Vorwort
Kapitel 1
Ziele, Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich
Artikel 1
Ziele
Art. 1
Ziele dieses Übereinkommens sind:
i) Erreichung und Beibehaltung eines weltweit hohen Standes nuklearer Sicherheit durch Verbesserung innerstaatlicher Maßnahmen und internationaler Zusammenarbeit, gegebenenfalls einschließlich sicherheitsbezogener technischer Zusammenarbeit;
ii) Schaffung und Beibehaltung wirksamer Abwehrvorkehrungen in Kernanlagen gegen mögliche strahlungsbedingte Gefahren, um den einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt vor schädlichen Auswirkungen der von solchen Anlagen ausgehenden ionisierenden Strahlung zu schützen;
iii) Verhütung von Unfällen mit strahlungsbedingten Folgen und Milderung solcher Folgen, falls sie eintreten.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Art. 2
Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet
i) „Kernanlage“ für jede Vertragspartei jedes ortsgebundene zivile Kernkraftwerk unter ihrer Hoheitsgewalt einschließlich solcher Lagerungs-, Handhabungs- und Bearbeitungseinrichtungen für radioaktives Material, die sich auf demselben Gelände befinden und mit dem Betrieb des Kernkraftwerks unmittelbar zusammenhängen. Ein solches Werk gilt nicht mehr als Kernanlage, sobald alle nuklearen Brennelemente endgültig aus dem Reaktorkern entfernt, in Übereinstimmung mit genehmigten Verfahren sicher gelagert worden sind und die staatliche Stelle einem Stillegungsprogramm zugestimmt hat;
ii) „staatliche Stelle“ für jede Vertragspartei eine oder mehrere Stellen, die von dieser Vertragspartei mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet sind, Genehmigungen zu erteilen und Standortwahl, Auslegung, Bau, Inbetriebnahme, Betrieb oder Stillegung von Kernanlagen zu regeln;
iii) „Genehmigung“ jede dem Antragsteller von der staatlichen Stelle erteilte Ermächtigung, die diesem die Verantwortung für Standortwahl, Auslegung, Bau, Inbetriebnahme, Betrieb und Stillegung einer Kernanlage überträgt.
Artikel 3
Anwendungsbereich
Art. 3
Dieses Übereinkommen findet auf die Sicherheit von Kernanlagen Anwendung.
Kapitel 2
Verpflichtungen
a) Allgemeine Bestimmungen
Artikel 4
Durchführungsmaßnahmen
Art. 4
Jede Vertragspartei trifft im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts die Gesetzes-, Verordnungs- und Verwaltungsmaßnahmen und unternimmt sonstige Schritte, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erforderlich sind.
Artikel 5
Berichterstattung
Art. 5
Jede Vertragspartei legt vor jeder in Artikel 20 bezeichneten Tagung einen Bericht über die von ihr getroffenen Maßnahmen zur Erfüllung jeder einzelnen Verpflichtung aus diesem Übereinkommen vor.
Artikel 6
Vorhandene Kernanlagen
Art. 6
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die Sicherheit der Kernanlagen, die zu dem Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen für die Vertragspartei in Kraft tritt, vorhanden sind, so bald wie möglich überprüft wird. Sollte es sich im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen als notwendig erweisen, stellt die Vertragspartei sicher, daß alle zumutbaren und praktisch möglichen Verbesserungen dringend vorgenommen werden, um die Sicherheit der Kernanlage zu erhöhen. Kann eine solche Verbesserung nicht erreicht werden, sollen Pläne durchgeführt werden, die Kernanlage so bald wie praktisch möglich abzuschalten. Bei der zeitlichen Festlegung der Abschaltung können der ganze energiewirtschaftliche Zusammenhang und mögliche Alternativen sowie die sozialen, umweltbezogenen und wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt werden.
b) Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug
Artikel 7
Rahmen für Gesetzgebung und Vollziehung
Art. 7
(1) Jede Vertragspartei schafft einen Rahmen für Gesetzgebung und Vollziehung zur Regelung der Sicherheit der Kernanlagen und erhält diesen aufrecht.
