Vorwort
Artikel 1
Art. 1
(1) Die Staatsgrenze kann zum Zwecke des Wanderns, der Ausübung des Radfahr-, Skifahr-, Wasser- und Reitsportes und im Rahmen von Sport-, religiösen und sonstigen gesellschaftlichen Veranstaltungen an festgelegten Stellen auf touristischen Wegen überschritten werden.
(2) Die Grenzwasserläufe werden innerhalb festgelegter Abschnitte für die touristische und die sportliche Schifffahrt zugänglich gemacht. Die Schifffahrt kann in der vollen Breite der Grenzwasserläufe erfolgen, falls dem nicht innerstaatliche Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei entgegenstehen. Personen, die den Grenzwasserlauf aus dem Gebiet der einen Vertragspartei betreten haben, können auf das Ufer des Gebietes der anderen Vertragspartei nur an festgelegten Stellen aussteigen, außer es handelt sich um einen Fall der Gefährdung von Gesundheit oder Leben von Personen.
(3) Die Regierungen der Vertragsparteien bestimmen durch Vereinbarung die Einrichtung von einzelnen festgelegten Stellen auf touristischen Wegen und an Grenzwasserläufen, deren Öffnungszeit und Benützungsumfang, Abschnitte der Grenzwasserläufe und die Bedingungen für deren Benützung.
(4) An den festgelegten Stellen auf touristischen Wegen und an Grenzwasserläufen können unter den gemäß Absatz 3 vereinbarten Bedingungen die Personen, die nach dem Gemeinschaftsrecht das Recht auf Freizügigkeit genießen, die Staatsgrenze überschreiten. Die auf dem Gebiet der Vertragsparteien geltenden Rechtsvorschriften betreffend die Sichtvermerkspflicht bleiben von diesem Vertrag unberührt.
(5) An den festgelegten Stellen auf touristischen Wegen und an Grenzwasserläufen können unter den gemäß Absatz 3 vereinbarten Bedingungen auch die Staatsbürger von Drittstaaten, welche in keiner der Vertragsparteien der Visumspflicht unterliegen, die Staatsgrenze überschreiten, wobei sie sich in der Grenzzone der anderen Vertragspartei über einen Zeitraum aufhalten können, der sieben aufeinander folgende Tage nicht übersteigt.
(6) Unter Grenzzone gemäß Absatz 5 werden jeweils die Bezirke verstanden, die an die gemeinsame Staatsgrenze grenzen. Auf der tschechischen Seite werden in die Grenzzone auch jene Gemeinden, die sich außerhalb dieser Bezirke maximal 25 Kilometer entfernt von der gemeinsamen Staatsgrenze befinden, einbezogen. Die tschechische Vertragspartei wird der österreichischen Vertragspartei ein Verzeichnis dieser Gemeinden auf diplomatischem Wege übermitteln.
(7) Die Grenzwasserläufe werden unter den gemäß Absatz 3 vereinbarten Bedingungen in ihrer ganzen Breite den in den Absätzen 4 und 5 angeführten Personen zugänglich gemacht.
(8) Beim Grenzübertritt an festgelegten Stellen auf touristischen Wegen und an Grenzwasserläufen sowie bei der Schifffahrt an den Grenzwasserläufen haben die in den Absätzen 4 und 5 angeführten Personen ein Dokument, das zum Grenzübertritt berechtigt, mit sich zu führen.
(9) Die Vertragsparteien werden die Bezeichnung der festgelegten Stellen auf touristischen Wegen und an Grenzwasserläufen mit Informationstafeln in deutscher und tschechischer Sprache über die Bedingungen für den Grenzübertritt sicherstellen.
Artikel 2
Art. 2
(1) Für die im Artikel 1 Absatz 4 angeführten Personen kann in Fällen, die durch gesellschaftliche oder wirtschaftliche Zwecke begründet sind, auf Antrag eine individuelle Bewilligung für den Grenzübertritt ausgestellt werden. Diese Bewilligung kann auch den Übertritt der Staatsgrenze an durch ein internationales Abkommen errichteten Grenzübergängen und an festgelegten Stellen auf touristischen Wegen über deren vereinbarten Benützungsumfang und Öffnungszeit hinaus einschließen.
(2) Die Bewilligung wird höchstens für ein Jahr mit der Möglichkeit der Verlängerung höchstens jeweils um ein weiteres Jahr ausgestellt und kann durch Festlegung von Bedingungen eingeschränkt werden.
(3) Personen, die die Staatsgrenze gemäß diesem Artikel überschreiten, haben ein Dokument, das zum Grenzübertritt berechtigt und eine gültige Bewilligung mit sich zu führen.
Artikel 3
Art. 3
(1) Auf Antrag kann, in Fällen, die durch gesellschaftliche, religiöse oder sportliche Zwecke begründet sind, für die im Artikel 1 Absatz 4 und 5 angeführten Personen eine Sammelbewilligung für einen einmaligen Grenzübertritt ausgestellt werden. Diese Bewilligung kann auch den Übertritt der Staatsgrenze an durch ein internationales Abkommen errichteten Grenzübergängen und an festgelegten Stellen auf touristischen Wegen über deren vereinbarten Benützungsumfang und Öffnungszeit hinaus einschließen.
Der Antrag ist von der Person zu stellen, die für die Organisation der Veranstaltung verantwortlich ist.
(2) Für eine Personengruppe wird jeweils eine Bewilligung ausgestellt. Die Bewilligung kann durch Festlegung von Bedingungen eingeschränkt werden.
