Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus
Einrichtung und Mitglieder
Art. 2Neue Mitglieder
Art. 3Zweck
Art. 4Aufbau und Abstimmungsregeln
Art. 5Gouverneursrat
Art. 6Direktorium
Art. 7Geschäftsführender Direktor
Art. 8Genehmigtes Stammkapital
Art. 9Kapitalabrufe
Art. 10Veränderungen des genehmigten Stammkapitals
Art. 11Beitragsschlüssel
Art. 12Grundsätze
Art. 13Verfahren für die Gewährung von Stabilitätshilfe
Art. 14Vorsorgliche ESM-Finanzhilfe
Art. 15Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds
Art. 16ESM-Darlehen
Art. 17Primärmarkt-Unterstützungsfazilität
Art. 18Sekundärmarkt-Unterstützungsfazilität
Art. 19Überprüfung der Liste der Finanzhilfeinstrumente
Art. 20Preisgestaltung
Art. 21Anleiheoperationen
Art. 22Anlagepolitik
Art. 23Dividendenpolitik
Art. 24Reserve- und weitere Fonds
Art. 25Deckung von Verlusten
Art. 26Haushalt
Art. 27Jahresabschluss
Art. 28Interne Revision
Art. 29Externe Prüfung
Vorwort
KAPITEL 1
MITGLIEDSCHAFT UND ZWECK
ARTIKEL 1
Art. 1 Einrichtung und Mitglieder
(1) Durch diesen Vertrag richten die Vertragsparteien untereinander eine internationale Finanzinstitution ein, die den Namen „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ („ESM“) trägt.
(2) Die Vertragsparteien sind die ESM-Mitglieder.
ARTIKEL 2
Art. 2 Neue Mitglieder
(1) Die Mitgliedschaft im ESM steht den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union von dem Zeitpunkt an offen, zu dem der gemäß Artikel 140 Absatz 2 AEUV angenommene Beschluss des Rates der Europäischen Union zur Aufhebung der für sie geltenden Ausnahmeregelung bezüglich der Einführung des Euro in Kraft tritt.
(2) Neue ESM-Mitglieder werden nach Maßgabe des Artikels 44 zu den selben Bedingungen aufgenommen wie die bestehenden ESM-Mitglieder.
(3) Ein neuer Mitgliedstaat, der dem ESM nach dessen Einrichtung beitritt, erhält für seinen Kapitalbeitrag, der gemäß dem Beitragsschlüssel nach Artikel 11 berechnet wird, Anteile am ESM.
ARTIKEL 3
Art. 3 Zweck
Zweck des ESM ist es, Finanzmittel zu mobilisieren und ESM-Mitgliedern, die schwerwiegende Finanzierungsprobleme haben oder denen solche Probleme drohen, unter strikten, dem gewählten Finanzhilfeinstrument angemessenen Auflagen eine Stabilitätshilfe bereitzustellen, wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist. Zu diesem Zweck ist der ESM berechtigt, Mittel aufzunehmen, indem er Finanzinstrumente begibt oder mit ESM-Mitgliedern, Finanzinstituten oder sonstigen Dritten finanzielle oder sonstige Vereinbarungen oder Übereinkünfte schließt.
KAPITEL 2
GESCHÄFTSFÜHRUNG
ARTIKEL 4
Art. 4 Aufbau und Abstimmungsregeln
(1) Der ESM hat einen Gouverneursrat und ein Direktorium sowie einen Geschäftsführenden Direktor und andere für erforderlich erachtete eigene Bedienstete.
(2) Der Gouverneursrat und das Direktorium beschließen nach Maßgabe dieses Vertrags in gegenseitigem Einvernehmen, mit qualifizierter Mehrheit oder mit einfacher Mehrheit. Bei allen Beschlüssen ist die Beschlussfähigkeit erreicht, wenn 2/3 der stimmberechtigten Mitglieder, auf die insgesamt mindestens 2/3 der Stimmrechte entfallen, anwesend sind.
(3) Die Annahme eines Beschlusses in gegenseitigem Einvernehmen erfordert die Einstimmigkeit der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder. Die Annahme eines Beschlusses in gegenseitigem Einvernehmen wird durch Enthaltungen nicht verhindert.
(4) Abweichend von Absatz 3 wird in Fällen, in denen die Europäische Kommission und die EZB beide zu dem Schluss gelangen, dass die Unterlassung der dringlichen Annahme eines Beschlusses zur Gewährung oder Durchführung von Finanzhilfe in aller Eile gemäß der Regelung in den Artikeln 13 bis 18 die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität des Euro-Währungsgebiets bedrohen würde, ein Dringlichkeitsabstimmungsverfahren angewandt. Die Annahme eines Beschlusses in gegenseitigem Einvernehmen durch den Gouverneursrat gemäß Artikel 5 Absatz 6 Buchstaben f und g und durch das Direktorium nach diesem Dringlichkeitsverfahren erfordert eine qualifizierte Mehrheit von 85 % der abgegebenen Stimmen.
Wird das in Unterabsatz 1 genannte Dringlichkeitsverfahren angewandt, so wird eine Übertragung vom Reservefonds und/oder vom eingezahlten Kapital in einen Notfallreservefonds vorgenommen, um einen zweckbestimmten Puffer zur Abdeckung der Risiken zu bilden, die sich aus der im Dringlichkeitsverfahren gewährten Finanzhilfe ergeben. Der Gouverneursrat kann beschließen, den Notfallreservefonds aufzulösen und seinen Inhalt auf den Reservefonds und/oder das eingezahlte Kapital rückzuübertragen.
(5) Für die Annahme eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit sind 80 % der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(6) Für die Annahme eines Beschlusses mit einfacher Mehrheit ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(7) Die Stimmrechte eines jeden ESM-Mitglieds, die von dessen Beauftragten oder dem Vertreter des Letztgenannten im Gouverneursrat oder im Direktorium ausgeübt werden, entsprechen der Zahl der Anteile, die dem betreffenden Mitglied gemäß Anhang II am genehmigten Stammkapital des ESM zugeteilt wurden.
(8) Versäumt es ein ESM-Mitglied, den Betrag, der aufgrund seiner Verpflichtungen im Zusammenhang mit eingezahlten Anteilen oder Kapitalabrufen nach Maßgabe der Artikel 8, 9 und 10 oder im Zusammenhang mit der Rückzahlung der Finanzhilfe nach Maßgabe der Artikel 16 oder 17 fällig werden, in voller Höhe zu begleichen, so werden sämtliche Stimmrechte dieses ESM-Mitglieds solange ausgesetzt, bis die Zahlung erfolgt ist. Die Stimmrechtsschwellen werden entsprechend neu berechnet.
ARTIKEL 5
Art. 5 Gouverneursrat
(1) Jedes ESM-Mitglied ernennt ein Mitglied des Gouverneursrats und ein stellvertretendes Mitglied des Gouverneursrats. Die Ernennungen können jederzeit widerrufen werden. Das Mitglied des Gouverneursrats ist ein Regierungsmitglied des jeweiligen ESM-Mitglieds mit Zuständigkeit für die Finanzen. Das stellvertretende Mitglied des Gouverneursrats ist bevollmächtigt, bei Abwesenheit des Gouverneursratsmitglieds in dessen Namen zu handeln.
(2) Der Gouverneursrat beschließt entweder, seinen Vorsitz dem in dem dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokoll (Nr. 14) betreffend die Euro-Gruppe genannten Präsidenten der Euro-Gruppe zu übertragen, oder er wählt aus dem Kreis seiner Mitglieder einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden für eine Amtszeit von zwei Jahren. Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende können wiedergewählt werden. Hat der amtierende Vorsitzende die für das Amt des Gouverneursratsmitglieds erforderliche Funktion nicht länger inne, so wird unverzüglich eine Neuwahl durchgeführt.
(3) Das für Wirtschaft und Währung zuständige Mitglied der Europäischen Kommission und der Präsident der EZB sowie der Präsident der Euro-Gruppe (sofern er nicht der Vorsitzende oder ein Mitglied des Gouverneursrats ist) können als Beobachter an den Sitzungen des Gouverneursrats teilnehmen.
