BundesrechtInternationale VerträgeSchutz der für die Landwirtschaft nützlichen Vögel

Schutz der für die Landwirtschaft nützlichen Vögel

In Kraft seit 23. Juli 1920
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Art. 1 Artikel 1.

Die der Landwirtschaft nützlichen Vögel, insbesondere die Insektenfresser und namentlich die in dem diesem Übereinkommen beigeschlossenen Verzeichnisse 1 aufgezählten Vögel – welches Verzeichnis von der Gesetzgebung eines jeden Landes noch durch Zusätze erweitert werden kann – genießen einen unbedingten Schutz in der Weise, daß es verboten ist, dieselben zu welcher Zeit und auf welche Art immer zu töten sowie ihre Nester, Eier und Brut zu zerstören.

Bis zur vollständigen und allseitigen Erzielung dieses Ergebnisses verpflichten sich die hohen vertragschließenden Teile, jene Anordnungen zu treffen oder ihren gesetzgebenden Körperschaften in Vorlage zu bringen, welche notwendig sind, um die Ausführung der in den folgenden Artikeln enthaltenen Maßnahmen zu sichern.

Art. 2 Artikel 2.

Es ist verboten, wann und mit welchen Mitteln immer die Nester zu entfernen, die Eier auszunehmen, die Brut zu fangen und zu vernichten.

Die Ein- und Durchfuhr, der Transport, das Hausieren, das Feilbieten, der An- und Verkauf dieser Nester, der Eier und der Brut ist verboten.

Dieses Verbot erstreckt sich nicht auf die durch den Eigentümer, Nutznießer oder deren Bevollmächtigten vorgenommene Zerstörung jener Nester, welche Vögel in oder an Wohnhäusern oder Gebäuden überhaupt und im Innern der Höfe bauen. Ausnahmsweise können bezüglich der Kibitz- und der Möveneier die Bestimmungen dieses Artikels abgeändert werden.

Art. 3 Artikel 3.

Das Ausstellen und die Verwendung von Fallen, Käfigen, Netzen, Schlingen, Leimruten und allen anderen wie immer gearteten Mitteln, welche die Erleichterung des Massenfanges und der Massenvernichtung der Vögel bezwecken, ist verboten.

Art. 4 Artikel 4.

Falls die hohen vertragschließenden Teile nicht in der Lage sein sollten, die Verbotsbestimmungen des vorstehenden Artikels sofort und in vollem Umfange durchzuführen, dürfen sie bei diesen Verboten die für notwendig befundenen Wilderungen, eintreten lassen, sie verpflichten sich aber, die Anwendung der Fang- und Vernichtungsweisen, -geräte und -mittel derart einzuschränken, daß allmählich die Verwirklichung der im Artikel 3 angeführten Schutzmaßregeln eintreten kann.

Art. 5 Artikel 5.

Außer den im Artikel 3 ausgesprochenen allgemeinen Verboten ist es untersagt, jene nützlichen Vögel, welche in dem dem Übereinkommen angeschlossenen Verzeichnisse 1 aufgezählt sind, in der Zeit vom 1. März bis 15. September eines jeden Jahres zu fangen oder zu töten.

Der Verkauf und das Feilbieten dieser Vögel ist während derselben Zeit gleichfalls verboten.

Die hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, insoweit es ihre Gesetzgebung gestattet, die Ein- und Durchfuhr sowie den Transport der genannten Vögel in der Zeit vom 1. März bis 15. September zu verbieten.

Die Dauer des in diesem Artikel vorgesehenen Verbotes darf jedoch in den nördlichen Ländern abgeändert werden.

Art. 6 Artikel 6.

Die zuständigen Behörden dürfen ausnahmsweise den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten von Weingärten, Obstgärten und Gärten, von Pflanzschulen, von bepflanzten oder besäten Feldern, ebenso den zu ihrer Überwachung bestellten Organen zeitweise das Recht einräumen, mit Feuerwaffen auf Vögel zu schießen, deren Anwesenheit schädlich wäre und einen wirklichen Schaden verursachen würde.

Dessenungeachtet ist das Feilbieten und der Verkauf der unter diesen Umständen getöteten Vögel verboten.

