JudikaturBFG

RV/3100593/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
02. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 7. Oktober 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 25. September 2024, ***Ordnungsbegriff1***, betreffend Abweisung des Antrages auf Weitergewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum ab August 2024 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom 24. August 2024 über FinanzOnline beantragte die Beschwerdeführerin die Weitergewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ***T***, geboren am ***GebDat***, für den Zeitraum August 2024 bis Juli 2026, weil sich die Tochter weiterhin in Berufsausbildung befinde.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom 25. September 2024 ab, weil die Familienbeihilfe maximal bis zum 24. Geburtstag zustehe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 7. Oktober 2024 wurde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass ihre Tochter kurz vor Vollendung des 19. Lebensjahres maturiert und danach im Oktober 2019 mit einer Ausbildung an der ***Fachhochschule*** begonnen habe. Aufgrund der Covid-Krise (Lockdown ab März 2020) habe sie im Wintersemester 2020 mit dem Studium der Pharmazie begonnen, wobei die folgenden zwei Studienjahre (bis 2022) durch die coronabedingten Einschränkungen bei der Abhaltung der erforderlichen Praktika sehr erschwert gewesen seien. Trotzdem habe ihre Tochter das Bachelorstudium innerhalb von acht Semestern abschließen können und sei seit Beginn des Wintersemesters 2024 im Masterstudium Pharmazie inskribiert (4 Semester Mindeststudiendauer).

Aufgrund der Corona-Pandemie sei eine neue Gesetzesbestimmung im Familienlastenausgleichsgesetz geschaffen worden, wonach sich die Anspruchsdauer auf Familienbeihilfe im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise für volljährige Kinder, die ein Studium betreiben, über die Altersgrenze und die Studiendauer hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium verlängere.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Oktober 2024 als unbegründet ab und begründete dies im Ergebnis damit, dass eine Studienbeeinträchtigung aufgrund der COVID-19-Krise nicht vermutet werden könne und auch nicht nachgewiesen worden sei.

Dagegen wurde mit Eingabe vom 13. November 2024 der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gestellt.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Beeinträchtigungen aus der Chronologie der Corona-Maßnahmen und der der eingeführten Bestimmung des § 15 FLAG 1967 ergäben und eine der konkrete Nachweis von Beeinträchtigungen aufgrund der gesetzlichen Vermutung nicht notwendig sei. Ihre Tochter habe das Bachelorstudium der Pharmazie zwar innerhalb der für den Bezug der Familienbeihilfe erforderlichen Zeitraum abgeschlossen, nicht jedoch die Mindeststudiendauer einhalten können, womit die pandemiebedingten Beeinträchtigungen erkennbar seien.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdefüherin ***T***, geb. am ***GebDat***, vollendete im Juli 2024 das 24. Lebensjahr. Das Bachelorstudium der Pharmazie, zu welchem sie ab dem Wintersemester 2020/21 zugelassen war, schloss sie im Juni 2024 ab. Ab dem Wintersemester 2024/2025 ist sie zum Masterstudium Pharmazie zugelassen.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen des Sachverhaltes ergeben sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Akt, insbesondere dem Zeugnis über das Bachelorstudium, der Studienbestätigung betreffend die Zulassung zum Masterstudium und den Angaben im Antrag auf Weitergewährung der Familienbeihilfe.

Rechtliche Beurteilung

§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) lautet auszugsweise:

"§ 2 (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. …

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) …

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

…"

Mit einigen hier nicht interessierende Ausnahmen endet der Familienbeihilfenanspruch für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, mit Vollendung des 24. Lebensjahres.

Gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 verlängert sich die Anspruchsdauer nach § 2 Abs. 1 lit. b leg. cit. im Zusammenhang der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) genannte Einrichtung besuchen, über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach § 2 Abs. 1 FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise.

Hierzu ist festzuhalten, dass ein Masterstudium an einer Universität gegenüber einem vorangegangenen Bachelorstudium ein eigenständiges Studium und eine eigene (weiterführende) Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt (vgl. VwGH 29.09.2011, 2011/16/0086; VwGH 01.02.2024, Ro 2023/16/0020).

Im zuletzt angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichshof hierzu wie folgt ausgeführt:

"Bachelorstudien sind die ordentlichen Studien, die der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung oder Berufsausbildung und der Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten dienen, welche die Anwendung wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse und Methoden erfordern (§ 51 Abs. 2 Z 4 UG). Masterstudien sind die ordentlichen Studien, die der Vertiefung und Ergänzung der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung oder Berufsausbildung auf der Grundlage von Bachelorstudien dienen (§ 51 Abs. 2 Z 5 UG).

Die Zulassung zu einem Bachelorstudium erlischt mit Abschluss des Studiums durch die positive Beurteilung bei der letzten vorgeschriebenen Prüfung (§ 68 Abs. 1 Z 6 UG) und wird nach Abschluss des Studiums ein akademischer Grad (hier: Bachelor of Science) verliehen. Für ein anschließendes Masterstudium ist ein eigener (neuer) Antrag auf Zulassung zum Studium zu stellen. Dabei ist vom Rektorat das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen zu prüfen (§ 60 UG), worunter auch die allgemeine Universitätsreife (§ 63 Abs. 1 Z 1 und § 64 UG) zählt. Die Zulassung zu einem Masterstudium setzt den Abschluss u.a. eines fachlich in Frage kommenden Bachelorstudiums voraus (§ 64 Abs. 3 UG)"

Auch in Mayr, Arbeitsrecht, § 2 FamLAG (Stand 1.8.2024, rdb.at) wird unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH darauf hingewiesen, dass das Masterstudium an einer Universität gegenüber einem vorangegangenen Bachelorstudium ein eigenständiges Studium und eine eigene (weiterführende) Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b) FLAG 1967 darstellt.

Im Beschwerdefall hat die Tochter der Beschwerdeführerin das Bachelorstudium am 26. Juni 2024 abgeschlossen und wurde ihr mit Bescheid vom 1. Juli 2024 der akademische Grad "Bachelor of Science" verliehen. Das 24. Lebensjahr vollendete sie kurz darauf am TT. Juli 2024.

Es mag durchaus zutreffen, dass es während des Bachelorstudiums zu coronabedingten Beeinträchtigungen gekommen ist. Dadurch ist für die Beschwerdeführerin aber nichts gewonnen, endeten doch in Österreich spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2023 offiziell alle COVID-19-Maßnahmen. Die Zulassung zum als eigenständiges Studium zu betrachtende Masterstudium Pharmazie erfolgte am 24. August 2024 für das Wintersemester 2024/25 und wurde somit erst nach Erreichen der Altersgrenze begonnen. Coronabedingte Beeinträchtigungen im vorangegangenen Bachelorstudium können nicht auf das getrennt zu betrachtende Masterstudium übertragen werden. Die Voraussetzungen für die Verlängerung der Anspruchsdauer liegen daher entgegen der im Beschwerdeverfahren von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich zu einem eindeutig aus dem Gesetz, zum anderen wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Es liegen daher keine zu lösenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am 2. April 2025