BundesrechtInternationale VerträgeDoppelbesteuerung – Nachlaß- und Erbschaftsteuern (Ungarn)

Doppelbesteuerung – Nachlaß- und Erbschaftsteuern (Ungarn)

In Kraft seit 09. Februar 1976
Up-to-date

Artikel 1

Unter das Abkommen fallende Nachlässe

Art. 1

Dieses Abkommen gilt für Nachlässe von Erblassern, die im Zeitpunkt ihres Todes einen Wohnsitz in einem Vertragstaat oder in beiden Vertragstaaten hatten.

Artikel 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Art. 2

(1) Dieses Abkommen gilt, ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung, für Nachlaß- und Erbschaftsteuern, die für Rechnung eines der beiden Vertragstaaten oder seiner Gebietskörperschaften erhoben werden.

(2) Als Nachlaß- und Erbschaftsteuern gelten alle Steuern (Gebühren), die von Todes wegen als Nachlaßsteuern (-gebühren), Erbanfallsteuern (-gebühren), Abgaben (Gebühren) vom Vermögensübergang oder Steuern (Gebühren) von Schenkungen auf den Todesfall erhoben werden.

(3) Die zur Zeit bestehenden Steuern, für die das Abkommen gilt, sind:

a) in der Ungarischen Volksrepublik:

die Erbschaftsgebühr,

b) in der Republik Österreich:

die Erbschaftsteuer, soweit ihr Erwerb von Todes wegen oder Zweckzuwendungen von Todes wegen unterliegen.

(4) Das Abkommen gilt auch für alle Nachlaß- und Erbschaftsteuern, die künftig neben den zur Zeit bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden.

Artikel 3

Allgemeine Definitionen

Art. 3

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck “zuständige Behörde”

1. in der Ungarischen Volksrepublik: den Finanzminister,

2. in der Republik Österreich: den Bundesminister für Finanzen.

(2) Bei Anwendung des Abkommens durch einen Vertragstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.

Artikel 4

Steuerlicher Wohnsitz

Art. 4

(1) Ob ein Erblasser im Zeitpunkt seines Todes einen Wohnsitz in einem Vertragstaat hatte, bestimmt sich bei Anwendung dieses Abkommens nach dem Recht dieses Staates.

(2) Hatte nach Absatz 1 ein Erblasser in beiden Vertragstaaten einen Wohnsitz, so gilt folgendes:

a) Der Wohnsitz des Erblassers gilt als in dem Vertragstaat gelegen, in dem er über eine ständige Wohnstätte verfügte. Verfügte er in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sein Wohnsitz als in dem Vertragstaat gelegen, zu dem er die engeren familiären und wirtschaftlichen Beziehungen hatte (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragstaat der Erblasser den Mittelpunkt der Lebensinteressen hatte, oder verfügte er in keinem der Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sein Wohnsitz als in dem Vertragstaat gelegen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

c) Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragstaaten oder in keinem der Vertragstaaten, so gilt sein Wohnsitz als in dem Vertragstaat gelegen, dessen Staatsangehörigkeit er besaß.

d) Besaß der Erblasser die Staatsangehörigkeit beider Vertragstaaten oder keines Vertragstaates, so werden die Vertragstaaten gemäß Artikel 11 vorgehen.

Artikel 5

Unbewegliches Vermögen

Art. 5

(1) Unbewegliches Vermögen darf in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt.

(2) Der Ausdruck “unbewegliches Vermögen” bestimmt sich nach dem Recht des Vertragstaates, in dem das Vermögen liegt. Der Ausdruck umfaßt in jedem Fall das Zubehör zum unbeweglichen Vermögen, das lebende und tote Inventar land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, die Rechte, auf die die Vorschriften des Privatrechts über Grundstücke Anwendung finden, die Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen sowie die Rechte auf veränderliche oder feste Vergütungen für die Ausbeutung oder das Recht auf Ausbeutung von Mineralvorkommen, Quellen und anderen Bodenschätzen; Schiffe und Luftfahrzeuge gelten nicht als unbewegliches Vermögen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für unbewegliches Vermögen eines Unternehmens und für unbewegliches Vermögen, das der Ausübung eines freien Berufes oder einer sonstigen selbständigen Tätigkeit ähnlicher Art dient.