Art. 7 Artikel 7.

Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Übereinkommens können von den zuständigen Behörden im Interesse der Wissenschaft oder der Wiederbevölkerung je nach der Lage des Falles und unter Beobachtung aller zur Verhütung von Mißbräuchen notwendigen Vorsichtsmaßregeln bewilligt werden.

Unter denselben Vorsichtsmaßregeln kann noch der Fang, der Verkauf und das Gefangenhalten der zur Haltung in Käfigen bestimmten Vögel gestattet werden. Die Erlaubnis muß von den zuständigen Behörden erteilt werden.

Art. 8 Artikel 8.

Die Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens finden auf das Federvieh und auf das Federwild, welches auf den für die Jagd vorbehaltenen Gebieten vorkommt und durch die Gesetzgebung des Landes als jagdbar bezeichnet ist, keine Anwendung.

Überall sonst ist das Töten der jagdbaren Vögel nur mittels Feuerwaffen und zu den gesetzlich bestimmten Zeiten zulässig.

Die vertragschließenden Staaten werden aufgefordert, den Verkauf, den Transport und die Durchfuhr der jagdbaren Vögel, deren Jagd auf ihrem Gebiete verboten ist, während der Dauer dieses Verbotes zu untersagen.

Art. 9 Artikel 9.

Jeder der vertragschließenden Teile darf Ausnahmen von den Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens festsetzen:

1. für diejenigen Vögel, welche die Gesetzgebung des Landes als der Jagd oder der Fischerei schädlich zu schießen oder zu töten gestattet;

2. für diejenigen Vögel, welche die Gesetzgebung des Landes als der örtlichen Landwirtschaft schädlich bezeichnet.

In Ermanglung eines von der Gesetzgebung des Landes aufgestellten amtlichen Verzeichnisses findet die Bestimmung des Absatzes 2 dieses Artikels auf jene Vögel Anwendung, welche in dem diesem Übereinkommen angeschlossenen Verzeichnisse 2 angeführt sind.

Art. 10 Artikel 10.

Die hohen vertragschließenden Teile werden die geeigneten Maßnahmen treffen, um ihre Gesetzgebung binnen eines vom Tage der Unterzeichnung des Übereinkommens zu berechnenden Zeitraumes von drei Jahren mit den Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens in Einklang zu bringen.

Art. 11 Artikel 11.

Die hohen vertragschließenden Teile werden einander durch die Vermittlung der französischen Regierung die Gesetze und die im Verwaltungswege getroffenen Verfügungen mitteilen, welche bezüglich des Gegenstandes dieses Übereinkommens in ihren Staaten bereits erlassen sind oder erlassen werden.

Art. 12 Artikel 12.

Sobald es als notwendig erachtet wird, werden sich die hohen vertragschließenden Teile an einer internationalen Versammlung vertreten lassen, der es obliegen wird, diejenigen Fragen zu prüfen, welche sich bei der Durchführung des Übereinkommens aufwerfen, und jene Abänderungen in Vorschlag zu bringen, deren Nützlichkeit die Erfahrung ergeben hat.

Art. 13 Artikel 13.

Diejenigen Staaten, welche an dem gegenwärtigen Übereinkommen nicht teilgenommen haben, werden über ihr Ansuchen zum Beitritte zugelassen. Dieser Beitritt wird im diplomatischen Wege der Regierung der französischen Republik und durch diese den übrigen Signatarmächten notifiziert.

Art. 14 Artikel 14.

Das gegenwärtige Übereinkommen tritt binnen eines vom Tage des Austausches der Ratifikationen zu berechnenden Zeitraumes von höchstens einem Jahre in Kraft.

Dasselbe bleibt auf unbestimmte Zeit zwischen den Signatarmächten in Kraft. Falls eine derselben das Übereinkommen kündigen sollte, wird diese Kündigung nur hinsichtlich dieser Macht Geltung haben, und zwar erst nach Ablauf eines Jahres von dem Tage der an die anderen Mächte erfolgten Mitteilung dieser Kündigung an gerechnet.

Art. 15 Artikel 15.

Das vorliegende Übereinkommen soll ratifiziert und die Ratifikationen in Paris in möglichst kurzer Zeit ausgetauscht werden.

