Abkommen zwischen Österreich und Rumänien betreffend die Regelung von Fragen der Donauschiffahrt
Vorwort
Art. 1 Artikel 1
Die beiden vertragschließenden Teile bestätigen durch das vorliegende Abkommen, daß auf dem österreichischen bzw. rumänischen Teil des Donaustromes die Schiffahrt für die Handelsschiffe beider vertragschließenden Teile frei ist, wobei die gesetzlichen Vorschriften des betreffenden Uferstaates, einschließlich der Bestimmungen der bestehenden Stromverwaltungen, eingehalten werden müssen.
Beide vertragschließenden Teile sichern sich gegenseitig die gleiche Behandlung zu, die allen anderen Handelsschiffen zukommt, ohne jedwede Diskriminierung, was den Schiffsverkehr, den Aufenthalt in den Häfen, die Abwicklung der Hafenoperationen, die Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoff sowie die Einhebung von Abgaben hiefür anbelangt.
Dieses Abkommen erstreckt sich nicht auf den Verkehr zwischen Häfen ein und desselben Staates.
Art. 2 Artikel 2
Jeder der beiden vertragschließenden Teile anerkennt die Vorschriften des anderen vertragschließenden Teiles, die sich auf den Bau, die Ausrüstung und die Bemannung der Schiffe beziehen.
Die Handelsschiffe beider vertragschließenden Teile werden Dokumente an Bord führen, die die Staatszugehörigkeit, das Eigentum, den Laderaum, die Gesundheitsverhältnisse, die Fahrtüchtigkeit und den Fassungsraum der Personenschiffe bezeugen. Die Schiffe werden weiters eine Personalliste (Equipagenrolle) unter Beilage der notwendigen Dokumente (Patente), ein Bordtagebuch, eine Inventarliste und – soweit erforderlich – ein Dampfkesselzeugnis oder Maschinentagebuch und ein Druckbehälterverzeichnis führen. Schiffe, die mit Funkgeräten ausgerüstet sind, werden die entsprechende Berechtigungsurkunde an Bord mitführen.
Die Ausstellung der Dokumente erfolgt durch die zuständigen Behörden jenes vertragschließenden Teiles, unter dessen Flagge das Schiff fährt.
Art. 3 Artikel 3
Jeder vertragschließende Teil anerkennt die von den Behörden des anderen vertragschließenden Teiles ausgestellten Donauschifferausweise als gültig.
Die Ehefrauen und Kinder über 15 Jahre, welche die Besatzungsmitglieder begleiten, müssen gesonderte Donauschifferausweise besitzen. Kinder unter 15 Jahren können die Besatzungsmitglieder begleiten, wenn sie im Donauschifferausweis des Vaters oder der Mutter eingetragen sind. Sowohl die Ehefrauen als auch die Kinder müssen in der Personalliste des Schiffes eingetragen sein.
Art. 4 Artikel 4
Der Donauschifferausweis eines vertragschließenden Teiles berechtigt die darin angeführten Personen, die Staatsgrenze des anderen vertragschließenden Teiles auf dem Schiff, in dessen Personalliste sie eingetragen sind, auf dem Wasserwege in beiden Richtungen ohne Reisepaß und Sichtvermerk zu überschreiten.
Die Schiffer jedes vertragschließenden Teiles können sich in den Häfen und Hafenorten des anderen vertragschließenden Teiles im selben Maße wie die Schiffer von Schiffen anderer fremder Flaggen unter Beachtung der in diesen Häfen und Hafenorten hiefür geltenden Vorschriften frei bewegen.
Art. 5 Artikel 5
Die Inhaber von Donauschifferausweisen jedes vertragschließenden Teiles können im Bedarfsfalle die Staatsgrenze des anderen vertragschließenden Teiles auch auf dem Landwege überschreiten, wenn der Donauschifferausweis mit einem gültigen Sichtvermerk dieses Staates versehen ist. Die betreffenden Personen werden sich in diesem Falle ohne unbegründeten Aufenthalt auf dem fremden Staatsgebiet, von dem Schiff, zu dessen Besatzung sie gehören, zur Staatsgrenze (Austrittsstelle) bzw. von der Staatsgrenze (Eintrittsstelle) zu dem Schiff begeben.
