BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache X, über den Antrag vom 23.07.2025 auf Bewilligung von Verfahrenshilfe im Exekutionsverfahren den Beschluss gefasst:
Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit dem Bescheid vom 10.03.2025, x, forderte das Finanzamt Österreich vom Antragsteller die in den Monaten April 2015 bis März 2025 für zwei Kinder ausbezahlten Familienleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge) in der Gesamthöhe von 51.540,10 € zurück, weil sich die Kinder in diesem Zeitraum im Ausland aufhielten.
In der Folge stellte das Finanzamt Österreich am 09.05.2025 einen Rückstandsausweis über 51.540,10 € aus.
Mit dem Bescheid vom 21.05.2025 pfändete das Finanzamt gemäß § 65 AbgEO die dem Bf. angeblich gegen die B.Bank zustehenden Forderungen in unbekannter Höhe. Am 25.06.2025 wurde von der B.Bank ein Betrag in der Höhe von 20.754,07 € auf das Abgabenkonto des Bf. überwiesen.
Der Bf. brachte gegen den Bescheid - Pfändung einer Geldforderung vom 21.05.2025 am 28.05.2025 das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde mit der Begründung ein, beim gepfändeten Guthaben handle es sich teilweise um sein unpfändbares Existenzminimum gemäß § 54 AbgEO. Er beantragte die teilweise Aufhebung der Kontopfändung bzw. die Rücküberweisung der zu Unrecht einkassierten Beträge in der Höhe von 1.234,35 €.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 07.08.2025 gab das Finanzamt Österreich der Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid - Pfändung einer Geldforderung vom 21.05.2025 teilweise statt. Der durch die Überweisung der Drittschuldnerin entrichtete Betrag wurde auf 19.519,72 € eingeschränkt; ein Betrag in der Höhe von 1.234,35 € wurde dem Antragsteller zurückbezahlt. Dazu wurde ausgeführt, gemäß § 54 Abs. 3 AbgEO werde der freizugebende Betrag in der Höhe von 1.234,35 € antragsgemäß zurückbezahlt. Angesparte Beträge unterlägen nicht dem Pfändungsschutz.
Am 23.05.2025 stellte der Bf. einen Antrag auf Stundung seiner Abgabenverbindlichkeiten in der Höhe von insgesamt 52.214,64 € bis zur Pensionierung mit der Begründung, er sei seit 2001 mit Unterbrechungen ohne Beschäftigung. Vom AMS beziehe er derzeit 1.200 € monatlich. Die Einbringlichkeit der Abgaben sei durch den Aufschub nicht gefährdet.
Mit dem Bescheid vom 03.07.2025 wies das Finanzamt Österreich das Zahlungserleichterungsansuchen mit der Begründung ab, in einem Ansuchen um Zahlungserleichterung seien Umstände darzulegen, die die Bewilligung rechtfertigen könnten. Gemäß § 212 Abs. 1 BAO könnten Zahlungserleichterungen nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit durch den Zahlungsaufschub gefährdet werde. Eine solche Gefährdung liege durch die Angaben des Bf. vor.
Am 04.06.2025 stellte der Bf. ein Ansuchen um Ratenzahlung seiner Abgabenverbindlichkeiten in monatlichen Raten zu 140 €. Er sei Notstandshilfeempfänger beim AMS mit einem Tagessatz von 30,70 €. Die Einbringlichkeit der Abgaben sei durch die Ratenzahlung nicht gefährdet.
Dieses Ansuchen wies das Finanzamt mit dem Bescheid vom 10.07.2025 mit der Begründung ab. die angebotenen Raten seien im Verhältnis zur Höhe des Rückstandes zu niedrig, weshalb die Einbringlichkeit gefährdet sei.
Am 23.07.2025 stellte X beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und führte dazu aus:"Das Finanzamt hat eine Kontopfändung durchgeführt. Das Amt behauptete, daß ich die Meldung meiner in Polen lebenden Kinder nicht gemeldet hab. Daher wurde mein Konto für 6 Wochen gesperrt und daraufhin mein Gesamtersparnis so daß ich nichts Einkaufen könnte. Erst nach Abheben wurde mein Konto wieder entsperrt".
Mit der verfahrensleitenden Anordnung vom 30.07.2025 übermittelte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Verfahrenshilfe zuständigkeitshalber dem Bundesfinanzgericht.
Laut einem in den Akten erliegenden Amtsvermerk wurde der Antragsteller am 04.08.2025 von einem Richter des Bundesfinanzgerichtes telefonisch kontaktiert und darüber befragt, für welches konkrete Verfahren er Verfahrenshilfe beantrage. Daraufhin teilte ihm der Antragsteller mit, er beantrage die Verfahrenshilfe für das Exekutionsverfahren.