Artikel 6

Vermögen einer Betriebstätte und Vermögen einer der Ausübung eines freien Berufes dienenden festen Einrichtung

Art. 6

(1) Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte eines Unternehmens darstellt - ausgenommen das nach den Artikeln 5 und 7 zu behandelnde Vermögen -, darf in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich die Betriebstätte befindet.

(2) Der Ausdruck “Betriebstätte” bedeutet eine feste Geschäfts- oder Produktionseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.

(3) Der Ausdruck “Betriebstätte” umfaßt insbesondere:

a) einen Ort der Leitung,

b) eine Zweigniederlassung,

c) eine Geschäftsstelle,

d) eine Fabrikationsstätte,

e) eine Werkstätte,

f) ein Bergwerk, einen Steinbruch oder eine andere Stätte der Ausbeutung von Bodenschätzen,

g) eine Bauausführung oder Montage, deren Dauer zwei Jahre überschreitet.

(4) Als Betriebstätten gelten nicht:

a) Einrichtungen, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden;

b) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung unterhalten werden;

c) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten werden, durch ein anderes Unternehmen bearbeitet oder verarbeitet zu werden;

d) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen oder Informationen zu beschaffen;

e) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen zu werben, Informationen zu erteilen, wissenschaftliche Forschung zu betreiben oder ähnliche Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen.

(5) Ist eine Person - mit Ausnahme eines unabhängigen Vertreters im Sinne des Absatzes 6 - in einem Vertragstaat für ein Unternehmen des anderen Vertragstaates tätig, so gilt eine in dem erstgenannten Staat gelegene Betriebstätte als gegeben, wenn die Person eine Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und die Vollmacht in diesem Staat gewöhnlich ausübt, es sei denn, daß sich ihre Tätigkeit auf den Einkauf von Gütern oder Waren für das Unternehmen beschränkt.

(6) Ein Unternehmen eines Vertragstaates wird nicht schon deshalb so behandelt, als habe es eine Betriebstätte in dem anderen Vertragstaat, weil es dort seine Tätigkeit durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter ausübt, sofern diese Personen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln.

(7) Vermögen, das zu einer der Ausübung eines freien Berufes oder einer sonstigen selbständigen Tätigkeit ähnlicher Art dienenden festen Einrichtung gehört - ausgenommen das nach Artikel 5 zu behandelnde Vermögen -, darf in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich die feste Einrichtung befindet.

Artikel 7

Schiffe und Luftfahrzeuge

Art. 7

Schiffe und Luftfahrzeuge im internationalen Verkehr sowie bewegliches Vermögen, das dem Betrieb dieser Schiffe und Luftfahrzeuge dient, dürfen in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz hatte.

Artikel 8

Nicht ausdrücklich erwähntes Vermögen

Art. 8

Das nicht nach den Artikeln 5, 6 und 7 zu behandelnde Vermögen darf nur in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz hatte.

Artikel 9

Schuldenabzug

Art. 9

(1) Schulden, die durch das in Artikel 5 genannte Vermögen besonders gesichert sind, werden vom Wert dieses Vermögens abgezogen. Schulden, die zwar nicht durch das in Artikel 5 genannte Vermögen besonders gesichert sind, die aber im Zusammenhang mit dem Erwerb, der Änderung, der Instandsetzung oder Instandhaltung solchen Vermögens entstanden sind, werden vom Wert dieses Vermögens abgezogen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 werden Schulden, die mit einer Betriebstätte eines Unternehmens oder mit einer Ausübung eines freien Berufes oder einer sonstigen selbständigen Tätigkeit ähnlicher Art dienenden festen Einrichtung zusammenhängen, und Schulden, die mit einem Betrieb der Seeschiffahrt, Binnenschiffahrt oder Luftfahrt zusammenhängen, vom Wert des in Artikel 6 bzw. des in Artikel 1 genannten Vermögens abgezogen.

(3) Die anderen Schulden werden vom Wert des Vermögens abgezogen, für das Artikel 8 gilt.