(4) Vertreter der Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören und sich auf Ad-hoc-Basis neben dem ESM an einer Stabilitätshilfemaßnahme für Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets beteiligen, werden ebenfalls als Beobachter zu den Sitzungen des Gouverneursrats eingeladen, auf denen diese Stabilitätshilfe und ihre Überwachung erörtert werden.
(5) Der Gouverneursrat kann im Einzelfall auch andere Personen als Beobachter zu Sitzungen einladen, darunter auch Vertreter von Institutionen oder Organisationen wie dem IWF.
(6) Der Gouverneursrat fasst die folgenden Beschlüsse im gegenseitigen Einvernehmen:
a) Auflösung des Notfallreservefonds und Rückübertragung seines Inhalts auf den Reservefonds und/oder in das eingezahlte Kapital nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4.
b) Auflage neuer Anteile zu anderen Konditionen als zum Nennwert nach Maßgabe des Artikels 8 Absatz 2;
c) Kapitalabrufe nach Maßgabe des Artikels 9 Absatz 1;
d) Veränderungen des genehmigten Stammkapitals und Anpassung des maximalen Darlehensvolumens des ESM nach Maßgabe des Artikels 10 Absatz 1;
e) Berücksichtigung einer etwaigen Aktualisierung des Schlüssels für die Zeichnung des EZB-Kapitals nach Maßgabe des Artikels 11 Absatz 3 und die erforderlichen Änderungen an Anhang I gemäß Artikel 11 Absatz 6;
f) Gewährung von Stabilitätshilfe durch den ESM einschließlich der in dem Memorandum of Understanding nach Artikel 13 Absatz 3 festgelegten wirtschaftspolitischen Auflagen sowie Wahl der Instrumente und Festlegung der Finanzierungsbedingungen nach Maßgabe der Artikel 12 bis 18;
g) Erteilung des Mandats an die Europäische Kommission, im Benehmen mit der EZB die an jede Finanzhilfe gebundenen wirtschaftspolitischen Auflagen auszuhandeln, nach Maßgabe des Artikels 13 Absatz 3;
h) Änderungen der Methodik der Preisgestaltung und der Preisgestaltungsleitlinie für Finanzhilfe nach Maßgabe des Artikels 20;
i) Änderungen an der Liste der Finanzhilfeinstrumente, die der ESM nutzen kann, nach Maßgabe des Artikels 19;
j) Festlegung der Modalitäten für die Übertragung von EFSF-Hilfen auf den ESM nach Maßgabe des Artikels 40;
k) Genehmigung des Antrags neuer Mitglieder auf Beitritt zum ESM nach Maßgabe des Artikels 44;
l) Anpassungen dieses Vertrags, die unmittelbar infolge des Beitritts neuer Mitglieder erforderlich werden, einschließlich Änderungen an der Kapitalverteilung zwischen den ESM-Mitgliedern und an der Berechnung dieser Verteilung als unmittelbare Folge des Beitritts eines neuen Mitglieds zum ESM nach Maßgabe des Artikels 44 und
m) Übertragung der in diesem Artikel genannten Aufgaben auf das Direktorium.
(7) Der Gouverneursrat fasst die folgenden Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit:
a) Festlegung ausführlicher technischer Regelungen für den Beitritt eines neuen Mitglieds zum ESM nach Maßgabe des Artikels 44;
b) ob der Vorsitz dem Präsidenten der Euro-Gruppe übertragen wird oder ob – mit qualifizierter Mehrheit – eine Wahl eines Vorsitzenden und eines stellvertretenden Vorsitzenden des Gouverneursrats nach Maßgabe des Absatzes 2 stattfindet;
c) Festlegung der Satzung des ESM und der Geschäftsordnung des Gouverneursrats und des Direktoriums (einschließlich des Rechts zur Einsetzung von Ausschüssen und nachgeordneten Gremien) nach Maßgabe des Absatzes 9;
d) Aufstellung der Liste der mit den Pflichten eines Direktoriumsmitglieds oder eines stellvertretenden Direktoriumsmitglieds unvereinbaren Tätigkeiten nach Maßgabe des Artikels 6 Absatz 8;
e) Ernennung und Beendigung der Amtszeit des Geschäftsführenden Direktors nach Maßgabe des Artikels 7;
f) Einrichtung anderer Fonds nach Maßgabe des Artikels 24;
g) Maßnahmen, die zur Beitreibung einer Schuld eines ESM-Mitglieds nach Maßgabe des Artikels 25 Absätze 2 und 3 zu treffen sind;
h) Feststellung des Jahresabschlusses des ESM nach Maßgabe des Artikels 27 Absatz 1;
i) Ernennung der Mitglieder des Prüfungsausschusses nach Maßgabe des Artikels 30 Absatz 1;
j) Billigung externer Abschlussprüfer nach Maßgabe des Artikels 29;
k) Aufhebung der Immunität des Vorsitzenden des Gouverneursrats, eines Mitglieds des Gouverneursrats, eines stellvertretenden Mitglieds des Gouverneursrats, eines Mitglieds des Direktoriums, eines stellvertretenden Mitglieds des Direktoriums oder des Geschäftsführenden Direktors nach Maßgabe des Artikels 35 Absatz 2;
l) Festlegung der für Bedienstete des ESM geltenden Steuerregelung nach Maßgabe des Artikels 36 Absatz 5;
m) Entscheidung über Streitigkeiten nach Maßgabe des Artikels 37 Absatz 2 und
n) sonstige erforderliche Beschlüsse, die in diesem Vertrag nicht ausdrücklich genannt sind.
(8) Der Vorsitzende beruft die Sitzungen des Gouverneursrats ein und führt in ihnen den Vorsitz. Ist der Vorsitzende an der Teilnahme verhindert, so führt der stellvertretende Vorsitzende in den Sitzungen den Vorsitz.
(9) Der Gouverneursrat nimmt seine Geschäftsordnung und die Satzung des ESM an.
ARTIKEL 6
Art. 6 Direktorium
(1) Jedes Mitglied des Gouverneursrats ernennt aus einem Personenkreis mit großem Sachverstand im Bereich der Wirtschaft und der Finanzen ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied des Direktoriums. Diese Ernennungen können jederzeit widerrufen werden. Das stellvertretende Mitglied des Direktoriums ist bevollmächtigt, bei Abwesenheit des Mitglieds des Direktoriums in dessen Namen zu handeln.
(2) Das für Wirtschaft und Finanzen zuständige Mitglied der Europäischen Kommission und der Präsident der EZB können jeweils einen Beobachter ernennen.
(3) Vertreter der Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören und sich im Einzelfall neben dem ESM an einer Finanzhilfemaßnahme für einen Mitgliedstaat des Euro-Währungsgebiets beteiligen, werden ebenfalls als Beobachter zu den Sitzungen des Direktoriums eingeladen, auf denen diese Finanzhilfemaßnahme und ihre Überwachung erörtert werden.
(4) Der Gouverneursrat kann im Einzelfall auch andere Personen als Beobachter zu den Sitzungen einladen, darunter auch Vertreter von Institutionen oder Organisationen.
(5) Soweit in diesem Vertrag nicht anders vorgesehen, beschließt das Direktorium mit qualifizierter Mehrheit. Beschlüsse, die auf Grundlage von Befugnissen, die der Gouverneursrat delegiert hat, zu fassen sind, werden gemäß den einschlägigen Abstimmungsregeln in Artikel 5 Absätze 6 und 7 angenommen.
(6) Unbeschadet der Befugnisse des Gouverneursrats nach Maßgabe des Artikels 5 gewährleistet das Direktorium, dass der ESM gemäß diesem Vertrag und gemäß der vom Gouverneursrat beschlossenen Satzung des ESM geführt wird. Es fasst die Beschlüsse, die ihm nach Maßgabe dieses Vertrags obliegen oder die ihm vom Gouverneursrat übertragen werden.
(7) Nicht besetzte Positionen im Direktorium werden nach Maßgabe des Absatzes 1 unverzüglich besetzt.
(8) Der Gouverneursrat beschließt, welche Tätigkeiten mit den Pflichten eines Mitglieds des Direktoriums oder eines stellvertretenden Mitglieds des Direktoriums unvereinbar sind, die Satzung des ESM und die Geschäftsordnung des Direktoriums.
