JudikaturBFG

RV/7200057/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
05. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R1***, die Richterin ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerden vom September 2019 gegen die nachstehend angeführten Bescheide des damaligen Zollamtes Wien

vZTA-Nr. ***1*** vom 5. August 2019

vZTA-Nr. ***2*** vom 6. August 2019

vZTA-Nr. ***3*** vom 6. August 2019

vZTA-Nr. ***4*** vom 8. August 2019

vZTA-Nr. ***5*** vom 7. August 2019

vZTA-Nr. ***6*** vom 6. August 2019

vZTA-Nr. ***7*** vom 6. August 2019

betreffend Verbindliche Zolltarifauskünfte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. Juni 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin ***R*** zu Recht erkannt:

I. Die nachstehend angeführten vZTA werden dahingehend abgeändert, dass die Waren entsprechend dem Beschwerdevorbringen in die Position 4811 5900 der KN eingereiht werden:vZTA-Nr. ***2*** vom 6. August 2019vZTA-Nr. ***3*** vom 6. August 2019vZTA-Nr. ***6*** vom 6. August 2019

II. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Über schriftlichen Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), der ***Bf.*** vom 29. März 2019 erteilte das damalige Zollamt Wien die nachstehend angeführten sieben Bescheide.

Abweichend vom Ansuchen der Bf., die eine Einreihung unter Position 4811 5900 der Kombinierten Nomenklatur (KN) begehrt hatte (das sind mit Kunstharz oder Kunststoff gestrichene, überzogene oder getränkte Papiere und Pappen, ausgenommen mit Klebeschicht versehene Papiere und Pappen), wies das Zollamt Wien mit diesen sieben verbindlichen Zolltarifauskünften (vZTA) die betreffenden Erzeugnisse der Position 7607 2010 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zu. Unter dieser Position werden Folien und dünne Bänder, aus Aluminium (auch bedruckt oder auf Papier, Pappe, Kunststoff oder ähnlichen Unterlagen), mit einer Dicke (ohne Unterlage) von 0,2 mm oder weniger, auf Unterlage, mit einer Dicke (ohne Unterlage) von weniger als 0,021 mm erfasst.

Es handelt sich dabei um folgende Waren:

1. vZTA-Nummer ***1***:

Handelsbezeichnung "***W1***".

Die gegenständliche Ware wird in der vZTA wie folgt beschrieben:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "in unterschiedlichen Breiten vorliegend (zwischen 625 und 180 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer bedruckten/unbedruckten Kunststoffaußenseite (Acrylat), einer Aluminiumfolie, einer Papierlage (Zellstoff), einer weiteren Aluminiumfolie und einer klaren Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 110 µm (Papier 65 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 5. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 13. Jänner 2020, GZ. ***8***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

2. vZTA-Nummer ***2***:

Handelsbezeichnung "***16***"

Datum der vZTA: 06.08.2019

Warenbeschreibung laut vZTA:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "zugeschnitten auf eine Breite von ca. 150 mm,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer Papierlage (Zellstoff), einer Aluminiumfolie und einer Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 110 µm (Papier 70 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Einreihung unter Position 7607 2010 der KN.

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 6. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 13. Jänner 2020, GZ. ***9***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

3. vZTA-Nummer ***3***:

Handelsbezeichnung: "***17***".

Datum der vZTA: 06.08.2019

Warenbeschreibung laut vZTA:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "zugeschnitten auf eine Breite von ca. 150 mm,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer Papierlage (Zellstoff), einer Aluminiumfolie und einer Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 80 µm (Papier 45 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Einreihung unter Position 7607 2010 der KN.

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 6. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. Jänner 2020, GZ. ***10***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

4. vZTA-Nummer ***4***:

Handelsbezeichnung: "***W3***"

Datum der vZTA: 08.08.2019

Warenbeschreibung laut vZTA:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "vorliegend in unterschiedlichen Breiten (minimale Rollenbreite 500 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer bedruckten Kunststoffaußenseite, einer Aluminiumfolie, einer Papierlage (Zellstoff), einer weiteren Aluminiumfolie und einer trüben Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 380 µm (Papier 350 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Einreihung unter Position 7607 2010 der KN.

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 9. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. Jänner 2020, GZ. ***11***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

5. vZTA-Nummer ***5***:

Handelsbezeichnung: "***W1**"

Datum der vZTA: 07.08.2019

Warenbeschreibung laut vZTA:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "vorliegend in einer Breite zwischen 625 und 1380 mm,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer bedruckten/unbedruckten Kunststoffaußenseite, einer Aluminiumfolie, einer Papierlage, einer weiteren Aluminiumfolie und einer klaren Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 150 µm (Papier 90 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Einreihung unter Position 7607 2010 der KN.

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 6. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. Jänner 2020, GZ. ***12***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

6. vZTA-Nummer ***6***:

Handelsbezeichnung: "***18***"

Datum der vZTA: 06.08.2019

Warenbeschreibung laut vZTA:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "zugeschnitten auf eine Breite von ca. 111 mm,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer Papierlage (Zellstoff), einer Aluminiumfolie und einer klaren Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 90 µm (Papier 55 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Einreihung unter Position 7607 2010 der KN.

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 6. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 8. Jänner 2020, GZ. ***13***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

7. vZTA-Nummer ***7***:

Handelsbezeichnung: "***19***".

Datum der vZTA: 06.08.2019

Warenbeschreibung laut vZTA:

"Schichtstoff, in Form einer Rolle

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "in unterschiedlichen Breiten vorliegend (zwischen 625 und 1380 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mehrlagig aufgebaut: einer bedruckten Kunststoffaußenseite (Polypropylen), einer Aluminiumfolie, einer Papierlage (Zellstoff), einer weiteren Aluminiumfolie und einer klaren Kunststoffaußenseite,"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "mit einer Gesamtdicke von 210 µm (Papier 110 µm, Alufolie weniger als 0,021 mm),"
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "das Wesen der Ware stellt die Aluminiumfolie dar.\""
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Einreihung unter Position 7607 2010 der KN.

Gegen diese vZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom 6. September 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Das Zollamt Wien wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. Jänner 2020, GZ. ***14***, als unbegründet ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom 13. Februar 2020 den Vorlageantrag.

Am 28. Jänner 2022 fand in Wien die erste mündliche Verhandlung statt.

Im ersten Rechtsgang wies das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 10. Februar 2022, RV/7200011/2020 die sieben o.a. Beschwerden als unbegründet ab.

Dieses Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. November 2024, Ra 2022/16/0028, auf.

Im fortgesetzten Verfahren legte das Zollamt mit Eingabe vom 27.02.2025 ein Gutachten der Technischen Untersuchungsanstalt vor. Darin heißt es u.a.:

"Von Seiten der TUA ist darauf hinzuweisen, dass die Auslegung der AV 3b) als rein quantitatives Kriterium der gängigen Einreihungspraxis im Zolltarif widerspricht. In vielen Kapiteln wie zB. 13, 30, 33, 34 ist die Tarifierung nicht von den Hauptkomponenten sondern den Bestandteilen abhängig die die eigentliche Produkteigenschaften ausmachen.