(3) Personen, die die Staatsgrenze gemäß diesem Artikel überschreiten, haben ein Dokument, das zum Grenzübertritt berechtigt, mit sich zu führen. Die für die Organisation der Veranstaltung verantwortliche Person hat auch die gültige Bewilligung mit sich zu führen.
Artikel 4
Art. 4
(1) Anträge auf Ausstellung von Bewilligungen gemäß Artikel 2 und 3 sind bei der zuständigen Behörde der Vertragspartei einzureichen, auf deren Gebiet sich der Antragsteller aufhält, und zwar bei einer Bewilligung nach Artikel 2 spätestens 30 Tage vor dem beantragten Geltungsbeginn der Bewilligung und bei einer Bewilligung gemäß Artikel 3 spätestens 30 Tage vor dem voraussichtlichen Termin des Grenzübertritts. Die Anträge werden bei der zuständigen Behörde der Vertragspartei eingereicht, in deren territorialem Wirkungsbereich sich jener Grenzabschnitt befindet, für welchen der Grenzübertritt beantragt wird.
(2) Die Bewilligungen nach Artikel 2 und 3 werden von den zuständigen Behörden jener Vertragspartei ausgestellt, bei der der Antrag gestellt wurde, und zwar nach vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei. Diese Bewilligungen gelten auf dem Gebiet der beiden Vertragsparteien.
(3) Die zuständigen Behörden nach Absatz 1 sind im Rahmen ihres Wirkungsbereichs:
in der Republik Österreich
Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich,
Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich;
in der Tschechischen Republik
Polizei der Tschechischen Republik Gebietsdirektion des Dienstes der Fremden- und Grenzpolizei Ceské Budejovice,
Polizei der Tschechischen Republik Gebietsdirektion des Dienstes der Fremden- und Grenzpolizei Brno.
(4) Die zuständigen Behörden haben die Ausstellung der Bewilligung abzulehnen oder die Zustimmung zur Ausstellung zu verweigern insbesondere:
a) wenn die zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei die Zustimmung zur Ausstellung der Bewilligung verweigern,
b) wenn der Antragsteller wiederholt oder erheblich die innerstaatlichen Rechtsvorschriften einer der Vertragsparteien im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt verletzt hat,
c) wenn der Zweck, für den die Bewilligung ausgestellt werden soll, auf eine andere Art und Weise erreicht werden kann oder dieser Zweck nicht mehr besteht.
(5) Die zuständigen Behörden haben eine bereits ausgestellte Bewilligung aus den im Absatz 4 angeführten Gründen sowie in jenen Fällen aufzuheben, in denen die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei darum ersucht. Sie können die Bewilligung ebenso wegen der Nichteinhaltung der in der Bewilligung festgelegten Bedingungen aufheben.
(6) Die zuständigen Behörden der einen Vertragspartei haben die zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei über die Aufhebung einer Bewilligung unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(7) Die gemäß Absatz 5 aufgehobenen Bewilligungen können von den zuständigen Behörden beider Vertragsparteien abgenommen werden. Sie haben diese Bewilligungen der zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei, die die Bewilligung ausgestellt hat, zu übermitteln.
Artikel 5
Art. 5
Die die Staatsgrenze nach Artikel 1, 2 und 3 überschreitenden Personen unterliegen der Grenzkontrolle und sind verpflichtet, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei einschließlich der den Umweltschutz, insbesondere die den Natur- und Landschaftsschutz betreffenden Beschränkungen einzuhalten.
Artikel 6
Art. 6
(1) Die Vertragsparteien können den Grenzübertritt nach Artikel 1, 2 und 3 wegen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, wegen hygienischepidemiologischen, veterinärrechtlichen oder phytosanitären Gründen, wegen Naturkatastrophen oder wegen sonstigen außerordentlichen Ereignissen vorübergehend einstellen oder einschränken.
(2) Die Vertragsparteien haben einander unverzüglich, mindestens aber 24 Stunden vorher über die nach Absatz 1 beschlossenen Maßnahmen und über ihre Aufhebung zu informieren.
Artikel 7
Art. 7
Die Vertragsparteien werden sich über Veränderungen in der Zuständigkeit oder in der Bezeichnung der in Artikel 4 Absatz 3 genannten Behörden gegenseitig informieren.
Artikel 8
Art. 8
Allfällige die Durchführung oder Auslegung dieses Vertrages betreffende Streitigkeiten werden durch wechselseitige Konsultationen zwischen den Innenministerien beider Vertragsparteien oder erforderlichenfalls auf diplomatischem Wege gelöst.
Artikel 9
Art. 9
(1) Dieser Vertrag unterliegt der Ratifikation und tritt am dreißigsten Tag nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Die Ratifikationsurkunden werden in Prag ausgetauscht.
(2) Ab dem Tage, an dem die Entscheidung des Rates der Europäischen Union in Kraft tritt, laut der für die Tschechische Republik sämtliche Bestimmungen des Schengen-Acquis anwendbar sind, werden die Bestimmungen dieses Vertrages nur in dem mit dem Schengen-Acquis in Übereinstimmung stehenden Ausmaß angewandt.
(3) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jede Vertragspartei kann ihn schriftlich auf diplomatischem Wege kündigen. Im Falle einer Kündigung tritt dieser Vertrag nach Ablauf von sechs Monaten ab dem Tag der Zustellung der Kündigung an die andere Vertragspartei außer Kraft.
Geschehen zu Raabs/Thaya am 17. September 2005 in zwei Urschriften, jede in deutscher und in tschechischer Sprache, wobei beide Fassungen gleichermaßen authentisch sind.