(2) Der Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug sieht folgendes vor:
i) die Schaffung einschlägiger innerstaatlicher Sicherheitsvorschriften und -regelungen;
ii) ein Genehmigungssystem für Kernanlagen und das Verbot des Betriebs einer Kernanlage ohne Genehmigung;
iii) ein System für behördliche Prüfung und Beurteilung von Kernanlagen, um feststellen zu können, ob die einschlägigen Vorschriften und Genehmigungsbestimmungen eingehalten werden;
iv) die Durchsetzung der einschlägigen Vorschriften und Genehmigungsbestimmungen, einschließlich Aussetzung, Änderung oder Widerruf.
Artikel 8
Staatliche Stelle
Art. 8
(1) Jede Vertragspartei errichtet oder bestimmt eine staatliche Stelle, die mit der Durchführung des in Artikel 7 bezeichneten Rahmens für Gesetzgebung und Vollziehung betraut und mit entsprechenden Befugnissen, Zuständigkeiten, Finanzmitteln und Personal ausgestattet ist, um die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen.
(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine wirksame Trennung der Aufgaben der staatlichen Stelle von denjenigen anderer Stellen oder Organisationen, die mit der Förderung oder Nutzung von Kernenergie befaßt sind, zu gewährleisten.
Artikel 9
Verantwortung des Genehmigungsinhabers
Art. 9
Jede Vertragspartei stellt sicher, daß die Verantwortung für die Sicherheit einer Kernanlage in erster Linie dem jeweiligen Genehmigungsinhaber obliegt; sie trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß jeder Inhaber einer solchen Genehmigung seiner Verantwortung nachkommt.
c) Allgemeine Sicherheitsüberlegungen
Artikel 10
Vorrang der Sicherheit
Art. 10
Jede Vertagspartei (Anm.: richtig: Vertragspartei) trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß alle Organisationen, die mit Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit Kernanlagen befaßt sind, Leitlinien entwickeln, die der nuklearen Sicherheit den gebotenen Vorrang einräumen.
Artikel 11
Finanzmittel und Personal
Art. 11
(1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß angemessene Finanzmittel zur Verfügung stehen, um die Sicherheit jeder Kernanlage während ihrer gesamten Lebensdauer zu unterstützen.
(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß während der gesamten Lebensdauer jeder Kernanlage eine ausreichende Anzahl von qualifiziertem Personal mit entsprechender Ausbildung, Schulung und Nachschulung für alle sicherheitsbezogenen Tätigkeiten in jeder oder für jede Kernanlage zur Verfügung steht.
Artikel 12
Menschliche Faktoren
Art. 12
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die Fähigkeiten und Grenzen menschlichen Handelns während der gesamten Lebensdauer einer Kernanlage Berücksichtigung finden.
Artikel 13
Qualitätssicherung
Art. 13
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Programme zur Qualitätssicherung aufgestellt und durchgeführt werden, die das Vertrauen vermitteln, daß den besonderen Anforderungen aller für die nukleare Sicherheit bedeutsamen Tätigkeiten während der gesamten Lebensdauer einer Kernanlage Genüge getan wird.
Artikel 14
Bewertung und Nachprüfung der Sicherheit
Art. 14
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen,
i) daß umfassende und systematische Sicherheitsbewertungen sowohl vor dem Bau und der Inbetriebnahme einer Kernanlage als auch während ihrer gesamten Lebensdauer vorgenommen werden. Solche Bewertungen sind gut zu dokumentieren, in der Folge im Licht betrieblicher Erfahrungen und bedeutender neuer Sicherheitsinformationen auf den neuesten Stand zu bringen und im Auftrag der staatlichen Stelle zu überprüfen;
ii) daß Nachprüfungen durch Analyse, Überwachung, Erprobung und Prüfung vorgenommen werden, um sicherzustellen, daß der physische Zustand und der Betrieb einer Kernanlage seiner Auslegung, den geltenden innerstaatlichen Sicherheitsanforderungen sowie den betrieblichen Grenzwerten und Bedingungen weiterhin entsprechen.