Dies ist so bei Extrakten, Arzneiwaren, Riechstoffen etc. deren Hauptkomponenten jeweils das Trägermaterial darstellt aber die Tarifierung von den aktiven, wesensbestimmenden Inhaltsstoffen und deren Eigenschaften abhängt.

In allen vorliegenden Waren waren das folgende Eigenschaften:

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Lichtundurchlässigkeit, "
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Gas- und Wasserdampfdichtigkeit "
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Temperatur-Beständigkeit "
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Wärmeleitfähigkeit "
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Reflexionsvermögen für Wärmestrahlen und Mikrowellen "
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Dichtigkeit "
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Alle diese Produkteigenschaften besitzt Aluminium. Zusätzliche typische Eigenschaften wie inertes Verhalten auch bei Direktkontakt mit Lebensmitteln, toxikologische Unbedenklichkeit, Geschmacks- und Geruchsfreiheit und gute Verformbarkeit durch ein niedriges Elastizitätsmodul sind weitere nennenswerte Eigenschaften und tragen zu den verschiedenen Einsatzgebieten der unterschiedlichen Waren in den anhängigen VZTAs bei."

Mit Eingabe vom 31.03.2025 erstattete die Bf. ein ergänzendes Vorbringen und legte das Gutachten eines Experten im Bereich Verbundwerkstoffe vor und führte dazu u.a. aus:

"Das vorgelegte Gutachten dient zum Beweis, dass das Papier für die verfahrensgegen-ständlichen Waren charakterbestimmend ist. Dies wird insb durch die im Vergleich zu Papier, polymerbeschichtetem Papier und Verbund wesentlich geringere Biegesteifigkeit und Knickfestigkeit der verwendeten Aluminiumfolien belegt."

Auf dieses Gutachten bezieht sich die Stellungnahme des Zollamtes Wien vom 30.04.2025, in der das Zollamt auf seinem bisherigen Standpunkt beharrt.

Mit Vorhalt vom 07.05.2025 übermittelte das Bundesfinanzgericht daraufhin der Bf. das o.a. Gutachten vom 27.02.2025 und die eben angesprochene Stellungnahme.

Die Bf. reagierte darauf mit Eingabe vom 03.06.2025 und führte dazu u.a. aus:

"Diesen Ausführungen der TUA wird unter Vorlage einer schriftlichen Stellungnahme [des Gutachters] entgegengetreten. Der Gutachter führt darin zusammengefasst aus, dass das Papier kein bloßes Trägermaterial ist. Dem Papier kommt vielmehr eine wesentliche Bedeutung für die mechanische Stabilität zu. Zusätzlich dient das Papier der Verminderung von Wärmeübertragung durch Wärmeleitung (thermische Isolation). Insofern ist aufgrund der durchgeführten physikalisch-technischen Bewertung bei allen drei Verbundstoffen Papier das wesensbestimmende Element. Der Argumentation der TUA im Vorhalt des BFG vom 07.05.2025 kann daher nicht gefolgt werden."

Am 11.06.2025 fand in Wien die zweite mündliche Verhandlung statt. Die Bf. legte im Rahmen dieser Verhandlung neuerlich Warenmuster der sieben verfahrensgegenständlichen Erzeugnisse vor. Die beiden Parteien erklärten übereinstimmend, dass hinsichtlich der stofflichen Warenbeschaffenheit laut aktenkundiger Warenbeschreibung Einigkeit bestehe. Strittig sei ausschließlich die Frage, ob das Papier oder das Aluminium als jener Stoff anzusehen sei, der den in Rede stehenden Erzeugnissen ihren wesentlichen Charakter iSd AV3b verleihe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung

Der dieser Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt wird in freier Überzeugung als erwiesen angenommen und ergibt sich vor allem aus dem Inhalt der dem BFG vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten unter Bedachtnahme auf die Ermittlungsergebnisse des Zollamtes und die Angaben der Bf. Dabei wurden auch die im Rahmen der beiden mündlichen Verhandlungen gewonnenen Erkenntnisse, die Zeugenaussagen und die Beschaffenheit der von der Bf. vorgelegten Muster berücksichtigt.

Außerdem wurde auf die Gutachten des Zollamtes und der Bf. und die dazu ergangenen Stellungnahmen der Parteien Bedacht genommen.

Der erkennende Senat konnte sich aufgrund der aktenkundigen Warenbeschreibung, der beigebrachten Muster und der erwähnten Gutachten ein umfassendes Bild von den physikalischen Eigenschaften der jeweiligen Bestandteile der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter, insbesondere auch im Hinblick auf die Funktion der Waren und deren Verwendungszweck verschaffen.

Ausgehend von den dadurch gewonnen Erkenntnissen ist seitens des Bundesfinanzgerichts verfahrensgegenständlich zur entscheidungsmaßgeblichen Warenbeschaffenheit Folgendes festzustellen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die sieben zu betrachtenden Waren insofern unterscheiden, als die Papierschichten bei den drei Innenlinern für Chipsdosen jeweils nur einseitig mit einer Alufolie kaschiert werden. Bei den übrigen vier gegenständlichen Erzeugnissen sind die Papierlagen hingegen beidseitig mit Alufolie beschichtet.

Wie bereits oben festgestellt, bestehen die Verbundstoffe aus drei verschiedenen Materialien, die jeweils für sich in unterschiedliche Positionen der KN einzureihen sind (Kunststoff: Kap. 39, Papier: Kap. 48, Alu: Kap. 76). Die zolltarifliche Einreihung der Folien hat daher gemäß der Allgemeinen Vorschrift 3 für die Auslegung der KN zu erfolgen.

Aus der Allgemeinen Vorschrift 3 a) für die Auslegung der KN ergibt sich, dass die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vorgeht. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe bezieht, werden jedoch im Hinblick auf diese Waren oder diesen Artikel als gleich genau betrachtet. Betreffend Verbundstoffe der verfahrensgegenständlichen Art ist festzustellen, dass die drei verschiedenen Lagen aus Stoffen bestehen, die nicht in die gleiche Position der KN fallen, so dass diese Positionen als gleich genau zu betrachten sind und eine zolltarifliche Einreihung nach dieser allgemeinen Regel nicht möglich ist.

Es ist daher für die zolltarifliche Einreihung der Erzeugnisse die Allgemeine Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN anzuwenden, wonach "Mischungen [und] Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen …, deren Einreihung nicht nach der [Allgemeinen Vorschrift 3 a) für die Auslegung der KN] erfolgen kann, … nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht [werden], der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht.

Dieser wesentliche Charakter kann bestimmt werden, indem geprüft wird, ob die Ware auch ohne den einen oder anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen Eigenschaften behalten würde. Gemäß Ziff. VIII der HS-Erläuterung zur Allgemeinen Vorschrift 3 b) der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS, die der Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN entspricht, kann sich das Merkmal, das den Charakter der Ware bestimmt, je nach Art der Ware z. B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus seinem Umfang, seiner Menge, seinem Gewicht, seinem Wert oder aus der Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung der Ware ergeben (vgl. EuGH 22.06.2023, C-24/22, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die Erläuterungen sowohl zum HS als auch zur KN zwar nicht verbindlich, stellen aber wichtige Hilfsmittel dar, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und als solche wertvolle Hinweise für dessen Auslegung liefern (EuGH 05.09.2024, C-344/23, Rn 66).