Sichtvermerke auf Donauschifferausweisen werden unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen des betreffenden Landes in kürzestmöglicher Frist erteilt.
Art. 6 Artikel 6
Sichtvermerke für die Aufsichtsorgane der Donauschiffahrtsunternehmungen jedes der beiden vertragschließenden Teile werden für dienstliche Reisen in das Gebiet des anderen vertragschließenden Teiles in kürzest möglicher Frist erteilt werden.
Diesen Personen wird aus dienstlichen Gründen der Zutritt zu den Schiffen ihres Unternehmens, die sich in den Häfen des anderen vertragschließenden Teiles befinden, und zu den Hafenorganen gestattet werden.
Die Namen der oben angeführten Funktionäre werden im voraus dem anderen vertragschließenden Teil auf diplomatischem Wege mitgeteilt werden.
Art. 7 Artikel 7
Ohne besondere Erlaubnis der zuständigen Organe darf kein Schiff an den Ufern außerhalb des Hafenbereiches anlegen oder ankern, mit Ausnahme von Fällen höherer Gewalt oder wenn die Unmöglichkeit einer weiteren Schiffahrt besteht. In diesen Fällen darf die Besatzung das Schiff nicht verlassen. Wenn notwendig, wird vorerst nur eine Person an Land gehen, welche das nächste behördliche Organ unverzüglich zu verständigen hat; im Bedarfsfalle kann dieses auch den anderen Personen das Anlandgehen gestatten.
Wenn das Leben der Besatzungsmitglieder gefährdet ist, dürfen diese das Land betreten, sich jedoch vom Landungsplatz nicht entfernen bis zur Ankunft eines behördlichen Organs, das von einem Besatzungsmitglied herbeizuholen ist. Die Besatzungsmitglieder sind verpflichtet, den Weisungen dieses Organes Folge zu leisten.
Art. 8 Artikel 8
Die Handelsschiffe, die unter der Flagge eines der vertragschließenden Teile verkehren, sowie ihre zur Schiffahrt oder für die Behandlung von Ladungen erforderlichen Einrichtungen bleiben bei ihrem Eingang in das Gebiet des anderen vertragschließenden Teiles und beim Ausgang aus diesem Gebiet frei von Zöllen und von den neben den Zöllen zu erhebenden sonstigen Abgaben.
Art. 9 Artikel 9
Die mitgeführten Vorräte, die zur Verpflegung der Besatzung und der Fahrgäste, ferner zum Betrieb und zur Instandhaltung der in Artikel 8 genannten Schiffe samt ihren Einrichtungen notwendig sind, bleiben unter Einhaltung der Zollaufsichtsbestimmungen des Territorialstaates beim Eintritt in das Gebiet eines der vertragschließenden Teile und beim Austritt aus diesem Gebiet frei von Zöllen und von den neben den Zöllen zu erhebenden sonstigen Abgaben sowie von Ein- und Ausfuhrbewilligungen.
Die Vorräte, die die notwendigen Mengen des üblichen Verbrauches während des Aufenthaltes im Gebiete des anderen vertragschließenden Teiles überschreiten, bleiben unter Zollaufsicht.
Alle anderen in den Schiffen eines der vertragschließenden Teile mitgeführten Waren, die in den Bestimmungen der vorhergehenden Absätze nicht genannt sind, unterliegen den Zollbestimmungen des Staates, in dessen Gewässern das Schiff fährt oder sich befindet.
Die zur Verpflegung der Besatzung und der Fahrgäste sowie für den Betrieb und die Instandhaltung der in Artikel 8 genannten Schiffe samt ihren Einrichtungen erforderlichen Vorräte, welche unter Zollaufsicht in dem Gebiet des anderen vertragschließenden Teiles gelagert werden, sind von Zöllen und von den neben den Zöllen zu erhebenden sonstigen Abgaben sowie von Ein- und Ausfuhrbewilligungen befreit.
