"
]
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}
}Diese Fahrzeuge waren auf die ***Arbeitgeberin*** zugelassen und wurden dem Bf. aufgrund seines früheren Dienstverhältnisses gemäß den Vertragsbedingungen der ***Arbeitgeberin*** zu Mitarbeiterkonditionen zur privaten Nutzung überlassen. Der Bf. hatte die Verfügungsmacht über diese. Die erstmalige Einbringung dieser Fahrzeuge in das österreichische Bundesgebiet erfolgte am 29.9.2022 (***D-Kennzeichen4***) bzw. 15.2.2023 (***D-Kennzeichen5***).
Der Bf. hat in diesem Zeitraum für diese beiden Fahrzeuge kein Fahrtenbuch geführt, sondern im gegenständlichen Verfahren anhand von verschiedenen Belegen fahrtenbuchähnliche Aufzeichnungen rekonstruiert. Anhand dieser Aufzeichnungen kann allerdings - auch in Zusammenschau mit den umfangreichen Belegen - nicht festgestellt werden, ob diese Fahrzeuge überwiegend in Österreich oder überwiegend im Ausland verwendet wurden.
Die Feststellungen zu den persönlichen Umständen des Bf. in Abschnitt 2.1. dieses Erkenntnisses gründen auf den Angaben des Bf. in seinen Schriftsätzen sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung, welche insoweit weder von der belangten Behörde noch vom erkennenden Gericht angezweifelt werden.
Zum Mittelpunkt der Lebensinteressen ist auszuführen, dass der Bf. und seine Gattin seit 22.9.2021 einen Hauptwohnsitz im Inland angemeldet haben und seit August 2022 auch ihr gemeinsamer Sohn ***Sohn1*** am Hauptwohnsitz des Bf. und seiner Gattin wohnhaft war. Mangels Relevanz anderer Zeiträume stellte das Gericht den Mittelpunkt der Lebensinteressen nur für den Zeitraum 15.9.2022 bis 31.5.2023 ausdrücklich fest. Die vom Bf. im Vorlagebericht angeführte "Anmeldung des steuerlichen Hauptwohnsitzes in Österreich zum 1.10.2022" ist ohne Bedeutung, da es für den Beginn der Steuerpflicht auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt; überdies ist eine solche Anmeldung weder aktenkundig noch vorgesehen.
Die Feststellungen zu den geografischen Gegebenheiten gründen auf vom Gericht angefertigten Ausdrucken des Google Maps-Routenplaners, die insoweit mit dem Vorbringen des Bf. übereinstimmen. Dass die längere Strecke wegen der Umfahrung einer verkehrsbelasteten Ortsdurchfahrt zweckmäßiger ist, hat der Bf. glaubhaft vorgebracht und stimmt mit den Erfahrungen der ortskundigen Mitglieder des erkennenden Senats überein.
Die Feststellungen in Abschnitt 2.2. dieses Erkenntnisses gründen auf den vom Bf. vorgelegten umfangreichen Unterlagen zu diesen Fahrzeugen, insbesondere den ordentlich geführten elektronischen Fahrtenbüchern, den Zahlungsbelegen sowie der Nutzungsbestätigung von ***Sohn2*** und ***Schwiegertochter***. Zumal auch die belangte Behörde zuletzt keine Zweifel am diesbezüglichen Vorbringen des Bf. äußerte, konnte das Gericht diese Feststellungen ohne Bedenken treffen.
Die Feststellungen in Abschnitt 2.3. dieses Erkenntnisses zu Art und Nutzungszeitraum der gegenständlichen zwei Fahrzeuge sowie zu den Umständen der Nutzungsüberlassung gründen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Bf. und den vorgelegten Vertragsbedingungen betreffend Mitarbeiterkonditionen der ***Arbeitgeberin***. Dass der Bf. die Verfügungsmacht über diese beiden Fahrzeuge hatte, war im gesamten Verfahren nicht strittig und ergibt sich auch aus der aufgrund der vorgelegten Tankbelege offenkundig gegebenen Möglichkeit des Bf., diese Fahrzeuge zu Privatzwecken in verschiedenen Ländern der Europäischen Union zu verwenden.
Der Bf. hat nie behauptet, für diese Fahrzeuge laufend Fahrtenbücher geführt zu haben. Vielmehr hat er in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass er die zwei unterschiedlichen fahrtenbuchähnlichen Aufzeichnungen, die er der Behörde bzw. dem Gericht vorgelegt hat, nachträglich erstellt hat. Die erste Aufstellung wurde vom Bf. nach dessen glaubhaften Angaben zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach Erlassung der angefochtenen Bescheide, also frühestens im Juli 2024, erstellt. Die zweite Aufstellung wurde von ihm erstellt, nachdem das Finanzamt die erste Aufstellung (gemäß seinen Ausführungen im Vorlagebericht) nicht akzeptiert hat; also frühestens im Mai 2025.