Artikel 15
Strahlenschutz
Art. 15
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die von einer Kernanlage ausgehende Strahlenbelastung für die Beschäftigten und die Öffentlichkeit in sämtlichen Betriebsphasen so gering wie vernünftigerweise erzielbar gehalten wird und daß niemand einer Strahlendosis ausgesetzt wird, welche die innerstaatlich vorgeschriebenen Grenzwerte überschreitet.
Artikel 16
Notfallvorsorge
Art. 16
(1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Notfallpläne sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kernanlage zur Verfügung stehen, die regelmäßig erprobt werden und die im Notfall zu ergreifenden Maßnahmen enthalten. Für jede neue Kernanlage sind solche Pläne auszuarbeiten und zu erproben, bevor der Betrieb das von der staatlichen Stelle zugelassene niedrige Leistungsniveau übersteigt.
(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß ihre eigene Bevölkerung und die zuständigen Behörden der Staaten in der Nachbarschaft einer Kernanlage, soweit sie von einem strahlungsbedingten Notfall betroffen sein könnten, die entsprechenden Informationen für die Notfallplanung und -bekämpfung erhalten.
(3) Vertragsparteien, die in ihrem Gebiet keine Kernanlage haben, jedoch von einem strahlungsbedingten Notfall in einer benachbarten Kernanlage betroffen sein könnten, treffen die geeigneten Maßnahmen zur Vorbereitung und Erprobung von Notfallplänen für ihr Gebiet, welche die in einem solchen Notfall zu ergreifenden Maßnahmen enthalten.
d) Anlagensicherheit
Artikel 17
Standortwahl
Art. 17
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß geeignete Verfahren geschaffen und angewendet werden,
i) um die Bewertung aller standortbezogenen einschlägigen Faktoren zu ermöglichen, welche die Sicherheit einer Kernanlage während ihrer vorgesehenen Lebensdauer beeinträchtigen könnten;
ii) um die Bewertung der mutmaßlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit einer vorgesehenen Kernanlage auf den einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt zu ermöglichen;
iii) um soweit notwendig die Neubewertung aller einschlägigen Faktoren, auf die unter den Ziffern i und ii Bezug genommen wird, zu ermöglichen, damit die Sicherheitsakzeptanz gewährleistet bleibt;
iv) um Konsultationen mit Vertragsparteien in der Nachbarschaft einer vorgesehenen Kernanlage aufnehmen zu können, soweit sie durch diese Anlage betroffen sein könnten, und um die Übermittlung der notwendigen Informationen an solche Vertragsparteien auf deren Verlangen zu ermöglichen, damit diese die mutmaßlichen Auswirkungen auf die Sicherheit ihres Gebiets selbst beurteilen und eigene Bewertungen vornehmen können.
Artikel 18
Auslegung und Bau
Art. 18
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen,
i) daß die Auslegung und der Bau einer Kernanlage mehrere zuverlässige Ebenen und Methoden zum Schutz (in die Tiefe gestaffelte Abwehr) gegen die Freisetzung radioaktiven Materials vorsehen, um Unfälle zu verhüten und, falls sie eintreten, ihre strahlungsbedingten Folgen zu mildern;
ii) daß sich die bei der Auslegung und dem Bau einer Kernanlage eingesetzten Techniken durch Erfahrung beziehungsweise durch Erprobung oder Analyse bewährt haben;
iii) daß die Auslegung einer Kernanlage den zuverlässigen, beständigen und leicht zu handhabenden Betrieb ermöglicht, wobei die menschlichen Faktoren und die Schnittstelle Mensch/Maschine besondere Berücksichtigung finden.