Zu den einzelnen Waren:

1. Zu vZTA-Nr. ***2***, vZTA-Nr. ***3*** und vZTA-Nr. ***6*** (Innenliner für Chipsdosen):

Es handelt sich dabei jeweils um einen mehrlagig aufgebauten Schichtstoff in Form von Rollen, bestehend aus Papier, Kunststoffpolymeren und Aluminiumfolie. Das Papier wird auf einer Seite mit Kunststoffpolymeren überzogen sowie mit einer Alufolie kaschiert. Die Ware dient zur Herstellung Chipsdosen.

Bei der für die Einreihung in den Zolltarif erheblichen Frage, welcher dieser drei verschiedenen Stoffe (Papier, Alu oder Kunststoff) der Ware den wesentlichen Charakter verleiht, ist ein besonderes Augenmerk auf die physikalischen Eigenschaften der jeweiligen Bestandteile, insbesondere im Hinblick auf die Funktion der Ware und ihres des Verwendungszwecks zu richten (VwGH 21.11.2024, Ra 2022/16/0028, Rz.39).

Betrachtet man nun die Innenliner für Chipsdosen nach diesen Kriterien, so zeigt sich, dass sie genau jenen Erzeugnissen entsprechen, die nach den Erläuterungen zum HS zu Position 7607, Buchstabe b ausdrücklich von einer Einreihung in die Position 7607 ausgeschlossen sind.

Dort heißt es:"Nicht zu dieser Position gehören:b) Papiere und Pappen zum Herstellen von Behältnissen für Milch, Fruchtsäfte oder für andere Nahrungsmittel, die auf der Seite, die das Innere des Behältnisses bildet, mit einer Aluminiumfolie beschichtet sind, vorausgesetzt, sie behalten ihren wesentlichen Charakter als Papiere oder Pappen (Pos. 4811)."

Die in Rede stehenden Innenliner sind zum Herstellen von Behältnissen für Nahrungsmittel (Chips) bestimmt und sie sind auf der Seite, die das Innere des Behältnisses bildet, mit einer Aluminiumfolie beschichtet (die Bf. spricht von einer Kaschierung). Dafür, dass das bei der Herstellung der Innenliner verwendete Papier seinen wesentlichen Charakter verloren habe, gibt es nicht den geringsten Hinweis. Es steht vielmehr unstrittig fest, dass das Papier innerhalb des Verbundstoffes seine typischen Eigenschaften (mechanische Stabilität, Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit und Wärmeisolation) behalten hat. Dies wird auch in den diesbezüglichen schlüssigen Feststellungen in dem von der Bf. dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Gutachten bestätigt, denen das Zollamt mit keinem Wort widersprochen hat.

Dass das Papier seinen wesentlichen Charakter erhalten hat ergibt sich überdies aus dem Gutachten des Zollamtes vom 27.02.2025, wo zu den Eigenschaften des Papiers innerhalb des Verbunds festgestellt wird: "Das in den Waren enthaltene Papier trägt als Trägermaterial zwar zu den Eigenschaften bei und verleiht zusätzliche Festigkeit und leichtere Formbarkeit, doch sind alle zitierten papierähnlichen Eigenschaften für die Anwendung nebensächlich und dienen der besseren Verarbeitbarkeit der Produkte."

Wie vom Zollamt zutreffend ausgeführt, erfüllen die Innenliner nicht alle in den Erläuterungen zu Position 4811 Buchstabe C genannten Voraussetzungen (es handelt sich im Streitfall nicht um Papiere und Pappen zur Herstellung von Verpackungen für Getränke und andere Nahrungsmittel, bedruckt mit Textbeiträgen und Illustrationen, die sich auf die darin zu verpackenden Waren beziehen), zumal weder bedruckte Textbeiträge noch Illustrationen vorhanden sind.

Damit ist für den Standpunkt des Zollamtes aber noch nichts gewonnen. Denn es darf nicht übersehen werden, dass die o.a. Erläuterungen zum HS zu Position 7607, Buchstabe b, Waren der gegenständlichen Art von einer Einreihung in die Position 7607 ausdrücklich und unmissverständlich ausschließen.

Die beiden eben angesprochenen Textstellen in den Erläuterungen stehen gleichrangig nebeneinander und haben jede für sich ihre Berechtigung. Sie widersprechen sich auch nicht, sondern ergänzen sich. Es wäre daher verfehlt, wenn im Rahmen der Einreihung in den Zolltarif die Erläuterungen zu Position 7607 völlig außer Acht gelassen würden.

Da die einzureihenden Innenliner - wie oben festgestellt - exakt jenen Erzeugnissen entsprechen, die nach den zuletzt genannten Erläuterungen nicht zur Position 7607 gehören, sondern der Position 4811 zugewiesen werden, kann aus zolltarifarischer Sicht nicht mit Erfolg argumentiert werden, bei der jeweils enthaltenen Alufolie handle es sich um einen charakterbestimmenden Bestandteil der Verbundstoffe, der zwingend zur Einreihung in die Position 7607 führt.

Bemerkt wird, dass sich in den zitierten Erläuterungen nicht etwa die Formulierung findet "Hierher gehören nur Papiere und Pappen zur Herstellung von Verpackungen …", sondern "Hierher gehören auch Papiere und Pappen zur Herstellung von Verpackungen …".

Damit wird deutlich, dass auch andere als die in Buchstabe C zweiter Satz der Erläuterungen genannten Papiere und Pappen von der Position 4811 der KN umfasst werden.

2. Zu vZTA-Nr. ***1***, vZTA-Nr. ***5*** und vZTA-Nr. ***7*** (Außenlagen für Dämmstoffplatten):

Es handelt sich um mehrlagig aufgebaute Schichtstoffe in Form von Rollen, bestehend aus Papier, Kunststoffpolymeren und Aluminiumfolien. Das Papier wird auf beiden Seiten mit Kunststoffpolymeren überzogen und mit Alufolie kaschiert. Die Waren werden in der Baustoffindustrie als Außenlagen für Dämmstoffplatten verwendet. Sie dienen als Ober- und Unterbegrenzung von Isolierplatten aus PU-Schaum.

Laut Angaben der Bf. werden die in Rede stehenden Erzeugnisse in der Bauwirtschaft eingesetzt. Sie werden von ihr als ***W2*** bezeichnet. Internetrecherchen dazu (siehe ***15***) beschreiben die Ware u.a. wie folgt: "Die Deckschicht besteht aus einer mehrlagigen dampfdiffusionsgeschlossenen Kaschierung aus Alu-Verbundfolie".

Der erkennende Senat ist überzeugt, dass mit diesen Worten die Hauptfunktion des Verbundstoffes, nämlich die spätere Verwendung für dampfdiffusionsdichte Dämmungen zum Ausdruck gebracht wird.

Für diese Einschätzung spricht vor allem die von der Alufolie unstrittig ausgeübte Sperrfunktion, die - nach den Angaben des Technikers der Bf. - für die Isolierwirkung des Endproduktes wesentlich ist, weil sie das Eindringen von Feuchtigkeit und das Entweichen des Pentans aus der PU-Platte verhindert.