Das Datum der erstmaligen Einbringung der beiden Fahrzeuge ins Inland wurde auf Grundlage der ersten Aufstellung des Bf. festgestellt, da diese Aufstellung zum jeweiligen Datum eine Fahrt mit Angabe von inländischen Kilometern enthält. Die zweite Aufstellung enthält diese Fahrten zwar nicht mehr; diese zweite Aufstellung wird jedoch vom erkennenden Senat insgesamt für ungenau und daher wenig aussagekräftig befunden (siehe Seite 8 dieses Erkenntnisses). Der erkennende Senat erachtet daher die frühere Aufstellung in diesem Punkt aufgrund der konkreteren Angaben als aussagekräftiger, weshalb er das jeweils festgestellte Datum trotz bestehender Zweifel für am wahrscheinlichsten hält.
Die erste Aufstellung enthält nur Ziele außerhalb Österreichs. Die Fahrten wurden dabei nicht einzeln und zum Teil nicht einmal tageweise, sondern für mehrere Tage zusammengefasst angegeben. Die angegebenen Streckenlängen wurden offensichtlich geschätzt, da fast alle angegebenen Streckenlängen auf 50 oder 100 Kilometer gerundete Zahlen sind.
Auch in der zweiten Aufstellung, die vom Bf. im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht übermittelt wurde, sind nicht alle Fahrten einzeln angegeben. Sie wurde vom Bf. nach folgender Methodik erstellt: Zunächst hat der Bf. anhand von verschiedenen Belegen (Tankrechnungen und andere Rechnungen, Zahlungsbelege) für jeden Tag im fraglichen Zeitraum ermittelt, ob er - und damit das Fahrzeug - sich am jeweiligen Tag in Österreich oder im Ausland befand. Die Tage, an denen sich das Fahrzeug in Österreich befand, hat der Bf. in der gegenständlichen Aufstellung gelb/orange markiert, die anderen Tage grün. Sofern er einzelne Fahrten belegen konnte, hat er diese mit Angabe der Fahrtstrecke und der auf Österreich bzw. das Ausland entfallenden Kilometer eingetragen.
Aufgrund der Tankbelege kann die Entwicklung des Gesamtkilometerstandes der jeweiligen Fahrzeuge grundsätzlich nachvollzogen werden, da der Bf. den Kilometerstand beim Bezahlen eingeben musste und dieser in der Folge auf den entsprechenden Belegen vermerkt wurde. Allerdings hat der Bf. häufig offensichtlich gerundete Kilometerstände eingegeben, da diese oft auf 50 oder 100 Kilometer gerundete Zahlen darstellen.
Da der Bf. meistens nicht alle Fahrten zwischen zwei Tankvorgängen anhand von Belegen rekonstruieren konnte, fügte er seiner Aufstellung regelmäßig Positionen mit der Bezeichnung "diverse Fahrten" hinzu, um dennoch den Gesamtkilometerstand laut Tankbelegen zu erreichen. Ob er diese diversen Fahrten Österreich oder einem anderen Land zuordnete, entschied der Bf. anhand des Fahrzeugstandortes, welchen er zuvor für den jeweiligen Zeitraum anhand von anderen Belegen ermittelt hatte.
Die "diversen Fahrten" machen 6.196 der 14.673 mit dem Fahrzeug ***D-Kennzeichen4*** gefahrenen Kilometer aus, wovon nach der Aufstellung des Bf. 4.177 km auf Österreich und 2.019 km auf das Ausland entfallen. Beim Fahrzeug ***D-Kennzeichen5*** machen diese Fahrten 5.368 der 11.055 mit diesem Fahrzeug gefahrenen Kilometer aus, wovon nach der Aufstellung des Bf. 1.137 km auf Österreich und 4.231 km auf das Ausland entfallen.
Die zwei verschiedenen Aufstellungen des Bf. widersprechen einander in mehreren Punkten, insbesondere auch hinsichtlich der Datumsangaben. Die Abweichungen hinsichtlich der angegebenen Kilometer ergeben sich aus den unterschiedlichen Berechnungsmethoden (erste Aufstellung: grobe/pauschale Schätzung, zweite Aufstellung: Schätzung anhand der Tankbelege).