Artikel 19
Betrieb
Art. 19
Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen,
i) daß die Erlaubnis für den Betriebsbeginn einer Kernanlage auf einer geeigneten Sicherheitsanalyse und einem Programm zur Inbetriebnahme beruht, aus denen hervorgeht, daß die Anlage, wie sie gebaut wurde, den Auslegungs- und Sicherheitsanforderungen entspricht;
ii) daß die aus der Sicherheitsanalyse, den Erprobungen und der Betriebserfahrung hervorgehenden betrieblichen Grenzwerte und Bedingungen festgelegt und bei Bedarf überarbeitet werden, um die Grenzen eines sicheren Betriebs festzustellen;
iii) daß Betrieb, Wartung, Inspektion und Erprobung einer Kernanlage in Übereinstimmung mit genehmigten Verfahren erfolgen,
iv) daß Verfahren festgelegt sind, um auf mögliche Betriebsstörungen und Unfälle zu reagieren;
v) daß die notwendige ingenieurtechnische und technische Unterstützung in allen sicherheitsbezogenen Bereichen während der gesamten Lebensdauer der Kernanlage zur Verfügung steht;
vi) daß für die Sicherheit bedeutsame Ereignisse vom Inhaber der entsprechenden Genehmigung der staatlichen Stelle rechtzeitig gemeldet werden;
vii) daß Programme zur Sammlung und Analyse von Betriebserfahrungen aufgestellt werden, die erzielten Ergebnisse und Schlußfolgerungen als Grundlage des Handelns dienen und daß vorhandene Mechanismen dazu genutzt werden, um wichtige Erfahrungen mit internationalen Gremien, anderen Betreiberorganisationen und staatlichen Stellen auszutauschen;
viii) daß die Erzeugung radioaktiven Abfalls durch den Betrieb einer Kernanlage sowohl hinsichtlich der Aktivität als auch des Volumens auf das für das jeweilige Verfahren mögliche Mindestmaß beschränkt wird und daß bei jeder notwendigen Behandlung und Lagerung von abgebranntem Brennstoff und Abfall, die mit dem Betrieb in unmittelbarem Zusammenhang stehen und auf demselben Gelände der Kernanlage stattfinden, Konditionierung und Beseitigung Berücksichtigung finden.
Kapitel 3
Tagungen der Vertragsparteien
Artikel 20
Überprüfungstagungen
Art. 20
(1) Die Vertragsparteien halten Tagungen (im folgenden als „Überprüfungstagungen“ bezeichnet) ab zur Überprüfung der nach Artikel 5 in Übereinstimmung mit den nach Artikel 22 angenommenen Verfahren vorgelegten Berichte.
(2) Vorbehaltlich des Artikels 24 können aus Vertretern der Vertragsparteien zusammengesetzte Untergruppen gebildet werden, die während der Überprüfungstagungen tätig werden, sofern dies zum Zweck der Überprüfung in den Berichten enthaltener besonderer Themen als notwendig erachtet wird.
(3) Jede Vertragspartei erhält angemessen Gelegenheit, die von anderen Vertragsparteien vorgelegten Berichte zu erörtern und Klarstellung zu diesen Berichten zu suchen.
Artikel 21
Zeitplan
Art. 21
(1) Eine Vorbereitungstagung der Vertragsparteien findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt.
(2) Auf dieser Vorbereitungstagung legen die Vertragsparteien den Zeitpunkt für die erste Überprüfungstagung fest. Diese Überprüfungstagung findet so bald wie möglich statt, spätestens jedoch dreißig Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens.
(3) Auf jeder Überprüfungstagung legen die Vertragsparteien den Zeitpunkt für die nächste Überprüfungstagung fest. Die Zeitspanne zwischen den Überprüfungstagungen darf drei Jahre nicht überschreiten.
Artikel 22
Verfahrensregelungen
Art. 22
(1) Auf der nach Artikel 21 abgehaltenen Vorbereitungstagung arbeiten die Vertragsparteien eine Geschäftsordnung und Finanzregeln aus und nehmen diese durch Konsens an. Die Vertragsparteien legen insbesondere und in Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung folgendes fest:
i) Richtlinien hinsichtlich Form und Gliederung der nach Artikel 5 vorzulegenden Berichte;
ii) den Zeitpunkt für die Vorlage der Berichte;
iii) das Verfahren zur Überprüfung der Berichte.