Am 30.07.2025 langte beim Finanzamt Österreich folgende "Beschwerde wegen fehlerhafter Kontopfändung" ein:
"Sehr geehrte Frau …..hiermit möchte ich mich über den Vorgang mit dem Steuernummer x beschweren.
Tatbestandserhebung:
Der Antrag auf Familienbeihilfe wurde von meine mittlerweile Geschiedene Frau gestellt. Somit war mir die begleitenden Pflichten und Umstände nicht bekannt. Sie hat mein Kontonummer für den Antrag Verwendet da sie keine Bankverbindung in Österreich hatte. Nach Wohnungsverlust aufgrund Untervermietung einer Gemeindewohnung in Wien, hat sie Österreich verlassen.
Ich habe sie noch gefragt ob Meldepflicht beim Finanzamt bestünde und Sie meinte, es sei nicht notwendig, da ihrer Nachbar in Polen die Kinderbeihilfe aus England weiterhin bezog.
Das Finanzamt hat das Mittel fliesen lassen und sogar jährliche Anpassungen durchgeführt! Also musste Ich annehmen alles sind in Ordnung.
Kontopfändung:
Ich war in Behandlung im Spital wegen Hirnoperation als Ich ersten Mitteilung erhielt. Ein rechtzeitige Einspruch wurde daher nicht möglich.
Mein Konto wurde gefroren sodass ich für mehr als Sechswochen kein Zugang zur Geldmittel, Lebensmittel und sonstige einfachen Lebensführung wurde somit gefährdet.
Mein Bank (B.Bank) Überwies mein gesamten, jahrelange Ersparnissen an das Amt mit der Behauptung die Bewilligung sei von mir gekommen auch wenn kein TAN oder irgendein Erlaubnis diesbezüglich vom mir gekommen war.
Der Sozialversicherungsanstalt hat ihrer Aufsichtspflicht bezüglich die Kinder durchgeführt weshalb keine Kinderbeihilfe an die Tochter (T) Ausbezahlt wurde. Dasselbe hätte ich vom Finanzamt erwartet im Falle eines Vergehens.
Abgabenschuldigkeiten [SIC]:
Der mir am 15.07.2025 zugegangene Bescheid weist aus meiner Sicht mehrere Fehler auf. Trotz meines fristgerechten Einspruchs vom 04.05.2025 wurde bisher nicht sachgerecht darauf eingegangen. Besonders unverständlich ist die Nichtberücksichtigung von Schuldnerberatung der Stadt Wien, der Krankenhausbehandlung im AKH Wien obwohl alle Nachweise fristgerecht eingereicht wurden.
Ich habe KEIN Abgaben- oder Steuervergehen begangen!
Ich möchte darauf Hinweisen, dass dieser Fall nunmehr Gerichtsanhängig ist.….."
Das Bundesfinanzgericht hat über den vom Verwaltungsgerichtshof zuständigkeitshalber übermittelten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 23.07.2025 erwogen:
Rechtslage
§ 292 BAO lautet auszugsweise:
(1) Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.(6) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist bis zur Vorlage der Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. …..(7 Z 1) Der Antrag kann ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden.(8) Der Antrag hat zu enthalten1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) bzw. der Amtshandlung (Abs. 7 Z 2) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Abs. 7 Z 3),2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.(10) Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.(12) Wird der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb einer für die Einbringung der Beschwerde (§ 243, § 283), des Vorlageantrages (§ 264) oder einer im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht einzuhaltenden Frist gestellt, so beginnt diese Frist mit dem Zeitpunkt, in dem1. der Beschluss über die Bestellung des Wirtschaftstreuhänders bzw. Rechtsanwaltes zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid dem Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt bzw.2. der den Antrag nicht stattgebende Beschluss der Parteizugestellt wurde, von neuem zu laufen.
Erwägungen
Nach der Aktenlage und dem Vorbringen des Antragsstellers hat dieser jahrelang vom österreichischen Staat Familienleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge) für zwei Kinder bezogen, obwohl diese bei der Mutter im Ausland lebten. Der Bescheid vom 10.03.2025 über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in der Höhe von 51.540,10 € ist in Rechtskraft erwachsen.Dass der Antragsteller davon ausging, der Bezug der Familienleistungen sei rechtens, weil der Nachbar der Ex-Gattin in Polen für seine Kinder Familienbeihilfe aus England bezieht, ändert nichts an der Rechtskraft des vom Finanzamt Österreich erlassenen Rückforderungsbescheides.