ARTIKEL 7
Art. 7 Geschäftsführender Direktor
(1) Der Geschäftsführende Direktor wird vom Gouverneursrat aus einem Kreis von Kandidaten ernannt, die die Staatsangehörigkeit eines ESM-Mitglieds, einschlägige internationale Erfahrung und großen Sachverstand im Bereich der Wirtschaft und der Finanzen besitzen. Der Geschäftsführende Direktor darf während seiner Amtszeit weder Mitglied noch stellvertretendes Mitglied des Gouverneursrats oder des Direktoriums sein.
(2) Die Amtszeit des Geschäftsführenden Direktors beträgt fünf Jahre. Eine einmalige Wiederernennung ist möglich. Durch Beschluss des Gouverneursrats kann die Amtszeit des Geschäftsführenden Direktors jedoch vorzeitig beendet werden.
(3) Der Geschäftsführende Direktor führt in den Sitzungen des Direktoriums den Vorsitz und nimmt an den Sitzungen des Gouverneursrats teil.
(4) Der Geschäftsführende Direktor steht den Bediensteten des ESM vor. Er ist für die Organisation, Ernennung und Entlassung der Bediensteten nach Maßgabe der vom Direktorium zu beschließenden Beschäftigungsbedingungen zuständig.
(5) Der Geschäftsführende Direktor ist der gesetzliche Vertreter des ESM und führt nach den Weisungen des Direktoriums die laufenden Geschäfte des ESM.
KAPITEL 3
KAPITAL
ARTIKEL 8
Art. 8 Genehmigtes Stammkapital
(1) Das genehmigte Stammkapital beträgt 704 798 700 000 EUR. Es ist aufgeteilt in sieben Millionen siebenundvierzigtausendneunhundertsiebenundachzig Anteile mit einem Nennwert von je 100 000 EUR, die gemäß dem in Artikel 11 vorgesehenen und in Anhang I berechneten Erstbeitragsschlüssel zur Zeichnung zur Verfügung stehen.
(2) Das genehmigte Stammkapital wird in eingezahlte Anteile und abrufbare Anteile unterteilt. Der anfängliche Gesamtnennwert der eingezahlten Anteile beläuft sich auf 80 548 400 000 EUR. Die Anteile des genehmigten Stammkapitals am anfänglich gezeichneten Stammkapital werden zum Nennwert ausgegeben. Andere Anteile werden zum Nennwert ausgegeben, sofern der Gouverneursrat nicht unter besonderen Umständen eine anderweitige Ausgabe beschließt.
(3) Die Anteile am genehmigten Stammkapital werden in keiner Weise belastet oder verpfändet und sind nicht übertragbar, außer im Falle einer Übertragung zur Durchführung von Anpassungen des in Artikel 11 vorgesehenen Beitragsschlüssels in dem Umfang, der erforderlich ist, um zu gewährleisten, dass die Verteilung der Anteile dem angepassten Schlüssel entspricht.
(4) Die ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, ihren Beitrag zum genehmigten Stammkapital gemäß ihrem Beitragsschlüssel in Anhang I zu leisten. Sie kommen sämtlichen Kapitalabrufen gemäß den Bedingungen dieses Vertrages fristgerecht nach.
(5) Die Haftung eines jeden ESM-Mitglieds bleibt unter allen Umständen auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs begrenzt. Kein ESM-Mitglied haftet aufgrund seiner Mitgliedschaft für die Verpflichtungen des ESM. Die Verpflichtung der ESM-Mitglieder zur Leistung von Kapitalbeiträgen zum genehmigten Stammkapital gemäß diesem Vertrag bleibt unberührt, falls ein ESM-Mitglied Finanzhilfe vom ESM erhält oder die Voraussetzungen dafür erfüllt.
ARTIKEL 9
Art. 9 Kapitalabrufe
(1) Der Gouverneursrat kann genehmigtes nicht eingezahltes Kapital jederzeit abrufen und den ESM-Mitgliedern eine angemessene Frist für dessen Einzahlung setzen.
(2) Das Direktorium kann genehmigtes nicht eingezahltes Kapital durch Beschluss mit einfacher Mehrheit abrufen, um die Höhe des eingezahlten Kapitals wiederherzustellen, wenn diese durch das Auffangen von Verlusten unter den in Artikel 8 Absatz 2 festgelegten Betrag – der vom Gouverneursrat gemäß dem Verfahren nach Artikel 10 geändert werden kann – abgesunken ist, und den ESM-Mitgliedern eine angemessene Frist für dessen Einzahlung setzen.
(3) Der Geschäftsführende Direktor ruft genehmigtes nicht eingezahltes Kapital rechtzeitig ab, falls dies notwendig ist, damit der ESM bei planmäßigen oder sonstigen fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern des ESM nicht in Verzug gerät. Der Geschäftsführende Direktor setzt das Direktorium und den Gouverneursrat über jeden derartigen Abruf in Kenntnis. Wird ein potenzieller Fehlbetrag in den Mitteln des ESM entdeckt, so führt der Geschäftsführende Direktor (einen) entsprechende(n) Abruf(e) baldmöglichst durch, um sicherzustellen, dass der ESM über ausreichende Mittel verfügt, um fällige Zahlungen an Gläubiger fristgerecht und in voller Höhe leisten zu können. Die ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, Kapital, das der Geschäftsführende Direktor gemäß diesem Absatz von ihnen abruft, innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen.
(4) Das Direktorium beschließt die ausführlichen Regelungen und Bedingungen, die für Kapitalabrufe nach Maßgabe dieses Artikels gelten.
ARTIKEL 10
Art. 10 Veränderungen des genehmigten Stammkapitals
(1) Der Gouverneursrat überprüft das maximale Darlehensvolumen und die Angemessenheit des genehmigten Stammkapitals des ESM regelmäßig, mindestens jedoch alle fünf Jahre. Er kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern und Artikel 8 und Anhang II entsprechend zu ändern. Dieser Beschluss tritt in Kraft, nachdem die ESM-Mitglieder dem Verwahrer den Abschluss ihrer jeweiligen nationalen Verfahren notifiziert haben. Die neuen Anteile werden den ESM-Mitgliedern nach dem in Artikel 11 und Anhang I vorgesehenen Beitragsschlüssel zugeteilt.
(2) Das Direktorium beschließt die ausführlichen Regelungen und Bedingungen, die für sämtliche oder etwaige gemäß Absatz 1 vorgenommene Kapitalveränderungen gelten.
(3) Wird ein Mitgliedstaat der Europäischen Union neues ESM-Mitglied, so wird das genehmigte Stammkapital des ESM automatisch erhöht, indem die zum betreffenden Zeitpunkt geltenden Beträge mit der Verhältniszahl aus dem Gewichtsanteil des neuen ESM-Mitglieds und dem Gewichtsanteil der bestehenden ESM-Mitglieder im Rahmen des in Artikel 11 vorgesehenen angepassten Beitragsschlüssels multipliziert werden.
ARTIKEL 11
Art. 11 Beitragsschlüssel
(1) Der Beitragsschlüssel für die Zeichnung des genehmigten Stammkapitals des ESM stützt sich vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 auf den Schlüssel für die Zeichnung des EZB-Kapitals durch die nationalen Zentralbanken der ESM-Mitglieder gemäß Artikel 29 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank („ESZB-Satzung“).
(2) Der Beitragsschlüssel für die Zeichnung des genehmigten Stammkapitals des ESM ist in Anhang I niedergelegt.
(3) Der Beitragsschlüssel für die Zeichnung des genehmigten Stammkapitals des ESM wird angepasst, wenn
a) ein Mitgliedstaat der Europäischen Union neues ESM-Mitglied wird und sich das genehmigte Stammkapital des ESM nach Maßgabe des Artikels 10 Absatz 3 automatisch erhöht oder
b) die gemäß Artikel 42 ermittelte zwölfjährige zeitweilige Korrektur, die für ein ESM-Mitglied gilt, endet.