In dem von der Bf. vorgelegten Gutachten wird die Meinung vertreten, dass die positiven Eigenschaften der Aluminiumfolie in Bezug auf die physikalischen Eigenschaften, Wärmeisolation und Feuchtigkeitsdurchlässigkeit nicht von Bedeutung seien. Der Gutachter begründet dies mit dem Hinweis, in den Erläuterungen zu 4811 zu Papier und Papierverbunden sei klar geregelt, dass nur der mechanische Charakter für die Einstufung herangezogen werden solle.

Dieser Ansicht kann seitens des Bundesfinanzgerichts schon deshalb nicht gefolgt werden, weil den angesprochenen Erläuterungen Derartiges nicht zu entnehmen ist. Der Gutachter räumte im Rahmen der zweiten mündlichen Verhandlung schließlich ein, dass die Sperrfunktion des Aluminiums durchaus positive Auswirkungen auf den Verbundstoff habe.

Die Bf. betonte im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung, dass die Papierschicht für die notwendige Stabilität im Produktionsprozess sorge. Ohne diese Papierschicht würde das Fertigerzeugnis nicht verwindungsfrei hergestellt werden können.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass - wie der Gutachter zutreffend festgestellt hat - Verbunde üblicherweise eingesetzt werden, um die unterschiedlichen positiven Materialeigenschaften zur Optimierung der Eigenschaften eines Produktes zu nutzen.

Es steht außer Frage, dass auch die Papierschicht über solche positiven Materialeigenschaften verfügt, sonst würde sie wohl nicht zum Einsatz gelangen. Diese Eigenschaften können jedoch nur als Zusatzfunktion gewertet werden. Die Hauptfunktion ist hingegen - wie oben festgestellt - in der für den späteren Einsatzzweck erforderlichen Sperrfunktion zu erblicken.

Dazu kommt, dass Papier porös ist, also Wasser ansaugt. Diese Eigenschaft ist zweifelhaft für den intendierten Zweck als Außenschicht von Dämm- und Isolierplatten unerwünscht.

Dem Einwand, die (für Dämmplatten geforderte) Sperrschichtfunktion des Aluminiums könnte auch durch andere Materialien (wie z.B. mit reinen Kunststoffbarrierefolien oder mittels keramischer Schichten) erzielt werden ist zu entgegnen, dass es im Rahmen des vorliegenden Rechtsbehelfsverfahrens auf jene Stoffe ankommt, aus denen die hier zu betrachtende Ware tatsächlich besteht und nicht etwa auf jene Materialien, die allenfalls alternativ dazu eingesetzt werden könnten.

Die Bf. meinte im Rahmen der zweiten Verhandlung im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Papiers, die wesentlichen Eigenschaften der streitgegenständlichen Waren seien die Wärmeisolation und die Stabilität (siehe Seite 5 der Niederschrift über die Zeugeneinvernahme vom 11.06.2025). Dazu ist daran zu erinnern, dass im Zusammenhang mit der Einreihung in den Zolltarif ein besonderes Augenmerk auf den Verwendungszweck der Ware zu richten ist (siehe nochmals VwGH 21.11.2024, Ra 2022/16/0028, Rz.39).

Die vorliegenden **W2** (wörtlich übersetzt etwa "Schaumverkleidungen") dienen zur Außenverkleidung von Dämmplatten aus PU-Schaum. PU-Schaum hat eine besonders geringe Wärmeleitfähigkeit und ist daher ein idealer und häufig verwendeter Hauptbestandteil von Dämmplatten.

Daraus folgt, dass die vom Endnutzer gewünschte thermische Isolation durch den PU-Schaum und nicht etwa durch das Papier erreicht wird. Bemerkt wird, dass die Stärke der Papierschicht bei den streitgegenständlichen drei Erzeugnissen weit weniger als 1 Millimeter (nämlich nur zwischen 65 und 110 µm) beträgt. Es darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass Papier (besonders in dieser geringen Stärke) nicht als Dämmstoff eingesetzt wird. Auf die (ohnedies nur sehr marginal vorhandene) Funktion der Wärmeisolation des Papiers kommt es somit überhaupt nicht an. Die Bf. kann daher mit ihren diesbezüglichen Einwänden nicht durchdringen.

Den beiden Aluminiumschichten kommt hingegen insofern eine besondere Bedeutung zu, als sie einerseits beim Herstellungsprozess dafür sorgen, dass der PU-Schaum nicht entweicht und andererseits bei der fertigen Dämmplatte das Eindringen von Feuchtigkeit verhindern und die bereits mehrmals angesprochene Sperrfunktion ausüben.

Da im vorliegenden Fall - wie oben festgestellt - das Papier im Wesentlichen "bloß" der mechanischen Stabilität, bzw. der Erleichterung des Herstellungsprozesses und nur im geringen Ausmaß der thermischen Isolation dient, der wesentliche Charakter der Waren in Bezug auf die Verwendung der Ware als Teil von Dämmplatten aber durch die Alufolien und die von ihnen bewirkte Sperrfunktion bestimmt wird, ist festzustellen, dass die **W2** gemäß der Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN in die Position 7607 der KN einzureihen sind.

Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses spricht auch der Avis 1 zu Position 7607. Tarifavise der WZO bilden zwar - ebenso wie die oben erwähnten Erläuterungen - keine verbindlichen Rechtsnormen für die vertragschließenden Teile, stellen aber dennoch wichtige Auslegungshilfen dar (vgl. EuGH 19.01.2005, C-206/03, RN 24).

Sowohl bei der laminierten reflektierenden Isolierung laut Avis als auch bei den vorliegenden Außenlagen für Dämmstoffplatten handelt es sich um Verbundstoffe, die aus mehreren Lagen bestehen. In beiden Fällen kommen zwei äußere Lagen aus Aluminiumfolie zum Einsatz, die eine andere Lage (in einem Fall eine Polyethylen-Luftpolsterfolie und im vorliegenden Fall eine mit Kunststoffpolymeren überzogene Papierschicht) umschließen.

Diese Übereinstimmungen im eben beschriebenen Aufbau der beiden Erzeugnisse und in der Bedeutung der Alufolie für den Verwendungszweck (einerseits Reflexion der Strahlungswärme und andererseits die Sperrfunktion) führt zum Schluss, dass auch die in Rede stehenden Wirtschaftsgüter in die Position 7607 einzureihen sind.

Dass es bei der Beurteilung der Frage, welches Merkmal einer aus mehreren Lagen bestehenden Ware deren Charakter bestimmt, nicht alleine darauf ankommt, welche Schicht auf Grund ihres Gewichtes oder ihrer Stärke als dominierend zu erachten ist, ergibt sich ebenfalls aus dem bereits mehrfach angesprochenen Avis 1 zu Position 7607. Das dort genannte Produkt wurde ebenfalls in die Position 7607 der KN eingereiht, obwohl die Polyethylenfolie sowohl hinsichtlich Umfang als auch hinsichtlich Gewicht im Vergleich zur Aluminiumfolie bei weitem überwiegt. Die Bf. kann daher mit ihrer Argumentation, das Papier habe den höchsten Anteil am Gewicht bzw. am Volumen des Erzeugnisses keine zwingende Einreihung der in Rede stehenden Ware in die Position 7607 der KN erreichen.