Auf den ersten Blick erscheint die Methodik des Bf. nachvollziehbar und sachgerecht, doch gehen mit ihr auch mehrere Ungenauigkeiten einher:
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{
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"children": [
"Es gab immer wieder Zeiträume von mehreren Tagen, für welche der Bf. offenbar keinerlei Belege besitzt. Der Bf. ging bei der Erstellung seiner zweiten Aufstellung davon aus, dass sich der Fahrzeugstandort innerhalb eines solchen Zeitraumes nicht veränderte. Dies ist aber keinesfalls zwingend anzunehmen."
]
},
{
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"Selbst wenn ein Fahrzeug an einem bestimmten Tag tatsächlich seinen Standort am Haupt- oder Nebenwohnsitz des Bf. hatte, schließt dies aufgrund der Grenznähe beider Wohnsitze nicht aus, dass an einem Tag, für den keine Belege vorhanden waren, die Grenze überschritten wurde."
]
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"Die verschiedenen Belege des Bf. beweisen letztendlich nur seine Anwesenheit an bestimmten Orten zu bestimmten Zeitpunkten, aber nicht zwingend auch, an welchem Wohnsitz er am jeweiligen Tag nächtigte. "
]
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"Die Rekonstruktion des Bf. erfolgte auf die Art und Weise, dass der Kilometerstand am Ende eines rekonstruierten Tages, an welchem ein Tankvorgang belegt ist, exakt mit dem Kilometerstand laut Tankbeleg desselben Tages übereinstimmt. Dass dies nicht immer zutreffen wird, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Überdies sind die Kilometerstände laut Tankbelegen, auf welchen die zweite Aufstellung des Bf. basiert, selbst oft grob geschätzt und damit ungenau."
]
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}
}In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Bundesabgabenordnung zweierlei Beweismaß kennt - den Beweis und die Glaubhaftmachung ( § 138 Abs. 1 BAO). Beweisen bedeutet, ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungswesentlichen Tatsache herbeizuführen (VwGH 13.11.1986, 85/16/0109). Ist der Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt meistens stattdessen die Glaubhaftmachung. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, dass ein bestimmter Sachverhalt von allen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat (VwGH 14.9.1988, 86/13/0150).
Zur Widerlegung der Standortvermutung muss gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 ein Gegenbeweis erbracht werden. Die bloße Glaubhaftmachung ist daher in diesem Zusammenhang nicht ausreichend (VwGH 19.12.2023, Ra 2022/15/0055).
Obwohl der erkennende Senat die vom Bf. vorgelegten Beweismittel zwar für eine Glaubhaftmachung als ausreichend erachtet, musste er aufgrund des strengeren anzuwendenden Beweismaßes eine Negativfeststellung hinsichtlich der überwiegenden Verwendung der gegenständlichen Fahrzeuge treffen, da die diesbezüglichen Zweifel des Senates aufgrund der zuvor angeführten Ungenauigkeiten nicht in ausreichendem Maße beseitigt werden konnten, um Gewissheit darüber herbeizuführen, ob die gegenständlichen Fahrzeuge tatsächliche überwiegend in Österreich oder im Ausland verwendet wurden. Aufgrund der genannten Ungenauigkeiten konnte nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass tatsächlich mehr Kilometer im Inland gefahren wurden als der Bf. angegeben hatte - unter Umständen auch mehr Kilometer als im Ausland.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 unterliegt die widerrechtliche Verwendung von Kraftfahrzeugen im Inland der Kraftfahrzeugsteuer. Widerrechtlich ist die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischen Kennzeichen durch eine Person mit Hauptwohnsitz (Mittelpunkt der Lebensinteressen) im Inland gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 ab einem Monat nach der erstmaligen Einbringung in das österreichische Bundesgebiet, sofern nicht der Gegenbeweis zur Standortvermutung erbracht wird.
Hinsichtlich der Fahrzeuge ***D-Kennzeichen1***, ***D-Kennzeichen2*** und ***D-Kennzeichen3*** war zuletzt nicht mehr strittig, dass der Bf. nicht der Verwender dieser Fahrzeuge war, sondern seine in Deutschland lebenden Angehörigen ***Sohn2*** und ***Schwiegertochter***. Die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für diese Fahrzeuge erweist sich somit bereits aus diesem Grund als unzulässig, weshalb der Beschwerde insoweit stattzugeben war.
Anders verhält es sich jedoch mit den zwei übrigen Fahrzeugen, die der Bf. selbst genutzt hat. § 82 Abs. 8 KFG 1967 erlegt dem Bf. die Beweislast auf, einen Gegenbeweis zur gesetzlichen Standortvermutung zu erbringen. Da das Gericht zur überwiegenden Verwendung unter Bezugnahme auf das geforderte Beweismaß eine Negativfeststellung getroffen hat (siehe dazu oben Punkt 3.3.), ist dem Bf. die Erbringung des geforderten Beweises nicht geglückt. Auch für die vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt geforderte Zuordnung zu einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes (vgl. erneut VwGH 19.12.2023, Ra 2022/15/0055) fehlen ausreichende Anhaltspunkte, zumal ein erheblicher Teil der nach den Angaben des Bf. auf das Ausland entfallenden Kilometer nicht in der Umgebung seines deutschen Nebenwohnsitzes, sondern auf Urlaubsreisen in Norditalien und im Mittelmeerraum gefahren wurde.