(4) Der Gouverneursrat kann beschließen, etwaige Aktualisierungen des in Absatz 1 genannten Schlüssels für die Zeichnung des EZB-Kapitals zu berücksichtigen, wenn der Beitragsschlüssel gemäß Absatz 3 angepasst wird oder wenn sich das genehmigte Stammkapital nach Maßgabe des Artikels 10 Absatz 1 verändert.
(5) Wird der Beitragsschlüssel für die Zeichnung des genehmigten Stammkapitals des ESM angepasst, übertragen die ESM-Mitglieder einander genehmigtes Stammkapital in dem Umfang, der erforderlich ist, damit die Verteilung des genehmigten Stammkapitals dem angepassten Schlüssel entspricht.
(6) Bei jeder Anpassung im Sinne dieses Artikels wird Anhang I durch Beschluss des Gouverneursrats geändert.
(7) Das Direktorium trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind.
KAPITEL 4
TÄTIGKEIT
ARTIKEL 12
Art. 12 Grundsätze
(1) Ist dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar, so kann der ESM einem ESM-Mitglied unter strengen, dem gewählten Finanzhilfeinstrument angemessenen Auflagen Stabilitätshilfe gewähren. Diese Auflagen können von einem makroökonomischen Anpassungsprogramm bis zur kontinuierlichen Erfüllung zuvor festgelegter Anspruchsvoraussetzungen reichen.
(2) Unbeschadet des Artikels 19 kann die ESM-Stabilitätshilfe mittels der in den Artikeln 14 bis 18 vorgesehenen Instrumente gewährt werden.
(3) Ab 1. Januar 2013 enthalten alle neuen Staatsschuldtitel des Euro-Währungsgebiets mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Umschuldungsklauseln, die so ausgestaltet sind, dass gewährleistet wird, dass ihre rechtliche Wirkung in allen Rechtsordnungen des Euro-Währungsgebiets gleich ist.
ARTIKEL 13
Art. 13 Verfahren für die Gewährung von Stabilitätshilfe
(1) Ein ESM-Mitglied kann an den Vorsitzenden des Gouverneursrats ein Stabilitätshilfeersuchen richten. In diesem Ersuchen wird angegeben, welche(s) Finanzhilfeinstrument(e) zu erwägen ist/sind. Bei Erhalt eines solchen Ersuchens überträgt der Vorsitzende des Gouverneursrats der Europäischen Kommission, im Benehmen mit der EZB, die folgenden Aufgaben:
a) das Bestehen einer Gefahr für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt oder seiner Mitgliedstaaten zu bewerten, es sei denn, die EZB hat bereits eine Analyse nach Artikel 18 Absatz 2 vorgelegt;
b) zu bewerten, ob die Staatsverschuldung tragfähig ist. Es wird erwartet, dass diese Bewertung, wann immer dies angemessen und möglich ist, zusammen mit dem IWF durchgeführt wird;
c) den tatsächlichen oder potenziellen Finanzierungsbedarf des betreffenden ESM-Mitglieds zu bewerten.
(2) Auf der Grundlage des Ersuchens des ESM-Mitglieds und der in Absatz 1 genannten Bewertung kann der Gouverneursrat beschließen, dem betroffenen ESM-Mitglied grundsätzlich Stabilitätshilfe in Form einer Finanzhilfefazilität zu gewähren.
(3) Wird ein Beschluss nach Absatz 2 angenommen, so überträgt der Gouverneursrat der Europäischen Kommission die Aufgabe, – im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem IWF – mit dem betreffenden ESM-Mitglied ein Memorandum of Understanding („MoU“) auszuhandeln, in dem die mit der Finanzhilfefazilität verbundenen Auflagen im Einzelnen ausgeführt werden. Der Inhalt des MoU spiegelt den Schweregrad der zu behebenden Schwachpunkte und das gewählte Finanzhilfeinstrument wider. Gleichzeitig arbeitet der Geschäftsführende Direktor des ESM einen Vorschlag für eine Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität aus, der unter anderem die Finanzierungsbedingungen sowie die gewählten Instrumente enthält und vom Gouverneursrat anzunehmen ist.
Das MoU steht in voller Übereinstimmung mit den im AEUV vorgesehenen Maßnahmen der wirtschaftspolitischen Koordinierung, insbesondere etwaiger Rechtsakte der Europäischen Union, einschließlich etwaiger an das betreffende ESM-Mitglied gerichteter Stellungnahmen, Verwarnungen, Empfehlungen oder Beschlüsse.
(4) Die Europäische Kommission unterzeichnet das MoU im Namen des ESM, vorbehaltlich der vorherigen Erfüllung der in Absatz 3 ausgeführten Bedingungen und der Zustimmung des Gouverneursrats.
(5) Das Direktorium billigt die Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität, die die finanziellen Aspekte der zu gewährenden Stabilitätshilfe im Einzelnen regelt und – soweit anwendbar die Auszahlung der ersten Tranche der Hilfe.
(6) Der ESM richtet einen angemessenen Warnmechanismus ein, um sicherzustellen, dass er jedwede im Rahmen der Stabilitätshilfe fällige Rückzahlungen des ESM-Mitglieds fristgerecht erhält.
(7) Die Europäische Kommission wird – im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem IWF – damit betraut, die Einhaltung der mit der Finanzhilfefazilität verbundenen wirtschaftspolitischen Auflagen zu überwachen.
ARTIKEL 14
Art. 14 Vorsorgliche ESM-Finanzhilfe
(1) Der Gouverneursrat kann beschließen, nach Maßgabe des Artikels 12 Absatz 1 eine vorsorgliche Finanzhilfe in Form einer vorsorglichen bedingten Kreditlinie oder in Form einer Kreditlinie mit erweiterten Bedingungen zu gewähren.
(2) Die mit der vorsorglichen ESM-Finanzhilfe verbundenen Auflagen werden gemäß Artikel 13 Absatz 3 im MoU im Einzelnen ausgeführt.
(3) Die Finanzierungsbedingungen der vorsorglichen Finanzhilfe werden in einer Vereinbarung über eine vorsorgliche ESM-Finanzhilfefazilität niedergelegt, die vom Geschäftsführenden Direktor zu unterzeichnen ist.
(4) Das Direktorium beschließt ausführliche Leitlinien für die Durchführungsmodalitäten der vorsorglichen ESM-Finanzhilfe.
(5) Das Direktorium entscheidet in gegenseitigem Einvernehmen auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors und nach Erhalt eines Berichts der Europäischen Kommission gemäß Artikel 13 Absatz 7, ob die Kreditlinie beibehalten werden sollte.
(6) Nachdem das ESM-Mitglied erstmals Mittel (über ein Darlehen oder einen Primärmarktankauf) gezogen hat, entscheidet das Direktorium in gegenseitigem Einvernehmen auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors und auf der Grundlage einer von der Europäischen Kommission im Benehmen mit der EZB durchgeführtenUntersuchung, ob die Kreditlinie noch angemessen ist oder ob eine andere Form der Finanzhilfe benötigt wird.
ARTIKEL 15
Art. 15 Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds
(1) Der Gouverneursrat kann beschließen, Finanzhilfe mittels Darlehen an ein ESM-Mitglied speziell zum Zwecke der Rekapitalisierung von Finanzinstituten dieses ESM-Mitglieds zu gewähren.
(2) Die mit der Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds verbundenen Auflagen werden gemäß Artikel 13 Absatz 3 im MoU im Einzelnen ausgeführt.
(3) Unbeschadet der Artikel 107 und 108 AEUV werden die Finanzierungsbedingungen der Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds in einer Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität ausgeführt, die vom Geschäftsführenden Direktor zu unterzeichnen ist.
(4) Das Direktorium beschließt detaillierte Leitlinien für die Durchführungsmodalitäten der Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds.
(5) Sofern anwendbar, beschließt das Direktorium in gegenseitigem Einvernehmen auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors und nach Erhalt eines Berichts der Europäischen Kommission nach Artikel 13 Absatz 7 die Auszahlung der auf die erste Tranche folgenden Tranchen der Finanzhilfe.
ARTIKEL 16
Art. 16 ESM-Darlehen
(1) Der Gouverneursrat kann beschließen, einem ESM-Mitglied nach Maßgabe des Artikels 12 Finanzhilfe in Form eines Darlehens zu gewähren.