3. Zu vZTA ***4*** (***W3*** für Kühlschränke):

Dieser Verbundstoff besteht unstrittig aus einer Papiermittellage, auf der zwei kunststoffbeschichtete Aluminiumfolien aufkaschiert sind.

Die Bf. beschreibt dieses Erzeugnis wie folgt:

"***W3*** ist ein Verbund in Form einer Rolle, bestehend aus Karton, Kunststoff Polymere und Aluminiumfolie mit der Gesamtgrammatur von 327 gr/m2. Davon entfällt 260 gr auf den Karton, 35 gr auf das Polymere und 32 gr auf die Aluminiumfolie. Dies entspricht einem prozentuellen Anteil von 79,5 % (Karton), 10,7 % (Polymere) und 9,8 % (Aluminiumfolie). Der Karton wird auf beiden Seiten mit Kunststoff Polymere überzogen sowie mit Alufolie kaschiert. Die Gesamtdicke von ***W3*** beträgt 380 µm, davon 350 µm Papier und 12 µm Aluminiumfolie. Die Ware wird für Kühlschrankrückwände verwendet."

Auch im vorliegenden Fall meint die Bf., es lägen zahlreiche Merkmale vor, die der Ware den Charakter von Papier verleihen.

Sie verweist dazu zunächst auf die Dominanz des Papieranteils sowohl hinsichtlich der Masse als auch hinsichtlich des Volumens.

Darüber hinaus sprächen auch die mechanischen und thermischen Eigenschaften, die Leitfähigkeit, die Dichte und die Porosität dafür, dass das Erzeugnis insgesamt papierartige Eigenschaften aufweise.

Nach Ansicht der Zollbehörde - so die Bf. weiter - bestimme die Aluminiumfolie aufgrund ihrer "dämmenden" Eigenschaften das Wesen der Ware. Diese Sperrschichtfunktion des Aluminiums könne jedoch auch mittels einer reinen Kunststoffbarrierefolie oder mittels keramischer Schichten (zB Siliziumoxid) erzielt werden und stelle kein Alleinstellungsmerkmal von Aluminium dar. Die Behörde irre sohin in der Annahme, dass das Aluminium für die Verwendung der Ware als Kühlschrankrückwand wesensbestimmend sei.

Die Untersuchung der TUA liefere kein vollständiges Ergebnis über die Zusammensetzung der gegenständlichen Ware und könne daher auch nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.

Im Zuge der ersten mündlichen Verhandlung räumte die Bf. ein, dass die Alufolien im vorliegenden Verbundstoff für die geforderte Reflexion der Strahlungswärme sorgen (damit wird verhindert, dass Wärme in die Kühlvorrichtung eintritt).

Der als Zeuge einvernommene Techniker der TUA meinte, es handle sich um ein Erzeugnis, das zu Isolationszwecken eingesetzt werden soll. Darauf verweise auch der vorhandene Aufdruck. Die Ware diene offensichtlich dazu, Kühlschränke zu isolieren.

Der Techniker der Bf. entgegnete, dass der vorliegende Verbundstoff so wie er ist, für sich alleine keine relevante Isolationsfunktion ausübe. Erst im Zusammenhang mit dem PU-Schaum, der aber erst später aufgetragen werde, entstehe die isolierende Wirkung. Ganz wesentlich erscheine ihm das Masseverhältnis und das Volumenverhältnis. Aus beiden Parametern ergebe sich eindeutig, dass der Papieranteil bei weitem überwiege. Der sehr starke Pappeanteil gewährleiste, dass der Stoff beim Befüllen mit PU-Schaum nicht berste. Auch das Brandverhalten spreche für eine Papierware. Ansonsten gelten die technischen Merkmale, die bereits zu anderen Wirtschaftsgütern vorgetragen worden seien, auch für dieses Erzeugnis (Dichte, Leitfähigkeit, etc.). Die Kartonschicht biete auch die geforderte Steifigkeit des Materials, die den Einbau erleichtere.

Auf der homepage der Bf. findet sich zu den **W3** u.a. folgende Beschreibung:

"It is the ideal way to prevent heat entering the device whilst creating the perfect cold environment inside the cooler."

d.h.:

"Es ist ideal, um Wärmeeintritt in die Kühlvorrichtung zu verhindern und gleichzeitig die perfekte Kühlumgebung innerhalb der Kühlvorrichtung zu schaffen."

Außerdem soll das Erzeugnis den Energieverbrauch der Kühlgeräte und die Brandgefahr senken.

Die Bf. erklärte im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung, dass diese Eigenschaften auf das Erzeugnis "***W3***" zutreffen, wenn auch nur in Kombination mit dem PU-Schaum.

Auch bei diesem Erzeugnis ist hinsichtlich der Einreihung in den Zolltarif ein besonderes Augenmerk auf den Verwendungszweck der Ware zu richten (siehe nochmals VwGH 21.11.2024, Ra 2022/16/0028, Rz.39).

Der erkennende Senat erachtet es aufgrund der aktenkundigen Warenbeschreibung als erwiesen, dass der Verwendungszweck der fertigen Kühlschrankrückwand darin besteht, für die gewünschte thermische Isolation zu sorgen und dass es in diesem Zusammenhang auch darauf ankommt, eine Reflexion der Strahlungswärme zu erreichen.

Hinsichtlich der Wirkung als Dämmmaterial wird aufgrund der Wärmeleitfähigkeit der zu betrachtenden Materialien die Bedeutung der Papier/Pappeschicht als vernachlässigbar und jene der Alufolien als nicht vorhanden gewertet.

Den beiden Aluminiumschichten kommt hingegen insofern eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Verwendungszweck zu, als sie einerseits beim Herstellungsprozess dafür sorgen, dass der PU-Schaum nicht entweicht und andererseits bei der fertigen "***W3***" das Eindringen von Feuchtigkeit verhindern und die bereits mehrmals angesprochene Sperrfunktion ausüben.

Dem Papier können bedeutende Eigenschaften innehrhalb des Verbundstoffes nicht abgesprochen werden. Es handelt sich dabei vor allem um die Trägerfunktion und die von der Bf. wiederholt ins Spiel gebrachten Wirkungen auf die Stabilität. Dabei handelt es sich aber nach der Überzeugung des erkennenden Senates bloß um Zusatzfunktionen. Die Hauptfunktion ist vielmehr in der Sperrfunktion der ***W3*** und in der Dämmfunktion bei der fertigen Kühlschrankrückwand zu erblicken. Nur auf Grund dieser Eigenschaften wird die ***W3*** bei der Kühlschrankproduktion verwendet.

Dem Einwand, die (für solche Dämmschichten geforderte) Sperrschichtfunktion des Aluminiums könnte auch durch andere Materialien (wie z.B. mit reinen Kunststoffbarrierefolien oder mittels keramischer Schichten) erzielt werden ist zu entgegnen, dass es im Rahmen des vorliegenden Rechtsbehelfsverfahrens auf jene Stoffe ankommt, aus denen die hier zu betrachtende Ware tatsächlich besteht und nicht etwa auf jene Materialien, die allenfalls alternativ dazu eingesetzt werden könnten.