Die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) gelten für Angelegenheiten der von Abgabenbehörden des Bundes zuzuerkennenden oder rückzufordernden bundesrechtlich geregelten Beihilfen aller Art (§ 2 lit. a Z 1 BAO).
Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom 07.08.2025 ausführt, obliegt den Abgabenbehörden die Erhebung der öffentlichen Abgaben und Beiträge (siehe § 49 BAO). Darunter sind alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen zu verstehen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben (VwGH 25.04.1996, 96/16/0068).
Das Finanzamt ist daher verpflichtet, die gegenüber dem Bf. rechtskräftig festgesetzten Abgaben (Rückforderungen) in der Höhe von 51.540,10 € einzuheben. Da eine Entrichtung der rückgeforderten Beihilfen bis zum Fälligkeitstag 17.04.2025 nicht erfolgte (Buchungsabfrage Abgabenkonto 07 492/7344), wurde vom Finanzamt am 09.05.2025 die zwangsweise Einbringung durch die Ausstellung eines Rückstandsausweises in die Wege geleitet. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren.
In der Folge erließ das Finanzamt einen Pfändungsbescheid hinsichtlich der dem Antragsteller gegenüber der B.Bank zustehenden Geldforderungen. Die Bank überwies daraufhin das am Konto bestehende Guthaben von 20.754,07 € an das Finanzamt. Eine Erlaubnis des Antragstellers zur Überweisung des Guthabens war aufgrund des an die Bank ergangenen Pfändungsbescheides nicht erforderlich, weil die Bank im Ausmaß der gepfändeten Forderungen nicht mehr an den Abgabenschuldner zahlen durfte.
Mit der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes wurde der Beschwerde des Antragstellers gegen den Pfändungsbescheid vom 21.05.2025 teilweise stattgegeben und ihm das unpfändbare Existenzminimum in der beantragten Höhe zurückgezahlt (Buchungsabfrage Abgabenkonto 07 492/7344), weshalb eine weitere Rechtsverfolgung im Hinblick auf den Pfändungsbescheid nicht erforderlich ist.
Insoweit der Bf. in der Eingabe vom 30.07.2025 an das Finanzamt Österreich auf die Pfändung seiner gesamten jahrelangen Ersparnisse (ca. 20.000 €) verweist, ist darauf hinzuweisen, dass diese Ersparnisse ausschließlich aus dem unrechtmäßigen Bezug der Familienleistungen (ca. 52.000 €) resultieren. Ersparnisse unterliegen, wie bereits vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung festgestellt, nicht dem Pfändungsschutz.
Im Übrigen wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe am 23.07.2025 und daher über ein Monat nach Ablauf der Beschwerdefrist gegen den Pfändungsbescheid gestellt, sodass Verfahrenshilfe im Hinblick auf die Erlassung des Pfändungsbescheides ergebnislos wäre.
Hinsichtlich der Bescheide des Finanzamtes vom 03.07.2025 über die Abweisung des Stundungsansuchens und vom 10.07.2025 über die Abweisung des Ansuchens um Ratenzahlung ist festzustellen, dass diese Bescheide keine Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, die eine Bewilligung von Verfahrenshilfe erforderlich machen. Es liegt auf der Hand, dass eine Stundung der Abgaben ebenso wie das Angebot der Zahlung von monatlichen Raten á 140 € angesichts der aushaftenden Abgaben von derzeit 33.821,61 € eine Gefährdung der Einbringlichkeit nach sich zögen. Schwierige Rechtsfragen treten in diesem Zusammenhang nicht auf, weshalb die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen die Bescheide über die Abweisung der Zahlungserleichterungsansuchen gemäß § 292 BAO nicht zu bewilligen ist.
Gemäß § 292 Abs. 1 BAO kann Verfahrenshilfe nur für ein Beschwerdeverfahren gewährt werden. Der Antrag auf Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden. Nicht gewährt werden kann solche Hilfe für sonstige Antragstellungen vor der Abgabenbehörde (siehe Punkt 6 des Antrages, "Ich benötige die Verfahrenshilfe um eine Klage zu erheben oder einen Antrag im Exekutionsverfahren oder nach dem Außerstreitgesetz einzubringen bzw. die Äußerung des Antragstellers, er beantrage Verfahrenshilfe "für das Exekutionsverfahren").
Der Antrag war daher abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Beschluss gründet sich auf die eindeutige Rechtslage und die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Somit liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.
Graz, am 12. August 2025