(2) Die mit den ESM-Darlehen verbundenen Auflagen sind in einem makroökonomischen Anpassungsprogramm enthalten, das gemäß Artikel 13 Absatz 3 im MoU im Einzelnen ausgeführt wird.
(3) Die Finanzierungsbedingungen eines jeden ESM-Darlehens werden in einer Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität niedergelegt, die vom Geschäftsführenden Direktor zu unterzeichnen ist.
(4) Das Direktorium beschließt ausführliche Leitlinien für die Durchführungsmodalitäten der ESM-Darlehen.
(5) Das Direktorium beschließt in gegenseitigem Einvernehmen auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors und nach Erhalt eines Berichts der Europäischen Kommission nach Artikel 13 Absatz 7 die Auszahlung der auf die erste Tranche folgenden Tranchen der Finanzhilfe.
ARTIKEL 17
Art. 17 Primärmarkt-Unterstützungsfazilität
(1) Nach Maßgabe des Artikels 12 und mit dem Ziel, die Kosteneffizienz der Finanzhilfe zu maximieren, kann der Gouverneursrat beschließen, Vorkehrungen für den Ankauf von Anleihen eines ESM-Mitglieds am Primärmarkt zu treffen.
(2) Die mit der Primärmarkt-Unterstützungsfazilität verbundenen Auflagen werden gemäß Artikel 13 Absatz 3 im MoU im Einzelnen ausgeführt.
(3) Die Finanzierungsbedingungen, unter denen der Ankauf der Anleihen durchgeführt wird, werden in einer Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität festgelegt, die vom Geschäftsführenden Direktor zu unterzeichnen ist.
(4) Das Direktorium beschließt ausführliche Leitlinien für die Durchführungsmodalitäten der Primärmarkt-Unterstützungsfazilität.
(5) Das Direktorium beschließt in gegenseitigem Einvernehmen auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors und nach Erhalt eines Berichts der Europäischen Kommission nach Artikel 13 Absatz 7, die Auszahlung der Finanzhilfe an einen Empfängermitgliedstaat mittels Primärmarktoperationen.
ARTIKEL 18
Art. 18 Sekundärmarkt-Unterstützungsfazilität
(1) Der Gouverneursrat kann beschließen, nach Maßgabe des Artikels 12 Absatz 1 Vorkehrungen für Sekundärmarktoperationen in Bezug auf die Anleihen eines ESM-Mitglieds zu treffen.
(2) Beschlüsse über Sekundärmarktinterventionen zur Verhinderung einer Ansteckung werden auf der Grundlage einer Analyse der EZB gefasst, in der das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf dem Finanzmarkt und Gefahren für die Finanzstabilität festgestellt werden.
(3) Die mit der Sekundärmarkt-Unterstützungsfazilität verbundenen Auflagen werden gemäß Artikel 13 Absatz 3 im MoU im Einzelnen ausgeführt.
(4) Die Finanzierungsbedingungen, unter denen die Sekundärmarktoperationen durchzuführen sind, werden in einer Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität festgelegt, die vom Geschäftsführenden Direktor zu unterzeichnen ist.
(5) Das Direktorium beschließt ausführliche Leitlinien für die Durchführungsmodalitäten der Sekundärmarkt-Unterstützungsfazilität.
(6) Das Direktorium beschließt die Einleitung von Sekundärmarktoperationen in gegenseitigem Einvernehmen auf Vorschlag des Geschäftsführenden Direktors.
ARTIKEL 19
Art. 19 Überprüfung der Liste der Finanzhilfeinstrumente
Der Gouverneursrat kann die in den Artikeln 14 bis 18 vorgesehene Liste der Finanzhilfeinstrumente überprüfen und beschließen, sie zu ändern.
ARTIKEL 20
Art. 20 Preisgestaltung
(1) Bei der Gewährung von Stabilitätshilfe strebt der ESM die volle Deckung seiner Finanzierungs- und Betriebskosten an und kalkuliert eine angemessene Marge ein.
(2) Für alle Finanzhilfeinstrumente wird die Preisgestaltung in einer Preisgestaltungsleitlinie, die vom Gouverneursrat beschlossen wird, im Einzelnen geregelt.
(3) Die Preisgestaltungspolitik kann vom Gouverneursrat überprüft werden.
ARTIKEL 21
Art. 21 Anleiheoperationen
(1) Der ESM ist befugt, zur Erfüllung seiner Aufgaben an den Kapitalmärkten bei Banken, Finanzinstituten oder sonstigen Personen und Institutionen Kapital aufzunehmen.
(2) Die Modalitäten der Anleiheoperationen werden vom Geschäftsführenden Direktor in Einklang mit den vom Direktorium zu beschließenden detaillierten Leitlinien festgelegt.
(3) Der ESM setzt geeignete Mittel für das Risikomanagement ein, die regelmäßig vom Direktorium überprüft werden.
KAPITEL 5
FINANZMANAGEMENT
ARTIKEL 22
Art. 22 Anlagepolitik
(1) In Einklang mit den Leitlinien, die vom Direktorium zu beschließen und regelmäßig zu überprüfen sind, führt der Geschäftsführende Direktor für den ESM eine umsichtige Anlagepolitik durch, um diesem die höchste Bonität zu sichern. Der ESM hat das Recht, einen Teil des Ertrags aus seinem Anlageportfolio zur Deckung seiner Betriebs- und Verwaltungskosten zu verwenden.
(2) Die Operationen des ESM entsprechen den Grundsätzen eines soliden Finanz- und Risikomanagements.
ARTIKEL 23
Art. 23 Dividendenpolitik
(1) Das Direktorium kann mit einfacher Mehrheit beschließen, eine Dividende an die ESM-Mitglieder auszuschütten, falls die Summe aus eingezahltem Kapital und Reservefonds die für die Aufrechterhaltung der Darlehenskapazität des ESM erforderliche Höhe übersteigt und wenn die Anlageerträge nicht benötigt werden, um einen Zahlungsausfall gegenüber den Gläubigern zu verhindern. Die Dividenden werden im Verhältnis der Beiträge zum eingezahlten Kapital ausgeschüttet, wobei der in Artikel 41 Absatz 3 genannten möglichen Beschleunigung Rechnung getragen wird.
(2) Solange der ESM keinem seiner Mitglieder Finanzhilfe gewährt hat, fließen die Erträge aus den Anlagen des eingezahlten Kapitals des ESM nach Abzug der Betriebskosten und unter der Voraussetzung, dass die angestrebte effektive Darlehenskapazität in voller Höhe zur Verfügung steht, an die ESM-Mitglieder entsprechend ihren jeweiligen Beiträgen zum eingezahlten Kapital zurück.
(3) Der Geschäftsführende Direktor führt die Dividendenpolitik für den ESM im Einklang mit den vom Direktorium zu beschließenden Leitlinien durch.
ARTIKEL 24
Art. 24 Reserve- und weitere Fonds
(1) Der Gouverneursrat richtet einen Reservefonds und gegebenenfalls weitere Fonds ein.
(2) Unbeschadet des Artikels 23 werden der Reingewinn aus den Operationen des ESM und die Einnahmen aus finanziellen Sanktionen gegen ESM-Mitglieder im Rahmen des Verfahrens der multilateralen Überwachung, des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit und des Verfahrens bei einem übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewicht im Rahmen des AEUV in einen Reservefonds eingestellt.
(3) Die Mittel des Reservefonds werden in Einklang mit den vom Direktorium zu beschließenden Leitlinien angelegt.
(4) Das Direktorium beschließt erforderlichenfalls Vorschriften für die Einrichtung, Verwaltung und Verwendung weiterer Fonds.
ARTIKEL 25
Art. 25 Deckung von Verlusten
(1) Verluste aus den Operationen des ESM werden beglichen
a) zunächst aus dem Reservefonds,
b) sodann aus dem eingezahlten Kapital und
c) an letzter Stelle mit einem angemessenen Betrag des genehmigten nicht eingezahlten Kapitals, der nach Maßgabe des Artikels 9 Absatz 3 abgerufen wird.