Art. 16 Artikel 16.

Die Bestimmung des zweiten Absatzes des Artikels 8 des gegenwärtigen Übereinkommens kann ausnahmsweise in den nördlichen Provinzen von Schweden im Hinblicke auf die dort herrschenden, ganz besonderen klimatischen Verhältnisse nicht angewendet werden.

Urkund dessen haben die Bevollmächtigten unterzeichnet und ihr Insiegel beigedrückt.

Gegeben in Paris am 19. März 1902.

(Es folgen die Unterschriften)

Verzeichnis Nr. 1.

Nützliche Vögel.

Anl. 1

Nachtraubvögel:

Steinkauz (Athene) und Sperlingseule (Glaucidium).

Sperbereule (Surnia).

Waldkauz (Syrnium).

Schleiereule (Strix flammea L.).

Sumpfohreule und Waldohreule (Otus).

Zwergohreule (Skops giu Scop).

Klettervögel:

Spechte (Picus, Gecinus etc.) alle Arten.

Syndactylen:

Blauracke (Coracias garrula L.).

Bienenfresser (Merops).

Singvögel:

Wiedehopf (Upupa epops).

Baumläufer, Mauerläufer, Spechtmeise (Certhia, Tychodroma, Sitta).

Mauerschwalbe (Cypselus).

Ziegenmelker (Caprimulgus).

Nachtigall (Luscinia).

Blaukehlchen (Cyanecula).

Rotschwänzchen (Ruticilla).

Rotkehlchen (Rubecula).

Wiesenschmätzer und Steinschmätzer (Pratincola et Saxicola).

Braunelle (Accentor).

Grasmücken aller Art, und zwar:

gemeine Grasmücken (Sylvia);

Zaungrasmücken (Curruca);

Spotter oder Gartensänger (Hipolais);

Rohrgrasmücken, Drosselohrsänger, Schilfsänger, Rohrsänger

(Acrocephalus, Calamodyta, Locustella), u. Grassänger (Cisticola).

Laubsänger (Phylloscopus).

Goldhähnchen (Regulus) und Zaunkönig (Troglodytes).

Meisen aller Art (Parus, Panurus, Orites etc.).

Fliegenschnäpper (Muscicapa).

Schwalben aller Arten (Hirundo, Chelidon, Cotyle).

Bachstelzen und Schafstelzen (Motacilla, Budytes).

Pieper (Anthus, Corydala).

Kreuzschnäbel (Loxia).

Zitronenzeisig und Girlitz (Citrinella et Serinus). Stieglitz und gemeiner Zeisig (Carduelis et Chrysomitris).

Gemeiner Star und Rosenstar (Sturnus, Pastor etc.).

Schreitvögel:

Weißer und schwarzer Storch (Ciconia).

Verzeichnis 2.

Schädliche Vögel.

Tagraubvögel:

Bart- oder Lämmergeier (Gypaetus barbatus L.).

Adler (Aquila, Nisaetus) alle Arten.

Seeadler (Haliaetus) alle Arten.

Fisch- oder Flußadler (Pandion haliaetus).

Milan, Gleitaar und Gabelmilan (Milvus, Elanus, Nauclerus) alle

Arten.

Falken: Gerfalke oder Jagdfalke, Wanderfalke, Lerchenfalke, Merlinfalke (Falco) alle Arten mit Ausnahme des Rotfußfalken, Turmfalken und Rötelfalken.

Gemeiner Habicht (Astur palumbarius).

Sperber (Accipiter).

Weihe (Circus).

Nachtraubvögel:

Uhu (Bubo maximus Flem.).

Singvögel:

Kolkrabe (Corvus corax L.).

Elster (Pica rustica Scop.).

Nuß- oder Eichelhäher (Garrulus glandarius L.).

Schreitvögel:

Fischreiher und Purpurreiher (Ardea).

Rohrdommel und Nachtreiher (Botaurus et Nycticorax).

Ruderfüßler:

Pelikane (Pelecanus).

Kormoranscharben (Phalacrocorax oder Graculus).

Säger (Mergus).

Lappentaucher (Colymbus).