(4) Übersteigt eine Schuld den Wert des Vermögens, von dem sie in einem Vertragstaat nach den Absätzen 1, 2 und 3 abzuziehen ist, so wird der übersteigende Betrag vom Wert des übrigen Vermögens, das in diesem Staat besteuert werden darf, abgezogen.

(5) Verbleibt nach den Abzügen, die auf Grund der vorstehenden Absätze vorzunehmen sind, ein Schuldenrest, so wird dieser vom Wert des Vermögens, das im anderen Vertragstaat besteuert werden darf, abgezogen.

Artikel 10

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Art. 10

Der Vertragstaat, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz hatte, nimmt das Vermögen, das nach diesem Abkommen im anderen Vertragstaat besteuert werden darf, von der Besteuerung aus; dieser Staat darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das Vermögen, für das er das Besteuerungsrecht behält, den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wäre.

Artikel 11

Verständigungsverfahren

Art. 11

(1) Ist eine Person der Auffassung, daß die Maßnahmen eines Vertragstaates oder beider Vertragstaaten für sie zu einer Besteuerung geführt haben oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht, so kann sie unbeschadet der nach innerstaatlichem Recht dieser Staaten vorgesehenen Rechtsmittel ihren Fall der zuständigen Behörde eines der beiden Staaten unterbreiten.

(2) Hält diese zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall nach Verständigung mit der zuständigen Behörde des anderen Vertragstaates so zu regeln, daß eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird.

(3) Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie können auch gemeinsam darüber beraten, wie eine Doppelbesteuerung in Fällen, die in dem Abkommen nicht behandelt sind, vermieden werden kann.

(4) Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der vorstehenden Absätze unmittelbar miteinander verkehren. Erscheint ein mündlicher Meinungsaustausch für die Herbeiführung der Einigung zweckmäßig, so kann ein solcher Meinungsaustausch in einer Kommission durchgeführt werden, die aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragstaaten besteht.

Artikel 12

Austausch von Informationen

Art. 12

(1) Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten werden die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen Informationen austauschen. Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten sind jedoch nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, die nicht auf Grund der bei den Finanzbehörden vorhandenen Unterlagen gegeben werden können, sondern gesonderte Ermittlungen erfordern würden. Alle so ausgetauschten Informationen sind geheimzuhalten und dürfen nur solchen Personen oder Behörden zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Einhebung der unter das Abkommen fallenden Steuern befaßt sind.

(2) Absatz 1 ist auf keinen Fall so auszulegen, als verpflichte er einen der Vertragstaaten:

a) Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragstaates abweichen;

b) Angaben zu übermitteln, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren dieses oder des anderen Vertragstaates nicht beschafft werden können;

c) Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Geschäfts-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung dem Ordre public

widerspräche.

Artikel 13

Diplomatische und konsularische Beamte

Art. 13

Dieses Abkommen berührt nicht die steuerlichen Vorrechte, die den Mitgliedern diplomatischer oder konsularischer Vertretungen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder auf Grund besonderer Vereinbarungen zustehen.

Artikel 14

Inkrafttreten

Art. 14

(1) Dieses Abkommen ist der Rechtsordnung eines jeden der beiden Vertragstaaten gemäß zu ratifizieren. Die Ratifikationsurkunden sind so bald wie möglich in Budapest auszutauschen.

(2) Das Abkommen tritt 60 Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft, und seine Bestimmungen finden auf Nachlässe von Personen Anwendung, die an oder nach diesem Tag sterben.

Artikel 15

Außerkrafttreten

Art. 15

Dieses Abkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einem der Vertragstaaten gekündigt worden ist.

Jeder der beiden Vertragstaaten kann das Abkommen schriftlich auf diplomatischem Weg unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf das Ende eines Kalenderjahres kündigen. In diesem Fall findet das Abkommen nicht mehr auf Nachlässe von Personen Anwendung, die nach Ablauf des Kalenderjahres verstorben sind, zu dessen Ende das Abkommen gekündigt worden ist.

ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

GESCHEHEN zu Wien, am 25. Februar 1975 in zweifacher Urschrift, in deutscher und in ungarischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise authentisch sind.