(2) Nimmt ein ESM-Mitglied die aufgrund eines Kapitalabrufs gemäß Artikel 9 Absätze 2 oder 3 erforderliche Einzahlung nicht vor, so ergeht an alle ESM-Mitglieder ein revidierter erhöhter Kapitalabruf, um sicherzustellen, dass der ESM die Kapitaleinzahlung in voller Höhe erhält. Der Gouverneursrat beschließt geeignete Schritte, um sicherzustellen, dass das betreffende ESM-Mitglied seine Schuld gegenüber dem ESM innerhalb vertretbarer Zeit begleicht. Der Gouverneursrat hat das Recht, auf den überfälligen Betrag Verzugszinsen zu erheben.
(3) Begleicht ein ESM-Mitglied eine in Absatz 2 genannte Schuld gegenüber dem ESM, so wird das überschüssige Kapital gemäß den vom Gouverneursrat zu beschließenden Vorschriften an die anderen ESM-Mitglieder zurückgezahlt.
ARTIKEL 26
Art. 26 Haushalt
Das Direktorium billigt den Haushalt des ESM jährlich.
ARTIKEL 27
Art. 27 Jahresabschluss
(1) Der Gouverneursrat billigt den Jahresabschluss des ESM.
(2) Der ESM veröffentlicht einen Jahresbericht mit einem geprüften Jahresabschluss und übermittelt den ESM-Mitgliedern einen zusammengefassten Quartalsabschluss und eine Gewinn- und Verlustrechnung, die das Ergebnis seiner Operationen ausweist.
ARTIKEL 28
Art. 28 Interne Revision
In Einklang mit internationalen Standards wird eine Funktion der Internen Revision eingerichtet.
ARTIKEL 29
Art. 29 Externe Prüfung
Der Abschluss des ESM wird von unabhängigen externen Abschlussprüfern geprüft, die mit Zustimmung des Gouverneursrats bestellt werden und für die Bestätigung des Jahresabschlusses verantwortlich sind. Die externen Abschlussprüfer sind befugt, sämtliche Bücher und Konten des ESM zu prüfen und alle Auskünfte über dessen Geschäfte zu verlangen.
ARTIKEL 30
Art. 30 Prüfungsausschuss
(1) Der Prüfungsausschuss setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen, die vom Gouverneursrat aufgrund ihres Sachverstands im Bereich der Rechnungsprüfung und der Finanzen ernannt werden, und weist zwei – auf Rotationsbasis einander abwechselnde Mitglieder der obersten Rechnungskontrollbehörden der ESM-Mitglieder und ein Mitglied vom Europäischen Rechnungshof auf.
(2) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind unabhängig. Sie holen weder Weisungen der ESM-Leitungsgremien, der ESM-Mitglieder oder anderer öffentlicher oder privater Gremien ein, noch nehmen sie solche Weisungen entgegen.
(3) Der Prüfungsausschuss erstellt unabhängige Prüfberichte. Er prüft die Konten des ESM und überzeugt sich von der Ordnungsmäßigkeit seiner Gewinn- und Verlustrechnung und seiner Bilanz. Er erhält uneingeschränkten Zugang zu allen Unterlagen des ESM, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.
(4) Der Prüfungsausschuss kann das Direktorium jederzeit über seine Feststellungen unterrichten. Er erstellt jährlich einen Bericht, der dem Gouverneursrat vorzulegen ist.
(5) Der Gouverneursrat macht den jährlichen Bericht den nationalen Parlamenten und obersten Rechnungskontrollbehörden der ESM-Mitglieder sowie dem Europäischen Rechnungshof zugänglich.
(6) Alle Angelegenheiten in Zusammenhang mit diesem Artikel werden in der Satzung des ESM im Einzelnen geregelt.
KAPITEL 6
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
ARTIKEL 31
Art. 31 Sitz
(1) Der ESM hat seinen Sitz und seine Hauptverwaltung in Luxemburg.
(2) Der ESM kann ein Verbindungsbüro in Brüssel einrichten.
ARTIKEL 32
Art. 32 Rechtsstatus, Vorrechte und Befreiungen
(1) Um dem ESM die Erfüllung seines Zwecks zu ermöglichen, werden ihm im Hoheitsgebiet eines jeden ESM-Mitglieds der Rechtsstatus und die Vorrechte und Befreiungen gewährt, die in diesem Artikel dargelegt sind. Der ESM bemüht sich um die Anerkennung seines Rechtsstatus und seiner Vorrechte und Befreiungen in anderen Hoheitsgebieten, in denen er Aufgaben wahrnimmt oder Vermögenswerte hält.
(2) Der ESM besitzt volle Rechtspersönlichkeit; er besitzt die uneingeschränkte Rechts- und Geschäftsfähigkeit,
a) bewegliches und unbewegliches Vermögen zu erwerben und zu veräußern,
b) Verträge abzuschließen,
c) Partei in Gerichtsverfahren zu sein und
d) ein Sitzabkommen und/oder Protokolle zu unterzeichnen, soweit dies notwendig ist, um sicherzustellen, dass sein Rechtsstatus und seine Vorrechte und Befreiungen anerkannt und durchgesetzt werden.
(3) Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und seine Vermögenswerte genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art, es sei denn, der ESM verzichtet für ein Gerichtsverfahren oder in den Klauseln eines Vertrags, etwa in der Dokumentation der Finanzierungsinstrumente, ausdrücklich auf seine Immunität.
(4) Das Eigentum, die Mittelausstattung und die Vermögenswerte des ESM genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs durch vollziehende, gerichtliche, administrative oder gesetzgeberische Maßnahmen.
(5) Die Archive des ESM und sämtliche Unterlagen, die sich im Eigentum oder im Besitz des ESM befinden, sind unverletzlich.
(6) Die Geschäftsräume des ESM sind unverletzlich.
(7) Jedes ESM-Mitglied und jeder Staat, der den Rechtsstatus und die Vorrechte und Befreiungen des ESM anerkannt hat, gewährt dem amtlichen Nachrichtenverkehr des ESM dieselbe Behandlung, die er dem amtlichem Nachrichtenverkehr eines ESM-Mitglieds gewährt.
(8) Soweit dies zur Durchführung der in diesem Vertrag vorgesehenen Tätigkeiten notwendig ist, sind das gesamte Eigentum, die gesamte Mittelausstattung und alle Vermögenswerte des ESM von Beschränkungen, Verwaltungsvorschriften, Kontrollen und Moratorien jeder Art befreit.
(9) Der ESM ist von jeglicher Zulassungs- oder Lizenzierungspflicht, die nach dem Recht eines ESM-Mitglieds für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsunternehmen oder sonstige der Zulassungs- oder Lizenzierungspflicht sowie der Regulierung unterliegende Unternehmen gilt, befreit.
ARTIKEL 33
Art. 33 Bedienstete des ESM
Das Direktorium legt die Beschäftigungsbedingungen für den Geschäftsführenden Direktor und die anderen Bediensteten des ESM fest.
ARTIKEL 34
Art. 34 Berufliche Schweigepflicht
Die Mitglieder und früheren Mitglieder des Gouverneursrats und des Direktoriums sowie alle anderen Personen, die für den ESM oder in Zusammenhang damit tätig sind oder tätig waren, geben keine der beruflichen Schweigepflicht unterliegenden Informationen weiter. Auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit dürfen sie keine der beruflichen Schweigepflicht unterliegenden Informationen weitergeben.
ARTIKEL 35
Art. 35 Persönliche Immunitäten
(1) Im Interesse des ESM genießen der Vorsitzende des Gouverneursrats, die Mitglieder des Gouverneursrats, die stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, die Mitglieder des Direktoriums, die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen.
(2) Der Gouverneursrat kann die durch diesen Artikel gewährten Immunitäten des Vorsitzenden des Gouverneursrats, der Mitglieder des Gouverneursrats, der stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, der Mitglieder des Direktoriums, der stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie des Geschäftsführenden Direktors in dem Maße und zu den Bedingungen, die er bestimmt, aufheben.
(3) Der Geschäftsführende Direktor kann diese Immunität hinsichtlich eines jeden Bediensteten des ESM außer seiner selbst aufheben.