Diese Feststellungen sprechen bei einer gesamthaften Bewertung für eine Einreihung des Wirtschaftsgutes in die Position 7607 der KN gemäß AV 3b) auf Grund der Bedeutung der (als charakterbestimmend anzusehenden) Alufolien in Bezug auf die Verwendung der Ware.

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung u.a. auch durch den oben erwähnten Avis 1 zu Position 7607, der ebenfalls eine Mittelschicht betrifft, die beidseitig mit Alufolien kaschiert ist.

2. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Rechtslage:

Artikel 33 UZK bestimmt:

Entscheidungen über verbindliche Auskünfte

(1) Die Zollbehörden treffen auf Antrag Entscheidungen über verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA-Entscheidungen) und Entscheidungen über verbindliche Ursprungsauskünfte (vUA-Entscheidungen).

Ein solcher Antrag wird in den folgenden Fällen nicht angenommen:

a. Der Antrag wird - oder wurde bereits - bei derselben oder einer anderen Zollstelle von einem Inhaber einer Entscheidung oder in seinem Namen zu den gleichen Waren und, im Falle von vUA-Entscheidungen, unter den gleichen für den Erwerb der Ursprungseigenschaft maßgebenden Umständen gestellt,

b. der Antrag bezieht sich nicht auf eine beabsichtigte Inanspruchnahme der vZTA- oder vUA-Entscheidung oder eines Zollverfahrens.

(2) vZTA- und vUA-Entscheidungen sind nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung beziehungsweise des Ursprungs der Waren

a. sowohl für die Zollbehörden als auch gegenüber dem Inhaber der Entscheidung nur hinsichtlich der Waren verbindlich, für die die Zollformalitäten nach dem Zeitpunkt erfüllt werden, zu dem die Entscheidung wirksam wird,

b. sowohl für den Inhaber der Entscheidung als auch gegenüber den Zollbehörden erst ab dem Tag verbindlich, an dem sie ihm zugestellt werden beziehungsweise als ihm zugestellt gelten.

(3) vZTA- und vUA-Entscheidungen sind ab dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung wirksam wird, drei Jahre lang gültig.

(4) Damit eine vZTA- oder vUA-Entscheidung im Rahmen eines bestimmten Zollverfahrens Anwendung finden kann, muss der Inhaber der Entscheidung nachweisen können, dass

a. im Falle einer vZTA-Entscheidung die angemeldeten Waren in jeder Hinsicht den in der Entscheidung beschriebenen Waren entsprechen,

b. im Falle einer vUA-Entscheidung die betreffenden Waren und die für den Erwerb der Ursprungseigenschaft maßgebenden Umstände in jeder Hinsicht den in der Entscheidung beschriebenen Waren und Umständen entsprechen.

Der hier maßgebliche Wortlaut der KN zu den Positionen 4811 und 7607 bestimmt:

4811Papiere, Pappen, Zellstoffwatte und Vliese aus Zellstofffasern, gestrichen, überzogen, getränkt, auf der Oberfläche gefärbt, verziert oder bedruckt, in Rollen oder quadratischen oder rechteckigen Bogen, jeder Größe, ausgenommen Waren von der in der Position 4803, 4809 oder 4810 beschriebenen Art
4811 1000-Papier und Pappe, geteert, bituminiert oder asphaltiert
-Papier und Pappe, gummiert oder mit Klebeschicht versehen
-mit Kunstharz oder Kunststoff gestrichene, überzogene oder getränkte Papiere und Pappen, ausgenommen mit Klebeschicht versehene Papiere und Pappen
4811 5100 00--gebleicht, mit einem Quadratmetergewicht von mehr als 150 g
4811 59--andere
4811 5900 20---Schwergewichtiges Thermopapier mit einem Gewicht von mehr als 65 g/m2; in Rollen mit einer Breite von 20 cm oder mehr, einem Rollengewicht (einschließlich Papier) von 50 kg oder mehr und einem Rollendurchmesser (einschließlich Papier) von 40 cm oder mehr ("Jumbo-Rollen"); mit oder ohne Grundbeschichtung auf einer oder beiden Seiten; mit einer wärmeempfindlichen Beschichtung auf einer oder beiden Seiten; und mit oder ohne Deckschicht
4811 5900 90---andere
7607Folien und dünne Bänder, aus Aluminium (auch bedruckt oder auf Papier, Pappe, Kunststoff oder ähnlichen Unterlagen), mit einer Dicke (ohne Unterlage) von 0,2 mm oder weniger
-ohne Unterlage
7607 20-auf Unterlage
7607 2010--mit einer Dicke (ohne Unterlage) von weniger als 0,021 mm
7607 2090--mit einer Dicke (ohne Unterlage) von 0,021 mm bis 0,2 mm

Anmerkung 2n) zu Kapitel 48 bestimmt, dass folgende Waren nicht zu Kapitel 48 gehören:

"Folien und dünne Bänder aus Metall, auf Papier- oder Pappunterlage (im Allgemeinen Abschnitt XIV oder XV);"

Anmerkung 3 zu Kapitel XV der KN (unedle Metalle und Waren daraus) bestimmt:

"In der Nomenklatur gelten als "unedle Metalle": Eisen und Stahl, Kupfer, Nickel, Aluminium, Blei, Zink, Zinn, Wolfram, Molybdän, Tantal, Magnesium, Cobalt, Bismut, Cadmium, Titan, Zirconium, Antimon, Mangan, Beryllium, Chrom, Germanium, Vanadium, Gallium, Hafnium, Indium, Niob (Columbium), Rhenium und Thallium."

Die Anmerkung 1d zu Kapitel 76 der KN in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lautete:

"Im Sinne des Kapitel 76 gelten als

Bleche, Bänder und Folien:

massive Flacherzeugnisse (ausgenommen Erzeugnisse in Rohform der Position 7601), auch in Rollen, mit rechteckigem Querschnitt, auch mit abgerundeten Kanten (einschließlich "modifizierte Rechtecke", bei denen zwei gegenüberliegende Seiten die Form von konvexen Bogen aufweisen, während die beiden anderen Seiten gerade, von gleicher Länge und parallel sind), mit gleichbleibender Dicke,

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        {
          "type": "em",
          "children": [
            "in quadratischer oder rechteckiger Form, deren Dicke 1/10 der Breite oder weniger beträgt,"
          ]
        }
      ]
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        {
          "type": "em",
          "children": [
            "in anderer als quadratischer oder rechteckiger Form mit beliebigen Abmessungen, wenn sie nicht den Charakter von Waren haben, die von anderen Positionen erfasst werden."
          ]
        }
      ]
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;"
  }
}

Zu den Positionen 7606 und 7607 gehören insbesondere auch Bleche, Bänder und Folien mit Mustern (z.B. Rillen, Riffeln, Waffeln, Tränen, Warzen, Rauten) und gelochte, gewellte, polierte oder überzogene Erzeugnisse, sofern sie durch diese Bearbeitung nicht den Charakter von Waren erhalten haben, die von anderen Positionen erfasst werden."

Die Allgemeine Vorschriften (AV) zur Kombinierten Nomenklatur lauten auszugsweise:

Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

AV 1

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

AV 2

a. Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

b. Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehenden Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

AV 3

Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a. Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Waren-bezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b. Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c. Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

AV 6

Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.