Art. 10 Artikel 10
Die Handelsschiffe, die unter der Flagge eines der vertragschließenden Teile fahren sowie die von ihnen mitgeführten Waren bleiben bei der Durchfahrt durch das Gebiet des anderen vertragschließenden Teiles frei von Zöllen und von den neben den Zöllen zu erhebenden sonstigen Abgaben.
Die sonstigen Abgaben, die alle Schiffe entrichten müssen, müssen auch von den Schiffen der vertragschließenden Teile ohne Unterschied entrichtet werden.
Die Zollbehörden des Durchgangsstaates sind berechtigt, die Durchgangswaren unter Zollaufsicht zu nehmen oder das Schiff amtlich begleiten zu lassen.
Art. 11 Artikel 11
Die vertragschließenden Teile erklären sich einverstanden, im Rahmen ihrer geltenden Vorschriften soweit als möglich für eine beschleunigte Grenzabfertigung Sorge zu tragen.
Art. 12 Artikel 12
Die vertragschließenden Teile überlassen ihren Schiffahrtsunternehmungen das Recht, Vereinbarungen über Fragen kommerzieller und technischer Natur, über gegenseitige Hilfe mit Brennstoff bzw. über Einlagerung von Kohle und Öl sowie über gegenseitige Hilfeleistung hinsichtlich der Schiffahrt abzuschließen.
Die Schiffahrtsunternehmungen können mit Genehmigung der zuständigen Behörden insbesondere Vereinbarungen bezüglich der rationellen Aufteilung der Warentransporte auf der Donau zwischen den beiden Staaten treffen.
Art. 13 Artikel 13
Zwecks Erleichterung des Donauschiffsverkehrs kann die österreichische Schiffahrt in Orsova und Giurgiu und die rumänische Schiffahrt in Wien und Linz eine Agentie unterhalten.
Das Personal dieser Agentien wird nach Wahl der betreffenden Schiffahrtsunternehmungen aus Staatsbürgern jedes der beiden vertragschließenden Teile bestehen.
Die Errichtung und der Betrieb der Agentien erfolgt ohne jedwede Diskriminierung unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften desjenigen vertragschließenden Teiles, in dessen Gebiet sie errichtet sind.
Art. 14 Artikel 14
Die Donauschiffahrtsunternehmungen beider vertragschließenden Teile werden zu den Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen nur in jenem Staat herangezogen, in dem sich die Leitung (Sitz) des Unternehmens befindet. Diese Regelung gilt jedoch nur für jene Tätigkeiten, die unmittelbar mit dem Schiffahrtsbetrieb sowie dem Zubringerdienst (Transporte vom und auf das Schiff) zusammenhängen.
Art. 15 Artikel 15
Jeder der vertragschließenden Teile verpflichtet sich, die nötigen Maßnahmen zu treffen, um den freien Verkehr der Schiffe, die unter der Flagge des anderen vertragschließenden Teiles fahren, auf dem ganzen Laufe des Donaustromes seines Gebietes zu sichern.
Die dem anderen Teil gebührenden Entschädigungen, die im Falle einer Behinderung des freien Schiffsverkehrs entstehen sollten, werden von den beiden Regierungen auf diplomatischem Wege einvernehmlich festgestellt werden.
Art. 16 Artikel 16
Das vorliegende Abkommen tritt nach Genehmigung durch die maßgebenden Stellen der beiden vertragschließenden Teile in Kraft.
Das Abkommen wird auf die Dauer eines Jahres abgeschlossen und gilt jeweils für die Dauer eines weiteren Jahres als verlängert, wenn es nicht seitens eines der vertragschließenden Teile drei Monate vor Ablauf eines Vertragsjahres gekündigt wird.
Geschehen zu Bukarest, am 11. Mai 1955, in doppelter Ausfertigung in deutscher und rumänischer Sprache, von denen beide authentisch sind.