(4) Jedes ESM-Mitglied trifft unverzüglich alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um diesen Artikel in seinem eigenen Recht in Kraft zu setzen, und unterrichtet den ESM entsprechend.
ARTIKEL 36
Art. 36 Steuerbefreiung
(1) Im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeiten sind der ESM, seine Vermögenswerte, sein Gewinn, sein Eigentum sowie seine im Rahmen dieses Vertrags zulässigen Operationen und Geschäfte von allen direkten Steuern befreit.
(2) Die ESM-Mitglieder treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Maßnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn der ESM für seinen Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind.
(3) Von den Abgaben, die lediglich die Vergütung für Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe darstellen, wird keine Befreiung gewährt.
(4) Vom ESM eingeführte und für die Ausübung seiner amtlichen Tätigkeiten benötigte Waren sind von allen Einfuhrzöllen und steuern sowie von allen Einfuhrverboten und beschränkungen befreit.
(5) Die Bediensteten des ESM unterliegen für die vom ESM gezahlten Gehälter und sonstigen Bezüge nach Maßgabe der vom Gouverneursrat zu beschließenden Vorschriften einer internen Steuer zugunsten des ESM. Vom Tag der Erhebung dieser Steuer an sind diese Gehälter und Bezüge von der nationalen Einkommensteuer befreit.
(6) Die vom ESM aufgelegten Schuldverschreibungen oder Wertpapiere, einschließlich dafür anfallender Zinsen oder Dividenden, unterliegen unabhängig davon, in wessen Besitz sie sich befinden, keiner Art von Besteuerung,
a) die eine solche Schuldverschreibung oder ein solches Wertpapier nur aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt oder oder
b) deren einzige rechtliche Grundlage der Ort oder die Währung sind, an dem bzw. in der sie ausgegeben werden, zahlbar sind oder bezahlt werden, oder deren einzige rechtliche Grundlage der Sitz eines Büros oder einer Geschäftsstelle des ESM ist.
ARTIKEL 37
Art. 37 Auslegung und Streitbeilegung
(1) Alle Fragen der Auslegung oder Anwendung der Bestimmungen dieses Vertrages und der Satzung des ESM, die zwischen einem ESM-Mitglied und dem ESM oder zwischen ESM-Mitgliedern auftreten, werden dem Direktorium zur Entscheidung vorgelegt.
(2) Der Gouverneursrat entscheidet über alle Streitigkeiten zwischen einem ESM-Mitglied und dem ESM oder zwischen ESM-Mitgliedern über die Auslegung und Anwendung dieses Vertrags, einschließlich etwaiger Streitigkeiten über die Vereinbarkeit der vom ESM gefassten Beschlüsse mit diesem Vertrag. Das Stimmrecht des Mitglieds (der Mitglieder) des Gouverneursrats, das das/die betroffene(n) ESM-Mitglied(er) vertritt, wird bei der Abstimmung des Gouverneursrats über eine solche Entscheidung ausgesetzt und die zur Abstimmung des Gouverneursrats über diese Entscheidung notwendige Stimmrechtsschwelle wird entsprechend neu berechnet.
(3) Ficht ein ESM-Mitglied die in Absatz 2 genannte Entscheidung an, so wird die Streitigkeit beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig gemacht. Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für die Parteien dieses Rechtsstreits verbindlich; diese treffen innerhalb der vom Gerichtshof festgelegten Frist die erforderlichen Maßnahmen, um dem Urteil nachzukommen.
ARTIKEL 38
Art. 38 Internationale Zusammenarbeit
Der ESM hat das Recht, zur Beförderung seiner Zwecke nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages mit dem IWF, mit jedem Staat, der einem ESM-Mitglied auf Ad-hoc-Basis Finanzhilfe bereitstellt, und mit jeder internationalen Organisation oder Einrichtung mit besonderen Zuständigkeiten in damit zusammenhängenden Bereichen zusammenzuarbeiten.
KAPITEL 7
ÜBERGANGSREGELUNGEN
ARTIKEL 39
Art. 39 Darlehensvergabe des EFSF
In der Übergangsphase vom Inkrafttreten dieses Vertrags bis zur vollständigen Abwicklung der EFSF beläuft sich die konsolidierte Darlehensvergabe von ESM und EFSF unbeschadet der regelmäßigen Überprüfung der Angemessenheit des maximalen Darlehensvolumens nach Maßgabe des Artikels 10 auf höchstens 500 Milliarden EUR. Das Direktorium beschließt ausführliche Leitlinien für die Berechnung der künftigen Kreditzusagekapazität, um sicherzustellen, dass die Obergrenze für die konsolidierte Darlehensvergabe nicht überschritten wird.
ARTIKEL 40
Art. 40 Übertragung der EFSF-Hilfen
(1) Abweichend von Artikel 13 kann der Gouverneursrat beschließen, dass die Finanzhilfezusagen der EFSF an ein ESM-Mitglied, die die EFSF in einer Vereinbarung mit diesem Mitglied eingegangen ist, vom ESM übernommen werden, soweit diese Finanzhilfezusagen sich auf noch nicht ausgezahlte und noch nicht finanzierte Teile von Darlehensfazilitäten beziehen.
(2) Der ESM kann mit Zustimmung des Gouverneursrats die Rechte und Verpflichtungen der EFSF übernehmen, insbesondere in Bezug auf die Gesamtheit oder einen Teil ihrer im Rahmen ihrer bestehenden Darlehensfazilitäten oder in Zusammenhang damit ausstehenden Rechte und Verpflichtungen.
(3) Der Gouverneursrat nimmt die ausführlichen Modalitäten an, die erforderlich sind, um die in Absatz 1 vorgesehene Übertragung der Verpflichtungen der EFSF auf den ESM sowie etwaige Übertragungen von Rechten und Verpflichtungen im Sinne des Absatzes 2 in Kraft zu setzen.
ARTIKEL 41
Art. 41 Einzahlung des Anfangskapitals
(1) Unbeschadet des Absatzes 2 erfolgt die Einzahlung des von jedem ESM-Mitglied anfänglich gezeichneten Betrags der eingezahlten Anteile in fünf jährlichen Raten von jeweils 20 % des Gesamtbetrags. Die erste Rate wird von jedem ESM-Mitglied innerhalb von fünfzehn Tagen nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Vertrags eingezahlt. Die vier übrigen Raten werden jeweils an dem Tag eingezahlt, an dem sich die Einzahlung der ersten Rate zum ersten, zweiten, dritten und vierten Mal jährt.
(2) Während des Fünfjahreszeitraums, in dem das Kapital in Raten eingezahlt wird, beschleunigen die ESM-Mitglieder die Zahlung der eingezahlten Anteile rechtzeitig vor dem Ausgabetermin, um das Verhältnis zwischen eingezahltem Kapital und ausstehendem Betrag an ESM-Anleiheemissionen stets bei mindestens 15 % zu halten und eine gemeinsame Mindestdarlehenskapazität des ESM und der EFSF von 500 Milliarden EUR sicherzustellen.
(3) Ein ESM-Mitglied kann beschließen, die Zahlung seines Anteils am eingezahlten Kapital zu beschleunigen.
ARTIKEL 42
Art. 42 Zeitweilige Korrektur des Beitragsschlüssels
(1) Zu Anfang zeichnen die ESM-Mitglieder das genehmigte Stammkapital auf der Grundlage des in Anhang I festgelegten Erstbeitragsschlüssels. Die in diesem Erstbeitragsschlüssel enthaltene zeitweilige Korrektur gilt für einen Zeitraum von zwölf Jahren ab dem Tag, an dem das betreffende ESM-Mitglied den Euro einführt.