(2) Auf den Überprüfungstagungen können die Vertragsparteien erforderlichenfalls die unter den Ziffern i bis iii des Absatzes 1 getroffenen Vereinbarungen überprüfen und Änderungen durch Konsens annehmen, sofern in der Geschäftsordnung nichts anderes vorgesehen ist. Sie können auch die Geschäftsordnung und die Finanzregeln durch Konsens ändern.
Artikel 23
Außerordentliche Tagungen
Art. 23
Eine außerordentliche Tagung der Vertragsparteien
i) findet statt, wenn dies von der Mehrheit der auf einer Tagung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien vereinbart wird, wobei Enthaltungen als abgegebene Stimmen gelten;
ii) findet statt auf schriftliches Ersuchen einer Vertragspartei innerhalb von sechs Monaten, nachdem dieses Ersuchen den Vertragsparteien übermittelt wurde und bei dem in Artikel 28 bezeichneten Sekretariat die Notifikation eingegangen ist, daß das Ersuchen von der Mehrheit der Vertragsparteien unterstützt wird.
Artikel 24
Teilnahme
Art. 24
(1) Jede Vertragspartei nimmt an den Tagungen der Vertragsparteien teil; sie ist durch einen Delegierten und so viele Vertreter, Sachverständige und Berater vertreten, wie sie für erforderlich hält.
(2) Die Vertragsparteien können durch Konsens jede zwischenstaatliche Organisation, die für die durch dieses Übereinkommen erfaßten Angelegenheiten zuständig ist, zur Teilnahme als Beobachter an jeder Tagung oder an einzelnen Sitzungen einer Tagung einladen. Von den Beobachtern wird verlangt, zuvor die Bestimmungen des Artikels 27 schriftlich anzuerkennen.
Artikel 25
Zusammenfassende Berichte
Art. 25
Die Vertragsparteien nehmen durch Konsens ein Dokument an, das die auf einer Tagung erörterten Fragen und gezogenen Schlußfolgerungen enthält, und machen es der Öffentlichkeit zugänglich.
Artikel 26
Sprachen
Art. 26
(1) Die Sprachen auf den Tagungen der Vertragsparteien sind Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch, sofern in der Geschäftsordnung nichts anderes vorgesehen ist.
(2) Die nach Artikel 5 vorgelegten Berichte werden in der Landessprache der Vertragspartei abgefaßt, die den Bericht vorlegt, oder in einer einzigen in der Geschäftsordnung zu vereinbarenden bezeichneten Sprache. Sollte der Bericht in einer anderen als der bezeichneten Landessprache vorgelegt werden, stellt die Vertragspartei eine Übersetzung des Berichts in die bezeichnete Sprache zur Verfügung.
(3) Ungeachtet des Absatzes 2 wird das Sekretariat gegen Kostenerstattung die Übersetzung der in einer anderen Tagungssprache vorgelegten Berichte in die bezeichnete Sprache übernehmen.
Artikel 27
Vertraulichkeit
Art. 27
(1) Dieses Übereinkommen läßt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus ihren Rechtsvorschriften zum Schutz von Informationen vor einer Preisgabe unberührt. Im Sinne dieses Artikels umfaßt der Ausdruck „Informationen“ unter anderem i) personenbezogene Daten, ii) durch Rechte des geistigen Eigentums oder durch industrielle oder gewerbliche Geheimhaltung geschützte Informationen und iii) Informationen in bezug auf die nationale Sicherheit oder den physischen Schutz von Kernmaterial oder Kernanlagen.
(2) Stellt eine Vertragspartei im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen Informationen zur Verfügung, die sie nach der Beschreibung in Absatz 1 als geschützte Informationen eingestuft hat, so werden diese ausschließlich für die Zwecke verwendet, für die sie zur Verfügung gestellt wurden; die Vertraulichkeit dieser Informationen ist zu wahren.