Da der vom Gesetz geforderte Gegenbeweis somit nicht erbracht wurde, hat das Finanzamt für die zwei Fahrzeuge, die vom Bf. genutzt werden, die Kraftfahrzeugsteuer zu Recht festgesetzt; und zwar jeweils - entsprechend § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 - ab dem Beginn des auf die erstmalige Einbringung folgenden Monats bis zum Ende des Monats, in welchem die Verwendung endete.
Gegen die Bemessungsgrundlagen wie auch die Berechnung der belangten Behörde hat der Bf. keine Einwendungen erhoben und waren diese auch für das Gericht nachvollziehbar, weshalb das Gericht diese seiner Entscheidung zugrunde legte.
Die belangte Behörde hat die Kraftfahrzeugsteuer in den bekämpften Bescheiden jeweils für ein ganzes Kalenderjahr festgesetzt. Besteuerungszeitraum ist bei der Kraftfahrzeugsteuer in den Fällen der widerrechtlichen Verwendung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 und § 6 Abs. 3 Z 1 KfzStG 1992 zwar das Kalendermonat. Allerdings ist die zusammengefasste Festsetzung von mehreren Abgaben derselben Art innerhalb eines Kalenderjahres gemäß § 201 Abs. 4 BAO zulässig. In den angefochtenen Bescheiden hat die Behörde von ihrem Recht, eine zusammengefasste Festsetzung vorzunehmen, Gebrauch gemacht.
Die zusammengefasste Festsetzung setzt jedoch voraus, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung in jedem einzelnen von der Festsetzung umfassten Besteuerungszeitraum vorliegen (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 201 BAO Rz 44). Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen jedoch nicht für die Zeiträume Jänner bis Dezember 2022 und Jänner bis Dezember 2023 vor, sondern lediglich für die Zeiträume Oktober bis Dezember 2022 sowie Jänner bis Mai 2023. Die zusammengefasste Festsetzung erweist sich als zweckmäßig und es sind keine Gründe ersichtlich, die im vorliegenden Fall gegen die Vornahme einer zusammengefassten Festsetzung sprechen.
Umfasst ein mit Beschwerde angefochtener Abgabenbescheid auch Monate, für welche die Voraussetzungen für eine Festsetzung nicht vorliegen, so ist es dem Bundesfinanzgericht nicht verwehrt, in seinem Erkenntnis die Festsetzung auf jene Monate einzuschränken, hinsichtlich derer die Voraussetzungen vorliegen (BFG 1.2.2024, RV/2101185/2020). Dem Gericht ist es zwar verwehrt, den Besteuerungszeitraum gegenüber dem angefochtenen Bescheid auszudehnen, weil dies eine erstmalige Abgabenfestsetzung und somit eine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens darstellen würde. Bei der Einschränkung des Besteuerungszeitraums bewegt sich das Gericht jedoch noch innerhalb der Sache des Beschwerdeverfahrens, weshalb eine solche Einschränkung für zulässig erachtet wird.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Rechtsfrage, ob es zulässig ist, im Spruch eines Erkenntnisses eine Einschränkung des Besteuerungszeitraums auf diejenigen Monate vorzunehmen, für welche die Voraussetzungen für eine zusammengefasste Festsetzung gemäß § 201 Abs. 4 BAO vorliegen, existiert keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Revision hinsichtlich der von dieser Rechtsfrage berührten Spruchpunkte I.a. und I.b. zuzulassen war. Im Übrigen folgt die Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung allerdings der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Hinsichtlich des Spruchpunktes I.c. war die Revision hingegen nicht zuzulassen, zumal schon auf der Sachverhaltsebene zweifelsfrei festgestellt wurde, dass in Bezug auf das Jahr 2024 bzw. alle in diesem Jahr besteuerten Fahrzeuge (***D-Kennzeichen2*** und ***D-Kennzeichen3***) der Steuertatbestand nicht erfüllt war.
Die Bemessungsgrundlagen und die Steuerberechnung waren im gegenständlichen Verfahren nicht strittig. Das Gericht übernimmt daher die diesbezüglichen Ausführungen aus dem angefochtenen Sammelbescheid.
[...]
Innsbruck, am 25. September 2025
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