(2) Beträgt das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines ESM-Mitglieds zu Marktpreisen in Euro in dem Jahr, das seinem Beitritt zum ESM unmittelbar vorausgeht, weniger als 75 % des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP der Europäischen Union zu Marktpreisen, so wird sein gemäß Artikel 10 bestimmter Beitragsschlüssel für die Zeichnung des genehmigten Stammkapitals des ESM zeitweilig korrigiert und entspricht der Summe aus:
a) 25 % des gemäß Artikel 29 der ESZB-Satzung bestimmten prozentualen Anteils der nationalen Zentralbank dieses ESM-Mitglieds am Kapital der EZB und und
b) 75 % des prozentualen Anteils dieses ESM-Mitglieds am Bruttonationaleinkommen (BNE) des Euro-Währungsgebiets zu Marktpreisen in Euro in dem Jahr, das seinem Beitritt zum ESM unmittelbar vorausgeht.
Die unter den Buchstaben a und b genannten Prozentsätze werden zum nächsten Vielfachen von 0,0001 Prozentpunkten ab- oder aufgerundet. Es gelten die von Eurostat veröffentlichten statistischen Begriffe.
(3) Die zeitweilige Korrektur gemäß Absatz 2 gilt für einen Zeitraum von zwölf Jahren ab dem Tag, an dem das betreffende ESM-Mitglied den Euro einführt.
(4) Infolge der zeitweiligen Korrektur des Schlüssels wird das einem ESM-Mitglied gemäß Absatz 2 zugeteilte Verhältnis der Anteile unter den ESM-Mitgliedern, denen auf der Grundlage ihrer gemäß Artikel 29 der ESZB-Satzung bestimmten, unmittelbar vor der Ausgabe von Anteilen an das beitretende ESM-Mitglied bestehenden Beteiligung an der EZB keine zeitweilige Korrektur gewährt wurde, umverteilt.
ARTIKEL 43
Art. 43 Ersternennungen
(1) Jedes ESM-Mitglied ernennt sein Mitglied und sein stellvertretendes Mitglied des Gouverneursrats innerhalb von zwei Wochen nach Inkrafttreten dieses Vertrags.
(2) Der Gouverneursrat ernennt den Geschäftsführenden Direktor und jedes Mitglied des Gouverneursrats ernennt innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrags ein Mitglied des Direktoriums und ein stellvertretendes Mitglied des Direktoriums.
KAPITEL 8
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
ARTIKEL 44
Art. 44 Beitritt
Anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union steht der Beitritt zu diesem Vertrag nach Maßgabe des Artikels 2 auf Antrag hin offen; dieser Antrag wird von dem betreffenden Mitgliedstaat der Europäischen Union an den ESM gerichtet, nachdem der Rat der Europäischen Union gemäß Artikel 140 Absatz 2 AEUV beschlossen hat, die für diesen Mitgliedstaat geltende Ausnahmeregelung betreffend die Teilnahme am Euro aufzuheben. Der Gouverneursrat genehmigt den Beitrittsantrag des neuen ESM-Mitglieds und die damit zusammenhängenden ausführlichen technischen Regelungen sowie die Anpassungen, die als unmittelbare Folge des Beitritts an diesem Vertrag vorzunehmen sind. Nach Genehmigung des Antrags auf Beitritt durch den Gouverneursrat treten neue ESM-Mitglieder nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Verwahrer bei, der die anderen ESM-Mitglieder davon in Kenntnis setzt.
ARTIKEL 45
Art. 45 Anhänge
Die folgenden Anhänge dieses Vertrags sind Bestandteil des Vertrags:
1) Anhang I: Erstbeitragsschlüssel des ESM und
2) Anhang II: Zeichnungen des genehmigten Stammkapitals
ARTIKEL 46
Art. 46 Hinterlegung
Dieser Vertrag wird beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union („Verwahrer“) hinterlegt; der Verwahrer übermittelt allen Unterzeichnern beglaubigte Abschriften.
ARTIKEL 47
Art. 47 Ratifikation, Genehmigung oder Annahme
(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation, Genehmigung oder Annahme durch die Unterzeichner. Die Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.
(2) Der Verwahrer setzt die anderen Unterzeichner von jeder Hinterlegung und deren Zeitpunkt in Kenntnis.
ARTIKEL 48
Art. 48 Inkrafttreten
(1) Dieser Vertrag tritt an dem Tag in Kraft, an dem die Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunden von Unterzeichnern hinterlegt wurden, deren Erstzeichnungen mindestens 90 % der gesamten in Anhang II vorgesehenen Zeichnungen ausmachen. Die Liste der ESM-Mitglieder wird gegebenenfalls angepasst. Der Schlüssel in Anhang I wird sodann neu berechnet und das gesamte genehmigte Stammkapital gemäß Artikel 8 Absatz 1 und Anhang II sowie der anfängliche Gesamtnennwert der eingezahlten Anteile gemäß Artikel 8 Absatz 2 werden entsprechend verringert.
(2) Dieser Vertrag tritt für jeden Unterzeichner, der die Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde danach hinterlegt, am Tag nach dem Tag der Hinterlegung in Kraft.
(3) Für jeden Staat, der diesem Vertrag nach Maßgabe von dessen Artikel 44 beitritt, tritt dieser Vertrag am zwanzigsten Tag nach dem Tag der Hinterlegung der Beitrittsurkunde in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am zweiten Februar zweitausendzwölf in deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, maltesischer, niederländischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer und spanischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die in den Archiven des Verwahrers hinterlegt wird; dieser übermittelt den Vertragsparteien je eine beglaubigte Abschrift. Mit dem Beitritt der Republik Lettland wird die lettische Fassung gleichermaßen verbindlich; sie wird in einer Urschrift in den Archiven des Verwahrers hinterlegt; dieser übermittelt den Vertragsparteien je eine beglaubigte Abschrift. Mit dem Beitritt der Republik Litauen wird der litauische Wortlaut gleichermaßen verbindlich; er wird in einer Urschrift in den Archiven des Verwahrers hinterlegt; dieser übermittelt den Vertragsparteien je eine beglaubigte Abschrift.
ANHANG I
Beitragsschlüssel des ESM
Anl. 1
ESM-Mitglied | ESM-Schlüssel (%) |
Königreich Belgien | 3,4454 |
Bundesrepublik Deutschland | 26,8992 |
Republik Estland | 0,1847 |
Irland | 1,5777 |
Hellenische Republik | 2,7910 |
Königreich Spanien | 11,7953 |
Französische Republik | 20,2003 |
Italienische Republik | 17,7506 |
Republik Zypern | 0,1945 |
Republik Lettland | 0,2746 |
Republik Litauen | 0,4063 |
Großherzogtum Luxemburg | 0,2482 |
Republik Malta | 0,0898 |
Königreich der Niederlande | 5,6650 |
Republik Österreich | 2,7581 |
Portugiesische Republik | 2,4863 |
Republik Slowenien | 0,4670 |
Slowakische Republik | 0,9849 |
Republik Finnland | 1,7811 |
Insgesamt | 100,0 |
Die obigen Zahlen sind auf die vierte Dezimalstelle gerundet.
ANHANG II
Zeichnungen des genehmigten Stammkapitals
Anl. 2
ESM-Mitglied | Anzahl der Anteile | Kapitalzeichnung (EUR) |
Königreich Belgien | 242 832 | 24 283 200 000 |
Bundesrepublik Deutschland | 1 895 854 | 189 585 400 000 |
Republik Estland | 13 020 | 1 302 000 000 |
Irland | 111 195 | 11 119 500 000 |
Hellenische Republik | 196 710 | 19 671 000 000 |
Königreich Spanien | 831 332 | 83 133 200 000 |
Französische Republik | 1 423 716 | 142 371 600 000 |
Italienische Republik | 1 251 062 | 125 106 200 000 |
Republik Zypern | 13 705 | 1 370 500 000 |
Republik Lettland | 19 353 | 1 935 300 000 |
Republik Litauen | 28 634 | 2 863 400 000 |
Großherzogtum Luxemburg | 17 490 | 1 749 000 000 |
Republik Malta | 6 327 | 632 700 000 |
Königreich der Niederlande | 399 267 | 39 926 700 000 |
Republik Österreich | 194 388 | 19 438 800 000 |
Portugiesische Republik | 175 236 | 17 523 600 000 |
Republik Slowenien | 32 917 | 3 291 700 000 |
Slowakische Republik | 69 418 | 6 941 800 000 |
Republik Finnland | 125 531 | 12 553 100 000 |
Insgesamt | 7 047 987 | 704 798 700 000 |