(3) Der Inhalt der Debatten während der Überprüfung der Berichte durch die Vertragsparteien auf jeder Tagung ist vertraulich.
Artikel 28
Sekretariat
Art. 28
(1) Die Internationale Atomenergie-Organisation (im folgenden als „Organisation“ bezeichnet) stellt für die Tagungen der Vertragsparteien das Sekretariat zur Verfügung.
(2) Das Sekretariat
i) beruft die Tagungen der Vertragsparteien ein, bereitet sie vor und stellt auf den Tagungen die Dienstleistungen zur Verfügung;
ii) übermittelt den Vertragsparteien die auf Grund dieses Übereinkommens eingelangten oder vorbereiteten Informationen.
Die der Organisation durch die unter den Ziffern i und ii genannten Aufgaben entstandenen Kosten werden von der Organisation als Teil ihres ordentlichen Haushalts getragen.
(3) Die Vertragsparteien können durch Konsens die Organisation ersuchen, weitere Dienstleistungen zur Unterstützung der Tagungen der Vertragsparteien zu erbringen. Die Organisation kann solche Dienste leisten, falls diese im Rahmen ihres Programms und ihres ordentlichen Haushalts erbracht werden können. Sollte dies nicht möglich sein, kann die Organisation solche Dienstleistungen erbringen, falls freiwillige Finanzmittel aus anderen Quellen zur Verfügung gestellt werden.
Kapitel 4
Schlußklauseln und sonstige Bestimmungen
Artikel 29
Beilegung von Meinungsverschiedenheiten
Art. 29
Im Fall einer Meinungsverschiedenheit zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens konsultieren die Vertragsparteien einander im Rahmen einer Tagung der Vertragsparteien zur Beilegung dieser Meinungsverschiedenheit.
Artikel 30
Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt
Art. 30
(1) Dieses Übereinkommen liegt für alle Staaten vom 20. September 1994 bis zu seinem Inkrafttreten am Sitz der Organisation in Wien zur Unterzeichnung auf.
(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Unterzeichnerstaaten.
(3) Nach seinem Inkrafttreten steht dieses Übereinkommen für alle Staaten zum Beitritt offen.
(4) i) Dieses Übereinkommen steht für regionale Organisationen mit Integrations- oder anderem Charakter zur Unterzeichnung oder zum Beitritt offen, sofern diese von souveränen Staaten gebildet sind und für das Aushandeln, den Abschluß und die Anwendung internationaler Übereinkünfte betreffend die durch das Übereinkommen erfaßten Angelegenheiten zuständig sind.
ii) Bei Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, handeln diese Organisationen bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten, die dieses Übereinkommen den Vertragsstaaten zuweist, im eigenen Namen.
iii) Wird eine solche Organisation Vertragspartei dieses Übereinkommens, so übermittelt sie dem in Artikel 34 bezeichneten Depositar eine Erklärung, in der sie angibt, welche Staaten Mitglieder der Organisation sind, welche Artikel des Übereinkommens auf sie anwendbar sind und welches der Umfang ihrer Zuständigkeit in dem von diesen Artikeln geregelten Bereich darstellt.
iv) Eine solche Organisation besitzt keine zusätzliche Stimme neben den Stimmen ihrer Mitgliedstaaten.
(5) Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden werden beim Depositar hinterlegt.
Artikel 31
Inkrafttreten
Art. 31
(1) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der zweiundzwanzigsten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Depositar in Kraft, einschließlich der Urkunden von siebzehn Staaten, von denen jeder über mindestens eine Kernanlage verfügt, bei der ein Reaktorkern einen kritischen Zustand erreicht hat.
(2) Für jeden Staat oder jede regionale Organisation mit Integrations- oder anderem Charakter, die dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der letzten, zur Erfüllung der in Absatz 1 genannten Bedingungen notwendigen Urkunde ratifizieren, annehmen, genehmigen oder ihm beitreten, tritt das Übereinkommen am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der entsprechenden Urkunde beim Depositar durch diesen Staat oder diese Organisation in Kraft.