Die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) zu Position 4811 lauten:

Hierher gehören Papiere und Pappen nur in Streifen oder in Rollen oder in quadratischen oder rechteckigen Bogen, jeder Größe. Falls sie in andere Formen geschnitten wurden, gehören sie zu den folgenden Positionen dieses Kapitels (z. B. Pos. 4823). Vorbehaltlich dieser Bestimmungen und der Ausnahmen, die im Positionswortlaut und am Ende dieser Erläuterungen genannt sind, gehören zu dieser Position die nachstehend genannten Waren in Form von Rollen oder Blättern:

A. Papiere und Pappen, Zellstoffwatten und Vliese aus Zellstofffasern, die mit anderen Stoffen als Kaolin oder anderen anorganischen Stoffen vollständig oder teilweise auf einer Seite oder beiden Seiten gestrichen oder überzogen sind (z. B. wärmeempfindliches Papier, das in Telefax-Geräten verwendet wird).

B. getränkte Papiere und Pappen, Zellstoffwatten und Vliese aus Zellstofffasern (siehe Erläuterungen "Allgemeines" zu diesem Kapitel: Papiere und Pappen, getränkt).

C. Papiere und Pappen, Zellstoffwatten und Vliese aus Zellstofffasern, gestrichen oder überzogen, vorausgesetzt, dass bei Papieren und Pappen, die mit Kunststoff gestrichen oder überzogen sind, die Kunststoffschicht nicht mehr als die Hälfte der Gesamtdicke ausmacht (siehe Anmerkung 2 g) zu diesem Kapitel).

Hierher gehören auch Papiere und Pappen zur Herstellung von Verpackungen für Getränke und andere Nahrungsmittel, bedruckt mit Textbeiträgen und Illustrationen, die sich auf die darin zu verpackenden Waren beziehen, auf beiden Seiten mit einer dünnen durchsichtigen Kunststoff-Folie überzogen, auch mit Metallfolie beschichtet (auf der Seite, die die Innenseite der Verpackung bilden wird). Diese Erzeugnisse können gefaltet oder geprägt sein, um einzelne Behälter, die von der Rolle zu schneiden sind, zu erkennen.

D. Papiere und Pappen, Zellstoffwatten und Vliese aus Zellstofffasern oberflächengefärbt, ein- oder mehrfarbig, einschließlich solcher Papiere, die auf der Oberfläche marmoriert oder mit Mustern bedruckt sind und solchen Erzeugnissen mit Aufdrucken oder Bildern, die im Hinblick auf ihre eigentliche Zweckbestimmung nebensächlicher Art sind und somit nicht die Merkmale von Waren des Kapitels 49 verleihen (siehe Anmerkung 12 und Erläuterungen "Allgemeines" zu diesem Kapitel: Papiere und Pappen, gefärbt oder bedruckt).

Nicht zu dieser Position gehören:

a) Zellstoffwatten, mit medikamentösen Stoffen getränkt oder überzogen, usw. der Pos. 3005.

b) parfümierte Papiere oder mit Kosmetika getränkte oder überzogene Papiere (Kap. 33).

c) Papiere und Zellstoffwatten, getränkt, gestrichen oder überzogen mit Seife oder Reinigungsmitteln (Pos. 3401) oder mit Schuhcreme, Möbel- oder Bohnerwachs, Poliermittel oder ähnlichen Zubereitungen (Pos. 3405). d) Papiere und Pappen der Pos. 3701 bis 3704.

e) Lackmuspapier und Polanzeigepapiere und andere Papiere, mit Diagnostik- oder Laborreagenzien getränkt (Pos. 3822). f) eine Lage Papier oder Pappe, beschichtet oder überzogen mit einer Lage Kunststoff, wenn die Dicke dieser Lage mehr als die Hälfte der Gesamtdicke ausmacht (Kap. 39).

g) Papier mit Wasserzeichen in Form von Linien usw. versehen, auch wenn die Linien demselben Zweck wie gedruckte Linien dienen (Pos. 4802, 4804 und 4805). h) Papiertapeten und ähnliche Wandverkleidungen, Buntglaspapier (Pos. 4814). ij) Korrespondenzkarten und andere Papiere oder Pappen der Position 4817. k) Dachdichtungsplatten aus einer Unterlage aus Filzpappe, die vollkommen mit Asphalt oder einem ähnlichen Stoff umgeben oder auf beiden Seiten mit einer Schicht dieses Stoffes überzogen ist (Pos. 6807).

Die Erläuterungen zum HS zu Position 7607 lauten auszugsweise:

Folien und dünne Bänder aus Aluminium werden bei der Herstellung von Verschlusskapseln sowie für die Verpackung von Lebensmitteln, Zigarren, Zigaretten, Tabak usw. verwendet. Aluminiumfolien sind auch der wichtigste Ausgangsstoff zur Herstellung von fein gepulvertem Aluminium sowie für die Imitation von Versilberungen und Silberausmalungen. Man verwendet sie auch als Wärmeschutz in Form von zerknitterten Folien sowie in der Chirurgie und Medizin (insbesondere Tierheilkunde) zur Vernarbung von Wunden.

Nicht zu dieser Position gehören:

a) Prägefolien, die aus mit Gelatine, Leim usw. agglomeriertem Aluminiumpulver bestehen, oder aus Aluminium, das auf Papier, Kunststoff oder anderen Unterlagen befestigt ist, und die zum Prägen von Einbänden, Hutbändern usw. verwendet werden (Pos. 3212).

b) Papiere und Pappen zum Herstellen von Behältnissen für Milch, Fruchtsäfte oder für andere Nahrungsmittel, die auf der Seite, die das Innere des Behältnisses bildet, mit einer Aluminiumfolie beschichtet sind, vorausgesetzt, sie behalten ihren wesentlichen Charakter als Papiere oder Pappen (Pos. 4811).

Avis 1 zum Harmonisierten System (HS)

Zu Unterposition 7607 20

Laminierte reflektierende Isolierung (38,1 m lang x 1,22 m breit) in Rollen, bestehend aus zwei äußeren Lagen aus Aluminiumfolie (Dicke 5 μm) und einer inneren Lage aus einer Polyethylen-Luftpolsterfolie (Dicke 3,1 mm). Der Gewichtsanteil pro m² der beiden Schichten aus Aluminiumfolie zu der Polyethylen-Luftpolsterfolie beträgt 16% zu 84%. Die Ware kann je nach Bedarf des Benutzers zugeschnitten werden und ist dazu bestimmt auf den Innenseiten von Wänden, Decken oder Böden in Gebäuden verwendet zu werden, um durch Isolation die Temperatur gegen von Strahlungswärme von außen oder innen zu erhalten. Die laminierte Aluminiumfolie reflektiert Strahlungswärme (Reflexionsgrad: 97%) in beiden Richtungen und die durch die Polyethylen-Luftpolsterfolie eingeschlossene Luft zwischen den Folien isoliert gegen Wärmeleitung.

Anwendung der Allgemeinen Vorschriften 1, 3 b) und 6.

Erwägungen:

Der erkennende Senat erachtet die Änderung einer noch nicht in Rechtskraft erwachsenen vZTA durch das Bundesfinanzgericht im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gem. § 279 Abs. 1 BAO als zulässig.

