BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht beschließt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde des Vereins vom 7. Juli 2025 gegen die Anordnung der Hausdurchsuchung gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG durch den Vorsitzenden des Spruchsenates Innsbruck I - 2 als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom 14. Mai 2025 sowie deren Durchführung am 12. Juni 2025, Gz. ***Gz.***:
I. Über den beschwerdeführenden Verein wird gemäß § 112 Abs. 3 BAO iVm § 56 Abs. 2 FinStrG wegen beleidigender Schreibweise in der Beschwerde vom 7. Juli 2025 eine Ordnungsstrafe in Höhe von 200,00 Euro verhängt.
II. Gemäß § 287 BAO iVm § 157 vierter Satz FinStrG wird das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde als für die Einhebung und Einbringung der festgesetzten Ordnungsstrafe zuständige Finanzstrafbehörde bestimmt.
III. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang, Sachverhalt und Beweiswürdigung
Vor dem Bundesfinanzgericht ist gegenwärtig zur Geschäftszahl RV/3300003/2025 eine Beschwerde des im Kopf dieses Beschlusses angeführten Vereins gegen die Anordnung und Durchführung einer Hausdurchsuchung anhängig.
In der Beschwerde vom 7.7.2025, welche von der allein vertretungsbefugten Obfrau des Vereins ***Obfrau*** im Namen des Vereins unmittelbar beim Bundesfinanzgericht eingebracht wurde, führte die beschwerdeführende Partei (bfP) unter anderem Folgendes aus:
"Entschuldigen Sie, aber dann treten sie in Aktion und unterstellen in Ihrer Unwissenheit uns betreffend, unwürdige Beweggründe. Sie lassen den Verein überfallen, unser zu Hause und behandeln uns wie Schwerverbrecher. […]" (Seite 5, zweiter Absatz)
"Sie berauben uns wissentlich unserer Menschenrechte, mit nicht haltbaren Vorurteilen, welche im Vorfeld keiner Überprüfung unterzogen wurden. Sie stellen lediglich suggestive Vermutungen auf, die sie zu einer Feststellung formen, welche aus Ihrer Sicht, bereits unumstößlich ist." (Seite 5, dritter Absatz)
"[…] In mir wächst der Eindruck, Sie versuchen einen jungen Menschen, durch Ihre überzogenen Maßnahmen zu diskreditieren und ihn in die Enge zu treiben. Einen anderen Schluss kann ich darin nicht erkennen." (Seite 5 ganz unten und Seite 6 ganz oben; in Bezug auf den ebenfalls von der Hausdurchsuchung betroffenen Sohn der Obfrau, ***Sohn***)
Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich unmittelbar aus der gegenständlichen Beschwerde des Vereins vom 7.7.2025 und hinsichtlich der Vertretungsbefugnis der Obfrau aus dem amtswegig vom Gericht angefertigten Vereinsregisterauszug zur ZVR-Zahl ***ZVR-Zahl*** vom 9.7.2025.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Ordnungsstrafe)
Gemäß § 112 Abs. 3 BAO kann die Abgabenbehörde eine Ordnungsstrafe von bis zu 700 € gegen Personen verhängen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen. Eine vorherige Androhung ist hierbei im Gegensatz zur Ordnungsstrafe nach § 112 Abs. 2 BAO nicht erforderlich. Diese Bestimmungen sind gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG im Finanzstrafverfahren sinngemäß anzuwenden. Zufolge § 157 zweiter Satz FinStrG hat das Bundesfinanzgericht im finanzstrafbehördlichen Beschwerdeverfahren dieselben Befugnisse, die auch der Finanzstrafbehörde eingeräumt sind. Dies schließt gemäß § 157 vierter Satz FinStrG ausdrücklich das Recht auf Festsetzung von Zwangs- und Ordnungsstrafen ein.
Gemäß § 207 Abs. 3 BAO iVm § 208 Abs. 1 lit. b BAO beginnt die Verjährungsfrist bei Ordnungsstrafen mit Ablauf des Jahres, in dem die Voraussetzungen für ihre Verhängung eingetreten sind, und beträgt ein Jahr. Das Recht zur Festsetzung der gegenständlichen Ordnungsstrafe verjährt somit mit Ablauf des 31.12.2026; der gegenständliche Beschluss ergeht somit vor Eintritt der Verjährung.
Eine beleidigende Schreibweise im Sinne von § 112 Abs. 3 BAO liegt insbesondere dann vor, wenn sich die Kritik an der Behörde bzw. an einem Behördenorgan nicht auf die Sache beschränkt, nicht in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird oder Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (VwGH 30.5.1994, 92/10/0469; 4.10.1995, 95/15/0125; 10.3.1998, 97/08/0110); weiters wenn sie eine niedrige Gesinnung und eine nach der Sittenordnung verpönte Vorgangsweise unterstellt (VwGH 30.11.1993, 89/14/0144); wie etwa allgemein gehaltene Vorwürfe wie Manipulation, Unterstellung einer Schädigungsabsicht, Betrinken während der Dienstzeit und Korruption (VwGH 20.11.1998, 98/02/0320).
Eine Beleidigungsabsicht seitens der bfP ist nicht erforderlich, weshalb das Gericht diesbezüglich keine Feststellungen traf (vgl. VwGH 4.10.1995, 95/15/0125).