Artikel 32
Änderungen des Übereinkommens
Art. 32
(1) Jede Vertragspartei kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen. Änderungsvorschläge werden auf einer Überprüfungstagung oder einer außerordentlichen Tagung geprüft.
(2) Der Wortlaut jedes Änderungsvorschlags und die Begründung dafür werden dem Depositar vorgelegt, der den Vertragsparteien den Vorschlag umgehend bis spätestens neunzig Tage vor der Tagung, auf der er geprüft werden soll, übermittelt. Alle zu einem solchen Vorschlag eingelangten Stellungnahmen werden den Vertragsparteien vom Depositar übermittelt.
(3) Die Vertragsparteien beschließen nach Prüfung der vorgeschlagenen Änderung, ob sie diese durch Konsens annehmen oder, falls ein Konsens nicht zustande kommt, ob sie sie einer Diplomatischen Konferenz vorlegen. Für den Beschluß, eine vorgeschlagene Änderung einer Diplomatischen Konferenz vorzulegen, ist die Zweidrittelmehrheit der auf der Tagung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien erforderlich, mit der Maßgabe, daß mindestens die Hälfte der Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Abstimmung anwesend ist. Enthaltungen gelten als abgegebene Stimmen.
(4) Die Diplomatische Konferenz zur Prüfung und Annahme von Änderungen dieses Übereinkommens wird vom Depositar einberufen; sie findet spätestens ein Jahr nach dem diesbezüglichen Beschluß in Übereinstimmung mit Absatz 3 statt. Die Diplomatische Konferenz bemüht sich nach besten Kräften sicherzustellen, daß Änderungen durch Konsens angenommen werden. Ist dies nicht möglich, werden Änderungen mit Zweidrittelmehrheit aller Vertragsparteien angenommen.
(5) Änderungen dieses Übereinkommens, die nach den Absätzen 3 und 4 angenommen wurden, bedürfen der Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Bestätigung durch die Vertragsparteien; sie treten für die Vertragsparteien, die sie ratifiziert, angenommen, genehmigt oder bestätigt haben, am neunzigsten Tag nach Einlangen der entsprechenden Urkunden von mindestens drei Vierteln der Vertragsparteien beim Depositar in Kraft. Für eine Vertragspartei, welche die betreffenden Änderungen später ratifiziert, annimmt, genehmigt oder bestätigt, treten die Änderungen am neunzigsten Tag, nachdem die Vertragspartei die entsprechende Urkunde hinterlegt hat, in Kraft.
Artikel 33
Kündigung
Art. 33
(1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Depositar gerichtete schriftliche Notifikation kündigen.
(2) Die Kündigung wird ein Jahr nach Einlangen der Notifikation beim Depositar oder zu einem späteren in der Notifikation festgelegten Zeitpunkt wirksam.
Artikel 34
Depositar
Art. 34
(1) Der Generaldirektor der Organisation ist Depositar dieses Übereinkommens.
(2) Der Depositar unterrichtet die Vertragsparteien
i) von der Unterzeichnung dieses Übereinkommens und der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden nach Artikel 30;
ii) von dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens nach Artikel 31;
iii) von den nach Artikel 33 erfolgten Notifikationen der Kündigung dieses Übereinkommens und dem Zeitpunkt der Kündigung;
iv) von den von Vertragsparteien vorgelegten Änderungsvorschlägen zu diesem Übereinkommen und den auf der entsprechenden Diplomatischen Konferenz oder der Tagung der Vertragsparteien angenommenen Änderungen sowie von dem Inkrafttreten der betreffenden Änderungen nach Artikel 32.
Artikel 35
Authentische Texte
Art. 35
Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen authentisch ist, wird beim Depositar hinterlegt; dieser übermittelt den Vertragsparteien beglaubigte Abschriften.
ZU URKUND DESSEN haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
GESCHEHEN zu Wien am 20. September 1994.