Zum rechtlichen Interesse:

Gemäß Art. 33 Abs. 1 UA 2 Buchstabe b UZK wird der Antrag auf Entscheidungen über verbindliche Zolltarifauskünfte nicht angenommen, wenn keine Inanspruchnahme der Entscheidung oder eines Zollverfahrens beabsichtigt ist.

Es ist daher in einem ersten Schritt zu prüfen, ob in den Beschwerdefällen das in der zitierten Norm geforderte rechtliche Interesse für die Erteilung einer vZTA vorliegt.

Die dazu befragte Bf. gab im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung glaubwürdig bekannt, dass sie die sieben in Rede stehenden vZTA für die Inanspruchnahme eines Zollverfahrens (die betreffenden Erzeugnisse werden von der Bf. ausgeführt, der Exportanteil beträgt ca. 80 %) benötigt. Das Zollamt hat dieser Schilderung nicht widersprochen. Bemerkt wird, dass es sich bei der Ausfuhr um ein Zollverfahren iSd Art. 33 Abs. 1 UA 2 Buchstabe b UZK handelt (siehe auch Schulte in Witte, Zollkodex, 7. Auflage, Rz. 16 zu Art. 33).

Das Bundesfinanzgericht erachtet es somit als erwiesen, dass hinsichtlich der oben erwähnten sieben verschiedenen Erzeugnisse das für die Erteilung einer vZTA geforderte Kriterium eines rechtlichen Interesses erfüllt wird.

Zur Einreihung:

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABl. L 256 vom 7. September 1987, (KN-VO) wird eine Warennomenklatur - Kombinierte Nomenklatur (KN) - eingeführt, die u.a. den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs genügt, welche u.a. gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c) der KN-VO die Einführenden Vorschriften und die Zusätzlichen Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln umfasst und welche gemäß Art. 1 Abs. 3 KN-VO in Anhang I der KN-VO enthalten ist.

Die Kombinierte Nomenklatur (Anhang I der KN-VO) enthält in Teil I die Einführenden Vorschriften und darunter in Titel I die Allgemeinen Vorschriften (AV) und in Teil II den Zolltarif. Z 3 der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN legt die Vorgehensweise fest, wenn für die Einreihung von Waren zwei oder mehr Positionen in Betracht kommen. Dabei geht nach Z 3 lit. a AV die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor.

Gemäß Z 3 lit. b AV werden Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen - sofern sie nach Z 3 lit. a AV nicht eingereiht werden können - nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann. Z 3 lit. c AV sieht schließlich vor, dass wenn die Einreihung nach Z 3 lit. a und b AV nicht möglich ist, die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen wird (vgl. zur Subsidiarität der in Z 3 AV festgelegten Auslegungsmodalitäten etwa EuGH 22.6.2023, PR Pet BV, C-24/22).

Bei der Frage, welcher Stoff oder Bestandteil einer Ware ihren "wesentlichen Charakter" verleiht, handelt es sich um eine Rechtsfrage, deren Beantwortung nur auf Grundlage entsprechender Feststellungen - etwa betreffend die physikalischen Eigenschaften der jeweiligen Bestandteile, insbesondere im Hinblick auf die Funktion der Ware (vgl. zur Relevanz des Verwendungszweckes einer Ware als objektives Einreihungskriterium etwa EuGH 27.6.2024, Prysmian Cabluri și Sisteme SA, C-168/23, mwN), allenfalls im Hinblick auf die Frage, ob die Ware auch ohne den einen oder anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen, funktionsbedingten Eigenschaften behalten würde (vgl. etwa EuGH 5.9.2024, BIOR, C-344/23) - erfolgen kann.

Aufgrund der oben wiedergegebenen eigenen Feststellungen des erkennenden Senats zur entscheidungsmaßgeblichen Beschaffenheit der verfahrensgegenständlichen Erzeugnisse und ihrer Bestandteile sowie auf der Basis der dargelegten Ergebnisse der Beweiswürdigung ergibt sich folgende rechtliche Beurteilung:

Zu den Innenlinern:

Die Innenliner stimmen hinsichtlich ihrer stofflichen Beschaffenheit genau mit jenen Erzeugnissen überein, die laut den oben zitierten HS-Erläuterungen zu Position 7607 von der Einreihung in diese Position ausgeschlossen sind. Derartige Waren werden der Position 4811 der KN zugewiesen.

Unter Berücksichtigung der Allgemeinen Vorschriften 1, 3b und 6 für die Auslegung der KN und dem Wortlaut der KN-Codes 4811 und 7607 und der Anmerkung 2 Buchstabe n zu Kapitel 48 der KN, der Anmerkung 3 zu Abschnitt XV der KN, der Anmerkung 1 Buchstabe d zu Kapitel 76 der KN sowie vor allem unter Bedachtnahme auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 7607 der KN, sind die vorliegenden Waren daher, wie von der Bf. begehrt, als "andere Papiere, mit Kunststoff überzogen und mit Aluminiumfolie beschichtet in Rollen jeder Größe, ausgenommen Waren von der in der Position 4803, 4809 oder 4810 beschriebenen Art" in die Unterposition 4811 5900 der KN einzureihen.

Zu den **W2** bzw. zur ***W3***

Die beiden Alufolien der **W2** bzw. der ***W3*** sind für den intendierten Verwendungszweck (Herstellung von Dämmplatten bzw. Herstellung einer Kühlschrankrückwand) von besonderer Bedeutung. Sie sind daher für den Verbundstoff charakterbestimmend. Außerdem sind die genannten Erzeugnisse hinsichtlich des Aufbaues (Verbundstoff, der beidseitig mit Alufolien ausgerüstet ist) mit den Waren laut Avis 1 zu 7607 vergleichbar. Die Waren werden daher von der Position 7607 der KN erfasst.

Unter Berücksichtigung der Allgemeinen Vorschriften 1, 3b und 6 für die Auslegung der KN und dem Wortlaut der KN-Codes 4811 und 7607 und der Anmerkung 2 Buchstabe n zu Kapitel 48 der KN, der Anmerkung 3 zu Abschnitt XV der KN, der Anmerkung 1 Buchstabe d zu Kapitel 76 der KN sowie vor allem unter Bedachtnahme auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 7607 der KN und dem dort zitierten Avis 1, sind die vorliegenden Waren daher, wie vom Zollamt zutreffend festgestellt, als "Folien aus Aluminium auf Papier mit einer Dicke (ohne Unterlage) von weniger als 0,021 mm" in die Unterposition 7607 2010 der KN einzureihen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Rechtsfrage, ob eine Entscheidung über einen gemäß Artikel 44 Absatz 2 UZK eingelegten Rechtsbehelf gegen eine gemäß Artikel 33 dieser Verordnung erteilte verbindliche Zolltarifauskunft auf den Zeitpunkt der Ausstellung dieser verbindlichen Zolltarifauskunft durch das Zollamt zurückwirkt, kommt grundsätzliche Bedeutung zu (siehe Vorabentscheidungs-ersuchen VwGH 30.01.2025, Ro 2024/16/0013). Die Revision war daher zuzulassen.

Wien, am 5. August 2025