In den oben angeführten Ausführungen der bfP erblickt das Gericht die Unterstellung einer nach der Sittenordnung verpönten Vorgangsweise ("überfallen", "behandeln uns wie Schwerverbrecher", Voreingenommenheit, Diskreditierung als Zweck der behördlichen Maßnahme) im Sinne der vorstehend zitierten Judikatur.
Mit den Ausführungen im dritten Absatz auf Seite 5 (insbesondere "Sie berauben uns wissentlich unserer Menschenrechte […]" unterstellt die bfP den Organwaltern der Behörde pauschal einen vorsätzlichen Befugnismissbrauch zum Nachteil der bfP im Sinne des § 302 StGB, ohne diese Unterstellung - insbesondere hinsichtlich des behaupteten Vorsatzes - weiter zu untermauern. Die Unterstellung einer Schädigungsabsicht erfüllt nach der zitierten Judikatur den Tatbestand der beleidigenden Schreibweise. Dieser Tatbestand wird auch durch Formulierung "Sie versuchen einen jungen Menschen, durch Ihre überzogenen Maßnahmen zu diskreditieren und ihn in die Enge zu treiben" erfüllt, mit welcher die bfP den Organwaltern der Behörde eine Schädigungsabsicht zum Nachteil des ***Sohn*** unterstellt.
Insgesamt verlässt die bfP mit solchen Ausführungen den Boden der sachlichen Kritik und verletzt ohne Not den im Verkehr mit der Behörde gebotenen Anstand. Auf eine allenfalls gegebene sachliche Berechtigung der Kritik der bfP kommt es nicht an, da § 112 Abs. 3 BAO nicht die Kritik an und für sich, sondern die Art und Weise sanktioniert, auf welche diese vorgebracht wird (vgl. VwGH 25.3.1988, 87/11/0271). Aus diesem Grund bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen über die Verhängung von Ordnungsstrafen, da sachlich vorgetragene Kritik den Tatbestand nicht erfüllt und somit jederzeit sanktionslos möglich ist.
Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Ordnungsstrafe gemäß § 112 Abs. 3 BAO iVm § 56 Abs. 2 FinStrG in Bezug auf die Ausführungen der bfP in ihrer Beschwerde vom 7.7.2025 liegen folglich nach Ansicht des Gerichtes vor.
Bei der Ermessensübung ist zu berücksichtigen, dass die Verhängung einer Ordnungsstrafe dem Grunde nach geboten erscheint, um die beschwerdeführende Partei und ihre Organe anzuhalten, zukünftig im Verkehr mit der Finanzstrafbehörde und dem Gericht ein Mindestmaß an Anstand zu wahren. Der Höhe nach soll diese nach den Prinzipien der Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und aus verfahrensökonomischen Gründen nicht geringfügig sein. Da die beleidigende Schreibweise aber keine allzu hohe Intensität erreicht hat und dem Gericht keine früheren Ordnungsstrafen der beschwerdeführenden Partei wegen beleidigender Schreibweise bekannt sind, konnte mit einer Ordnungsstrafe im unteren Drittel des Strafrahmens (200 € entsprechen ca. 28,6 % der Höchststrafe von 700 €) das Auslangen gefunden werden.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Bestimmung der Behörde für die Einhebung)
Gemäß § 287 BAO obliegt die Einhebung und zwangsweise Einbringung der von Verwaltungsgerichten mit Beschluss festgesetzten Nebenansprüche der vom Verwaltungsgericht bestimmten Abgabenbehörde, wozu auch die gegenständliche Ordnungsstrafe zählt. Diese Bestimmung ist gemäß § 157 vierter Satz FinStrG sinngemäß auf Zwangs- und Ordnungsstrafen anzuwenden, die vom Gericht in einem finanzstrafrechtlichen Beschwerdeverfahren festgesetzt werden.
Die "sinngemäße" Anwendung des § 287 BAO kann allerdings - wie bei der sinngemäßen Anwendung des § 112 BAO zufolge § 56 Abs. 2 FinStrG - nur bedeuten, dass anstelle einer Abgabenbehörde eine Finanzstrafbehörde mit der Einhebung und zwangsweisen Einbringung zu beauftragen ist, zumal die Einhebung von Zwangs- und Ordnungstrafen im Finanzstrafverfahren gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG der Finanzstrafbehörde obliegt. Wäre hingegen eine Abgabenbehörde zu beauftragen, so könnte § 287 BAO auch angewendet werden, ohne dass es des Adverbs "sinngemäß" bedürfe. (In diesem Sinne offenbar, wenn auch ohne nähere Begründung, Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG II5 § 157 Rz 3 und Judmaier in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG II5 § 172 Rz 1; anderer Auffassung offenbar Althuber/Stieglitz in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG § 157 Rz 9 f, die in diesem Zusammenhang stets den Begriff "Abgabenbehörde" verwenden).
Als einzige sachlich in Frage kommende Behörde betraut das Gericht folglich das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde mit der Einhebung und Einbringung der festgesetzten Ordnungsstrafe.
2.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da der vorliegende Beschluss hinsichtlich der Ordnungsstrafe der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt und sich die für die Einhebung zuständige Behörde hinreichend klar aus dem Gesetz ergibt, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.
Innsbruck, am 24. Juli 2025